1
(2)
Es war einmal eine arme Waschfrau, die hatte einen einzigen Sohn, der hieß Peppe und alle Leute hielten ihn für dumm. Nun war es einmal im Carneval, und in allen Häusern wurde gekocht und gebraten, Maccaroni und Wurst, und nur die arme Waschfrau hatte nichts zu essen als trocken Brot. Da sprach Peppe: »Mutter, in allen Häusern ißt man heute so gute Sachen, und wir allein sollen trocken Brot essen? Gebt mir euer Huhn, das will ich verkaufen und dafür Maccaroni und Wurst kaufen.« »Bist du toll?« rief die Frau. »Soll ich mein letztes Huhn verkaufen, damit ich nachher keins mehr habe?« Peppe aber bat so lange, bis die Mutter ihm endlich das Huhn gab.
Als er nun auf den Markt kam, bot er sein Huhn zum Verkauf aus. Da kam ein Mann heran und frug ihn: »Wie viel willst du für dein Huhn?« »Drei Tari.« »Ist es auch recht fett?« frug der Mann, und nahm das Huhn in die Hand, als ob er es wiegen wolle; ehe sich Peppe aber dessen versah, war der Mann mit sammt dem Huhn verschwunden. Denkt euch nun den armen Peppe, wie er jammerte: »Ach, nun wird meine Mutter mich mit Schlägen umbringen, ach was soll ich thun?« Auf einmal sah er den Dieb vor einem Maccaroniladen stehn; leise schlich er hinzu, und hörte, wie der Mann sagte: »Leget funfzig Rottoli Maccaroni für mich auf die Seite, hier ist das Geld dafür; morgen früh wird ein Bursche mit einem weißen Esel kommen, dem könnt ihr die Maccaroni übergeben.« Dieser Mann aber war ein Räuberhauptmann und hatte elf Räuber unter sich. Als der Räuber die Maccaroni eingekauft hatte, ging er in einen Wurstladen, und Peppe schlich wieder hinter ihm her. »Legt vierzig Rottoli Wurst für mich bei Seite,« sprach der Räuberhauptmann zum Metzger; »hier ist das Geld dafür; morgen früh wird ein Bursche mit einem weißen Esel kommen, dem könnt ihr die Wurst übergeben.« Dann ging der Räuber auch noch in einen Kaufladen und kaufte vier Rottoli Käse ein, die er auch liegen ließ bis zum nächsten Morgen. Peppe aber schlich immer hinter ihm drein und merkte sich Alles.
Als er nun nach Hause kam, frug ihn seine Mutter gleich: »Wie viel hast du für das Huhn bekommen?« »Ach, Mutter, antwortete Peppe, so und so ist es mir ergangen.«
Als die Frau nun hörte, wie er sich das Huhn hatte stehlen lassen, nahm sie einen großen Stock und prügelte den Peppe tüchtig durch. Er aber sagte: »Laßt mich doch nur machen, Mutter; der Räuber soll euch das Huhn hundertfältig bezahlen. Verschaffet mir nur einen weißen Esel, so werde ich morgen euer Herz erfreuen.« »Ach, was willst du mit einem weißen Esel thun?« rief die Waschfrau; »du Dummkopf, der du nicht einmal im Stande bist, ein Huhn zu verkaufen.« Peppe aber bat so lange, bis sie hinging und sich von einer Nachbarin einen weißen Esel leihen ließ. Am nächsten Morgen stand Peppe ganz frühe auf und trieb den weißen Esel zum Maccaroniladen. »Heda, guter Freund, mein Padrone schickt mich, die funfzig Rottoli Maccaroni zu holen, die er gestern hier eingekauft hat.« Der Bäcker sah den weißen Esel und dachte: »das ist jedenfalls der Bursche, den der Käufer von gestern für die Maccaroni zu schicken versprach.« Also gab er dem Peppe ruhig die Maccaroni; Peppe lud sie auf seinen Esel und trieb diesen zum Metzger. »Gebt mir die vierzig Rottoli Wurst, die mein Padrone gestern hier gekauft hat,« sprach er, und da der Metzger den weißen Esel sah, dachte er, es sei richtig, und lieferte die Wurst ab. Nun ging Peppe auch noch zum Käseladen und ließ sich die vier Rottoli Käse ausliefern; dann brachte er Alles seiner Mutter und rief: »Mutter, nun laßt uns essen und trinken, denn nun ist das Huhn zum vierten Theil bezahlt.« – Unterdessen war der wirkliche Bursche des Räuberhauptmanns mit seinem weißen Esel zum Maccaroniverkäufer gekommen, und wollte seine Maccaroni haben. »Willst du sie dir denn zweimal holen?« sagte der Bäcker, »du bist ja schon einmal dagewesen.« »Das bin ich aber nicht gewesen,« sprach der Bursche. »Ja, dann kann ich dir nicht helfen,« antwortete der Bäcker, »es kam Einer mit einem weißen Esel, dem habe ich die Maccaroni gegeben.« Dasselbe sagten auch der Metzger und der Käsehändler, und der Bursche mußte mit leeren Händen nach Hause zurückkehren, Peppe aber und seine Mutter aßen sich an Maccaroni und Wurst satt.
