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(5)
Wo es war und wo es nicht war, es gab einmal zwei Brüder. Ihre Eltern waren gestorben und die Brüder teilten das Erbe untereinander auf. Der Ältere richtete sich einen Kramladen ein; der Jüngere aber, der nicht ganz bei Trost war, ergab sich der Schwelgerei. Er trieb dies so lange, bis er eines Tages kein Geld mehr hatte. Er ging nun zu seinem Bruder hin, bat ihn um einige Para-stücke, und als er auch diese verzehrt hatte, ging er wieder zu seinem Bruder. Dies tat er so lange, bis er endlich dem Älteren zur Last ward, der sich von ihm auf keine andere Weise befreien konnte, als dass er sein Hab und Gut zu Geld machte und ein Schiff bestieg um nach Egypten auszuwandern. Der Jüngere bekam aber Wind von der Sache und bevor noch das Schiff abfuhr, schlich er sich hinein und verkroch sich, damit man ihn nicht bemerke. Der Ältere hingegen fürchtete sich, dass wenn er seine Absicht erfahre, er ihm nachfolge, und zeigte sich desshalb nicht auf dem Verdeck. Aber kaum hatte man die Segel gespannt, als beide zum Vorschein kamen und so der Jüngere dem Älteren wieder am Halse war.
Der Ältere ärgerte sich darüber genug, aber vergebens; das Schiff trug sie bis nach Egypten. Dort sagte der Ältere seinem Bruder: »Bleibe du nur hier; ich suche uns zwei Maultiere, damit wir weiter reisen können.« Der Junge setzte sich am Ufer nieder und wartete auf die Rückkehr seines Bruders, aber – vergeblich. »Ich werde ihn aufsuchen,« dachte er bei sich und machte sich also auf den Weg nach seinem Bruder.
Er ging und ging, machte kleine, machte grosse Schritte, sechs Monate lang ging er auf einer Wiese; einmal aber blickte er nach rückwärts und sah, dass er einen gar kurzen Weg zurückgelegt habe. Er machte also grössere Schritte, ging ein halbes Jahr vorwärts, pflückte Veilchen und als er auf diese Weise vorwärts schritt, gelangte er an den Fuss eines Berges. Drei Bürschlein zankten sich dort herum. Er sah ihnen als vierter zu und fragte sie, weshalb sie sich herumraufen.
»Wir sind die Kinder eines Vaters,« sprach der Älteste; »er starb unlängst und hinterliess uns als Erbe einen Turban, eine Knute und einen Gebetteppich. Wer sich diesen Turban auf’s Haupt setzt, den erblickt kein Auge. Wer sich auf den Teppich setzt und mit der Knute knallt, der fliegt wie ein Vogel davon. Wem aber der Turban, wem die Knute, wem der Teppich gehören soll, dass ist unser ewiger Hader!«
»Alle drei Dinge soll einer besitzen!« riefen sie alle. »Mir, dem ältesten gehören sie!« – »Nein; mir, dem mittleren gebüren sie!« – »Mir, dem jüngsten sollen sie angehören!« Mit Reden und mit Stöcken bearbeiteten sie sich, so dass der Junge sie kaum auseinander bringen konnte.
»Nicht also!« meinte der Bursche; »ich werde aus einem Hölzchen einen Pfeil schnitzen und denselben abschiessen. Ihr läuft ihm nach und wer denselben am schnellsten hieher zurückbringt, dem sollen alle drei Dinge gehören!«
Der Pfeil fliegt ab, es laufen die drei Brüder, der Junge aber denkt sich eins, setzt sich den Turban auf, kauert auf den Teppich hin, knallt eins mit der Knute und »hipp-hopp, dort will ich sein, wo mein Bruder ist!« und ehe er sich’s versieht, so befindet er sieh vor einer grossen Stadt.
