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Märchenbasar

Wie der arme Schäfer des Kaisers Tochter gewonnen hat

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Die beiden Schwäger waren noch nicht dort angelangt; aber bis der Schäfer die Elster festgebunden hatte, waren auch schon die beiden Schwäger angelangt. Sprachen die beiden Schwäger zum Schäfer:
»Ei, Schwager, du bist nicht mit uns gekommen, wir haben so viel schönes Wild erlegt!«
Erwiderte ihnen der Schäfer:
»Ich habe auch geschossen, eine Elster. Schaut, was für ein schöner Vogel!«
Drauf sagten die beiden Schwäger zu ihm:
»Also kommst du nach Hause?«
Erwiderte der Schäfer den beiden Schwägern:
»Reitet ihr voran, ich komme nach.«
Drauf ritten die Schwäger stolz mit dem erlegten Wild heimwärts; der arme Schäfer jedoch trug die Elster. Als die beiden Schwäger mit ihren Rossen beim Tor anlangten, fragte der Kaiser die zwei Schwäger:
»Und hat denn jener Hasenfuss was geschossen?«
Sprach sein ältester Schwiegersohn: »Ja, er hat eine Elster geschossen!«
Da befahl der Kaiser:
»Schliesst die Tore, lasst ihn nicht ein, damit er nicht dieses garstige Tier, dieses stinkige, hier hereinbringe!«
Drauf schlossen sie die Tore zu und liessen den Schäfer nicht ein. Sprach der Schäfer:
»Ich wusste, lieber Vater, dass Ihr sie nicht einlassen würdet, obgleich sie so schön buntscheckig ist! Gefällt denn Euer Majestät dieser schöne, buntscheckige Vogel kein bischen?«
»Während dieser Worte nahm er die Elster vom Rücken des Esels und warf sie fort. Dann befahl der Kaiser:
»Nun, jetzt öffnet das Tor, lasst diesen unglückseligen Kerl ein!«
Drauf öffneten sie das Tor, liessen den Schäfer ein; der Schäfer aber band den Esel an einen Baum. Ging der Schäfer hinein ins Haus, erzählte seiner Frau, dass das, was er geschossen, nicht gefallen habe. Dann bereitete seine Frau das Essen, und bis das Essen fertig war, unterdessen holte der Schäfer die Flöte vor, ging hinaus auf den Misthaufen, wo die Hühner scharrten, und hub an zu flöten, die Hühner aber huben an zu tanzen. Tanzten die Hühner, tanzten, und besonders der Hahn. Die beiden Schwäger sahen auch droben von der Vorhalle her, was für ein Narr der Schwager war; er liess die Hühner tanzen. Der Schwager liess die Hühner tanzen und ging hinein, setzte sich an den Tisch, ass. Er ass sich satt und legte sich dann gleich schlafen.
Anderntags in der Frühe kommen die beiden Schwäger wieder, rufen den Schäfer, sie gingen in den Goldwald jagen. Drauf erhebt sich auch der Schäfer, nimmt die Flinte auf die Schulter; sie ziehen hinaus in den Goldwald. Wie sie ihn betreten, ist dort auch eine Brücke. Die beiden Schwäger ritten voran, der Schäfer ritt ihnen nach. Die Rosse scheuten nicht, aber der Esel scheute so, weil die Brücke sehr glänzend war. Begann der Schäfer den Esel zu misshandeln, weil er nicht über die Brücke gehen wollte. Da geht der Esel zur Seite und läuft in den Teich. Der Arme steckte so drin, dass er weder weiter gehen noch herauskommen konnte. Die beiden Schwäger sahen, in welcher Klemme der Schäfer war; sie kehrten um und halfen ihm aus dem Morast. Da flog eine Lerche auf die Brücke. Raffte sich der Schäfer zusammen, nahm die Flinte von der Schulter, puff, schoss er die Lerche. Er sagte zu den beiden Schwägern:
»Na, wenn ihm das auch nicht gefällt, was sollte ich dann wohl dem Kaiser schiessen!«
Der Schäfer ging hin und hob die Lerche auf, begann sie an den Sattelknopf zu binden. Wie er sie anband, riefen die beiden Schwäger unablässig, er sollte doch in den Wald reiten, doch er sagte, er täte keinen Schritt weiter, denn ihm sei das genug.
