Früher war es nicht so wie jetzt, früher geschahen allerhand Wunder auf der Welt, und auch die Welt selbst war nicht so, wie sie jetzt ist. Zu unsrer Zeit gibt es von alledem nichts mehr. Ich will euch ein Märchen erzählen von dem Waldkönig Och, was das für ein Kerl war.
Vor langer Zeit einmal, und früher, als unsre Erinnerung zurückreicht, vielleicht waren auch unsre Väter und Großväter noch nicht einmal auf der Welt, da lebte ein armer Mann mit seiner Frau, und sie hatten nur einen einzigen Sohn, aber selbst der war nicht so geraten, wie es sein sollte: er war so faul, dieser Einzige, daß Gott erbarm! Nichts tat er, und kaltes Wasser ließ er nicht an sich heran, sondern lag immer nur auf dem Ofen und wühlte in der Hirse herum. Er war vielleicht schon zwanzig Jahre alt, aber er saß noch immer ohne Hosen auf dem Ofen und kroch nie hinunter; gab man ihm zu essen, so aß er, gab man ihm nichts, so war er auch damit zufrieden. Vater und Mutter aber waren sehr bekümmert und sprachen: »Was sollen wir mit dir anfangen, wo du doch zu nichts zu gebrauchen bist? Andere Kinder sind ihren Eltern eine Hilfe, aber du frißt ganz unnütz unser Brot!« Er wollte aber von Arbeit nichts wissen, saß da und wühlte in der Hirse. Zu unsrer Zeit, was so die fünf-, sechsjährigen Buben sind, die tragen schon Hosen und helfen den Eltern; jener aber war ein Kerl fast bis zur Decke und ging immer ohne Hosen.
Vater und Mutter grämten und grämten sich, und schließlich sagte die Mutter: »Was denkst du, Alter, mit ihm anzufangen, wo er doch schon erwachsen ist, aber solch ein Nichtsnutz, daß er keine einzige Arbeit versteht? Du solltest ihn irgendwohin geben und ihn verdingen, vielleicht lernt er etwas bei fremden Leuten.« Sie beschlossen so, und der Vater gab ihn zum Schneider in die Lehre. Dort blieb er an die drei Tage und lief davon; er kroch auf den Ofen und wühlte aufs neue in der Hirse. Der Vater schimpfte und prügelte ihn ordentlich durch und gab ihn dann zu einem Schuster, das Schusterhandwerk zu erlernen. Aber er lief auch dort davon. Der Vater prügelte ihn wieder und tat ihn zu einem Schmied in die Lehre. Doch er blieb auch dort nicht lange und lief fort. Was sollte der Vater beginnen? »Ich will den Hundesohn, den Faulpelz, in ein anderes Reich bringen und dem ersten besten verdingen, vielleicht läuft er dort nicht davon.« Und er führte ihn fort.
Sie gingen und gingen, lange oder auch nicht lange, und sie kamen schließlich in einen Wald, der war so dunkel, daß man nur noch Himmel und Erde zu sehen vermochte. Als sie den Wald durchschritten hatten, waren sie etwas müde geworden; am Wege aber stand gerade ein verkohlter Baumstumpf. Da sprach der Vater: »Ich bin müde geworden und will mich setzen und ein wenig ausruhen.« Und als er sich auf den Baumstumpf niederließ, sagte er ächzend: »Och! wie bin ich müde!« Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als im selben Augenblick aus dem Baumstumpf ein kleines altes Männchen hervorkroch; ganz runzlig war es, und ein grüner Bart hing ihm bis zu den Knien hinab. »Was brauchst du von mir, guter Freund?« fragte es. Der Bauer staunte: von wo ist das wunderliche Ding hergekommen? und er sprach zu ihm: »Hab ich dich denn gerufen? Scher dich fort!« – »Wie hast du mich denn nicht gerufen?« erwiderte das Männchen, »natürlich hast du’s getan!« – »Wer bist du denn?« fragte der Bauer. »Ich bin der Waldkönig Och. Warum riefst du mich?« – »Pack dich fort, ich hab nicht daran gedacht, dich zu rufen!« sagte der Bauer. »Und doch hast du mich gerufen und hast Och! gesagt.« – »Ich war müde geworden, darum hab ich es gesagt.« – »Wohin gehst du denn?« fragte Och. »Wohin die Augen schauen! Ich will hier meinen liederlichen Sohn verdingen, vielleicht bringen ihm fremde Leute Vernunft bei, denn daheim lief er fort, wohin ich ihn auch gab.« – »Verding ihn mir«, sagte Och, »ich werd ihn in die Lehre nehmen, aber unter einer Bedingung: wenn du nach einem Jahr ihn holen kommst und du erkennst ihn, so nimm ihn mit, erkennst du ihn nicht, muß er mir noch ein Jahr dienen!« – »Schon gut«, sagte der Bauer. Und sie bekräftigten es durch Handschlag und tranken darauf den Kauftrunk, wie sich’s gehört; der Bauer ging dann heim, den Sohn aber führte Och zu sich.