Den nächsten Morgen sprach Peppe: »Mutter, der Mann hat mir mein Huhn erst zum vierten Theil bezahlt. Verschafft mir Mädchenkleider, so will ich ihn schon dazu kriegen, mir den Rest zu geben.« Als seine Mutter ihm nun die Mädchenkleider brachte, verkleidete er sich als Mädchen, und wanderte fort, bis er an das Haus kam, wo die zwölf Räuber wohnten. Dort setzte er sich auf die Schwelle und fing laut an zu jammern und zu weinen. Nicht lange, so schaute ein Räuber zum Fenster hinaus, und frug ihn: »Warum weinst du, schönes Mädchen?« »Ach, mein Vater hat mir gesagt, ich solle hier auf ihn warten; und nun ist es schon beinahe Nacht, und mein Vater kommt noch immer nicht, und wie soll ich nun den Weg nach Hause finden?« »Nun, sei nur ruhig,« sagte der Räuber, »komm herein, so wollen wir dich hier behalten, und du sollst es gut bei uns haben.« Da ging Peppe hinein, und die zwölf Räuber gaben ihm zu essen und zu trinken.
Als es Nacht wurde, sprach der Hauptmann: »Dieses Mädchen will ich für mich behalten, und diese Nacht soll sie in meiner Kammer schlafen.« »Ach, nein,« sagte Peppe, »das kann ich nicht; ich schäme mich.« »Sei nicht dumm,« rief der Räuberhauptmann, und führte das vermeintliche Mädchen in seine Kammer. Da sah nun Peppe viel Gold und Silber umherliegen, in einer Ecke aber stand ein Galgen. »Was ist das schwarze Ding da?« frug er. »Das ist ein Galgen,« antwortete der Räuberhauptmann, »daran erhängen wir die Leute, die uns beleidigt haben.« »Wie macht ihr denn das?« frug Peppe, und der Räuber antwortete: »Da steckt man ihnen den Kopf in diese Schlinge und zieht an der Schnur, bis sie sterben.« »Ach, das kann ich nicht verstehn; macht es mir doch einmal vor.« Da steckte der Räuber seinen Kopf in die Schlinge, Peppe aber sprang hinzu und zog am Strick, nicht stark genug, um den Räuber zu erdrosseln, sondern nur so viel, daß er kaum mehr athmen, und gar nicht sprechen konnte. Dann ergriff Peppe einen großen Prügel und schlug auf den Räuber los, bis er halb todt war: »Oh, du Bösewicht, kennst du mich nicht? Ich bin ja der Bursche, dem du das Huhn gestohlen hast,« rief er zwischen dem Prügeln. Als er endlich müde war, füllte er seine Taschen mit Goldstücken, schlich sich leise aus dem Haus, und lief voll Freuden zu seiner Mutter. »Hier, Mutter, nehmt das Geld; nun ist das Huhn zur Hälfte bezahlt.«
Am nächsten Morgen warteten die Räuber von Stunde zu Stunde, daß ihr Hauptmann aufwachen sollte. Als aber Alles ruhig blieb, schlugen sie um Mittag die Thüre ein und fanden ihn halb erdrosselt und halb zu Tode geschlagen. Da machten sie ihn los und legten ihn zu Bette, und er konnte nur mit heiserer Stimme keuchen: »Es war der Bursche, dem ich das Huhn gestohlen.« »Wo sollen wir nun einen Arzt herholen,« sprachen die Räuber, und Einer trat ans Fenster, um zu sehen, ob etwa ein Arzt vorbeikäme. Da sah er einen Doktor auf seinem Eselchen daherreiten und rief ihn an und lud ihn ein heraufzukommen. Der Doktor aber war niemand anders, als Peppe, der sich also verkleidet hatte, um noch einmal zu den Räubern zu gelangen.