Da liessen ihn die beiden Schwäger dort und ritten fort in den Wald; der Schäfer jedoch raffte sich auf, band den Esel an einen Baum und ging in den goldenen Palast. Im goldenen Palast aber war ein Goldross, ein kaiserliches Gewand aus Gold und ein Halfter und eine Pfeife. Legte der Schäfer das Gewand an, steckte die goldene Pfeife in die Tasche, schwang sich auf das goldhaarige Ross und ritt tief in den Wald hinein. Dann stiess er ins Horn und allerlei Wild, was in jenem goldenen Wald war, alles lief zusammen. Da schoss er etwa fünfzehn Stück von ihnen, band sie auf sein silberhaariges Ross und begab sich auf jenen Weg, auf dem die beiden Schwäger jagen gegangen waren.
Die beiden Schwäger waren schier bis zum Abend im Walde herum geritten, aber sie hatten rein zum Spott auch noch nicht ein Stück Wild erblickt. Sie schlugen den Heimweg ein. Wie sie heimwärts reiten, begegnen sie dem Schäfer. Von weitem berieten die zwei Schwäger mit einander, was für ein Kaiser das sein könnte in einem so schönen Gewand.
»Er hat so viel Wild geschossen, und wir haben nicht eins erwischt. Wir wollen versuchen, ob er davon verkauft; wir wollen ihn bitten und etwa vier bis fünf Stück von ihm abkaufen. Geld haben wir ja genug.«
So sprachen die beiden Schwäger. Als sie nahe herangekommen waren, verbeugten sie sich vor ihm und grüssten ihn tief, denn sie dachten, Gott weiss was für ein Kaiser er wäre. Sie sagten ihm:
»Kaiserliche Majestät, unser Leben und Tod steht in Eurer Hand, verkauft Ihr nicht vielleicht ein Stück?«
Sagt der Schäfer:
»Freilich. Wenn’s sein muss, gebe ich auch alles.«
Fragten die beiden Schwäger, was er dafür fordere. Erwiderte ihnen der Schäfer:
»Ich habe Geld genug; für Geld gebe ich’s nicht, aber ich habe ein Eselshufeisen bei mir; und macht Feuer, glüht es rot und erlaubt mir, wenn es am rötesten, am heissesten glüht, dass ich es auf euern Hintern drücke.«
Die beiden Schwager sahen sich an, sprachen:
»Wir erlauben es, denn wenn der Schäfer schon heimgekehrt ist, hat er doch wenigstens eine Lerche gebracht, wir aber garnichts.«
Der Schäfer zog das Eselshufeisen aus seiner Tasche; die beiden Schwäger machten Feuer, legten die beiden Hufeisen ins Feuer. Als es am tüchtigsten glühte, da sagte der Schäfer, sie sollten die Hosen abstreifen. Der ältere Schwäger streifte seine Hosen ab, der Schäfer aber brannte ihm das Eselshufeisen auf. Da sagte der ältere Schwager zum jüngeren Schwager:
»Halt ein, Schwager, lass es nicht aufdrücken, denn es tut sehr weh.«
Sprach der jüngere Schwager:
»Wenn du’s hast geschehen lassen, lass ich’s auch geschehen.«
Damit streifte er die Hosen ab, und der Schwager drückte ihm das Hufeisen auf.
