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Es war einmal ein König, der hatte ein einziges Töchterlein, das hatte er von Herzen lieb. Da ließ er eines Tages einen Sterndeuter kommen, der sollte ihm wahrsagen, welches Schicksal die Prinzessin haben würde. Der Wahrsager antwortete: »Wenn die Prinzessin fünfzehn Jahre alt sein wird, so wird ein Riese kommen und sie rauben.« Nun ließ der König die Prinzessin wohl bewachen, damit sie niemand rauben könne. Als die Prinzessin aber fünfzehn Jahre alt war, stand sie eines Tages am Fenster. Da kam ein Riese vorbei, der zog sie mit seinem Athem an sich, nahm sie in seine Arme, und entfloh mit ihr so schnell, daß niemand ihn einholen konnte. Da ward der König sehr betrübt, und ließ im ganzen Land verkünden, wer ihm die Tochter wiederbringe, solle sie zur Gemahlin haben, und nach ihm König sein.
Das hörte auch eine arme Frau, eine Mutter von sieben Söhnen, die hatten alle sieben Zaubergaben erhalten. Da rief sie den Aeltesten und sprach: »Wenn du mir sagst, was deine Kunst ist, so lasse ich dir einen neuen Anzug machen.« »Ich kann zehn Männer in meine Arme nehmen,« sprach der Sohn, »und so schnell laufen, wie der Wind.« Da rief die Mutter auch den Zweiten, und frug ihn, was seine Kunst sei. Der antwortete: »Wenn ich mein Ohr an den Boden lege, so höre ich Alles, was in der Welt vorgeht.« So frug die Mutter alle ihre Söhne, und jeder konnte eine Kunst; der Dritte konnte mit einem Faustschlag sieben eiserne Thüren zerschlagen; der Vierte konnte den Leuten etwas aus den Armen stehlen, ohne daß sie es merkten; der Fünfte konnte mit einem Faustschlag einen eisernen Thurm bauen; der Sechste hatte eine Flinte, mit der erschoß er Alles, worauf er zielte; der Jüngste endlich hatte eine Guitarre, wenn er darauf spielte, so konnte er die Todten erwecken. Mit diesen sieben Söhnen trat die Mutter vor den König, und sprach: »Königliche Majestät, meine Söhne wollen euch eure Tochter wiederbringen.« Da war der König sehr erfreut, ließ Jedem einen neuen Anzug machen, und so wanderten sie miteinander fort.
Als sie nun außer der Stadt, in einem Walde, waren, legte der zweite Bruder sein Ohr auf den Boden und sprach: »Ich höre die Prinzessin weinen; sie sitzt in einem Thurm mit sieben eisernen Thoren, und der Riese hält sie in seinen Armen.« Da packte der Aelteste seine sechs Brüder auf, und lief mit ihnen bis vor den Thurm, in dem die Prinzessin saß. »Nun ist die Reihe an dir,« sprachen sie zu dem dritten Bruder, der gab einen Faustschlag gegen die sieben eisernen Thore, daß sie zusammenfielen. Der vierte Bruder aber schlich sich in den Thurm, und während der Riese schlief, stahl er ihm die Prinzessin aus den Armen, und brachte sie zu seinen Brüdern heraus. Da packte der Aelteste wieder alle seine Brüder auf, und die Prinzessin dazu, und lief nun davon, so schnell wie der Wind.
Als der Riese erwachte, und die Prinzessin nicht mehr in seinen Armen fand, setzte er ihnen nach, und weil er noch schneller lief, als der älteste Bruder, so holte er sie bald ein. Da riefen die Brüder dem Fünften zu: »Nun ist die Reihe an dir.« Und als er mit seiner Faust auf den Boden schlug, erhob sich ein eiserner Thurm, in den versteckten sie sich alle acht. Der Thurm aber war so stark, daß der Riese ihn nicht zertrümmern konnte; darum lagerte er sich vor dem Thurme, und rief immer: »Gebt mir die Prinzessin heraus, so lasse ich euch ziehen.« Die Brüder aber wollten nicht. Da bat er endlich: »Laßt mich nur einmal ihren kleinen Finger sehen, so will ich euch Alle ziehen lassen.« Die Brüder dachten: »Nun das können wir wohl thun,« machten eine kleine Spalte in den Thurm, und ließen die Prinzessin ihren kleinen Finger herausstrecken. Kaum sah das der Riese, so zog er sie wieder mit seinem Athem an sich, nahm sie in seine Arme, und wollte eiligst mit ihr fortlaufen. »Schnell, schieße ihn todt,« sprachen die Brüder zum Sechsten; der nahm seine Flinte, zielte und schoß den Riesen todt. Wie sie aber hinliefen, sahen sie, daß er die Prinzessin mit todtgeschossen hatte. Da nahm der Jüngste seine Guitarre, und fing an zu spielen, und bald that die Prinzessin die Augen auf, und wurde wieder lebendig. Nun nahm der Aelteste sie alle sieben in seine Arme, und lief zurück ins Schloß zum König.
