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Von Alibaba

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Es waren einmal zwei Brüder, der eine war arm, der andere reich. Der Arme hieß Alibaba und wußte von einem Gewölbe im Wald, wo Räuber ihre Beute aufbewahrten. Alle paar Tage schlich er sich zu diesem Gewölbe, nahm ein paar Goldstücke, und wenn sie ihm ausgegangen waren, ging er wieder hin. Aber er war es überdrüssig, immer nur so wenig mitzunehmen, und so fuhr er eines Tages mit einem Wagen in den Wald, nahm ein paar Säcke mit Geld und brachte sie in seine Hütte. Er wollte nun aber unbedingt erfahren, wieviel er hatte, und so schickte er seine Frau zu dem reichen Bruder nach einem Viertelmaß, mit dem er das Geld messen könnte. Der reiche Bauer lieh ihm das Maß; weil er aber neugierig war, was Alibaba zu messen hatte, bestrich er den Boden mit Pech.
Alibabas Frau nahm das Maß und brachte es in die Hütte zu ihrem Mann. Der maß das Geld und sandte dem Bruder den Scheffel zurück.

Der Reiche blickte auf den Boden und fand am Teer ein Goldstück; sogleich vermutete er, daß sein Bruder zu Reichtum gekommen war, und ging zu Alibaba, um zu erfahren, woher ihn hatte. Alibaba sperrte sich nicht, er erzählte ihm alles: wo dieses Gewölbe sich befand und daß man, damit die Tür sich öffnete, sagen mußte: „Sesam, öffne dich!“ Der Reiche war hocherfreut, spannte das Pferd vor den Wagen und fuhr in den Wald. Er fand das Gewölbe und sagte, genau wie ihn Alibaba angewiesen hatte: „Seam, öffne dich!“ Die Tür des Kellers tat sich auf, der Reiche kroch hinein und befahl der Tür, sich zu schließen; danach füllte er alle Säcke und Fässer, die er bei sich hatte, mit Gold. Als er nichts mehr zum Einpacken hatte, ging er zur Tür und wollte, daß sie sich öffnete, aber er hatte vergessen, wie sie anzurufen war, und sagte: „Gerste, öffne dich!“, weil er glaubte, daß es so hieß. Die Tür aber rührte sich nicht. Wieder schrie der Reiche: „Weizen, öffne dich!“ Die Tür blieb geschlossen. Der Bauer rief die Tür mit jeglichen Getreidenamen an, aber es half alles nichts, denn sie wollte, sich nicht öffnen.

In diesem Augenblick kamen die Räuber, die dort hausten, zur Höhle und sagten: „Sesam, öffne dich!“ Die Tür ging auf, sie krochen in das Gewölbe, der Bauer aber, der zu entkommen suchte, lief ihnen genau vor die Füße, da griffen sie ihn und sagten: „Du bist das also, der uns das Gold gestohlen hat! Warte nur, wir werden es dir heimzahlen.“
Sie vierteilten den Bauern und hängten die Säcke an der Tür auf. Am folgenden Tag kam der Arme zur Höhle, um Gold zu holen und sagte: „Sesam, öffne dich!“ Die Tür ging auf.
Alibaba blickte auf die Tür, da war sein Bruder daran aufgehängt. Er grämte sich, denn es war ihm leid um ihn. Er nahm ein paar Goldstücke, lud den zerstückelten Leichnam auf den Wagen und fuhr nach Hause.

Unterwegs dachte er: „Man muß die Stücke zusammennähen und ihn heimlich begraben.“
Er fuhr in die Stadt, in der die beiden Brüder wohnten, ging auf den Markt und holte einen Schuster. Dieser flickte die Stücke mit Pechfäden zusammen, und Alibaba beerdigte sie in einer Grube. Als die Räuber anderntags ihre Höhle aufsuchten, öffnete sich die Tür vor ihnen,
und alle sahen, daß die Leiche nicht mehr da war und auch vom Gold etwas fehlte.
Zwei der Räuber gingen zum Ältesten und sprachen: „Wir gehen beide in die Stadt, um zu erfahren, wer das Geld nimmt. Und wir wollen des Todes sein, wenn wir es nicht herausfinden.“ Der Räuberhauptmann und die übrigen der Kumpanei erwiderten: „Gut, geht, aber wenn ihr nichts herauskriegt, dann werden wir euch wirklich töten.“ Die beiden Räuber eilten sogleich in die Stadt.