Dann übergab er den beiden Schwägern das Wild, verabschiedete sich von ihnen und ritt von dannen. Auf einem anderen Wege kehrte er um, brachte das Goldgewand, das Goldross, den goldenen Halfter und die goldene Pfeife in den goldenen Palast. Er ging zurück zum Esel, und wie er zurückgeht, kommen auch die beiden Schwäger, die Pferde mit Wild beladen. Sagen die beiden Schwäger zum Schäfer:
»Na, du bist nicht jagen gegangen. Wir haben so viele schöne Rehe und Hasen geschossen; wir sind auch ganz matt, so müde sind wir geworden.«
Dachte der Schäfer bei sich:
»Ei, wenn ihr wüsstet, wer mit euch ist, da würdet ihr anders mit mir reden!«
Dann riefen sie den Schäfer nach Hause. Die zwei Schwäger ritten heim, und er setzte sich auch auf den Esel und machte sich auf den Heimweg. Als die beiden Schwäger ins Tor geritten waren, fragt der Kaiser seine beiden älteren Schwiegersöhne:
»Nun, und was hat jener unglückselige Kerl geschossen?«
Erzählen des Kaisers ältere Schwiegersöhne, dass er eine Lerche geschossen hätte. Sagt drauf der Kaiser:
»Lasst ihn ein, schliesst das Tor nicht zu, denn das ist kein garstiger Kram.« Doch auch das sagte der Kaiser nur unwillig.
Rief der Schäfer, er sah, dass der Kaiser sehr zornig war, ob ihm vielleicht das wieder nicht gefalle, was er geschossen. Sagte der Kaiser:
»Nein, fürwahr, mir wahrlich nicht! Mit solchem Kram komm mir nicht!«
Da band er die Lerche vom Rücken des Esels, aber sie war mit festen Stricken angebunden, trug sie hinein zu seiner Frau und sprach:
»Na, während ich die Hühner tanzen lasse, Frau, mache mir diese Lerche zum Nachtmahl zurecht!«
Er holte unterdessen die Flöte vor und ging wieder, die Hühner auf dem Misthaufen wieder tanzen zu lassen. Als die Hühner schon ein tüchtiges Stück getanzt hatten, da ging er hinein, sagte zu seiner Frau:
»Na, Frau, ich habe die Hühner tanzen lassen. Ist das Abendbrot fertig?«
Es war fertig, war auch schon angerichtet. Und wie es aufgetragen war, setzte er sich neben sie und ass. Wie er gegessen hatte, legte er sich gleich hin und schlief bis zum Morgen.
Früh kommen wieder die zwei Schwäger, machen sich wieder auf, im Demantwald zu jagen. Wieder versuchen sie, ob der Schäfer nicht mit ihnen jagen käme. Doch der Schäfer war kühn. Im Nu steht er auf, nimmt sein Gewehr, bindet den Esel vom Baum ab, sitzt auf und macht sich auf, im Demantwalde zu jagen. Im Demantwalde war auch solch eine Brücke wie im goldenen und silbernen. Auch dort rann das Wasser rings um die Brücke, die Brücke strahlte im Wasserspiegel, und der Esel wagte nicht, über die Brücke zu gehen, denn so glänzte die Brücke, dass auch des Menschen Auge davon geblendet wurde. Der arme Schäfer schlug zwar den Esel genug, doch der Esel wollte durchaus nicht über die Brücke gehen. Plötzlich lief der Esel wieder in den Teich, der Schäfer aber schrie aus vollem Halse:
»Kommt her, um Gotteswillen, Schwäger, denn der Esel ist wieder drinnen im Teich!«
Da kamen die beiden Schwäger herbei und halfen den Esel aus dem Teich holen. Noch hatten sie ihn nicht richtig herausgezogen, da flog ein mächtig grosser Geier auf die Brücke. Doch er war fast so gross wie der Esel. Nimmt der Schäfer sein Gewehr, puff, schiesst den Geier. Sagen die beiden Schwäger zu ihm:
»Du kommst doch mit uns in den Wald jagen, nicht wahr?«
»Ich nicht, denn ich hab mein Glück schon frühzeitig erwischt,« entgegnete der Schäfer.
Da machten sich die beiden Schwäger auf den Weg, zogen hinein in den Wald. Der Schäfer aber raffte sich auf, band den jungen Geier dem Esel auf den Rücken. Drauf, er hatte ihn noch nicht ordentlich aufgebunden, raffte er sich auf, ging fort ins Demantschloss, legte das demantene kaiserliche Gewand an. Er nahm das Demantross und steckte die demantene Pfeife in die Tasche und ritt mitten in den Wald hinein. Er blies in die Demantpfeife; die Demantpfeife aber hatte die Kraft, dass sie auch selbst das kleinste Wild im Demantwalde zusammenrief. Drauf schoss er einige zwanzig Stück davon, legte sie auf sein Demantross, machte sich in der Richtung auf, wohin die zwei Schwäger geritten waren.
