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Als Prinzeßchen Waldtraut einmal im Walde spazieren ging, kam ein kleines, feines Männlein des Weges, das hatte eine schöne, hellgrau und schwarz gestreifte Weste an und einen schönen dunkelgrauen Rock und machte eine sehr artige Verbeugung und sagte: „Ei, guten Tag, schönes Prinzeßchen; ich bin der Prinz Gauch. Wollt Ihr nicht mit mir ein bißchen spielen?“
Weil nun Prinzeßchen so gern spielte, sagte es gleich „Ja“ und klatschte vor Freude in die Händchen, und gleich fingen sie an, Haschen zu spielen und sich zu verstecken.
Das war nun dem Prinzen Gauch sein Lieblingsspiel. Als er am Verstecken war, da verkroch er sich ganz hinter einen grünen Baum und rief: „Kuck-kuck, Kuck-kuck! Such mich doch!“
„Ich werde dich schon finden,“ rief Prinzeßchen und lief an die Stelle, von wo er gerufen hatte. Aber wie sie dort war, da riefs schon aus einer ganz anderen Ecke des Waldes: „Kuck-kuck, Kuck-kuck! Such mich doch!“ Da lief Prinzeßchen dort hin. Aber Prinz Gauch war doch schneller, und ehe sie dort war, war er schon wieder woanders und rief aus der entgegengesetzten Ecke: „Kuck-kuck, Kuck-kuck! Such mich doch!“
So ging das Spiel eine ganze Weile hin und her und kreuz und quer im Walde, und Prinzeßchen merkte gar nicht, wie weit es von seines Vaters Schloß weggekommen war. Und auf einmald war es ganz nahe bei des bösen Riesen Schnarcher Burg angekommen. Die stand mit ihren trotzigen grauen Mauern ganz drohend vor Prinzeßchens Augen. Da bekam es aber einen großen Schreck. Denn der Riese Schnarcher war ein arger Räuber.
Wie es noch ganz betäubt dastand, da hörte es auf einmal, wie der Riese Schnarcher ganz laut lachte und mit seiner groben, schnarrenden Stimme sagte: „Gauch, das hast du gut gemacht; nun kann ich Prinzeßchen fangen und braten; das gibt ein schönes Frühstück.“
Da merkte Prinzeßchen, daß Prinz Gauch sie betrogen und mit Absicht dahin gelockt hatte. Denn er war gar kein richtiger Prinz, sondern dem Riesen Schnarcher sein schlauer Diener. Der war von klein auf von seiner Mutter verlassen, bei fremden Leuten aufgewachsen, hatte aber bei denen ihren eigenen Kindern das Brot weggenommen und sie alle aus dem Hause gejagt, war dann aber selbst in die weite Welt gegangen, trieb sich herum, wohnte bald hier, bald da, ein Taugenichts und Tunichtgut, der sich sein Brot damit verdiente, daß er den bösen Riesen mit seinem Versteckspielen in ihr Reich lockte, wen sie haben wollten. Und Schnarcher hatte schon längst Prinzeßchen Waldtraut auffressen wollen, weils so appetitlich aussah. Da hatte er den Gauch gedungen, daß er sie ihm verschaffen sollte, und das arme Prinzeßchen war wirklich ins Garn gegangen.
Armes Prinzeßchen! Wie ihm sein Herzchen schlug! Wie sollte es nur schnell wieder entfliehen können! Seine Flüßchen waren ihm vom Laufen so müde, daß es gar nicht mehr drauf stehen konnte. Ach, wenn doch einer käme und es mitnähme!
Da flog gerade ein schöner Schmetterling vorüber. „Ach, bitte, bitte, nimm mich auf deine Flügelchen!“ schrie Prinzeßchen, „und trag mich nach Hause!“
„Das kann ich nicht,“ sagte Schmetterling, „da würden meine schönen Flügelchen häßlich: die darf man nicht anrühren!“ Und weil er so eitel war, flog er weiter und ließ Prinzeßchen sitzen
Da kroch ein Käferlein vorüber. „Ach, bitte, bitte, setz mich auf deinen Rücken und nimm mich mit und trag mich nach Hause!“ schrie Prinzeßchen.