Kaum begab er sich in die Stadt, als ein Mann des Padischas den Leuten verkündigte, dass die Sultanstochter jede Nacht verschwinde. Wer es erfahren könne, wohin sie sich begibt, dem solle die Maid und das halbe Königreich gehören. »Da bin ich!« rief der Narr, »führt mich hin zum Padischah; wenn ich es nicht erfahre, so – hier mein Kopf!«.
Der Narr befand sich nun bald im Palaste, abends aber im Gemach der Sultanstochter, legte sich nieder und harrte mit halbgeschlossenen Augen der kommenden Dinge. Die Maid wartete nur, dass er einschlafe, dann stach sie ihn mit einer Nadel in die Fussohle und als er darauf nicht erwachte, nahm sie die Kerze zur Hand und entfernte sich durch eine Seitentüre.
Den Turban auf dem Kopfe ging ihr der Junge nach und kaum trat er hinaus, stand ein Araber vor ihm, der auf dem Haupte ein goldenes Becken hatte, in welcher die Sultanstochter sass. Der Narr sprang ebenfalls hinein und dabei kippte die Schüssel beinahe um. Der Araber erschrak und fragte die Maid, was sie denn treibe; er habe sie beinahe fallen lassen! »Ich habe kein Glied gerührt,« versetzte die Maid, »so wie du mich in die Schüssel gesetzt hast, so sitze ich!«
Kaum machte der Araber einige Schritte, so bemerkte er, dass die Schüssel ungewöhnlich schwer sei. Den Jungen machte freilich der Turban unsichtbar und der Araber sprach abermals zur Maid: »Was ist mit dir geschehen, o Herrin? du bist heute so schwer, dass ich unter dir beinahme zusammenbreche.«
»Lieber Lala,« versetzte die Maid, »ich bin weder schwerer, noch leichter geworden.«
Kopfschüttelnd setzte der Araber seinen Weg fort und bald gelangten sie in einen wunderbaren Garten, dessen Bäume aus Silber und Diamanten bestanden. Der Junge brach einen Zweig ab, steckte ihn in seine Tasche, worauf die Bäume zu seufzen begannen: »Menschenkind hat uns weh getan; Menschenkind hat uns weh getan!« Der Araber und die Maid blickten sich erstaunt an.
Sie schritten bald wieder vorwärts und gelangten in einen anderen Garten, wo die Bäume aus Gold und Edelsteinen waren. Auch hier brach sich der Junge einen Zweig ab, worauf die Bäume so laut seufzten, dass der Himmel erbebte: »Menschenkind hat uns weh getan; Menschenkind hat uns weh getan!« Der Araber wusste nun nicht, was er sich denken solle.
Nun erreichten sie eine Brücke und über diese hinwegschreitend kamen sie zu einem Palaste, wo die Maid von einer Sklavenschaar erwartet wurde. Sie verschränkten die Arme über der Brust und beugten sich vor der Jungfrau tief zur Erde. Die Sultanstochter stieg hierauf vom Kopfe des Arabers herab und als man ihr mit Edelsteinen besetzte Schuhe brachte, so steckte der Junge den einen in seine Tasche. Die Maid zog den anderen an, suchte das Paar dazu, liess sich andere bringen, aber auch da verschwand der eine.
Ärgerlich eilte sie in den Palast hinein, aber der Junge, mit dem Turban auf dem Kopfe, folgte ihr überall nach, in der Hand die Gerte und den Teppich haltend. Die Maid trat in ein Gemach ein; wo sich der arabische Peri befand, dessen eine Lippe den Himmel, die andere die Erde fegte. Er fragte die Maid, wo sie so lange geweilt habe. Die Sultanstochter erzählte ihm nun vom Narren, aber der Peri tröstete sie und meinte, das Ganze sei nur Einbildung.
Sie setzten sich nun nieder und er liess durch einen Diener Scherbet holen. In diamantenem Napfe brachte ein Schwarzer den süssen Trank und als er ihn der Sultanstochter überreichen wollte, versetzte der unsichtbare Junge dem Diener einen solchen Schlag auf die Hand, dass er den Napf fallen liess und derselbe zerbrach. Ein Stückchen davon steckte der Junge in seine Tasche.