Schon ging’s zum Abend, als die beiden Schwäger umkehrten. Wie sie umkehrten, erblickten sie ihn schon von weitem. Sagte der eine zum andern:
»Was für ein Kaiser oder König mag das sein in eitel demantenem Kleide? Er hat so viel Wild geschossen und wir auch nicht ein Stück, nicht mal zum Spott eins.«
Sie beschlossen, irgendwie ihn wiederum zu bitten, und sei’s auch nur um ein paar, denn der Schäfer hatte einen Geier geschossen, sie aber garnichts. Sie wollten es wieder diesem strahlenden Kaiser abkaufen. Schon von weitem verneigten sich die beiden Schwäger vor dem Schäfer und fragten, wo er so viel Wild geschossen habe. Er sagte, hier im Wald habe er es geschossen. Drauf fragten die beiden Schwäger, ob er nicht davon verkaufen würde. Sagte der Schäfer, gewiss, wenn sie’s brauchten, alles. Sie fragten, was er dafür verlange. Er sagte:
»Wenn ihr erlaubt, dass ich euch fünf Haare ausreisse, dann gebe ich euch alles.«
Dachten die beiden Schwäger, das wäre keine so schlimme Sache, das könnte geschehen. Drauf streifte der ältere Schwager seine Hose herunter, der Schäfer aber zog aus seiner Tasche eine Ahle und pikte sie an einer Stelle ein. Sprach der Schäfer:
»Na, ein Haar!« Drauf noch an einer Stelle, dann sagte er: »Zwei Haare!« An der dritten Stelle pikte er auch; doch das war schon nicht mehr zum Aushalten. Spricht der Schwager:
»Reiss nicht mehr aus, lass mich frei, kaiserliche Majestät!«
Doch der Schäfer entgegnete:
»Nur noch zwei Haare müssen ausgerissen werden.«
Dann stach er wieder und sagte: »Vier Haare!«
Sagte der ältere Schwäger, er möge nur gleich auch das fünfte Haar ausreissen, dass es mit einemmal aus sei. Doch das tat sehr bitter weh. Sagte der ältere Schwager zum jüngeren Schwager:
»Erlaub es nicht, Schwager, denn sonst können wir nicht mehr zu Pferde heim!«
Da ging der jüngere Schwager hin; er sagte:
»Wenn du’s ausgehalten hast, dann werde ich’s auch aushalten.«
Der Schäfer aber machte sich nun auch über den jüngeren her. Auch dem zog er fünf Haare aus. Dann dankten sie dem Kaiser, denn sie hielten ihn für einen Kaiser; es war aber der Schäfer.
Drauf ging der Schäfer fort, eilte schnurstracks auf einem andern Weg zurück und verwahrte das Demantross, das Demantgewand und die Demantpfeife. Als er die Demantpfeife verwahrt hatte, ging der Schäfer gleich zum Esel, band den jungen Geier ordentlich auf den Esel. Während er das Geierjunge dem Esel auf den Rücken band, da kamen auch die beiden Schwäger. Doch zu Fuss, denn sie konnten nicht zu Pferde sitzen. Sie sagten zum Schäfer:
»Na, du bist nicht mit uns jagen gekommen! Wir sind so erschöpft, wir können nicht mehr auf dem Pferd sitzen.«
Dachte der Schäfer: Ei, wenn ihr wüsstet, wer mit euch ist, ihr würdet anders reden!
Drauf raffte sich der Schäfer auf, schwang sich auf des Esels Rücken und sprengte mit dem Esel heim. Als er ans Tor gelangt war, löste er den jungen Geier vom Eselsrücken. Niemand hatte drauf geachtet, und er nagelte den vor dem Tore an. Er nagelte ihn darum an, damit die Pferde der beiden Schwäger scheuen sollten. Der Schäfer ritt mit dem Esel hinein, band den Esel an den Baum und ging ins Haus hinein.
