Sie hatte immer bei den Töpfen am Feuer zu tun; sie mußte das Essen kochen und den Malai in der Herdglut backen; sie mußte die Küche kehren; so war sie immer von Rauch geschwärzt und mit Ruß und Asche verschmiert; man nannte sie Pepeliuka, das Aschenbrödel. Einmal ging sie mit einer Nachbarin – die war ihr von Herzen gut – zum Grab ihrer Mutter, um es herzurichten und vom Unkraut zu reinigen, und die Nachbarin pflanzte ein Bäumchen auf das Grab; das Mädchen begoß es mit ihren Tränen, und das Bäumchen wuchs, und wie das Bäumchen wuchs, so wuchs auch das Mädchen. Da kam ein Junge aus einem anderen Lande, ein Königskind, und ließ austrommeln und verkünden, daß alle diejenigen, welche Töchter im Alter zum Heiraten, mit ihnen drei Abende hintereinander ins Große Wirtshaus kommen sollen, damit er sich unter ihnen eine, die ihm am besten gefällt, zu seiner Braut erwähle. Es kamen die Mädchen aus allen sieben Dörfern. Auch die Stiefmutter richtete ihre Töchter her, kämmte und bürstete sie, zog ihnen reine Wäsche an und putzte sie auf, um mit ihnen auf den Ball ins Große Wirtshaus zu gehen. Sagt das Aschenbrödel zu der Stiefmutter: „Ei, Mutter, lasst mich auch mit euch auf den Ball gehen!“ „Pfui!“ machte die Stiefmutter, „geh zum Teufel, du Aschenbrödel, du garstiges! Du schaust danach aus, um auf den Ball zu gehen! Schämst du dich nicht?“ Und sie schüttete drei Töpfe Frucht in die Asche: „Wenn du die Frucht aus der Asche ausgeklaubt hast, kannst du auf den Ball gehen – der Teufel hält dich zurück!“ Das Mädchen ging auf den Gang, wo sie ihren Trog hatte, in dem sie schlief, und unter dem Gang auf dem Hof stand ein Maulbeerbaum, darauf hockten zwei Tauben. “ Au, au, Täubchen, Täubchen, möchtet ihr mir nicht helfen?“ Und die Tauben kamen herangeflattert, ließen sich nieder und pickten aus der Asche die Körner; die guten in den Topf, die schlechten in den Kropf. Bis das Mädchen sich nach ihnen umdrehte, waren alle Töpfe voll. Sie lief zum Grab ihrer Mutter, stellte sich unter das Bäumchen und sprach: „Bäumchen, schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich!“ Sie hatte noch nicht ausgesprochen, da war sie gekämmt und geölt, hatte Pantoffel an den Füßen, schwarze aus Lack, und hatte eine Bluse an aus Silber und einen Rock aus Seide und ein Hemd aus Seide. So ging sie auf den Ball. Als der Königssohn sie sah, ging er geradeaus auf sie zu und holte sie zum Tanz. Er schaute keine andere mehr an, er tanzte immer nur mit ihr. Als sie sich ein wenig setzten, fragte er sie, wer sie sei und woher sie sei. Sie schweigt, dann erhebt sie ihre Augen und lächelt ein wenig. Er lässt Essen und Getränke kommen, Zuika und Glühwein mit Ei, Zuckerl und Mehlspeis’, trinkt ein wenig Kracherl – und Schnaps und Wein mit Ei hat sie nicht getrunken. Sie schaut zu ihrer Stiefmutter hinüber: Die sitzt mit ihren Töchtern an einem Tisch, sie haben einen Halbliter Schnaps vor sich, und niemand schaut sie an. Als gegen Morgen Feierabend gemacht werden sollte, ging der Königssohn zu den Zigeunermusikanten, um bei ihnen den letzten Tanz zu bestellen. Da schlüpfte sie rasch zur Tür hinaus und lief davon. Als der Königssohn sich wieder nach ihr umwendete – ist sie weg, ist sie nirgends. Geärgert macht er Feierabend; er brauchte keinen letzten Tanz und nichts. Sie aber ging zum Grabe ihrer Mutter, zog sich aus, lief nach Hause und legte sich in ihren Trog.