»Hab‘ ich es nicht gesagt,« schrie die Sultanstochter, »dass es heute nicht mit rechten Dingen zugeht. Ich will kein Scherbet haben. Ich will garnichts haben. Ich will bald nach Hause gehen!« Der Araber beruhigte sie und liess durch einen anderen Diener Speisen herbeiholen. Man deckte den Tisch, brachte viele Speisen herbei und als sie assen, griff auch der hungrige Narr zu, worauf die beiden vor Schrecken beinahe umfielen, als sie bemerkten, dass auch ein unsichtbarer Dritter von den Speisen esse.
Auch der Araber ward nun unruhig, besonders, als auch von dem Zuckerwerk und von den Tassen so manches Stück verschwand. Er selbst sagte der Sultanstochter, seiner Geliebten, dass sie heute früher als sonst heimkehren solle. Der Araber wollte die Maid küssen, aber der Junge riss sie von einander.
Beide erbleichten und riefen den Lala herbei. Die Maid setzte sich in die Schüssel und liess sich heimtragen. Der Narr nahm schnell von der Wand einen Säbel herab und schlug mit einem Hieb den Kopf des Arabers von Rumpfe. Aber kaum fiel der Kopf zu Boden, so erzitterte Himmel und Erde. Jammern und Wehgeschrei erhob sich: »Wehe uns! Menschenkind hat unseren König getötet!« Der Narr selbst erschrak nun und wusste nicht, woran er war. Er setzte sich schnell auf seinen Teppich, knallte eins mit der Knute und als die Sultanstochter in den Palast zurückkehrte, da schnarchte der Narr schon in seinem Gemache. »Verwünschtes Schwein!« sprach die Maid grimmig, »du hast mir heute genug Unruhe verursacht.« Sie nahm wieder eine Nadel hervor, stach damit in die Fussohle des Jungen und als dieser sich gar nicht bewegte, glaubte sie, dass er schlafe und legte sich denn auch nieder.
Am nächsten Morgen weckte man ihn auf, damit man erfahre, ob er die Sache erforscht habe, widrigenfalls man ihm das Haupt abschlage. »Ja, ich weiss schon alles,« versetzte er, »euch aber sage ich es nicht. Führt mich zum Padischah.« Man führte ihn also zum Vater der Maid, wo er aber sagte, dass er alles nur dann erzählen werde, wenn man alle Bewohner der Stadt, Gross und Klein, Mann und Frau, um ihn versammele. »So werde ich meinen Bruder am leichtesten finden,« dachte er bei sich. Man versammelte nun die Bewohner auf dem Marktplatz; auf einem erhabenen Platze sass der Padischah mit seiner Tochter, neben ihnen stand der Narr und erzählte die Sache, so wie sie geschehen, von der Schüssel angefangen bis zum Peri-Schah. »Glaub‘ es nicht, Vater, es ist eine Lüge, Padischah!« underbrach ihn öfter die Maid.
Er nahm nun aus seiner Tasche den diamantenen Zweig voll Edelsteinen, die goldenen Schuhe, die kostbaren Esszeuge hervor und begann schon den Tod des Peri-Königs zu erzählen, als er in der Volksmenge seinen Bruder erblickte. Er sprach nichts, hörte nichts mehr, sondern sprang von der Erhöhung herab zu seinem Bruder, der zu laufen begann. Der Narr lief ihm nun nach und holte ihn endlich ein. Nun kehrten sie beide zurück, der Ältere erzählte dann seine Geschichte, der Jüngere aber sein Abenteuer und bat dann den Padischah, er möge die Maid und das halbe Königreich seinem Bruder geben. Er habe genug an seinem Turban, seinem Zauberteppich und seiner Knute; mit diesen Dingen könne er sich bis zu seinem Tode den Lebensunterhalt verschaffen, nur möge er stets in der Nähe seines Bruders bleiben dürfen.
