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Märchenbasar

Von den drei goldenen Äpfeln

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War vor vielen, vielen Jahren ein König in der Ebene, der lag seit vielen Monden krank und niemand konnte ihm helfen. Da kam eines Tages ein Bäuerlein in die Königsburg und wurde vor den Fürsten gelassen. Zu diesem sagte der Mann, er wolle ihn heilen, sofern der König drei goldene Aepfel aus dem verwünschten Garten erhalten könne. Der König ließ seine Söhne kommen und hieß den ältesten die Aepfel bringen. Der Prinz sattelte sein Pferd und ritt aus der Königsburg. Im Walde stieß er auf einen Bettler, der ihn um ein Almosen bat. Aber der Prinz war harten Herzens und schlug den armen Mann. Am Rande des Waldes stund ein Wirthshaus, hier trat der junge Mann ein und wollte nach genossenem Imbiß wieder von dannen ziehen, aber die Wirthin hielt ihn mit süßen und schmeichelnden Reden zurück (denn sie hatte wohl gemerkt, daß des Jünglings Beutel mit Golddukaten wohl gespickt war), bis er all sein Geld verjubelt, worauf er ins Gefängniß geworfen wurde.
Als der Aelteste so lange nicht kam, machte sich der Zweite auf den Weg, ritt durch den Wald, wies, wie Jener, den Bettler ab, kam ins Wirthshaus und blieb bei Wein und Speisen so lange, bis die güldenen Dukaten ausgiengen und auch er den Weg zum Gefängniß antreten mußte.
Nach Jahresfrist bestieg der Jüngste sein Pferd, um die beiden Brüder und die drei goldenen Aepfel zu suchen. Im Walde traf er, wie die Andern, auf den alten, grauen Mann, aber er gieng nicht stolz und höhnend am Bettler vorbei, sondern reichte ihm eine Gabe. Da sprach der alte Mann mit mildem Lächeln: »Ihr seid gut, und ihr sollt die goldenen Aepfel erhalten. Geht aber am Wirthshaus am Waldesrand vorbei und laßt Euch nicht von süßen Worten umstricken. Lenket dann Euer Pferd gegen Sonnenaufgang und ehe drei Tage vergehen, werdet Ihr vor dem verwünschten Garten mit den ehernen Thoren stehen. Vorher aber müßt Ihr durch das Reich der Löwen, dann durch das der Bären und endlich durch dasjenige der Affen gehen. Seid dann aber hübsch manierlich mit den Thieren, dann thun sie Euch nichts zu Leide, denn sie sind verzauberte Menschen, welche der Befreiung harren.«
Der Königssohn dankte und ritt fröhlich weiter, das Antlitz gegen Osten gewendet, der süßen Töne nicht achtend, die aus dem Waldwirthshaus drangen. Und ehe der dritte Abend sich auf die Erde herabsenkte, hatte der Prinz das Reich der Löwen erreicht und ward vor den König geführt. Diesem offenbarte er sein Begehr und erhielt den Rath, mit der zwölften Mittagsstunde den Garten zu betreten und vier Viertelstunden später denselben zu verlassen, und zwar um keine Minute zu spät, da mit dem Schlage Eins sich die ehernen Pforten dröhnend schlössen und dann keine Rückkehr mehr möglich sei. Des Löwenkönigs solle er aber gedenken und auch ihm drei goldene Aepfel bringen.
Die gleiche Aufnahme, die gleichen Rathschläge und die gleichen Wünsche fand der Königssohn bei den Bären und Affen und als die Glocke Zwölfe schlug, stund der Prinz vor den ehernen Thoren des verwünschten Gartens, die sich krachend öffneten. In einem Baumgange fand er eine Jungfrau, die so schön war, wie die Sonne am Himmel, und er setzte sich zu ihr und erzählte ihr sein Vorhaben. Da schlang sie die lilienweißen Arme um seinen Nacken und bat ihn, die goldenen Aepfel zu holen, aber des Gesanges nicht zu achten, der ihn mit süßen Klängen verlocken werde, da er sonst die Stunde der Erlösung vergessen würde und sie und er auf immer verloren wären.
Sie aber warte seiner an ihrem Platze, den sie nicht verlassen könne. Und der Prinz gieng hin, verstopfte sich die Ohren und brachte zwölf goldene Aepfel herbei, drei für seinen siechen Vater und je drei für die Fürsten im Reiche der Löwen, der Bären und der Affen. Dann nahm er die Jungfrau und führte sie durch die ehernen Thore hinaus, die sich, da es eben Eins schlug, donnernd hinter dem Paare schlossen.
Treu seinem Worte, gab er die Aepfel den drei Thierfürsten und gieng mit seiner holdseligen Braut von dannen. Sie waren noch nicht weit gekommen, als hinter ihnen sich eine Wolke erhob und bald darauf ein glänzendes Gefolge herangesprengt kam, um dem königlichen Paare zu huldigen. Das Gefolge aber bestund aus Rittern, die der Prinz in den drei Reichen durch die goldenen Aepfel befreit hatte. So ritt die stolze, schimmernde Schaar durch’s Land und als sie zum Waldwirthshause kamen, wurden die beiden ältern Brüder des Ritters eben zur Richtstätte geführt und waren nicht wenig froh, als sie durch ihren Bruder befreit wurden. Statt ihrer aber mußte die arge Wirthin verbluten und dann zogen alle in die Königsstadt und der König war von Stund an gesund.(In Tavanasa bei Brigels erzählt)
[Rätoromanien: Dietrich Jecklin: Volksthümliches aus Graubünden]

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