Kommen die beiden Schwäger, die Rosse beladen mit Wild. Als sie fast beim Tor angelangt waren, wollten die Rosse durchaus nicht hineingehen. Sie wussten nicht, was die Ursache sein könnte. Da erblickte der ältere Schwager den angenagelten, jungen Geier. Sie holten ihn vom Tor herunter und warfen den Geier fort. Dann gingen die beiden Schwäger hinein, nahmen das viele Wild herunter und gingen hinauf, erzählten dem Kaiser, dass sie so sehr müde wären.
Der Kaiser aber sorgte sich auch nicht weiter um sie, sagte ihnen nur, sie hätten gewiss grosse Mühe gehabt, bis sie so viel Wild zusammengebracht hätten. Fragt der Kaiser seine beiden älteren Schwiegersöhne:
»Hat denn mein jüngster Schwiegersohn etwas geschossen?«
Sie sagten: »Ja, er hat einen jungen Geier geschossen, den hatte er ans Tor genagelt; unsere Pferde wagten nicht hineinzugehen.«
Fragte der Kaiser:
»Und habt ihr jenes stinkige Tier fortwerfen lassen?«
Sprach der ältere:
»Wir haben es heruntergenommen und fortgeworfen.«
An diesem Abend hatte der Schäfer vergessen, die Hühner tanzen zu lassen. Früh morgens stand er auf; da nahm er die Flöte und ging hinaus; die Hühner waren noch im Stall; er begann zu flöten und liess die Hühner tanzen. Nach einer Stunde machte er mit dem Flöten ein Ende, ging hinein und frühstückte.
Und es geschah just an dem Tage, dass ein guter Freund des Kaisers zum Besuch kam. Und der Kaiser erzählte seinem guten Freund, was für gute Männer er seinen Töchtern gegeben habe, allen dreien. Drauf sagte sein guter Freund, sie sollten jene Äpfel bringen, er möchte sie auch sehen. Er sagt seinem ältesten Schwiegersohn, er sollte die Äpfel holen, die seine Töchter ihnen gegeben hatten. Die beiden Schwäger schauen sich an, und sein ältester Schwiegersohn sagt ihm:
»Lieber Vater, als wir im Wald jagten, haben wir die Äpfel verloren.«
Fragt der Kaiser:
»Habt ihr denn alle beide sie verloren?«
»Ja, alle beide haben wir sie verloren.«
Sagt der Kaiser seinem jüngeren Schwiegersohn, er sollte einen Diener hinunterschicken, ob der Schäfer vielleicht seinen habe.
Sie schickten einen Diener zum Schäfer; der Diener sagte dem Schäfer, er sollte hinaufkommen, denn der Kaiser liesse ihn rufen. Entgegnete der Schäfer:
»Wenn er Lust hat, was zu reden, so möge seine kaiserliche Majestät selbst herunterkommen!«
Geht der Diener hinauf und bestellt dem Kaiser, der Schäfer habe gesagt, wenn er etwas zu besprechen habe, sollte er zu ihm hinunterkommen. Da wurde der Kaiser zornig, schickte auf der Stelle zwei Diener, sie sollten ihn heraufbringen, auch wenn er nicht heraufkommen wollte.
Gingen die beiden Diener hinunter in den Hühnerstall, den Schäfer hinaufzuschleppen. Doch der Schäfer entgegnete, dass sie ihn nicht hinaufbringen könnten, und wenn auch das ganze Heer ausgeschickt würde. Da wollten sie den Schäfer greifen, der Schäfer aber nahm die Flöte und begann zu blasen, und die beiden Diener begannen zu tanzen, sie konnten nicht anders.