Am meisten freute sich die Sultanstochter, als sie den Tod des Peri-Königs erfuhr. Mit Gewalt hatte sie eines Tages der Peri-König aus ihrem Gemache geraubt und sie so bezaubert, dass sie von ihm nicht lassen konnte. In ihrer Freude willigte sie ein, dass der Bruder des Narren ihr Gemahl werde und sie feierten nun vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch ihre Hochzeit.
Auch ich war dabei und als ich Pilaf verlangte, versetzte mir der Koch einen solchen Schlag auf die Hand, dass ich auch jetzt noch davon krumm gehe.
Der Ältere ärgerte sich darüber genug, aber vergebens; das Schiff trug sie bis nach Egypten. Dort sagte der Ältere seinem Bruder: »Bleibe du nur hier; ich suche uns zwei Maultiere, damit wir weiter reisen können.« Der Junge setzte sich am Ufer nieder und wartete auf die Rückkehr seines Bruders, aber – vergeblich. »Ich werde ihn aufsuchen,« dachte er bei sich und machte sich also auf den Weg nach seinem Bruder.
Er ging und ging, machte kleine, machte grosse Schritte, sechs Monate lang ging er auf einer Wiese; einmal aber blickte er nach rückwärts und sah, dass er einen gar kurzen Weg zurückgelegt habe. Er machte also grössere Schritte, ging ein halbes Jahr vorwärts, pflückte Veilchen und als er auf diese Weise vorwärts schritt, gelangte er an den Fuss eines Berges. Drei Bürschlein zankten sich dort herum. Er sah ihnen als vierter zu und fragte sie, weshalb sie sich herumraufen.
»Wir sind die Kinder eines Vaters,« sprach der Älteste; »er starb unlängst und hinterliess uns als Erbe einen Turban, eine Knute und einen Gebetteppich. Wer sich diesen Turban auf’s Haupt setzt, den erblickt kein Auge. Wer sich auf den Teppich setzt und mit der Knute knallt, der fliegt wie ein Vogel davon. Wem aber der Turban, wem die Knute, wem der Teppich gehören soll, dass ist unser ewiger Hader!«
»Alle drei Dinge soll einer besitzen!« riefen sie alle. »Mir, dem ältesten gehören sie!« – »Nein; mir, dem mittleren gebüren sie!« – »Mir, dem jüngsten sollen sie angehören!« Mit Reden und mit Stöcken bearbeiteten sie sich, so dass der Junge sie kaum auseinander bringen konnte.
»Nicht also!« meinte der Bursche; »ich werde aus einem Hölzchen einen Pfeil schnitzen und denselben abschiessen. Ihr läuft ihm nach und wer denselben am schnellsten hieher zurückbringt, dem sollen alle drei Dinge gehören!«
Der Pfeil fliegt ab, es laufen die drei Brüder, der Junge aber denkt sich eins, setzt sich den Turban auf, kauert auf den Teppich hin, knallt eins mit der Knute und »hipp-hopp, dort will ich sein, wo mein Bruder ist!« und ehe er sich’s versieht, so befindet er sieh vor einer grossen Stadt.
Kaum begab er sich in die Stadt, als ein Mann des Padischas den Leuten verkündigte, dass die Sultanstochter jede Nacht verschwinde. Wer es erfahren könne, wohin sie sich begibt, dem solle die Maid und das halbe Königreich gehören. »Da bin ich!« rief der Narr, »führt mich hin zum Padischah; wenn ich es nicht erfahre, so – hier mein Kopf!«.
Der Narr befand sich nun bald im Palaste, abends aber im Gemach der Sultanstochter, legte sich nieder und harrte mit halbgeschlossenen Augen der kommenden Dinge. Die Maid wartete nur, dass er einschlafe, dann stach sie ihn mit einer Nadel in die Fussohle und als er darauf nicht erwachte, nahm sie die Kerze zur Hand und entfernte sich durch eine Seitentüre.