Die Straßen waren noch menschenleer, nur jenen Schuster erblickten sie auf dem Markt, der den zerstückelten Bruder zusammengenäht hatte, und sie fragten ihn: „Warum seid Ihr heute so früh aufgestanden?“ Der Schuster sagte: „Ich bin heute um Mitternacht aufgestanden, weil ich bis zum Morgen einen Körper zusammengenäht habe.“ Die Räuber dachten bei sich, daß es bestimmt jene Teile waren, die er zusammengeflickt hatte, und sie sagten zum Schuster: „Sag uns, in welcher Hütte Ihr den Leib zusammengenäht habt, wir wollen Euch dafür auch gut bezahlen.“ Der Schuster war einverstanden. Sie gaben ihm etwas Geld, und er zeigte ihnen das Haus Alibabas. Da die Räuber nun Bescheid wußten, machten sie am Tor mit Rötel ein Zeichen, um es in der Nacht wiederzuerkennen, und kehrten zugleich wieder in den tiefen Wald zurück.

Alibaba hatte eine Dienerin, die hieß Maryjanna. Diese Maryjanna ging morgens vor das Haus und erblickte am Tor ein rotes Zeichen. Sie ahnte, daß jemand ihrem Herrn etwas Böses antun wollte, kaufte sofort Rötel und machte das gleiche Zeichen auch an drei andere Haustore. Am Abend kamen alle Räuber in die Stadt und befahlen den beiden, sie zu dem Haus zu führen, das sie gekennzeichnet hatten. Der Räuberhauptmann fragte sie: „Wo ist das Haus, in dem dieser Mensch wohnt?“

„Wir haben sein Haus mit Rötel bezeichnet“, antworteten die beiden Räuber. Schließlich kamen sie an den Platz, wo Alibabas Haus stand, das Zeichen aber war an vier Toren.
Da kehrten die Räuber zornig in ihre Höhle zurück; die beiden aber mußten sterben.
Nachdem sie die beiden erschlagen hatten, blieben noch achtzehn Räuber.
Der Räuberhauptmann steckte die siebzehn anderen in Fässer, lud sie auf einen Wagen und fuhr in die Stadt. Aufs Geratewohl fuhr er auf Alibabas Hof und fragte ihn, ob er ihn mitsamt der Naphtfässern beherbergen könne, weil er sich fürchte, in der Nacht weiterzufahren. Alibaba stimmte zu, die Räuber aber hatten sich im Wald verabredet, daß der Anführer sie um Mitternacht aus den Fässern holen sollte und sie gemeinsam den töten wollten, der ihnen das Nchtquartier gegeben hatte.

Die Dienerin aber, als sie den Worten des Räubers entnommen hatte, daß er Naphta mitührte, dachte bei sich: „Wenn du, Freundchen, siebzehn Fässer Naptha fährst, dann kann ich ein bißchen für die Lampe nehmen, das wenige wird dich nicht arm machen.“ Sie nahm die Lampe und ging Naphta abzapfen. Sie stöpselte ein Fass auf und sah darin einen Räuber; sie entkorkte das zweite – wieder ein Räuber; sie blickte reihum in alle Fässer und fand in jedem ein Räuber. Da ging sie ein paar Kessel Wasser abkochen, um mit diesem Sud die Räuber in den Fässern zu übergießen. Am Abend saß der Räuberhauptmann mit Alibaba zu Tisch, und unter seinem Bauernrock guckte ein scharfes Schustermesser hervor, das ihm zum Töten diente. Als Maryjanna dieses Messer sah, näherte sie sich heimlich und zog es ihm heraus, ohne daß er dessen gewahr wurde.

Dann packte sie es mit beiden Händen und bohrte es ihm in die Brust. Als sie Alibaba von den Räubern in den Fässern erzählte, machten sie auch denen gemeinsam den Garaus.
Alibaba aber fuhr am folgenden Tag zu jener Räuberhöhle, nahm alles Gold und Geld, kaufte sich ein Stück Land und bewirtschaftete es bis zu seinem Tode.
*
Quelle: Chelchowski, S. a.a.O.,
Przasnysz

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