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„Ein alter Affe lebte an einem fruchtbaren Ort, wo Bäume und Früchte, Wasser und Weiden im Überfluss vorhanden waren. Da er nur immer im Wohlleben war, so bekam er in seinem Alter die Raute und war damit sehr geplagt, wurde mager und kraftlos, so dass er seine Speise nicht mehr erlangen konnte. Da kam ein anderer Affe zu ihm und fragte ihn verwundert: „Ei, wie kommt es, dass ich dich so krank und abgezehrt sehen muss?“
„Ach!“ seufzte der alte Affe, ich weiß keine andere Ursache, als den Willen Gottes, dem niemand zu entfliehen vermag.“ Drauf sprach jener: „Ich kannte einen Freund, der trug dasselbe Siechtum, und es half ihm nichts als das Haupt einer schwarzen Natter. Als er das aß, so genas er, das solltest du auch tun!“
Ihm entgegnete der alte Affe: „Wer gibt mir ein solches Natterhaupt, da ich so schwach bin, kaum eine Frucht von dem Baume zu erlangen?“ Darauf versetzte jener: „Vor zwei Tagen sah ich vor einer Höhle in einem Felsen einen Mann stehen, der lauerte auf die schwarze Natter, die in der Höhle lag, und wollte ihr die Zunge herausziehen, weil er einer solchen bedürftig war; da will ich dich hinbringen. Hat der Mann die Natter getötet, so nimmst du das Haupt und isst es.“
Der alte Affe sprach: „Ich bin siech und krank, werde ich gesund und stark, so will ich dir gern deinen Dienst vergelten.“ Da führte jener Affe den alten in die Felsenhöhle, darin er einen Drachen wohnen wusste. Vor der Höhle waren große Fußtritte, wie die eines Menschen, der alte Affe dachte, die habe der Mann zurückgelassen, der die Natter getötet, kroch hinein und suchte das Haupt. Da zuckte der Drache hervor und erwürgte ihn und fraß ihn. Der junge aber freute sich, dass er seinen Gesellen verlockt und betrogen hatte, und nun im alleinigen Besitz der schönen Fruchtbäume war.“
Als Vogel Holgott seinem Weibchen dies erzählt hatte, fügte er noch hinzu: „Dies sage ich der Lehre halber, die darinnen liegt: Es soll kein Vernünftiger sein Leben wagen auf einen törichten und betrüglichen Rat hin.“ Aber das Weibchen sprach: „Ich habe dich recht wohl verstanden, allein hier ist es doch ein ganz anderer Fall, denn die Fische, die ich meine, sind ohne Gefahr zu holen und werden unsern jungen sehr sehr dienlich sein.“
Als Vogel Holgott sah, dass verständige Überredung bei seiner Frau nicht anschlage, so gab er nach: „Kannst du es nicht lassen, so hole die Fische; bewahre dich aber, dass du niemanden weder das eine noch das andere Geheimnis vertraust, denn also lehren die Weisen: Löblich ist jeder Vernunft Übung, aber die größte Vernunft beweist der, der sein Geheimnis begräbt, also dass es keiner zu finden vermag.“ Darauf flog das Weibchen fort und auf der Stelle zu ihrem lieben Freund Mosam und teilte ihm alles mit, was ihr Mann im Sinn hatte und dass er an einen lustigen Ort ziehen wolle, wo weder von Tieren noch von Menschen etwas zu fürchten sei. Und sprach: „Möchtest du, o Freund, einen Fund finden, dass auch du dorthin kommen könntest, doch mit Wissen und Willen meines Mannes, denn soll mir etwas Gutes widerfahren, so hab ich keine Freude ohne dich.“ Darauf erwiderte der Vogel Mosam: „Warum sollte ich gezwungen sein, nur mit Bewilligung deines Mannes dort zu weilen? Wer gibt ihm solche Gewalt an die Hand über mich und andere? Wer verbietet mir, auch dorthin zu ziehen? Zur Stunde will ich hinfliegen und dort mein Nest bauen, da es so eine genügliche Stätte ist. Und wird dein Mann kommen und mich vertreiben wollen, so werde ich ihm das wohl zu wehren wissen und ihm sagen, dass weder er noch seine Vorfahren dort sesshaft waren und er also nicht mehr Recht an jener Gegend hat als ich und andere.