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Wer nicht arbeitet, darf auch nicht essen

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König Mathias hatte eine bildschöne, aber erzfaule Tochter. Sie war außerstande, irgendeine Arbeit zu verrichten, und saß tagein, tagaus nur vor dem Spiegel. Als sie nun ins heiratsfähige Alter kam, ließ der König verkünden: „Wer meiner Tochter innerhalb von drei Jahren das Arbeiten beibringt, der bekommt sie zur Frau.“ Die Zeit verging, aber kein Freier stellte sich ein. Da schickte der König Boten aus, die ihm einen Mann für seine Tochter suchen sollten, und nach langer Suche fanden sie einen Burschen, der mit acht Ochsen sein Feld pflügte. Dem befahlen sie, sich beim König einzustellen. Der Bursche erschrak und sträubte sich, aber das half ihm nichts. Als er vor dem König stand, setzte dieser ihm auseinander, wie es um seine Tochter bestellt war, bat ihn flehentlich, sie zur Frau zu nehmen, und versprach ihm eine hohe Belohnung, falls es ihm gelänge, ihr das Arbeiten beizubringen. Der Bursche überlegte und erklärte sich dann bereit. Er nahm die Prinzessin und führte sie nach Hause zu seiner Mutter, die vor Staunen die Hände über dem Kopf zusammenschlug, als sie die wunderschöne Braut zu Gesicht bekam.
Am nächsten Morgen spannte der Bursche wiederum seine acht Ochsen vor den Pflug. Bevor er aufs Feld hinausfuhr, sagte er zu seiner Mutter, daß sie ihre Schwiegertochter nicht zum Arbeiten anhalten solle. Als er abends heimgekehrt war, stellte die Mutter das Abendessen auf den Tisch. „Wer hat heute gearbeitet, Mutter?“ fragte er. „Ich und du“, gab sie zur Antwort. „Nun, wer arbeitet, der darf auch essen.“ Diese Antwort gefiel der Königstochter gar nicht, sie schmollte und ging hungrig schlafen.
Am folgenden Tage war alles genau so.
Aber am dritten Tage sagte sie: „Mutter, gib mir eine Arbeit, ich mag nicht länger müßig herumsitzen.“ Und die Bäuerin stellte sie zum Holzhacken an. Dann wurde es Abend, und sie setzten sich zu Tisch. „Wer hat heute gearbeitet, Mutter?“ fragte der Sohn. „Wir alle drei – ich, du und die Prinzessin.“ — „Nun, wer arbeitet, der darf auch essen.“ Und alle drei ließen es sich schmecken. Auf diese Weise lernte die Prinzessin arbeiten.
Nachdem drei Jahre vergangen waren, kam der König zu Besuch und sah seine Tochter ebenso fleißig arbeiten wie ihre Schwiegermutter. „Wie, du hast arbeiten gelernt?“ fragte er erfreut. „Selbstverständlich!“ antwortete die Königstochter. „Bei uns wird das so gehalten: Wer nicht arbeitet, darf auch nicht essen, und wenn du ein Abendessen haben willst, Vater, dann komm mit zum Holzhacken!“ Da lachte der König, machte ihr und seinem Schwiegersohn viele kostbare Geschenke, und nachdem er eine Weile bei ihnen zu Gast gewesen war, holte er sie und die alte Mutter zu sich aufs Schloß. Und der Bursche wurde späterhin Thronfolger.

Quelle:
(Märchen aus Jugoslawien)

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