Aber Käferchen antwortete: „Das kann ich nicht; du bist mir zu schwer. Da würde ich müde, und dann könnten wir beide nicht weiter.“
Da hüpfte ein lustiges Wässerlein vorüber: „Ach, bitte, bitte, nimm mich mit und trage mich nach Hause.“
Aber Wässerlein antwortete: „Wie gern nähme ich dich mit, aber auf meinem Wege liegen so viele Steinchen, da würde ich mit dir stolpern, und wir brächen uns die Beinchen und kämen beide nicht weiter!“
Da wurde Prinzeßchen ganz traurig; denn es hörte schon, wie Schnarcher seinen Ofen heizte und sah schon, wie blaue Rauchwolken aufstiegen, und es hatte ganz schreckliche Angst und fing bitterlich an zu weinen.
Da auf einmal stand ein schöner brauner Hirsch vor ihm, der sah es mit seinen schönen klugen Augen an und sagte: Prinzeßchen, ich kann ganz schnell laufen. Setzt Euch nur getrost auf meinen Rücken, ich bringe Euch ganz schnell nach Hause.“
O, wie fix sprang da Prinzeßchen auf seine Füße; der Hirsch kniete vor ihr nieder und Prinzeßchen stieg auf seinen Rücken, umschlang seinen Hals mit seinen Ärmchen und fort gings wie der Wind; hui, wie die Zweige knackten! Wie der Hirsch über Gräben hinwegsprang, den Berg hinunter und hinauf. Der Riese Schnarcher schimpfte hinterher, aber er konnte sie nicht kriegen, denn der Hirsch lief ganz schnell bis zu Waldkönigs Schloß.
Waldkönig und Waldkönigin waren schon in großer Angst um ihr Töchterlein gewesen und hatten ausrufen lassen, daß, wer ihnen ihr Prinzeßchen wiederbrächte, der sollte eine schöne Krone zum Lohn bekommen. Oh wie freuten sie sich, als sie ihr Töchterchen ankommen sahen, und Prinzeßchen ihnen erzählte, wie der gute Hirsch sie gerettet hätte. Waldkönig aber sagte zum Hirsch: „Weil du mir mein Prinzeßchen wiedergebracht hast, darum sollst du die Krone bekommen“ und Frau Waldkönigin setzte sie ihm selber auf. Seitdem trägt der Hirsch sein schönes Geweih.
Weil nun Prinzeßchen so gern spielte, sagte es gleich „Ja“ und klatschte vor Freude in die Händchen, und gleich fingen sie an, Haschen zu spielen und sich zu verstecken.
Das war nun dem Prinzen Gauch sein Lieblingsspiel. Als er am Verstecken war, da verkroch er sich ganz hinter einen grünen Baum und rief: „Kuck-kuck, Kuck-kuck! Such mich doch!“
„Ich werde dich schon finden,“ rief Prinzeßchen und lief an die Stelle, von wo er gerufen hatte. Aber wie sie dort war, da riefs schon aus einer ganz anderen Ecke des Waldes: „Kuck-kuck, Kuck-kuck! Such mich doch!“ Da lief Prinzeßchen dort hin. Aber Prinz Gauch war doch schneller, und ehe sie dort war, war er schon wieder woanders und rief aus der entgegengesetzten Ecke: „Kuck-kuck, Kuck-kuck! Such mich doch!“
So ging das Spiel eine ganze Weile hin und her und kreuz und quer im Walde, und Prinzeßchen merkte gar nicht, wie weit es von seines Vaters Schloß weggekommen war. Und auf einmald war es ganz nahe bei des bösen Riesen Schnarcher Burg angekommen. Die stand mit ihren trotzigen grauen Mauern ganz drohend vor Prinzeßchens Augen. Da bekam es aber einen großen Schreck. Denn der Riese Schnarcher war ein arger Räuber.