Als die Stiefmutter mit ihren Töchtern nach Hause kam, konnten sie nicht genug erzählen: „Ach Vater, was für ein schönes Mädel war auf dem Ball dort! Der Königssohn tanzte mit keiner anderen, er tanzte immer nur mit ihr.“ Da rief das Aschenbrödel aus dem Trog: „Das war ich!“ „Pfui!“ machte die Mutter und spie gegen sie aus. „Du warst es, ja du! Geh zum Teufel du mit deiner Schönheit!“ Sie sieht aber: die Töpfe sind voll; wundert sich, sagt aber nichts. Am anderen Tag richtet die Stiefmutter ihre Töchter wieder für den Ball her. Sie wusch sie und malte ihnen Lippen und Wangen rot und schmückte sie, so gut es ging. „Ei, Mutter“, sagte das Aschenbrödel, „ich möchte auch mit euch auf den Ball gehen!“ „Pfui!“ machte die Mutter und spie aus. „Du passt auch dort hin! Weil du die schönste bist, gelt?
Der Teufel hole deinen dummen Schädel!“ Und sie schüttete drei Töpfe Hafer in die Asche: „Wenn du den Hafer aus der Asche ausgelesen hast, kannst du gehen; der Teufel hält dich zurück!“ Pepeliuka ging auf den Gang; auf dem Maulbeerbaum im Hof saßen zwei Tauben. „Au, Täubchen“, sagte sie, „kommt doch und helft mir!“ Und die Tauben kamen herangeflogen und pickten die Körner aus der Asche: die guten in den Topf, die schlechten in den Kropf. Bis das Mädchen sich umschaute, waren alle drei Töpfe voll. Sie lief zu Grabe ihrer Mutter, es war nicht weit vom Hause, stellte sich unter das Bäumchen und sprach: „Bäumchen, schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich!“ Und es fiel auf sie: eine Bluse von Gold, ein Rock aus Silber, ein Unterhemd aus Silber, und sie war gekämmt: das offene Haar auf den Rücken herabgelassen, und hatte gelbe Pantoffel an den Füßen. So ging sie auf den Ball. An diesem Abend hatte der Königssohn einen Soldaten als Wache vor das Wirtshaus gestellt, daß sie ihm nicht entwischen könne. Als er sie sah, ging er ihr entgegen und führte sie zum Tanze. Und er tanzte auf dem Ball mit keiner anderen, er tanzte immer nur mit ihr. Als sie sich ein wenig setzten, fragte er sie wieder, wie sie heiße und woher sie sein. Sie schweigt und ihre Augen füllen sich mit Tränen, wenn sie denkt, wer sie ist und wie die Stiefmutter sie behandelt. Dann hebt sie die Augen und lächelt ein wenig, daß sie ihm Freude macht. „Warum sagst du mir nicht, aus welchem Dorfe du bist? Bist du aus Nermeth? aus Jabatlsch? aus Lupak? aus Wodnick? aus Raffnick? aus Klokotitsch? Ober bist du aus Kraschowa?“ Sie schweigt, denn es schmerzt sie zu sagen, wer sie sei. Er bringt ihr wieder Essen und Getränke und Mehlspeis’ und Zuckerl. Aber sie rührt das Essen nicht an; sie steckt hie und da ein Zuckerl in den Mund; steckt sich auch paar in den Busen. „Warum ißt du nicht?“ fragt der Königssohn. Sie habe genug, es gehe schon über das Maß, sagt sie. „Es tut mir leid, daß Ihr soviel Geld für mich ausgebt.“ „Es soll dir nicht leid tun, denn ich habe genug.“ Dann sagte er: „Komm, tanzen wir!“ Und er führt sie zum Tanz. Als es schon nahe am Feierabend war, ging er zu einem Bekannten, um ihm etwas zu sagen. Da schlüpfte sie rasch zur hinteren Tür hinaus und entsprang durch Küche und Garten. Als er sich umwendete, war sie nirgends, war sie weg. Aber jetzt meinte er, daß sie aus dem Dorfe sein müsse, weil sie das Haus kannte, durch das sie entfloh.
Am dritten Abend stellte der Königssohn eine Wache vor die Gassentür und eine hinten an die Küchentür und bestrich die Gasse vor der Wirtshaustür mit Pech. Was sollte sie tun? Nachdem Mitternacht vorüber war, so gegen zwei oder drei Uhr, machte sie, daß sie dem Fenster neben der Tür nahe kam.