Und als der Waldkönig mit ihm fortging, führte er ihn in jene andere Welt unter der Erde und brachte ihn in eine grüne Hütte, die war von einem Rohrzaun umgeben. In der Hütte aber war alles grün: die Wände waren grün und die Bänke, Ochs Frau war grün, und die Kinder waren grün, kurz – alles, alles. Und die Wasserweibchen1, die bei ihm dienten, die waren so grün wie Rauten! »Na, setz dich«, sagte Och zu seinem Knecht, »und iß etwas!« Die Nixen brachten ihm Essen, und auch das Essen war grün; und er aß sich satt. »Jetzt geh«, sagte Och, »schlag Brennholz klein und trag es her.« Der Knecht ging hinaus. Ob er nun Holz gehauen hat oder nicht, er legte sich drauf und schlief ein. Och kam heran und sah ihn schlafen. Da hob er ihn auf, ließ das Holz zusammentragen, legte den gefesselten Knecht darauf und zündete den Holzstoß an. Der Bursch verbrannte! Dann streute Och die Asche in den Wind, aber eine Kohle fiel aus der Asche heraus. Och besprengte sie mit Lebenswasser, und der Knecht ward wieder lebendig, aber er war schon ein wenig behender geworden. Och befahl ihm nochmals, Holz zu hacken, aber er schlief wieder ein. Och zündete das Holz an, verbrannte den Knecht, streute die Asche in den Wind, besprengte die Kohle mit Lebenswasser, und der Bursch ward wieder lebendig und so schmuck, wie es keinen zweiten gab! Da verbrannte ihn Och zum drittenmal und besprengte wieder die Kohle mit Lebenswasser, und aus dem faulen Lümmel ward ein so flinker und schöner Bursch, daß es nicht zu sagen, noch zu denken, nur im Märchen zu erzählen ist.
Und er diente ein Jahr bei dem Waldkönig. Doch als das Jahr herum war, ging der Vater seinen Sohn zu holen. Er kam in den Wald, setzte sich auf den verkohlten Baumstumpf und rief: »Och!« Da kroch der Och aus dem Baumstumpf hervor und sprach: »Guten Tag, Bauer!« – »Guten Tag, Och!« – »Was willst du denn, Bauer?« – »Ich bin um meinen Sohn gekommen.« – »Na, so geh, erkennst du ihn, so nimm ihn mit dir, erkennst du ihn aber nicht, muß er mir noch ein Jahr dienen.« Der Bauer ging mit dem Och, und sie kamen in seine Hütte. Och trug ein Maß Hirse hinaus und streute sie umher: da lief eine Unmenge von Hähnen zusammen! »Na, such ihn dir heraus«, sagte Och, »wo ist denn dein Sohn?« Der Bauer sah sie sich an, doch alle Hähne waren einander gleich, einer wie der andere, und er erkannte seinen Sohn nicht. »Na, dann geh nur wieder, wenn du ihn nicht erkannt hast, ein Jahr dient dein Sohn noch bei mir.« Und der Bauer ging nach Hause.
Als das zweite Jahr herum war, ging der Bauer wieder zu Och. Er kam zum Baumstumpf und rief: »Och!« Da kroch dieser zu ihm hinaus und sprach: »Komm, such ihn heraus!« Er führte ihn in die Schafhürde, die war aber voll von Schafen, und eines glich dem andern. Der Bauer suchte und suchte und fand ihn nicht heraus. »Geh nur heim, wenn’s so steht«, sagte Och, »dein Sohn wird noch ein Jahr bei mir wohnen.« Der Bauer ging fort und grämte sich.