Wie es noch ganz betäubt dastand, da hörte es auf einmal, wie der Riese Schnarcher ganz laut lachte und mit seiner groben, schnarrenden Stimme sagte: „Gauch, das hast du gut gemacht; nun kann ich Prinzeßchen fangen und braten; das gibt ein schönes Frühstück.“
Da merkte Prinzeßchen, daß Prinz Gauch sie betrogen und mit Absicht dahin gelockt hatte. Denn er war gar kein richtiger Prinz, sondern dem Riesen Schnarcher sein schlauer Diener. Der war von klein auf von seiner Mutter verlassen, bei fremden Leuten aufgewachsen, hatte aber bei denen ihren eigenen Kindern das Brot weggenommen und sie alle aus dem Hause gejagt, war dann aber selbst in die weite Welt gegangen, trieb sich herum, wohnte bald hier, bald da, ein Taugenichts und Tunichtgut, der sich sein Brot damit verdiente, daß er den bösen Riesen mit seinem Versteckspielen in ihr Reich lockte, wen sie haben wollten. Und Schnarcher hatte schon längst Prinzeßchen Waldtraut auffressen wollen, weils so appetitlich aussah. Da hatte er den Gauch gedungen, daß er sie ihm verschaffen sollte, und das arme Prinzeßchen war wirklich ins Garn gegangen.
Armes Prinzeßchen! Wie ihm sein Herzchen schlug! Wie sollte es nur schnell wieder entfliehen können! Seine Flüßchen waren ihm vom Laufen so müde, daß es gar nicht mehr drauf stehen konnte. Ach, wenn doch einer käme und es mitnähme!
Da flog gerade ein schöner Schmetterling vorüber. „Ach, bitte, bitte, nimm mich auf deine Flügelchen!“ schrie Prinzeßchen, „und trag mich nach Hause!“
„Das kann ich nicht,“ sagte Schmetterling, „da würden meine schönen Flügelchen häßlich: die darf man nicht anrühren!“ Und weil er so eitel war, flog er weiter und ließ Prinzeßchen sitzen
Da kroch ein Käferlein vorüber. „Ach, bitte, bitte, setz mich auf deinen Rücken und nimm mich mit und trag mich nach Hause!“ schrie Prinzeßchen.
Aber Käferchen antwortete: „Das kann ich nicht; du bist mir zu schwer. Da würde ich müde, und dann könnten wir beide nicht weiter.“
Da hüpfte ein lustiges Wässerlein vorüber: „Ach, bitte, bitte, nimm mich mit und trage mich nach Hause.“
Aber Wässerlein antwortete: „Wie gern nähme ich dich mit, aber auf meinem Wege liegen so viele Steinchen, da würde ich mit dir stolpern, und wir brächen uns die Beinchen und kämen beide nicht weiter!“
Da wurde Prinzeßchen ganz traurig; denn es hörte schon, wie Schnarcher seinen Ofen heizte und sah schon, wie blaue Rauchwolken aufstiegen, und es hatte ganz schreckliche Angst und fing bitterlich an zu weinen.
Da auf einmal stand ein schöner brauner Hirsch vor ihm, der sah es mit seinen schönen klugen Augen an und sagte: Prinzeßchen, ich kann ganz schnell laufen. Setzt Euch nur getrost auf meinen Rücken, ich bringe Euch ganz schnell nach Hause.“
O, wie fix sprang da Prinzeßchen auf seine Füße; der Hirsch kniete vor ihr nieder und Prinzeßchen stieg auf seinen Rücken, umschlang seinen Hals mit seinen Ärmchen und fort gings wie der Wind; hui, wie die Zweige knackten! Wie der Hirsch über Gräben hinwegsprang, den Berg hinunter und hinauf. Der Riese Schnarcher schimpfte hinterher, aber er konnte sie nicht kriegen, denn der Hirsch lief ganz schnell bis zu Waldkönigs Schloß.
Waldkönig und Waldkönigin waren schon in großer Angst um ihr Töchterlein gewesen und hatten ausrufen lassen, daß, wer ihnen ihr Prinzeßchen wiederbrächte, der sollte eine schöne Krone zum Lohn bekommen. Oh wie freuten sie sich, als sie ihr Töchterchen ankommen sahen, und Prinzeßchen ihnen erzählte, wie der gute Hirsch sie gerettet hätte. Waldkönig aber sagte zum Hirsch: „Weil du mir mein Prinzeßchen wiedergebracht hast, darum sollst du die Krone bekommen“ und Frau Waldkönigin setzte sie ihm selber auf. Seitdem trägt der Hirsch sein schönes Geweih.
[P. u. A. Blau „Wies wispert und wuspert im grünen Wald“ – Waldmärchen]