“ Da erwiderte das Weibchen: „Du hast nicht unrecht, aber ich wünschte doch deine Gegenwart dort in der Voraussetzung, dass allewege Friede und Eintracht unter uns sei. Gehst du gegen meines Mannes Willen dorthin, so haben wir üble Nachrede zu gewärtigen, und unsere Freundschaft wird sich in Trauer verkehren. Mein Rat ist dieser: Du gehst zu meinem Mann, lässt ihn nicht wissen, dass wir uns gesprochen und sagst zu ihm (ehe ich zurück bin), du habest jene sehr schöne Gegend gefunden und dir vorgenommen, dorthin zu ziehen, so wird er dir erwidern, dass er auch zuvor schon diese Stätte entdeckt habe und entschlossen sei, hinzuziehen; dann sprichst du: „O Freund Holgott, so bist du der erste und jener Stätte würdiger denn ich, aber ich bitte dich, lass mich bei dir wohnen, so will ich dir dort ein treuer Freund und Gefährte sein.“ “ Diesen Rat befolgte Vogel Mosam und flog eiligst zu Vogel Holgott hin, während das Weibchen an den ersten besten Teich flog und zwei Fische fing und heimtrug, als seien es die heilsamen Wunderfische, und Vogel Holgott erwiderte auf den Antrag, dass ihm Mosams Gesellschaft wohlgefällig sei. Das Weibchen aber stellte sich, als wäre ihr ihres Mannes Nachgiebigkeit gegen ihren Freund nicht lieb, damit er ihre Verräterei nicht merke und sagte: „Wir haben doch jene Stätte für uns allein erwählt, und ich besorge, wird Vogel Mosam mit uns ziehen, so folgen seine vielen Freunde auch nach, und zuletzt müssen wir weichen vor ihrer Überzahl.“ Darauf entgegnete ihr Mann: „Du hast recht; aber ich vertraue Mosam und hoffe, mit seinem Beistand werden wir uns der Zudringlinge erwehren, darum ist es vielleicht gut, dass dieser Freund bei uns wohne. Niemand vertraue allzuviel der eigenen Kraft und der eigenen Macht. Wir sind zwar mit die stärksten unter den Vögeln, aber Hilfe dient dem Schwachen, zu überwinden den Starken, wie die Katzen den Wolf überwanden.“
„Wie war das?“ fragte Holgotts Weibchen, und dieser erzählte ihr: Von dem Wolf und den Maushunden
„Ach!“ seufzte der alte Affe, ich weiß keine andere Ursache, als den Willen Gottes, dem niemand zu entfliehen vermag.“ Drauf sprach jener: „Ich kannte einen Freund, der trug dasselbe Siechtum, und es half ihm nichts als das Haupt einer schwarzen Natter. Als er das aß, so genas er, das solltest du auch tun!“
Ihm entgegnete der alte Affe: „Wer gibt mir ein solches Natterhaupt, da ich so schwach bin, kaum eine Frucht von dem Baume zu erlangen?“ Darauf versetzte jener: „Vor zwei Tagen sah ich vor einer Höhle in einem Felsen einen Mann stehen, der lauerte auf die schwarze Natter, die in der Höhle lag, und wollte ihr die Zunge herausziehen, weil er einer solchen bedürftig war; da will ich dich hinbringen. Hat der Mann die Natter getötet, so nimmst du das Haupt und isst es.“
Der alte Affe sprach: „Ich bin siech und krank, werde ich gesund und stark, so will ich dir gern deinen Dienst vergelten.“ Da führte jener Affe den alten in die Felsenhöhle, darin er einen Drachen wohnen wusste. Vor der Höhle waren große Fußtritte, wie die eines Menschen, der alte Affe dachte, die habe der Mann zurückgelassen, der die Natter getötet, kroch hinein und suchte das Haupt. Da zuckte der Drache hervor und erwürgte ihn und fraß ihn. Der junge aber freute sich, dass er seinen Gesellen verlockt und betrogen hatte, und nun im alleinigen Besitz der schönen Fruchtbäume war.“
Als Vogel Holgott seinem Weibchen dies erzählt hatte, fügte er noch hinzu: „Dies sage ich der Lehre halber, die darinnen liegt: Es soll kein Vernünftiger sein Leben wagen auf einen törichten und betrüglichen Rat hin.“ Aber das Weibchen sprach: „Ich habe dich recht wohl verstanden, allein hier ist es doch ein ganz anderer Fall, denn die Fische, die ich meine, sind ohne Gefahr zu holen und werden unsern jungen sehr sehr dienlich sein.“