Als ihn nun der Räuber anrief, kam er langsam und bedächtig die Treppe herauf und ließ sich an das Bett des Kranken führen. »Dieser Mann ist sehr krank,« sagte er; »aber durch meine Kunst kann ich ihn wohl gesund machen. Nur brauche ich dazu die, und die und das.« So schickte er die elf Räuber alle aus dem Haus, Jeden auf eine andre Seite, und blieb allein mit dem Kranken. »Kennst du mich wieder nicht, du Bösewicht?« frug er. »Ich bin der Bursche, dem du das Huhn gestohlen hast.« »Oh! Barmherzigkeit! schlage mich nicht todt; ich will dir auch hundert Unzen geben!« »Die kann ich mir schon selber holen,« antwortete Peppe; »aber die Schläge, die ich von meiner Mutter bekommen habe, sollst du auch kosten.« Damit ergriff er wieder einen Stock und prügelte den Räuberhauptmann durch, bis er nicht mehr konnte. Dann füllte er seine Taschen mit Goldstücken, ließ den Räuber halbtodt liegen und ritt vergnügt nach Hause. »Hier, Mutter, seht dieses Gold. Nun ist das Huhn zu Dreivierteln bezahlt, morgen gehe ich hin und hole mir auch noch das letzte Viertel.« »Ach, mein Sohn, nimm dich in acht, daß dich die Räuber nicht erkennen.« »Was sollen sie mir thun?« sagte Peppe, und am nächsten Morgen verkleidete er sich in einen Straßenkehrer, lud den Zimmili auf seinen Esel und zog wieder die Straße entlang dem Haus der Räuber zu.
Die Räuber sprachen eben unter einander: »Was thun wir nun mit unserm Hauptmann? Anstatt besser zu werden, wird er nur immer schlimmer. Wir wollen ihn ins Hospital schicken; wenn wir nur Jemand hätten, um ihn hinzubringen.« Da schauten sie zum Fenster hinaus und sahen einen Straßenkehrer vorbeikommen, das war eben Peppe. »Schöner Bursche,« riefen sie ihn an, »wenn du uns einen Dienst erweisen willst, so geben wir dir eine Unze.« »Was soll ich denn thun?« »Wir haben hier einen kranken Mann, den wollen wir in deinen Zimmili legen, und du bringst ihn dann ins Hospital.« »Gut,« antwortete Peppe, räumte seinen Zimmili aus, und die Räuber legten ihren kranken Hauptmann hinein und gaben dem Peppe eine Unze. Dem Räuberhauptmann aber banden sie eine Geldkatze um, die war schwer von Goldstücken. Peppe stellte sich nun, als ob er den Weg zum Hospital einschlage, als er aber den Andern aus dem Gesicht war, trieb er seinen Esel in die Berge, die allerschlechtesten Wege. »Wohin führst du mich denn?« frug der Räuber. »Komm du nur mit, du Bösewicht! Kennst du mich nicht mehr? Ich bin der Bursche, dem du das Huhn gestohlen hast.« »Ach, Barmherzigkeit! Laß mich leben; ich will dir auch alles Geld geben, das ich auf mir trage.« »Das will ich mir schon selber nehmen,« sagte Peppe, und schnallte ihm den Gürtel mit dem Gelde los; dann warf er den Räuberhauptmann in einen Graben und ließ ihn liegen.