Auch das dritte Jahr ging herum. Der Bauer wanderte wieder zum Och. Und wie er so dahinging, begegnete ihm ein alter Mann, der war so weiß wie Milch, und auch seine Kleider waren weiß. »Guten Tag, Bauer!« – »Guten Tag, Alter!« – »Wohin führt dein Weg?« – »Ich geh zu Och, meinen Sohn auszulösen.« – »Wie geht das zu?« – »So und so«, sagte der Bauer und erzählte dem weißen Alten, wie er seinen Sohn dem Och gegeben hatte und unter welcher Bedingung. »Oh, da steht’s schlimm, Bauer!« sagte der Alte, »der zieht die Sache lang hinaus.« – »Ich sehe ja schon selbst, daß es schlecht steht«, erwiderte der Bauer, »aber ich weiß nicht, was in aller Welt ich anfangen soll. Wißt Ihr nicht, Alterchen, wie ich meinen Sohn erkennen kann?« – »Ich weiß es wohl!« meinte der Alte. »Sagt es mir doch, Alterchen, mein Täubchen, ich will mein Lebtag für Euch beten! Denn immerhin, wie er auch gewesen sein mag, er ist doch mein Sohn, mein eigen Blut!« – »Hör mal zu«, sagte der Alte, »wenn du zum Och kommst, wird er Tauben herauslassen; dann nimm dir aber keine andere, als diejenige, die nicht fressen, sondern unter dem Birnbaum sitzen und sich das Gefieder glattstreichen wird: das ist dein Sohn!« Da dankte der Bauer dem Alten und ging weiter.
Er kam zu dem Baumstumpf und rief: »Och!« Och kam sogleich herausgekrochen und führte ihn in sein Waldreich. Dann schüttete er ein Maß Weizen aus und lockte die Tauben. So viele flogen ihrer zusammen, daß Gott erbarm! und eine war genau wie die andere. »Such deinen Sohn!« sagte Och, »erkennst du ihn – ist er dein, erkennst du ihn nicht – ist er mein!« Alle Tauben pickten den Weizen auf, nur eine saß ganz allein unter dem Birnbaum, hatte sich aufgeplustert und strich sich das Gefieder glatt. Da sprach der Bauer: »Das ist mein Sohn!« – »Na, du hast’s erraten! so nimm ihn denn auch.« Er verwandelte die Taube, und ein so schmucker Bursche stand da, wie es keinen schöneren mehr auf der Welt gab. Der Vater freute sich von Herzen, umarmte ihn und küßte ihn. »Komm, mein Sohn, laß uns nach Hause gehn!« Und sie machten sich auf.
Sie gingen ihres Weges und plauderten miteinander. Der Vater fragte, wie es beim Och gewesen wäre, und der Sohn erzählte. Und dann erzählte der Vater, wie elend es ihm gehe, und der Sohn hörte zu. Endlich sagte der Vater: »Was sollen wir jetzt anfangen, mein Sohn? Ich bin arm und du bist arm. Drei Jahre hast du gedient und nichts erarbeitet!« – »Grämt Euch nicht, Vater, alles wird gut werden. Schaut, dort jagen Herrensöhne hinter den Füchsen her. Ich will mich in einen Windhund verwandeln und den Fuchs fangen, dann werden die jungen Herren mich von Euch kaufen wollen; verkauft mich für dreihundert Rubel, aber nur ohne Halsband, so werden wir zu Geld kommen und reich werden!« Und als sie weitergingen, da jagten die Hunde am Waldrande den Fuchs und jagten hart hinterher, daß der Fuchs nicht auskam, doch erreichen konnte ihn kein Hund. Sofort verwandelte sich der Sohn in einen Windhund, jagte den Fuchs und fing ihn. Die jungen Herren kamen aus dem Walde angesprengt. »Ist das dein Windhund?« – »Ja, er ist mein!« – »Ein guter Hund! Verkauf ihn uns.« – »Kauft nur.« – »Was willst du für ihn haben?« – »Dreihundert Rubel ohne Halsband.« – »Was sollen wir mit deinem Halsband? Wir wollen ihm ein vergoldetes machen lassen. Hier hast du hundert Rubel!« – »Nein.« – »Na, so nimm das Geld; gib den Hund her.« Sie zählten ihm das Geld ab, nahmen den Hund mit sich und jagten weiter. Sie ließen den Windhund auf einen Fuchs los, doch als er hinter dem Fuchs herjagte, lief er in den Wald, verwandelte sich wieder in den Burschen und kam zum Vater zurück.