Sie sah, daß der Soldat draußen mit einem Mädchen sprach. Als der Königssohn zum Tisch ging, um sich Zigaretten zu holen, schlüpfte sie rasch zur Tür hinaus. Der Soldat sprach noch immer mit dem Mädchen und drehte ihr den Rücken. Sie wollte davon laufen, aber ihr Fuß blieb im Pech stecken. Der Soldat merkte es und faßte sie an den Haaren. Sie entwand sich ihm und sprang davon – und ihr goldener Pantoffel blieb am Pech hängen. Der Königssohn nahm den Pantoffel zu sich. Am anderen Tage ging er von Dorf zu Dorf, von Gasse zur Gasse, von Haus zu Haus, um das Mädchen zu finden, dem er goldene Pantoffel auf dem Fuß passt. Aber er paßte keiner! Er kam auch in das Haus der Stiefmutter. Er rief, und die Stiefmutter kam heraus: „Habt Ihr keine Tochter zum Heiraten?“ „Ja, ich habe.“
„Heraus mit ihnen, daß sie den Pantoffel probieren! Die, auf deren Fuß der Pantoffel passt, soll meine Braut sein!“ Von den Töchtern der Frau war die eine lang und dünn, die andre dick und kurz. Der Fuß der Dicken war kurz, aber zu breit bei den Zehen. Sie ging in die Stube, den Pantoffel anzuprobieren, nahm die Holzhacke und hackte sich die kleine Zehe ab. Dann kam sie heraus: Der Pantoffel paßt! „Auf, steig in meinen Wagen!“ sagte der Prinz. Er hob sie in den Wagen, und sie fuhren davon. Als sie am Grabe der Mutter vorbeifuhren, scheuten die Pferde. Sie zerrten wie toll an den Seilen, sprangen in die Hhe und bissen einander in den Hals. Der Bursche sprang vom Bock, um sie am Halfter zu führen, aber sie rührten sich nicht von der Stelle. Da hörten sie alle: Auf dem Bäumchen saßen zwei Tauben und riefen:
„G, gu, gu
Blut ist im Schuh!“
Das ist nicht deinen Fru!“
Der Königssohn schaut: der Schuh ist voller Blut. Sogleich kehrte er um. „Heraus mit der anderen!“ Die Lange nahm den Pantoffel und ging ins Zimmer, um ihn anzuprobieren. Ihr Fuß war schmal bei den Zehen, aber die Ferse war zu lang. Rasch hackte sie sich die Ferse ab und kam heraus: „Der Pantoffel paßt! „Auf! Steig in meinen Wagen!“ Der Prinz half ihr hinauf, und sie fuhren davon. Als sie an dem Grabe der Mutter vorbeikamen, scheuten die Pferde. Der Bursche sprang vom Bock und ergriff den Halfter, daß sie keinen Schaden tun. Da hörten sie: Auf dem Bäumchen saßen zwei Täubchen und girrten:
Gu, gu, gu
Blut ist im Schuh!“
Das ist nicht deine Fru!“
Sogleich kehrten sie um. „Heraus mit der dritten Tochter!“ sagte der Königssohn. Das Aschenbrödel kam heraus, und der Königssohn sagte: „Nimm, Mädel, den Pantoffel, geh hinein und schau, ob er dir paßt!“ Das Mädchen sagte: „Hier vor Euch probiere ich ihn an. Das ist „mein Pantoffel“, und der Pantoffel saß! „Auf, steig in meinem Wagen!“ sagte der Königssohn. Er hob sie hinauf, und sie fuhren davon. Der Wagen rollte so glatt dahin, und die Pferde küßten einander! Als sie an dem Grabe der Mutter vorbeikamen, hielten die Pferde von selbst. Und sie sagte zu ihm: „Warte hier ein wenig, daß ich im Vorbeigehen am Grabe meiner Mutter ein Gebetlein verrichte.“ Sie sagte am Grabe ihre Mutter ein Gebet und dann sagte sie: „Bäumchen, schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich!“ Kaum hatte sie es ausgesprochen, da war sie von Kopf bis zu den Füßen in Gold, Seide und Silber gekleidet, sie hatte goldene Schuhe an, und ihr Haar war gekämmt und vergoldet, und es fielen vom Bäumchen:
drei Hemden von Silber,
drei Hemden von Gold,
drei Blusen von Silber,
drei Blusen von Gold,
drei Röcke von Seide,
drei Röcke von Silber,
drei Röcke von Gold,
und drei Paar Schuhe:
eins von Gold,
eins von Silber,
eins von schwarzem Lack.
Eine ganze Aussteuer!
Als der Königssohn sie sah, erschrak er fast, denn so schön sie auch an den drei Abenden gewesen war, nun war sie noch tausendmal schöner, schöner als die Königin der Feen! Er küßte ihre Hand und hob sie in den Wagen. Sie fuhren nach Hause und als sie seine Mutter sah, staunte sie: wo er nur das schöne Eheweib gefunden hatte. Und sie machten Hochzeit, und zu der Hochzeit war auch ich eingeladen. Da ging es lustig her! Und als die Zigeunermusikanten zu essen kriegten – sie aßen zuletzt – , warf einer mit einem Knochen auf mich und traf mich ins linke Auge und machte mich blind.
Märchen aus dem Banater Bergland