Als er nach Hause kam, brachte er seiner Mutter all das Geld und rief: »So, Mutter, nun ist das Huhn ganz bezahlt; nun sind wir reiche Leute, und können sorgenfrei leben.« So wurde Peppe, den alle Leute für dumm gehalten hatten, gescheidt und klug.
Als er nun auf den Markt kam, bot er sein Huhn zum Verkauf aus. Da kam ein Mann heran und frug ihn: »Wie viel willst du für dein Huhn?« »Drei Tari.« »Ist es auch recht fett?« frug der Mann, und nahm das Huhn in die Hand, als ob er es wiegen wolle; ehe sich Peppe aber dessen versah, war der Mann mit sammt dem Huhn verschwunden. Denkt euch nun den armen Peppe, wie er jammerte: »Ach, nun wird meine Mutter mich mit Schlägen umbringen, ach was soll ich thun?« Auf einmal sah er den Dieb vor einem Maccaroniladen stehn; leise schlich er hinzu, und hörte, wie der Mann sagte: »Leget funfzig Rottoli Maccaroni für mich auf die Seite, hier ist das Geld dafür; morgen früh wird ein Bursche mit einem weißen Esel kommen, dem könnt ihr die Maccaroni übergeben.« Dieser Mann aber war ein Räuberhauptmann und hatte elf Räuber unter sich. Als der Räuber die Maccaroni eingekauft hatte, ging er in einen Wurstladen, und Peppe schlich wieder hinter ihm her. »Legt vierzig Rottoli Wurst für mich bei Seite,« sprach der Räuberhauptmann zum Metzger; »hier ist das Geld dafür; morgen früh wird ein Bursche mit einem weißen Esel kommen, dem könnt ihr die Wurst übergeben.« Dann ging der Räuber auch noch in einen Kaufladen und kaufte vier Rottoli Käse ein, die er auch liegen ließ bis zum nächsten Morgen. Peppe aber schlich immer hinter ihm drein und merkte sich Alles.
Als er nun nach Hause kam, frug ihn seine Mutter gleich: »Wie viel hast du für das Huhn bekommen?« »Ach, Mutter, antwortete Peppe, so und so ist es mir ergangen.«
Als die Frau nun hörte, wie er sich das Huhn hatte stehlen lassen, nahm sie einen großen Stock und prügelte den Peppe tüchtig durch. Er aber sagte: »Laßt mich doch nur machen, Mutter; der Räuber soll euch das Huhn hundertfältig bezahlen. Verschaffet mir nur einen weißen Esel, so werde ich morgen euer Herz erfreuen.« »Ach, was willst du mit einem weißen Esel thun?« rief die Waschfrau; »du Dummkopf, der du nicht einmal im Stande bist, ein Huhn zu verkaufen.« Peppe aber bat so lange, bis sie hinging und sich von einer Nachbarin einen weißen Esel leihen ließ. Am nächsten Morgen stand Peppe ganz frühe auf und trieb den weißen Esel zum Maccaroniladen. »Heda, guter Freund, mein Padrone schickt mich, die funfzig Rottoli Maccaroni zu holen, die er gestern hier eingekauft hat.« Der Bäcker sah den weißen Esel und dachte: »das ist jedenfalls der Bursche, den der Käufer von gestern für die Maccaroni zu schicken versprach.« Also gab er dem Peppe ruhig die Maccaroni; Peppe lud sie auf seinen Esel und trieb diesen zum Metzger. »Gebt mir die vierzig Rottoli Wurst, die mein Padrone gestern hier gekauft hat,« sprach er, und da der Metzger den weißen Esel sah, dachte er, es sei richtig, und lieferte die Wurst ab. Nun ging Peppe auch noch zum Käseladen und ließ sich die vier Rottoli Käse ausliefern; dann brachte er Alles seiner Mutter und rief: »Mutter, nun laßt uns essen und trinken, denn nun ist das Huhn zum vierten Theil bezahlt.« – Unterdessen war der wirkliche Bursche des Räuberhauptmanns mit seinem weißen Esel zum Maccaroniverkäufer gekommen, und wollte seine Maccaroni haben. »Willst du sie dir denn zweimal holen?« sagte der Bäcker, »du bist ja schon einmal dagewesen.« »Das bin ich aber nicht gewesen,« sprach der Bursche. »Ja, dann kann ich dir nicht helfen,« antwortete der Bäcker, »es kam Einer mit einem weißen Esel, dem habe ich die Maccaroni gegeben.« Dasselbe sagten auch der Metzger und der Käsehändler, und der Bursche mußte mit leeren Händen nach Hause zurückkehren, Peppe aber und seine Mutter aßen sich an Maccaroni und Wurst satt.
