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Märchenbasar

Vom Mädchen, das schneller als ein Pferd rennen konnte

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Es war einmal ein wunderschönes Mädchen. Dieses war nicht wie andere von Vater und Mutter gezeugt, sondern die Vilen hatten es aus Schnee geformt, den sie am Eliastag im hohen Sommer aus grundloser Grube geholt hatten. Niemand geringeres als der Wind hatte ihm Leben eingehaucht und der glänzende Tau hatte es gesäugt. Der Wald mit seinen hundert und aberhundert Grüntönen hatte es gekleidet und die Wiesenblumen hatten es herausgeputzt. So war es denn lieblicher als die schönste Rosenknospe, lachte heller als die Sonne und fand auf der Welt unter den Mädchen nicht ihresgleichen.

Eines Tages ließ die Jungfrau verkünden, dass sie heiraten wolle. „Wer mich auf dem Pferd im Wettlauf besiegt, dem will ich meine Hand geben.“ Sodann legte sie Ort und Zeit des Wettlaufs fest und erwartete die Freier.
Sie kamen aus aller Herren Länder und ritten die prächtigsten Pferde, die man je gesehen hatte. Ihr Fell glänzte und die Muskeln darunter spielten, so dass man nicht hätte sagen können, welches den Sieg davon tragen würde. Selbst der Sohn des Kaisers war mit seinem besten Renner unter ihnen angetreten.
Die Reiter stellten sich nebeneinander auf und die Jungfrau trat zu ihnen. „Dort hinten am Ziel auf einem Pfahl steckt ein goldener Apfel. Demjenigen, der ihn zuerst greift, will ich angehören. Doch gelingt es mir vor euch, den Apfel an mich zu nehmen, so sinkt ihr alle tot zur Erde. Das solltet ihr bedenken, wenn ihr um mich kämpft.“

Die Reiter aber waren wie von Sinnen. Sie vermochten sich nicht vorzustellen, dass ein Mädchen zu Fuß ihre Pferde besiegen konnte. Einer von uns wird sie besiegen, dachten sie. Das Mädchen klatschte zum Start in die Hände und die Reiter preschten voran.
Das Mädchen aber hatte sie im Nu überholt, denn sie hatte kleine Flügel unter den Armen, die sie federleicht voran trugen. Die Reiter spornten und trieben ihre Pferde an wie noch nie und holten das Mädchen fast ein. Da riss es sich eines ihrer Haare aus und warf es hinter sich. Sofort wuchs aus dem Haar ein Wald. Die Reiter mussten das Tempo bremsen und sich zwischen den Bäumen zurecht finden. Als sie aus dem Wald waren, war das Mädchen ihnen abermals weit voraus.
Die Reiter aber trieben ihre Pferde an, so dass sie ihr Letztes gaben und das Mädchen erneut fast erreichten. Als sie das sah, weinte sie eine Träne, die zum brausenden Strom wurde, kaum dass sie die Erde berührt hatte. Nur dem Sohn des Kaisers mit seinem Pferd gelang es, dem Mädchen auf den Versen zu bleiben.
Er beschwor das Mädchen drei Mal im Namen Gottes stehen zu bleiben, wo es eben war. Da hielt sie inne. Er fasste sie, setzte sie hinter sich aufs Pferd und kehrte zurück. Er durchschwamm den Strom und ritt ins Gebirge. Als er eben den höchsten Gipfel erreicht hatte und sich umwandte, war das Mädchen hinter ihm verschwunden.

Quelle:
Märchen aus Juguslawien

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