Vor langer, langer Zeit lebten einmal ein Mann und seine Frau. Gar viele Jahre hatten sie kinderlos zusammen verbracht, ja sie wussten nicht einmal, was für Kinder es auf der Welt gibt. Die beiden lebten in bitterer Armut. Der Alte verkaufte Brennholz und erhandelte für das Geld ein wenig Hirse. Davon lebten sie. Tag für Tag sammelte er dürres Holz, schleppte es nach Hause und später auf den Basar. Sein Rücken war davon ganz krumm geworden, deshalb nannte die Alte ihn den Buckligen. Eines Tages trug der Alte acht Armvoll Reisig, das er unter den Bäumen längs der Aryks gesammelt hatte, zusammengebunden zum Basar. Da sah er aus einem Erdloch ein Füchslein hervorschauen, das ihm zurief: „Buckliger Alter, buckliger Alter! Nimm mich als deinen Sohn auf!“ Der Alte wunderte sich, ja erschrak sogar ein wenig. „O Allah! Kann denn ein Füchslein sprechen?“ – „Habt keine Angst, Vater! Ich möchte Euer Sohn werden“, bat das Füchslein. Der Alte war einverstanden. „Na gut, dann sei mein Sohn. Komm mit nach Hause!“ Das Füchslein lief zu dem Alten und erbot sich: „Kommt, Vater, ich trage Euch das Holz!“ Der Alte staunte nur so. ‚Wie will so ein kleines Füchslein denn das schleppen?‘ dachte er, legte aber das Bund auf den Boden. Das Füchslein packte das große Bund Holz mit Leichtigkeit, als sei es ein kleiner Spatz, und trug es. Daheim legte das Füchslein das Holz an Ort und Stelle und blieb bei den alten Leuten, die es sehr lieb gewannen. Täglich brachte es Holz ins Haus und half seinem Ziehvater in allem. Bald hatte es so viel Reisig herbeigeschleppt, dass ein ganzer Berg entstanden war. Wenn das Füchslein sein Tagewerk verrichtet hatte, kuschelte es sich dem Alten an die Brust und schlief dort schön warm.
Eines Abends sprang es aber heraus und schickte sich an davonzugehen. Verwundert fragte der Alte: „Ach, Füchslein, mein Söhnchen, wo willst du denn bei sinkender Nacht hin?“ – „Zu meiner lieben Großmama. Dort will ich im Garten spielen und mich im Gras tummeln. Sie wird mir etwas schenken, dann komme ich nach Hause.“ Der Alte widersprach: „Ich lasse dich nicht weg, mein Sohn! Die alte Frau lebt doch allein, sie wird dir nichts geben.“ Das Füchslein beharrte: „Meine Großmutter melkt ihre Ziege und wird mir frische Milch geben.“ Da lachte der Alte: „Die Ziege hat doch keine Milch! Selbst wenn sie welche hätte könnte die Alte sie nicht melken, denn sie hat ja kein Gefäß mehr. Sie hatte eine Kürbisflasche. Aber auch die hat jetzt keinen Boden mehr.“ Doch das Füchslein wollte nicht nachgeben:
„Geliebter Vater, Lass mich selbst nachsehen!“ Mit diesen Worten wedelte es mit seinem Schweif, schlüpfte durch die Tür – und war auf und davon. Es sprang auf den Zaun, vom Zaun aufs Dach, von dort auf ein anderes, lief über die Dächer, wobei es in jeden Schornstein sah, bis es endlich auf das Dach des Königspalastes gelangte. Es blickte auch dort in den Schornstein und, sah die schöne Königstochter schlafen. Von dem wunderbaren Schein, den ihr liebliches Gesicht ausstrahlte, war das ganze Zimmer erhellt. Lange konnte das Füchslein seinen Blick nicht abwenden. Da es schon sehr spät war, kehrte es über die Dächer nach Hause zurück.
Der Alte streichelte dem Füchslein den Rücken und sagte: „Wo bist du denn so lange umhergelaufen, mein Sohn? Hast du deine Großmutter nicht gefunden, oder ist die Ziege so spät von der Weide gekommen?“ Das Füchslein antwortete: „Als ich zu meiner Großmutter ging, lief mir eine Maus mit einer Brotrinde entgegen. Ich wollte die Maus fangen, aber sie ist mir entwischt. Da bin ich zu meiner Großmutter gegangen. Sie hat mich gestreichelt und mir Vorwürfe gemacht: ‚Ich bin doch ganz krank. Während ich auf dich wartete, hätte ich fast den Verstand verloren!‘ Dann hat sie sich beruhigt und mir Plinsen gebacken. Ich habe eine heiße Plinse angefasst und mir die Pfote verbrannt!“ Verdrießlich tadelte der Alte: „Was erzählst du mir da für Märchen, mein Sohn? Oder ist deine Alte verrückt geworden? Darf man denn ein Kind bis in die späte Nacht aufhalten? Wahrscheinlich habt ihr euch dort den Bauch mit Plinsen voll geschlagen, Musik gemacht und getanzt. So krank ist also deine Großmutter!“ – „Ach nein“, jammerte das Füchslein. „Ich habe weder gesungen noch getanzt. Als ich zur Großmutter kam, lag sie krank da und bat mich: ‚Ach, ich kann weder sitzen noch aufstehen! Suche mir ein wenig Reisig. Ich habe sonst nichts, um Feuer zu machen.‘ Da bin ich Reisig sammeln gegangen, habe vierzig Bund gesammelt, sie mit einer Kette umwickelt und zur Großmutter geschleppt. Ich war ganz von Kräften! Großmutter hat sich bedankt, mich umarmt und mich hinausbegleitet. Darum war ich so lange weg.“ Der Alte schüttelte nur den Kopf.