Den Turban auf dem Kopfe ging ihr der Junge nach und kaum trat er hinaus, stand ein Araber vor ihm, der auf dem Haupte ein goldenes Becken hatte, in welcher die Sultanstochter sass. Der Narr sprang ebenfalls hinein und dabei kippte die Schüssel beinahe um. Der Araber erschrak und fragte die Maid, was sie denn treibe; er habe sie beinahe fallen lassen! »Ich habe kein Glied gerührt,« versetzte die Maid, »so wie du mich in die Schüssel gesetzt hast, so sitze ich!«
Kaum machte der Araber einige Schritte, so bemerkte er, dass die Schüssel ungewöhnlich schwer sei. Den Jungen machte freilich der Turban unsichtbar und der Araber sprach abermals zur Maid: »Was ist mit dir geschehen, o Herrin? du bist heute so schwer, dass ich unter dir beinahme zusammenbreche.«
»Lieber Lala,« versetzte die Maid, »ich bin weder schwerer, noch leichter geworden.«
Kopfschüttelnd setzte der Araber seinen Weg fort und bald gelangten sie in einen wunderbaren Garten, dessen Bäume aus Silber und Diamanten bestanden. Der Junge brach einen Zweig ab, steckte ihn in seine Tasche, worauf die Bäume zu seufzen begannen: »Menschenkind hat uns weh getan; Menschenkind hat uns weh getan!« Der Araber und die Maid blickten sich erstaunt an.
Sie schritten bald wieder vorwärts und gelangten in einen anderen Garten, wo die Bäume aus Gold und Edelsteinen waren. Auch hier brach sich der Junge einen Zweig ab, worauf die Bäume so laut seufzten, dass der Himmel erbebte: »Menschenkind hat uns weh getan; Menschenkind hat uns weh getan!« Der Araber wusste nun nicht, was er sich denken solle.
Nun erreichten sie eine Brücke und über diese hinwegschreitend kamen sie zu einem Palaste, wo die Maid von einer Sklavenschaar erwartet wurde. Sie verschränkten die Arme über der Brust und beugten sich vor der Jungfrau tief zur Erde. Die Sultanstochter stieg hierauf vom Kopfe des Arabers herab und als man ihr mit Edelsteinen besetzte Schuhe brachte, so steckte der Junge den einen in seine Tasche. Die Maid zog den anderen an, suchte das Paar dazu, liess sich andere bringen, aber auch da verschwand der eine.
Ärgerlich eilte sie in den Palast hinein, aber der Junge, mit dem Turban auf dem Kopfe, folgte ihr überall nach, in der Hand die Gerte und den Teppich haltend. Die Maid trat in ein Gemach ein; wo sich der arabische Peri befand, dessen eine Lippe den Himmel, die andere die Erde fegte. Er fragte die Maid, wo sie so lange geweilt habe. Die Sultanstochter erzählte ihm nun vom Narren, aber der Peri tröstete sie und meinte, das Ganze sei nur Einbildung.
Sie setzten sich nun nieder und er liess durch einen Diener Scherbet holen. In diamantenem Napfe brachte ein Schwarzer den süssen Trank und als er ihn der Sultanstochter überreichen wollte, versetzte der unsichtbare Junge dem Diener einen solchen Schlag auf die Hand, dass er den Napf fallen liess und derselbe zerbrach. Ein Stückchen davon steckte der Junge in seine Tasche.
»Hab‘ ich es nicht gesagt,« schrie die Sultanstochter, »dass es heute nicht mit rechten Dingen zugeht. Ich will kein Scherbet haben. Ich will garnichts haben. Ich will bald nach Hause gehen!« Der Araber beruhigte sie und liess durch einen anderen Diener Speisen herbeiholen. Man deckte den Tisch, brachte viele Speisen herbei und als sie assen, griff auch der hungrige Narr zu, worauf die beiden vor Schrecken beinahe umfielen, als sie bemerkten, dass auch ein unsichtbarer Dritter von den Speisen esse.