Und als sie weitergingen, sprach der Vater: »Was nützt uns das bißchen Geld, mein Sohn; nur für die Wirtschaft was anzuschaffen und die Hütte auszubessern.« – »Sorgt Euch nicht, Vater, es kommt noch mehr zusammen. Dort jagen Herrensöhne mit dem Falken Wachteln. Ich will mich in einen Falken verwandeln, die jungen Herren werden mich kaufen wollen, und Ihr verkauft mich dann wieder für dreihundert Rubel, aber ohne Kappe.« Sie gingen über ein Feld, und die Herren ließen den Falken auf die Wachtel los; der Falke stößt hinab, aber die Wachtel fliegt davon. Da verwandelte sich der Sohn in einen Falken und stieß sofort auf die Wachtel hinunter. Die jungen Herren sahen es. »Ist das dein Falke?« – »Ja, er ist mein.« – »Verkauf ihn uns.« – »Kauft ihn nur.« – »Was willst du für ihn haben?« – »Gebt ihr dreihundert Rubel, so nehmt den Falken, aber ohne Kappe.« – »Wir werden ihm eine aus Brokat machen.« Sie handelten, und schließlich verkaufte er ihn für dreihundert Rubel. Dann ließen die Herren den Falken auf eine Wachtel, aber er flog fort, weiter und immer weiter, verwandelte sich wieder in den Burschen und kam wieder zum Vater zurück.
»Na, jetzt sind wir schon ein wenig reicher geworden«, sagte der Vater. Aber der Sohn meinte: »Wartet nur, Vater, es wird noch mehr werden. Wenn wir auf den Jahrmarkt kommen, will ich mich in ein Roß verwandeln, und Ihr verkauft mich dann. Man wird Euch tausend Rubel für mich geben, aber verkauft mich nur ohne Halfter.« Und als sie in den nächsten Flecken kamen, war dort gerade Jahrmarkt. Der Sohn verwandelte sich in ein Roß, und es war feurig wie ein Drache, so daß man Furcht hatte heranzutreten! Der Vater führte das Roß am Halfter, und es bäumte sich und stampfte die Erde mit den Hufen! Da stellten sich die Händler ein und feilschten. »Für tausend ohne Halfter«, sagte der Vater, »dann kriegt ihr es.« – »Was brauchen wir das Halfter, wir machen ihm einen Zaum, der wird aus Silber sein und vergoldet!« Fünfhundert gaben sie. »Nein! dafür bekommt ihr’s nicht.« Da kam ein Zigeuner heran, der war auf einem Auge blind. »Was willst du, Bauer, für das Roß?« – »Tausend, ohne Halfter.« – »He, teuer bist du, mein Lieber! Nimm fünfhundert mit dem Halfter!« – »Nein, das paßt mir nicht«, sagte der Vater. »Na, sechshundert – hier!« Aber der Zigeuner mochte noch so sehr handeln, der Bauer gab nicht nach. »Gut, ich gebe dir’s, Alter, aber mit dem Halfter.« – »He, nein, Zigeuner! das Halfter ist mein.« – »Guter Freund, hast du schon einmal gesehen, daß man ein Pferd ohne Zaum verkauft? Man kann es ja so nicht einmal dem andern in die Hände geben.« – »Wie du willst, aber das Halfter ist mein!« sagte der Bauer. »Dann will ich dir noch fünf Rubel zulegen, Alter, aber mit dem Halfter.« Der Bauer überlegte sich’s: der Zaum war vielleicht seine drei Silberlinge wert, der Zigeuner aber gab fünf Rubel. Da ließ er ab und gab ihm Roß und Halfter. Sie tranken den Kauftrunk drauf, und dann steckte der Bauer sein Geld ein und ging nach Hause, der Zigeuner aber saß auf und ritt davon. Das war aber kein Zigeuner, sondern Och hatte sich nur in einen Zigeuner verwandelt.
