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Märchenbasar

Weiberlist geht über Männerkraft

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Es waren einmal zwei Leute in einem Dorf, die hatten einen begabten Sohn und gaben ihn darum auf die Schule. Sie waren Bauersleute, hatten aber, was sie brauchten. Der Bursch lernte, bis die Zeit kam, daß er zu den Soldaten ging. Jetzt dachte er, er werde bald etwas werden, wenigstens Korporal, aber er erhielt keine Charge. Als er seinen Leutnant fragte, wie das wäre, antwortete der, er solle 500 Gulden bringen, dann ließe sich die Sache machen. Der Bursch schrieb nach Hause und bat seinen Vater um dies Geld, der schickte es auch gleich, und der Bursch brachte es dem Leutnant, blieb aber doch, was er schon war, nichts. Als eine Zeit vergangen war, fragte der Jüngling wieder, wie diese Sache denn sei. Da antwortete sein Leutnant, es fehlten noch 1000 Gulden. Da schrieb er wieder seinen Eltern um 1000 Gulden, sie schickten auch diese. Aber 1500 Gulden sind doch zuviel für einen Bauern, er wurde so arm, daß er in einer Hütte am Ende des Dorfes wohnte. Der Leutnant versorgte sich das Geld, und der Bursch erhielt keinen Stern.
Eines Tages hatte er die Wache und ging an den königlichen Fenstern auf und ab und fing an, auf der Flöte zu blasen, er war ein Meister und konnte alle Lieder der ganzen Welt blasen, die traurigen und die lustigen. Die Königstochter hörte es aus dem Fenster und rief ihren Vater auch herbei, es klang so schön, daß sie gleich sagte, nur diesen wolle sie zum Manne. Einen andern brauche sie nicht. Der König rief den Burschen hinauf und fragte ihn, wie es komme, daß er noch keine Charge habe. Der Jüngling erzählte es, und als der König dies vernommen, wurde er zornig und ließ den Leutnant aufhängen. Dann machten sie Hochzeit, und als diese vorüber, nahmen sich die jungen Leute vor, seine Eltern auch herüberzubringen, sie hätten ja Platz genug. Er nahm sich Soldaten und Geld genug und brach auf, um in sein Dorf zu gehen. Als es Abend wurde, kam er in einen Wald, im Wald fand er ein Haus und hielt es für ein Wirtshaus und wollte dort übernachten. Seinen Soldaten erlaubte er, so viel zu trinken wie sie wollten. Aber er war in das Haus der Räuber geraten. Die gaben ihnen wirklich zu trinken, bis sie umfielen. Den Burschen nahmen die Räuber in die Stube, setzten ihn zum Tisch, brachten Karten und fingen an zu spielen, jetzt merkte er, wohin er geraten, aber er konnte sich nicht helfen. Sie zogen ihm das Geld alles heraus, dann nahmen sie ihm auch die schönen Kleider und fragten ihn, auf welche Art er am liebsten sterben wolle. Er sagte, die Art wäre ihm gleich, nur möchte er noch einmal die Sterne sehen. Sie gingen alle hinaus, und er rief: »Seht nur, ihr guten Leute, welch‘ ein schöner Stern ist da oben.« Als sie alle hinauf in den Himmel sahen, sprang er geschwind über den Zaun und befreite so nur sein Leben. So kam er nach Hause. Nun schämte er sich aber, wieder zu seiner Frau ohne Kleider und mit nichts zurückzukehren, und wurde Ziegenhirt. Er hütete die Ziegen im Walde und blies auf der Flöte die traurigen Lieder.
Als er nicht mehr zu seiner Frau zurückkehrte, fürchtete sie, es würde ihm etwas zugestoßen sein, und machte sich auf den Weg zu ihm. Sie schnitt sich das Haar ab, zog Soldatenkleider an, nahm zwölf Soldaten mit und zog denselben Weg, den er gegangen, so kam auch sie abends in das Haus der Räuber, befahl aber ihren Soldaten, nüchtern zu bleiben und zur Stelle zu sein, wenn sie sie rufe. Sie ging in das Haus und setzte sich an den Tisch. Die Räuber kamen, um mit ihr Karten zu spielen, sie spielte ein wenig, dann sagte sie, sie müsse hinaus, um einmal nach dem Pferd zu sehen. Sie rief aber die Soldaten herbei und stellte sie mit gezogenem Säbel an die Türe. Wenn ein Räuber herauskomme, sollten sie ihm den Kopf abschlagen. Sie blieb draußen. Nach einer Zeit kam einer um zu sehen, warum der junge Soldat nicht hereinkomme. Als er den Kopf hinaussteckte, verlor er den Kopf, und so ging es weiter, bis alle zwölf tot waren, dann ging die Königstochter im Hause herum, fand richtig die Sachen ihres Mannes und sein Geld, nahm alles zu sich und fuhr dann weiter bis in das Dorf zu den Eltern ihres Mannes. Als sie in das Dorf kam, war gleich der Vorsteher zur Hand und fragte sie, wohin sie einquartiert werden möchte. In ein reiches Haus? »In das ärmste, denn den Reichtum kenne ich, nun will ich auch die Armut kennenlernen.« Sie wußte gut, daß im ärmsten Hause ihr Schwiegervater wohnte. Abends kam auch ihr Mann nach Hause und erschrak, als er schon von weitem die Soldaten seine elterliche Hütte umstehen sah. Bis er ins Haus kam, hatte sie geschwind die Soldatenkleider gegen ihre vertauscht und sich angekleidet, ihr Mann schämte sich, in die Stube zu kommen, sie ließ ihn aber hineinschaffen. Da stand er plötzlich vor seiner Frau und konnte vor Freude nur weinen. Dann gab sie ihm seine Soldatenkleider, er zog sie geschwind an. Als die beiden Alten jetzt auch eine Frau da sahen, verwunderten sie sich und wußten nicht, wie dies zugegangen, bis diese beiden es ihnen sagten, wie und was. Am nächsten Tage brachen alle nach der Stadt auf und lebten dort in Frieden und Gesundheit, bis ihre Tage vorüber waren. Man sagt vielmals: die Frau ist halt eine Frau, sie hat keine Kraft und keinen Mut. Jetzt haben wir gesehen, daß die Frau mit wenig Kraft, aber mit List mehr erreichen kann als der Mann; wenn sie nicht gewesen, hätte er ein Leben lang Ziegenhirt bleiben können.

Nicolai Duda, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

 

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