Auch der Araber ward nun unruhig, besonders, als auch von dem Zuckerwerk und von den Tassen so manches Stück verschwand. Er selbst sagte der Sultanstochter, seiner Geliebten, dass sie heute früher als sonst heimkehren solle. Der Araber wollte die Maid küssen, aber der Junge riss sie von einander.
Beide erbleichten und riefen den Lala herbei. Die Maid setzte sich in die Schüssel und liess sich heimtragen. Der Narr nahm schnell von der Wand einen Säbel herab und schlug mit einem Hieb den Kopf des Arabers von Rumpfe. Aber kaum fiel der Kopf zu Boden, so erzitterte Himmel und Erde. Jammern und Wehgeschrei erhob sich: »Wehe uns! Menschenkind hat unseren König getötet!« Der Narr selbst erschrak nun und wusste nicht, woran er war. Er setzte sich schnell auf seinen Teppich, knallte eins mit der Knute und als die Sultanstochter in den Palast zurückkehrte, da schnarchte der Narr schon in seinem Gemache. »Verwünschtes Schwein!« sprach die Maid grimmig, »du hast mir heute genug Unruhe verursacht.« Sie nahm wieder eine Nadel hervor, stach damit in die Fussohle des Jungen und als dieser sich gar nicht bewegte, glaubte sie, dass er schlafe und legte sich denn auch nieder.
Am nächsten Morgen weckte man ihn auf, damit man erfahre, ob er die Sache erforscht habe, widrigenfalls man ihm das Haupt abschlage. »Ja, ich weiss schon alles,« versetzte er, »euch aber sage ich es nicht. Führt mich zum Padischah.« Man führte ihn also zum Vater der Maid, wo er aber sagte, dass er alles nur dann erzählen werde, wenn man alle Bewohner der Stadt, Gross und Klein, Mann und Frau, um ihn versammele. »So werde ich meinen Bruder am leichtesten finden,« dachte er bei sich. Man versammelte nun die Bewohner auf dem Marktplatz; auf einem erhabenen Platze sass der Padischah mit seiner Tochter, neben ihnen stand der Narr und erzählte die Sache, so wie sie geschehen, von der Schüssel angefangen bis zum Peri-Schah. »Glaub‘ es nicht, Vater, es ist eine Lüge, Padischah!« underbrach ihn öfter die Maid.
Er nahm nun aus seiner Tasche den diamantenen Zweig voll Edelsteinen, die goldenen Schuhe, die kostbaren Esszeuge hervor und begann schon den Tod des Peri-Königs zu erzählen, als er in der Volksmenge seinen Bruder erblickte. Er sprach nichts, hörte nichts mehr, sondern sprang von der Erhöhung herab zu seinem Bruder, der zu laufen begann. Der Narr lief ihm nun nach und holte ihn endlich ein. Nun kehrten sie beide zurück, der Ältere erzählte dann seine Geschichte, der Jüngere aber sein Abenteuer und bat dann den Padischah, er möge die Maid und das halbe Königreich seinem Bruder geben. Er habe genug an seinem Turban, seinem Zauberteppich und seiner Knute; mit diesen Dingen könne er sich bis zu seinem Tode den Lebensunterhalt verschaffen, nur möge er stets in der Nähe seines Bruders bleiben dürfen.
Am meisten freute sich die Sultanstochter, als sie den Tod des Peri-Königs erfuhr. Mit Gewalt hatte sie eines Tages der Peri-König aus ihrem Gemache geraubt und sie so bezaubert, dass sie von ihm nicht lassen konnte. In ihrer Freude willigte sie ein, dass der Bruder des Narren ihr Gemahl werde und sie feierten nun vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch ihre Hochzeit.
Auch ich war dabei und als ich Pilaf verlangte, versetzte mir der Koch einen solchen Schlag auf die Hand, dass ich auch jetzt noch davon krumm gehe.
[Asien: Türkei. Märchen der Welt]