Als Vogel Holgott sah, dass verständige Überredung bei seiner Frau nicht anschlage, so gab er nach: „Kannst du es nicht lassen, so hole die Fische; bewahre dich aber, dass du niemanden weder das eine noch das andere Geheimnis vertraust, denn also lehren die Weisen: Löblich ist jeder Vernunft Übung, aber die größte Vernunft beweist der, der sein Geheimnis begräbt, also dass es keiner zu finden vermag.“ Darauf flog das Weibchen fort und auf der Stelle zu ihrem lieben Freund Mosam und teilte ihm alles mit, was ihr Mann im Sinn hatte und dass er an einen lustigen Ort ziehen wolle, wo weder von Tieren noch von Menschen etwas zu fürchten sei. Und sprach: „Möchtest du, o Freund, einen Fund finden, dass auch du dorthin kommen könntest, doch mit Wissen und Willen meines Mannes, denn soll mir etwas Gutes widerfahren, so hab ich keine Freude ohne dich.“ Darauf erwiderte der Vogel Mosam: „Warum sollte ich gezwungen sein, nur mit Bewilligung deines Mannes dort zu weilen? Wer gibt ihm solche Gewalt an die Hand über mich und andere? Wer verbietet mir, auch dorthin zu ziehen? Zur Stunde will ich hinfliegen und dort mein Nest bauen, da es so eine genügliche Stätte ist. Und wird dein Mann kommen und mich vertreiben wollen, so werde ich ihm das wohl zu wehren wissen und ihm sagen, dass weder er noch seine Vorfahren dort sesshaft waren und er also nicht mehr Recht an jener Gegend hat als ich und andere.“ Da erwiderte das Weibchen: „Du hast nicht unrecht, aber ich wünschte doch deine Gegenwart dort in der Voraussetzung, dass allewege Friede und Eintracht unter uns sei. Gehst du gegen meines Mannes Willen dorthin, so haben wir üble Nachrede zu gewärtigen, und unsere Freundschaft wird sich in Trauer verkehren. Mein Rat ist dieser: Du gehst zu meinem Mann, lässt ihn nicht wissen, dass wir uns gesprochen und sagst zu ihm (ehe ich zurück bin), du habest jene sehr schöne Gegend gefunden und dir vorgenommen, dorthin zu ziehen, so wird er dir erwidern, dass er auch zuvor schon diese Stätte entdeckt habe und entschlossen sei, hinzuziehen; dann sprichst du: „O Freund Holgott, so bist du der erste und jener Stätte würdiger denn ich, aber ich bitte dich, lass mich bei dir wohnen, so will ich dir dort ein treuer Freund und Gefährte sein.“ “ Diesen Rat befolgte Vogel Mosam und flog eiligst zu Vogel Holgott hin, während das Weibchen an den ersten besten Teich flog und zwei Fische fing und heimtrug, als seien es die heilsamen Wunderfische, und Vogel Holgott erwiderte auf den Antrag, dass ihm Mosams Gesellschaft wohlgefällig sei. Das Weibchen aber stellte sich, als wäre ihr ihres Mannes Nachgiebigkeit gegen ihren Freund nicht lieb, damit er ihre Verräterei nicht merke und sagte: „Wir haben doch jene Stätte für uns allein erwählt, und ich besorge, wird Vogel Mosam mit uns ziehen, so folgen seine vielen Freunde auch nach, und zuletzt müssen wir weichen vor ihrer Überzahl.“ Darauf entgegnete ihr Mann: „Du hast recht; aber ich vertraue Mosam und hoffe, mit seinem Beistand werden wir uns der Zudringlinge erwehren, darum ist es vielleicht gut, dass dieser Freund bei uns wohne. Niemand vertraue allzuviel der eigenen Kraft und der eigenen Macht. Wir sind zwar mit die stärksten unter den Vögeln, aber Hilfe dient dem Schwachen, zu überwinden den Starken, wie die Katzen den Wolf überwanden.“
„Wie war das?“ fragte Holgotts Weibchen, und dieser erzählte ihr: Von dem Wolf und den Maushunden
Quelle: Ludwig Bechstein