Das Roß trug den Och weit fort und trug ihn höher als die Bäume und niedriger als die Wolken. Endlich ließen sie sich in dem Walde nieder und kehrten heim zum Och; er ließ das Roß auf der Weide und ging selbst in die Hütte. »Er ist mir nun doch nicht entschlüpft, der Hundesohn!« sagte er zu seiner Frau. Zur Mittagszeit aber führte Och das Roß am Zügel zur Tränke an den Fluß. Kaum hatte er es herangeführt und sich zum Saufen niederbeugen lassen, als es sich in einen Barsch verwandelte und davonschwamm. Och besann sich nicht lange, verwandelte sich in einen Hecht und verfolgte den Barsch. Aber sooft er ihn erreicht hatte, sträubte der Barsch seine Flossen und kehrte ihm den Schwanz zu, daß der Hecht ihn nicht zu fassen bekam. Schließlich rief der Hecht:
»Barschchen, Barschchen,
Dreh dein Köpfchen her zu mir,
Komm und plaudere mit mir!«
»Willst du, Gevatter, mit mir plaudern«, sprach der Barsch zum Hecht, »so hör ich dich auch so.« Und wieder hatte der Hecht ihn fast erreicht und rief:
»Barschchen, Barschchen,
Dreh dein Köpfchen her zu mir,
Komm und plaudere mit mir!«
Doch der Barsch sträubte nur die Flossen und sagte: »Willst du das, Gevatter, so hör ich dich auch so.« Lange jagte der Hecht ihm nach, aber vergebens! Endlich schwamm der Barsch an das Ufer; dort wusch gerade die Zarentochter ihre Wäsche. Der Barsch verwandelte sich in einen Granatring mit goldener Fassung, den erblickte die Zarentochter und hob ihn aus dem Wasser heraus. Sie brachte ihn heim und rühmte sich: »Schau, was für einen schönen Ring ich gefunden hab, Väterchen!« Dem Vater gefiel er, aber die Zarentochter wußte gar nicht, an welchen Finger sie ihn stecken sollte, so schön war er!
Und als darauf einige Zeit vergangen war, meldete man dem Zaren, daß ein Kaufmann gekommen sei. Das war aber Och, der sich verwandelt hatte. Der Zar ging hinaus und fragte: »Was willst du, Alterchen?« – »So und so«, sagte der: »ich bin auf dem Schiff übers Meer gefahren und brachte für den Zaren in meiner Heimat einen Granatring mit, aber ich ließ ihn ins Wasser fallen. Hat nicht vielleicht einer von Euren Dienern den Ring gefunden?« – »Nein«, sagte der Zar, »aber meine Tochter hat ihn gefunden.« Und sie riefen sie herbei. Och bat sie flehentlich, den Ring zurückzugeben, »denn ich kann nicht länger leben«, sagte er, »wenn ich den Ring nicht mitbringe!« Sie gab ihn aber nicht her, und damit gut! Da trat aber der Vater für den Kaufmann ein und sprach: »Gib ihn her, Töchterchen, sonst kommt der Arme durch uns ins Unglück; gib ihn nur!« Und Och bat sie so sehr: »Was Ihr nur wollt, nehmt von mir, aber gebt mir nur den Ring wieder!« – »Na, wenn es so ist«, sagte die Zarentochter, »soll er nicht mein sein und nicht dein!« und sie warf den Ring auf die Erde. Da zerfiel der Ring in Hirsekörner, und sie kollerten in der ganzen Hütte herum. Och besann sich aber nicht lange und verwandelte sich in einen Hahn und fing eilends an, die Körner aufzupicken. Er pickte und pickte und hatte schon fast alles aufgepickt. Ein Hirsekorn aber war unter den Fuß der Zarentochter gerollt, und das hatte er nicht aufgegessen. Und als er fertig war, flog er durchs Fenster und machte sich davon. Das Hirsekorn aber verwandelte sich in einen Burschen, der war so schmuck, daß die Zarentochter sich sofort in ihn verliebte, als sie ihn sah. Und gleich bat sie auch den Zaren und die Zarin, sie möchten ihn ihr zum Manne geben. »Mit keinem anderen werd ich glücklich werden«, sagte sie, »nur bei ihm ist mein Glück!« Der Zar runzelte wohl die Stirn darüber, daß er die Tochter einem einfachen Kerl geben solle, aber schließlich war er’s zufrieden. Und sie segneten die beiden und verheirateten sie und feierten eine solche Hochzeit, daß alle Welt zusammenlief.
Dort war auch ich, Met und Wein trank ich, und kam auch nichts in den Mund, so floß es doch übern Bart, und davon bin ich so weiß geworden.
[Ukraine: August von Löwis of Menar: Russische Volksmärchen]