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Sepp auf der Freite

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„Es ist heute Kirchweih“, sagte die alte Bauerfrau, die seit fünf Jahren gichtbrüchig im Bette lag, indem sie sich mühsam aufrichtete und mit ihren zitternden Händen ein großes Tuch um den Kopf band, welches sie so oft wieder abnahm und umband, bis vorn mitten auf der Stirn eine große Schleife stand, wie vier Windmühlenflügel; „es ist heute Kirchweih, Sepp, und du wirst heute abend wieder allein zu Tanze gehen, wie voriges Jahr und wie vorvoriges und wie immer. Hast du mir nicht bestimmt versprochen, dir in diesem Jahre eine Frau zu nehmen? Aber es wird wohl nichts werden, solange ich lebe, und nachher auch nichts. Wenn das dein Vater hätte erleben müssen! Willst du ein alter Hagestolz werden? Weißt du nicht, was die Mädchen singen?:

„Klipper, klapper Hagestolz,
Geh in den Wald und such dir Holz,
Dürres Holz im grünen Wald,
Denn es wird im Winter kalt
Jetzt ist’s noch gelinder.
Ob’s auch brennt und ob’s nicht rußt,
dass du nicht so frieren musst
Frag die Bettelkinder!“

Da antwortete der Sohn kleinlaut, dass die Mädchen im Dorf ihm alle gleich gut gefielen und dass er nicht wisse, welches er erwählen solle. „So geh ins Dorf“, sagte die Mutter, „und achte genau darauf, was die Mädchen, von denen du glaubst, dass sie für dich passen, machen, und dann komm zurück und sag mir’s.“

Und der Sepp ging.

„Nun“, rief die Mutter, als er wieder zurückkehrte, „wie war’s? Wo bist du gewesen?“

„Zuerst bei der Ursel; kam eben aus der Kirche; hatte ein schönes Kleid an und neue Ohrringe.“

Da seufzte die Mutter und sagte: „Geht sie oft in die Kirche, wird sie den lieben Gott bald vergessen lernen. Der Müller hört die Mühle auch nicht klappern. Nichts für dich, mein Junge. Wohin bist du nachher gegangen?“

„Zur Käthe, Mutter.“

„Was tat sie?“

„Stand in der Küche und rückte an allen Töpfen und Tellern.“

„Wie sahen die Töpfe aus?“

„Schwarz.“

„Und die Finger?“

„Weiß.“

„Schlicker, Schlecker“, sagte darauf die Mutter:

„Schlicker, Schlecker!
Naschig und lecker!
Backt sich Kuchen und süßen Brei,
Vergisst die Kinder und das Vieh dabei.

Lass sie laufen, Sepp!“

„Darauf bin ich zur Bärbel gegangen. Saß im Garten und machte drei Kränze. Einen von Veilchen, einen von Rosen, einen von Nelken. Fragte mich, welchen sie heute zur Kirchweih aufsetzen sollte.“

Da schwieg die Mutter eine Weile und sagte dann:

„Ein silbernes Herrchen
Und ein goldenes Närrchen,
Gibt eine kupferne Ehr‘
Und viel eisernes Weh!

Weiter, mein Junge!“

„Zu viert bin ich zur Grete gekommen. Stand vor der Haustüre an der Straße und gab den armen Leuten Butterbrote.“

Da schüttelte die Mutter den Kopf und sagte: „Tut sie heut etwas, was alle Leute sehen sollen, tut sie ein anderes Mal wohl etwas, was keiner sehen soll. Steht sie am Tage vor der Haustür, hat sie wohl am Abend auch schon dahinter gestanden. Wenn der Herr mittags aufs Feld kommt, während die Leute essen, springen nur die faulen Knechte auf, um zu mähen; die fleißigen bleiben sitzen. Bleib lieber ledig, Sepp, ehe du die nimmst! Bist du nicht weiter gekommen?“

„Zuletzt bin ich noch zur Anne gegangen.“

„Was tat sie?“

„Gar nichts, Mutter!“

„Sie wird doch irgend etwas getan haben?“ fragte die alte Bauerfrau noch einmal. „Nichts ist sehr wenig, Sepp!“

„Behüt Gott“, antwortete der Sohn, „sie machte gar nichts; könnt Euch drauf verlassen!“

„Dann nimm die Anne, mein Junge! Das gibt die besten Weiber, die gar nichts tun, was die Burschen erzählen können!“

Und der Sepp nahm die Anne und wurde überglücklich und sagte später noch oft zu seiner Mutter: „Mutter, Ihr hattet recht mit Euerem Rat:

„Die Ursel und Käthe,
Die Bärbel und Grete,
Die wiegen zusamm‘
Nicht halb meine Ann‘!

Jetzt könnte ich Euch schon viel von ihr erzählen – aber ich tu’s nicht.“

Quelle:
(Richard von Volkmann-Leander)

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