Plötzlich rafft sich der Kaiser auf und geht hinunter, was der Grund sei, dass die beiden Diener nicht kommen. Als der Kaiser unten anlangte, hatte er schon so viel geblasen, dass die beiden Diener umgefallen, waren. Wie der Kaiser hinein kam, hielt er mit flöten inne, blies nicht weiter. Fragt der Kaiser:
»Hat mein Schwiegersohn wohl den goldenen Apfel?«
Erwiderte der Schäfer, da er selbst gekommen wäre, hätte er auch geglaubt, dass er so was (nämlich den Goldapfel) brauche. Drauf steckte er alle drei Äpfel in die Tasche. Der Kaiser ging das Treppchen voran und er hinter ihm. Als sie oben im Schloss angelangt waren, sagte sein guter Freund:
»Lass sehen, mein Sohn, was das für ein Apfel ist.«
Sagt er, der Apfel sei so, dass er sich um zwei vermehrt habe. Drauf fragt er, wie sich diese Äpfel vermehrt hätten. Sagt drauf der Schäfer:
»Als wir im Silberwald jagen gingen, am ersten Tag, da, kauften diese meine beiden Schwäger erlegtes Wild von mir für die zwei Goldäpfel.«
Nun erschraken alle beiden Schwäger ob seiner Rede. Doch er wollte nicht schweigen, sondern fuhr fort. Er sprach:
»Am andern Tag, als wir im Goldwald jagten, da kauften sie Wild von mir mit diesem Eselshufeisen.« Und er zog das Eselshufeisen aus der Tasche.
Als er das Eselshufeisen aus der Tasche gezogen hatte, sagte er:
»Die beiden Schwäger hielten es ins Feuer und liessen es rotglühend werden. Als es am glühendsten war, da streiften sie die Hosen ab, und ich drückte dieses Eselshufeisen auf ihren Hintern. Wenn Ihr’s nicht glaubt, so lasst sie sich ausziehen und legt dieses Eselshufeisen auf. Wenn’s nicht passt, dann erlaube ich, dass man mir fünf aufbrennt.«
Da blickten sich die beiden Schwäger in die Augen, liefen nur herunter aus des Kaisers Schloss; ihre Frauen aber rafften gleich Geld zusammen, und sie entflohen, Gott weiss wohin. Doch wohin sie geflohen sind, das konnte bis auf den heutigen Tag nicht entdeckt werden.
Der Schäfer aber fuhr mit der Erzählung fort:
»Am dritten Tag, als wir im Demantwald jagten, da kauften sie auch Wild von mir, aber ich zog dem einen und dem andern fünf Haare aus. Aber auf welche Weise, das werde ich gleich zeigen.«
Drauf holte er die Ahle aus der Tasche hervor und sagte zum Kaiser:
»Guck, Vater, mit dieser Ahle habe ich sie an fünf Stellen gestochen. Wegen dieser Ahle konnten sie nicht zu Pferde sitzen.«
Da sagte sein Vater zum Schäfer:
»Ich sehe, du bist ein geschickter Mann, Schäfer; ich habe dich auf alle Weise erprobt. Mein Reich soll dein sein, mir aber gib das, wo du wohnst, den Hühnerstall.«
Da nahm der Schäfer Urlaub vom Kaiser; er sprach zum Kaiser:
»Ich brauche dein Vermögen nicht, ich habe,« sagte der Schäfer, »mehr als du, mein Vater.«
Drauf ging er hinaus, band den Esel vom Baum, ritt fort in den Demantwald, trat in das Demantschloss, führte das Demantross heraus, legte das Demantkleid an, den Esel aber liess er dort, und er setzte sich auf das Demantross und ritt in den Goldwald. Im Goldwald ging er auch in das goldene Schloss, holte auch von da das Goldross heraus, für seine Frau aber ein goldenes Gewand. Dann setzte er sich wieder auf das Demantross, neben sich aber führte er das Goldross und ritt hin zum Kaiser. Und wie er hinkam, da sagte er gleich:
»Gott befohlen, guter Kaiser, lieber Vater, Gott befohlen! Deine Tochter führe ich jetzt fort; lebe glücklich!«
Drauf legte er seiner Frau das goldene Gewand an, er aber setzte sich auf das Demantross, seine Frau auf das Goldross, sie nahmen Abschied vom Kaiser, ritten fort in das demantene Schloss, und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie dort glücklich noch bis zum heutigen Tage.

[Ungarn: Elisabet Róna-Sklarek: Ungarische Volksmärchen]

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