Während sie miteinander sprachen, verging die Nacht.
Da sagte das Füchslein zu dem Alten: „Vater, sucht mir eine Braut und vermählt mich!“ – „Mit wem soll ich dich denn vermählen? Wer gibt mir denn seine Tochter für dich?“ staunte der Alte. „Vermählt mich mit der Königstochter!“ verlangte das Füchslein. „Wo denkst du hin, mein Sohn?“ verwahrte sich der Alte. „Meinst du etwa, der König wäre einverstanden?“ – „Ob er sie hergibt oder nicht. Ihr sollt ihn fragen und ihm sagen: Ich habe nur einen einzigen Sohn, gebt ihm Eure Tochter zur Frau!“ Der Alte hatte das Füchslein sehr lieb und wollte ihm seine Bitte nicht abschlagen. Darum ging er zum König und bat: „Herr König! Gebt meinem Sohn Eure Tochter zur Frau!“ – „Was?“ schrie der König empört. „Wie kannst du es wagen, so eine Dreistigkeit auszusprechen? Ich soll mich mit dir verschwägern, du buckliger Alter?“ Er befahl seinen Henkern, den Alten sofort hinzurichten. Da kam das Füchslein selbst zum König und fragte: „Wo ist mein Vater?“ – „Deinen Vater habe ich für seine Dreistigkeit hinrichten lassen“, antwortete der König. Das Füchslein ging in die öde Steppe, wohin man die Leichen der Hingerichteten zu werfen pflegte, und rief nach seinem Vater: „Buckliger Alter, buckliger Alter!“ Da klapperten die Gebeine des Alten, sprangen auf, setzten sich zusammen – und der Alte war wieder lebendig. „Ach, das bist du, mein Sohn“, rief er. „Ich danke dir, dass du mich wieder zum Leben erweckt hast!“ Wieder schickte das Füchslein den Alten in den Palast, um die Hand der Königstochter zu erbitten. Der König erzürnte noch mehr: „Was glaubst du denn? dass ich meine Tochter dem Sohn irgendeines Buckligen gebe? He, ihr Henker, nehmt ihn fest!“ Die Henker stürzten herbei, packten den Alten und richteten ihn wieder hin. Von neuem lief das Füchslein in die Steppe, machte den Alten wieder lebendig und überredete ihn, in den Palast zu gehen. Und der König ließ den Buckligen abermals hinrichten.
Nachdem das Füchslein dem Alten zum dritten Mal zum Leben erweckt hatte, bekam der König es mit der Angst zu tun. Er entschied, dass der bucklige Alte ein Zauberer sein musste, der übernatürliche Kräfte besaß. So willigte er ein, dass das Füchslein seine Tochter bekomme. Das Füchslein trat in das Gemach des Mädchens, streifte sein Fell ab, hängte es an einen Haken und trat als Jüngling von solcher Schönheit vor die Königstochter, dass das Mädchen ihn sogleich lieb gewann. Nur gefiel es ihr nicht, dass er ein Füchslein war. Eines Tages, als ihr Gemahl eingeschlafen war, nahm sie sein Fell vom Haken, warf es in den Kamin und verbrannte es. Das Füchslein erwachte und fragte nach seinem Fell. Seine Frau antwortete: „Es gefällt mir nicht, dass mein Gemahl ein Füchslein ist. Das Fell passt nicht zu Eurem schönen Antlitz, darum habe ich es ins Feuer geworfen.“ Da wurde das Füchslein böse, ging zur Tür und sagte: „Von nun an bist du für mich niemand mehr, und auch ich bin für dich niemand. Denke, ich sei nicht auf der Welt, und auch ich werde denken, dass es dich nicht gibt!“ – „Wo kann ich Euch finden, wenn ich mich auf die Suche nach Euch begebe?“ rief seine Frau ihm nach. „Quäle dich nicht und suche nicht nach mir“, antwortete das Füchslein. „Wenn du mich aber jemals wieder sehen willst, dann lege zuvor eiserne Stiefel an, nimm einen eisernen Wanderstab. Dann mach dich auf den Weg! Finden wirst du mich erst, wenn dein Wanderstab dünn wie eine Nadel geworden ist und die eisernen Stiefel nicht mehr klirren, sondern wie feines Papier knistern.“ Sprach’s und war verschwunden.
Seine Frau sagte sich von allen königlichen Ehrungen und dem prunkvollen Leben im Palast los. Sie zog eiserne Stiefel an, nahm einen eisernen Wanderstab, setzte eine Derwischkappe auf und suchte nach dem Füchslein. Lange suchte sie, lange wanderte sie, bis sie die ganze Welt durchstreift hatte. Jahre vergingen, viel Wasser floss davon. Mittlerweile hatten ihre eisernen Stiefel aufgehört zu klopfen und zu klirren, sie knisterten wie feines Papier, und ihr Wanderstab war dünner als eine Nadel geworden. Eines Tages wanderte die Königstochter durch ein Gebirge, da sah sie das Füchslein mit seinen Freunden auf der Jagd. Als es seine Frau erblickte, erkannte es sie, schloss sie in seine Arme und nahm sie in seine Stadt mit. So waren die liebenden Herzen nach langer Trennung wieder vereint. Beide lebten glücklich und waren unendlich froh, dass ihre Wünsche in Erfüllung gegangen waren.
Quelle:
(Usbekistan)