Den nächsten Morgen sprach Peppe: »Mutter, der Mann hat mir mein Huhn erst zum vierten Theil bezahlt. Verschafft mir Mädchenkleider, so will ich ihn schon dazu kriegen, mir den Rest zu geben.« Als seine Mutter ihm nun die Mädchenkleider brachte, verkleidete er sich als Mädchen, und wanderte fort, bis er an das Haus kam, wo die zwölf Räuber wohnten. Dort setzte er sich auf die Schwelle und fing laut an zu jammern und zu weinen. Nicht lange, so schaute ein Räuber zum Fenster hinaus, und frug ihn: »Warum weinst du, schönes Mädchen?« »Ach, mein Vater hat mir gesagt, ich solle hier auf ihn warten; und nun ist es schon beinahe Nacht, und mein Vater kommt noch immer nicht, und wie soll ich nun den Weg nach Hause finden?« »Nun, sei nur ruhig,« sagte der Räuber, »komm herein, so wollen wir dich hier behalten, und du sollst es gut bei uns haben.« Da ging Peppe hinein, und die zwölf Räuber gaben ihm zu essen und zu trinken.
Als es Nacht wurde, sprach der Hauptmann: »Dieses Mädchen will ich für mich behalten, und diese Nacht soll sie in meiner Kammer schlafen.« »Ach, nein,« sagte Peppe, »das kann ich nicht; ich schäme mich.« »Sei nicht dumm,« rief der Räuberhauptmann, und führte das vermeintliche Mädchen in seine Kammer. Da sah nun Peppe viel Gold und Silber umherliegen, in einer Ecke aber stand ein Galgen. »Was ist das schwarze Ding da?« frug er. »Das ist ein Galgen,« antwortete der Räuberhauptmann, »daran erhängen wir die Leute, die uns beleidigt haben.« »Wie macht ihr denn das?« frug Peppe, und der Räuber antwortete: »Da steckt man ihnen den Kopf in diese Schlinge und zieht an der Schnur, bis sie sterben.« »Ach, das kann ich nicht verstehn; macht es mir doch einmal vor.« Da steckte der Räuber seinen Kopf in die Schlinge, Peppe aber sprang hinzu und zog am Strick, nicht stark genug, um den Räuber zu erdrosseln, sondern nur so viel, daß er kaum mehr athmen, und gar nicht sprechen konnte. Dann ergriff Peppe einen großen Prügel und schlug auf den Räuber los, bis er halb todt war: »Oh, du Bösewicht, kennst du mich nicht? Ich bin ja der Bursche, dem du das Huhn gestohlen hast,« rief er zwischen dem Prügeln. Als er endlich müde war, füllte er seine Taschen mit Goldstücken, schlich sich leise aus dem Haus, und lief voll Freuden zu seiner Mutter. »Hier, Mutter, nehmt das Geld; nun ist das Huhn zur Hälfte bezahlt.«
Am nächsten Morgen warteten die Räuber von Stunde zu Stunde, daß ihr Hauptmann aufwachen sollte. Als aber Alles ruhig blieb, schlugen sie um Mittag die Thüre ein und fanden ihn halb erdrosselt und halb zu Tode geschlagen. Da machten sie ihn los und legten ihn zu Bette, und er konnte nur mit heiserer Stimme keuchen: »Es war der Bursche, dem ich das Huhn gestohlen.« »Wo sollen wir nun einen Arzt herholen,« sprachen die Räuber, und Einer trat ans Fenster, um zu sehen, ob etwa ein Arzt vorbeikäme. Da sah er einen Doktor auf seinem Eselchen daherreiten und rief ihn an und lud ihn ein heraufzukommen. Der Doktor aber war niemand anders, als Peppe, der sich also verkleidet hatte, um noch einmal zu den Räubern zu gelangen.