Da war große Freude im Schloß, und der König sprach: »Wer soll denn nun meine Tochter zur Gemahlin haben? Laßt einmal hören, wer das größte Kunststück vollbracht hat.« »Das bin ich gewesen,« rief der Aelteste, »denn ich habe meine Brüder und die Prinzessin alle zusammen in meinen Armen getragen, und bin doch so schnell gelaufen wie der Wind.« »Nein, das bin ich gewesen,« rief der Zweite, »denn ohne mich hättet ihr nicht gewußt, wo die Prinzessin weilte.« »Nein, mir gebührt die Prinzessin,« rief der Dritte, »denn ich habe die sieben eisernen Thore eingeschlagen.« »Was hätte euch das Alles geholfen, wenn ich nicht dem Riesen die Prinzessin aus den Armen gestohlen hätte?« frug der Vierte. »Und wenn ich nicht einen eisernen Thurm gebaut hätte,« rief der Fünfte, »so hätte der Riese uns alle umgebracht.« Der Sechste aber sprach: »Nein, mir gebührt die Prinzessin, denn ich habe den Riesen todt geschossen.« »Und die Prinzessin dazu,« rief der Jüngste, »und wenn ich sie nicht mit meiner Guitarre ins Leben zurückgerufen hätte, so wäre sie jetzt todt.«
Da sprach der König: »Ja, du hast das größte Kunststück vollbracht, und du sollst meine Tochter heirathen.«
Also wurde ein glänzendes Hochzeitsfest gefeiert, und der Jüngste heirathete die Prinzessin; die anderen Brüder aber beschenkte der König reichlich, und nahm sie in sein Schloß, und die Mutter dazu. Da lebten sie glücklich und zufrieden, und wir sind leer ausgegangen.
Das hörte auch eine arme Frau, eine Mutter von sieben Söhnen, die hatten alle sieben Zaubergaben erhalten. Da rief sie den Aeltesten und sprach: »Wenn du mir sagst, was deine Kunst ist, so lasse ich dir einen neuen Anzug machen.« »Ich kann zehn Männer in meine Arme nehmen,« sprach der Sohn, »und so schnell laufen, wie der Wind.« Da rief die Mutter auch den Zweiten, und frug ihn, was seine Kunst sei. Der antwortete: »Wenn ich mein Ohr an den Boden lege, so höre ich Alles, was in der Welt vorgeht.« So frug die Mutter alle ihre Söhne, und jeder konnte eine Kunst; der Dritte konnte mit einem Faustschlag sieben eiserne Thüren zerschlagen; der Vierte konnte den Leuten etwas aus den Armen stehlen, ohne daß sie es merkten; der Fünfte konnte mit einem Faustschlag einen eisernen Thurm bauen; der Sechste hatte eine Flinte, mit der erschoß er Alles, worauf er zielte; der Jüngste endlich hatte eine Guitarre, wenn er darauf spielte, so konnte er die Todten erwecken. Mit diesen sieben Söhnen trat die Mutter vor den König, und sprach: »Königliche Majestät, meine Söhne wollen euch eure Tochter wiederbringen.« Da war der König sehr erfreut, ließ Jedem einen neuen Anzug machen, und so wanderten sie miteinander fort.
