0
(0)
Der Löwe war einmal in einen Engpaß gerathen, und konnte nicht wieder heraus. Da kam eben ein Pferd vorbei, und der Löwe rief ihm zu: »Hilf mir aus diesem Engpaß heraus.« »Das will ich schon thun,« antwortete das Pferd, »versprich mir aber, daß du mich nicht fressen willst.« Der Löwe versprach es, und das Pferd arbeitete so lange mit seinen Hufen, bis es den Löwen frei gemacht hatte. Als der sich aber frei sah, sprach er: »Jetzt fresse ich dich.« »Wie waren die Bedingungen?« sagte das Pferd, »hatten wir nicht ausgemacht, ihr wolltet mich nicht fressen?« »Das ist jetzt einerlei,« rief der Löwe, »wenn du aber willst, so gehen wir vor einen Schiedsrichter.« »Gut,« erwiderte das Pferd, »wen wählen wir aber dazu?« »Den Fuchs,« sprach der Löwe.
Das Pferd war es zufrieden, und sie gingen zum Fuchs, und der Löwe legte ihm die Frage vor. »Ja,« antwortete der Fuchs, »es kommt mir vor, als wenn ihr recht haben müßtet, Herr Löwe; ich kann aber kein Urtheil fällen, wenn ich nicht vorher gesehen habe, wie ihr Beide standet.«
Also gingen sie alle drei zum Engpaß, und das Pferd stellte sich auf denselben Platz, wo es vorher gestanden hatte. Den Löwen aber hieß der Fuchs sich wieder in den Engpaß drücken. »Standet ihr gerade so?« frug er. »Dieses Bein war noch ein wenig mehr gedrückt,« antwortete der Löwe. »Nun, so preßt euch nur noch ein wenig; ihr müßt euch genau so hinstellen, wie ihr in dem Augenblicke waret, als ihr das Pferd um Hülfe batet.« Der Löwe drückte sich noch ein wenig, und der Fuchs frug wieder: »Standet ihr gerade so?« »Dieses Vorderbein war noch ein wenig weiter drin.« »Nun, so preßt euch noch ein wenig weiter hinein.« Endlich hatte sich der Löwe so fest hineingepreßt, daß er nicht wieder heraus konnte. »So,« sagte der Fuchs, »jetzt seid ihr gerade so weit, wie vorher; nun kann das Pferd zusehen, ob es euch noch einmal helfen will.« Das Pferd aber wollte nicht, sondern warf so lange Steine herunter, bis es den Löwen erschlug.
»Ja, ja, der Fuchs ist schlau!«
Das Pferd war es zufrieden, und sie gingen zum Fuchs, und der Löwe legte ihm die Frage vor. »Ja,« antwortete der Fuchs, »es kommt mir vor, als wenn ihr recht haben müßtet, Herr Löwe; ich kann aber kein Urtheil fällen, wenn ich nicht vorher gesehen habe, wie ihr Beide standet.«
Also gingen sie alle drei zum Engpaß, und das Pferd stellte sich auf denselben Platz, wo es vorher gestanden hatte. Den Löwen aber hieß der Fuchs sich wieder in den Engpaß drücken. »Standet ihr gerade so?« frug er. »Dieses Bein war noch ein wenig mehr gedrückt,« antwortete der Löwe. »Nun, so preßt euch nur noch ein wenig; ihr müßt euch genau so hinstellen, wie ihr in dem Augenblicke waret, als ihr das Pferd um Hülfe batet.« Der Löwe drückte sich noch ein wenig, und der Fuchs frug wieder: »Standet ihr gerade so?« »Dieses Vorderbein war noch ein wenig weiter drin.« »Nun, so preßt euch noch ein wenig weiter hinein.« Endlich hatte sich der Löwe so fest hineingepreßt, daß er nicht wieder heraus konnte. »So,« sagte der Fuchs, »jetzt seid ihr gerade so weit, wie vorher; nun kann das Pferd zusehen, ob es euch noch einmal helfen will.« Das Pferd aber wollte nicht, sondern warf so lange Steine herunter, bis es den Löwen erschlug.
»Ja, ja, der Fuchs ist schlau!«
[Italien: Laura Gonzenbach: Sicilianische Märchen]