Als ihn nun der Räuber anrief, kam er langsam und bedächtig die Treppe herauf und ließ sich an das Bett des Kranken führen. »Dieser Mann ist sehr krank,« sagte er; »aber durch meine Kunst kann ich ihn wohl gesund machen. Nur brauche ich dazu die, und die und das.« So schickte er die elf Räuber alle aus dem Haus, Jeden auf eine andre Seite, und blieb allein mit dem Kranken. »Kennst du mich wieder nicht, du Bösewicht?« frug er. »Ich bin der Bursche, dem du das Huhn gestohlen hast.« »Oh! Barmherzigkeit! schlage mich nicht todt; ich will dir auch hundert Unzen geben!« »Die kann ich mir schon selber holen,« antwortete Peppe; »aber die Schläge, die ich von meiner Mutter bekommen habe, sollst du auch kosten.« Damit ergriff er wieder einen Stock und prügelte den Räuberhauptmann durch, bis er nicht mehr konnte. Dann füllte er seine Taschen mit Goldstücken, ließ den Räuber halbtodt liegen und ritt vergnügt nach Hause. »Hier, Mutter, seht dieses Gold. Nun ist das Huhn zu Dreivierteln bezahlt, morgen gehe ich hin und hole mir auch noch das letzte Viertel.« »Ach, mein Sohn, nimm dich in acht, daß dich die Räuber nicht erkennen.« »Was sollen sie mir thun?« sagte Peppe, und am nächsten Morgen verkleidete er sich in einen Straßenkehrer, lud den Zimmili auf seinen Esel und zog wieder die Straße entlang dem Haus der Räuber zu.
Die Räuber sprachen eben unter einander: »Was thun wir nun mit unserm Hauptmann? Anstatt besser zu werden, wird er nur immer schlimmer. Wir wollen ihn ins Hospital schicken; wenn wir nur Jemand hätten, um ihn hinzubringen.« Da schauten sie zum Fenster hinaus und sahen einen Straßenkehrer vorbeikommen, das war eben Peppe. »Schöner Bursche,« riefen sie ihn an, »wenn du uns einen Dienst erweisen willst, so geben wir dir eine Unze.« »Was soll ich denn thun?« »Wir haben hier einen kranken Mann, den wollen wir in deinen Zimmili legen, und du bringst ihn dann ins Hospital.« »Gut,« antwortete Peppe, räumte seinen Zimmili aus, und die Räuber legten ihren kranken Hauptmann hinein und gaben dem Peppe eine Unze. Dem Räuberhauptmann aber banden sie eine Geldkatze um, die war schwer von Goldstücken. Peppe stellte sich nun, als ob er den Weg zum Hospital einschlage, als er aber den Andern aus dem Gesicht war, trieb er seinen Esel in die Berge, die allerschlechtesten Wege. »Wohin führst du mich denn?« frug der Räuber. »Komm du nur mit, du Bösewicht! Kennst du mich nicht mehr? Ich bin der Bursche, dem du das Huhn gestohlen hast.« »Ach, Barmherzigkeit! Laß mich leben; ich will dir auch alles Geld geben, das ich auf mir trage.« »Das will ich mir schon selber nehmen,« sagte Peppe, und schnallte ihm den Gürtel mit dem Gelde los; dann warf er den Räuberhauptmann in einen Graben und ließ ihn liegen.
Als er nach Hause kam, brachte er seiner Mutter all das Geld und rief: »So, Mutter, nun ist das Huhn ganz bezahlt; nun sind wir reiche Leute, und können sorgenfrei leben.« So wurde Peppe, den alle Leute für dumm gehalten hatten, gescheidt und klug.
[Italien: Laura Gonzenbach: Sicilianische Märchen]