Als sie nun außer der Stadt, in einem Walde, waren, legte der zweite Bruder sein Ohr auf den Boden und sprach: »Ich höre die Prinzessin weinen; sie sitzt in einem Thurm mit sieben eisernen Thoren, und der Riese hält sie in seinen Armen.« Da packte der Aelteste seine sechs Brüder auf, und lief mit ihnen bis vor den Thurm, in dem die Prinzessin saß. »Nun ist die Reihe an dir,« sprachen sie zu dem dritten Bruder, der gab einen Faustschlag gegen die sieben eisernen Thore, daß sie zusammenfielen. Der vierte Bruder aber schlich sich in den Thurm, und während der Riese schlief, stahl er ihm die Prinzessin aus den Armen, und brachte sie zu seinen Brüdern heraus. Da packte der Aelteste wieder alle seine Brüder auf, und die Prinzessin dazu, und lief nun davon, so schnell wie der Wind.
Als der Riese erwachte, und die Prinzessin nicht mehr in seinen Armen fand, setzte er ihnen nach, und weil er noch schneller lief, als der älteste Bruder, so holte er sie bald ein. Da riefen die Brüder dem Fünften zu: »Nun ist die Reihe an dir.« Und als er mit seiner Faust auf den Boden schlug, erhob sich ein eiserner Thurm, in den versteckten sie sich alle acht. Der Thurm aber war so stark, daß der Riese ihn nicht zertrümmern konnte; darum lagerte er sich vor dem Thurme, und rief immer: »Gebt mir die Prinzessin heraus, so lasse ich euch ziehen.« Die Brüder aber wollten nicht. Da bat er endlich: »Laßt mich nur einmal ihren kleinen Finger sehen, so will ich euch Alle ziehen lassen.« Die Brüder dachten: »Nun das können wir wohl thun,« machten eine kleine Spalte in den Thurm, und ließen die Prinzessin ihren kleinen Finger herausstrecken. Kaum sah das der Riese, so zog er sie wieder mit seinem Athem an sich, nahm sie in seine Arme, und wollte eiligst mit ihr fortlaufen. »Schnell, schieße ihn todt,« sprachen die Brüder zum Sechsten; der nahm seine Flinte, zielte und schoß den Riesen todt. Wie sie aber hinliefen, sahen sie, daß er die Prinzessin mit todtgeschossen hatte. Da nahm der Jüngste seine Guitarre, und fing an zu spielen, und bald that die Prinzessin die Augen auf, und wurde wieder lebendig. Nun nahm der Aelteste sie alle sieben in seine Arme, und lief zurück ins Schloß zum König.
Da war große Freude im Schloß, und der König sprach: »Wer soll denn nun meine Tochter zur Gemahlin haben? Laßt einmal hören, wer das größte Kunststück vollbracht hat.« »Das bin ich gewesen,« rief der Aelteste, »denn ich habe meine Brüder und die Prinzessin alle zusammen in meinen Armen getragen, und bin doch so schnell gelaufen wie der Wind.« »Nein, das bin ich gewesen,« rief der Zweite, »denn ohne mich hättet ihr nicht gewußt, wo die Prinzessin weilte.« »Nein, mir gebührt die Prinzessin,« rief der Dritte, »denn ich habe die sieben eisernen Thore eingeschlagen.« »Was hätte euch das Alles geholfen, wenn ich nicht dem Riesen die Prinzessin aus den Armen gestohlen hätte?« frug der Vierte. »Und wenn ich nicht einen eisernen Thurm gebaut hätte,« rief der Fünfte, »so hätte der Riese uns alle umgebracht.« Der Sechste aber sprach: »Nein, mir gebührt die Prinzessin, denn ich habe den Riesen todt geschossen.« »Und die Prinzessin dazu,« rief der Jüngste, »und wenn ich sie nicht mit meiner Guitarre ins Leben zurückgerufen hätte, so wäre sie jetzt todt.«
Da sprach der König: »Ja, du hast das größte Kunststück vollbracht, und du sollst meine Tochter heirathen.«
Also wurde ein glänzendes Hochzeitsfest gefeiert, und der Jüngste heirathete die Prinzessin; die anderen Brüder aber beschenkte der König reichlich, und nahm sie in sein Schloß, und die Mutter dazu. Da lebten sie glücklich und zufrieden, und wir sind leer ausgegangen.
[Italien: Laura Gonzenbach: Sicilianische Märchen]