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Rührei zu Ostern?

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Es ist drei Tage vor Ostern. Der Hasenälteste Tippel macht sich mit einer riesigen Schar Hasen auf den Weg, um die Eier vom Bauernhof abzuholen. Eine Menge Körbe werden mitgenommen.

„Kaum zu fassen! Um die alle zu bemalen, brauchen wir ja eine ganze Armee fleißiger Pfoten“, staunt Flitz und zwinkert Kurt, dem entlaufenen Hauskaninchen dankend zu, da er die Eiervermittlung zustande gebracht hat. Der Hahn stolziert heran und räuspert sich unüberhörbar. Er pflanzt sich mit geschwollener Brust vor seinen Hennen auf, stemmt die Flügel in die Seiten und blinzelt den staunenden Hasen zu. „Tja, die Eierproduktion ist einfach umwerfend gelaufen. Das ist natürlich nur mit einer straffen Organisation zu schaffen.“
„Schön, schön!“, grinst Tippel dem Hahn ins Gesicht und meint gelassen: „Aber die Hauptarbeit haben doch wohl deine Hennen geleistet. Oder hast du ihnen beim Eierlegen auch geholfen?“
Die gesamte Hühnerschar gackert schallend. Der Stolz des großen Organisators schmilzt dahin wie Schnee in der Sonne. Tippel hoppelt vor die Hennen und verbeugt sich wie ein Gentleman. „Meine Damen! Wir bedanken uns, vor allem im Namen der Kinder, ganz herzlich für euern Fleiß.“ Dann wendet er sich den Hasen zu. „Also Freunde, die Zeit drängt. Auf geht’s!“
Die schwer bepackten Hasen marschieren in den Wald zurück, wo die eigentliche Arbeit auf sie wartet.
„Hoffentlich reichen die Farben. Wer soll die Eier nur alle verteilen? Oh je!“ In Tippels Kopf sausen die Gedanken kreuz und quer durcheinander.
„Na, Opa Tippel. Ist wohl ein bisschen viel für dich, was? Aber keine Angst, wir schaffen das schon.“ Flitz klopft dem alten Hasen beruhigend auf die Schulter und lacht.
Oma Tippel hält schon Ausschau. Farben und Pinsel stehen auf dem großen Holztisch inmitten des Baues bereit.
„Ah, da kommen sie schon“, freut sie sich, reibt sich vergnügt die Pfoten, wackelt zum Herd und setzt viele Töpfe mit Wasser auf. „Dann kann’s ja losgehen!“, begrüßt sie die eintretenden Freunde. Diese schnaufen zwar schwer, strahlen jedoch übers ganze Gesicht. Nach und nach werden die Eier gekocht und anschließend bemalt. Der kleine Schnupprich hoppelt neugierig von einem Korb zum anderen und sieht zu, wie aus den weißen, wunderschöne bunte Eier werden.
„Das möchte ich auch einmal probieren“, denkt er sich. „Ah! Da ist ja noch ein kleinerer Korb. Ich werde einfach mithelfen.“
Niemand bemerkt ihn.
Schließlich ist die Arbeit getan. Tippel kratzt sich hinter seinen langen Ohren. „Ein Glück, dass es nicht mehr Eier sind. Die Farbe hat gerade so gereicht. Jetzt bräuchte man einen Packesel. Die Eier sind einzeln zwar nicht groß, aber in der Menge ganz schön schwer.“
„Wenn wir die Rehe fragen würden. Sicher helfen sie uns gern“, bemerkt Flitz.
„Na klar! Der Einfall könnte glatt von mir sein. Also, worauf wartest du dann noch. Geh, und frag sie.“ Tippels Augen leuchten. Er schiebt sich die Brille zurecht und schmunzelt. „So ist die Jugend. Hat zwar oftmals das letzte Wort, aber gute Ideen kann man ihnen einfach nicht absprechen. Waren wir früher nicht genauso? Flitz ist auf jeden Fall ein toller Junge!“
Kurz darauf sind die Rehe beladen. In kleinen Gruppen ziehen sie nacheinander los. Aber was ist das? Klatsch! Aus dem letzten Korb fallen zwei bunte rohe Eier.
„Das darf doch nicht wahr sein! Rührei zu Ostern!“, ruft Tippel entsetzt. Flitz besieht sich den Korb genauer. „Die sind ja alle noch roh! Wie konnte denn das passieren!“
Schnupprich hält sich an Oma Tippels Schürze fest und lässt die Ohren hängen. Plötzlich beginnt er zu schluchzen. „Ich, ich wollte doch nur helfen. Ich wusste ja nicht, dass…“
Tippel schaut seinen Enkel grimmig an. „So, so, helfen wolltest du also? Nicht zu fassen! Was machen wir jetzt? In ein paar Stunden geht die Sonne auf und das große Ostereiersuchen beginnt. Wieso hat eigentlich niemand den Knirps bemerkt?“
Es herrscht allgemeine Ratlosigkeit. Oma Tippel denkt nach. „Lasst doch den Kleinen in Ruhe. Er hat es doch nur gut gemeint. Denkt ihr nicht, dass wir den einen Korb auch noch schaffen?“
Flitz lacht. „Oma Tippel hat wie immer Recht.“
Opa Tippel hingegen diskutiert herum. Er kann einfach nicht begreifen, dass niemandem aufgefallen ist, wie Schnupprich es geschafft hat, rohe Eier zu bemalen. Oma Tippel stemmt ungeduldig die Pfoten in ihre runden Hüften. „Wer trägt mir denn nun endlich den Korb in die Küche?“
„Ich mach ja schon, mein Hasilein“, lächelt Opa Tippel und buckelt den Korb in den Bau.
Während seine Frau die Eier kocht, überlegt er krampfhaft, womit man sie nun anmalen könnte. „Da müsste doch noch…“ Er schlurft in den Keller hinunter und schaut in die Regale. „Ah! Hier sind sie ja!“ Da steht die eiserne Reserve. Drei verstaubte Gläser mit kornblumenblau, butterblumengelb und klatschmohnrot. „Und grün mischen wir einfach aus gelb und blau.“
Mit den Gläsern in den Pfoten stapft er zufrieden und glücklich nach oben und beginnt sofort die Farben auf den Malpaletten vorzubereiten. Dann setzen sich Kurt, Flitz, Oma und Opa Tippel an den großen runden Tisch. Beim Anmalen der noch sehr heißen Eier bekommen alle recht warme Pfoten. Schnupprich schaut aufmerksam zu, plötzlich feixt er. „Stellt euch doch mal vor, die Menschen müssten so heiße Eier bemalen. Sie würden sich ganz schön die Finger verbrennen. Nur gut, dass wir so ein dickes Fell haben.“
Opa Tippel meint amüsiert: „Du kommst auf Ideen! Menschen und Ostereier bemalen! Na, zum Glück gibt es ja uns – die Osterhasen. Und die Arbeit lassen wir uns doch von den Menschen nicht streitig machen. Oder?“
Alle lachen und schon bald ist auch der letzte Korb ausgetragen.
 
Doris Liese

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