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Zauberhelene

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Es war einmal ein König und eine Königin, die hatten drei Töchter und einen Sohn. Da besprachen sich einst der König und die Königin, und redeten so: „Wenn jede unserer Töchter heiratet, so wird jede einen Teil unseres Königreichs bekommen müssen, so wird unser Königreich sehr klein werden, es ist also besser, wir verheiraten alle drei an unsern Sohn, so bleibt das Königreich beisammen. In acht tagen ist die Ernte vorbei, dann wollen wir sogleich Hochzeit halten.“ Der Sohn hatte diese Rede gehört, und dachte sich: daraus wird nichts: Während nun der König und die Königin auf einer entfernten Puszta waren, den Schnittern nachzusehen, trat Jemand an das Fenster, klopfte, und sprach zum Prinzen: „Kleiner Königsohn! ich will Deine älteste Schwester heiraten;“ der kleine Prinz antwortete: „Warte ein wenig, gleich sollst Du sie haben.“ Er rief seine älteste Schwester, und wie sie in das Zimmer trat, warf er sie zum Fenster hinaus. Sie fiel aber nicht zur Erde, sondern auf eine goldene Brücke, die lang, sehr lang war und bis zur sonne reichte. Der Jemand fasste sie bei der Hand, und führte sie auf der goldnen Brücke fort bis in sein Königreich mitten in der Sonne; denn dieser Jemand war der Sonnenkönig. Als es Mittag geworden, trat wieder Jemand an das Fenster, klopfte und sprach: „Kleiner Königssohn! ich will Deine zweite Schwester heiraten.“ Der kleine Prinz antwortete: „Warte ein wenig, gleich sollst Du sie haben.“ Er ging in das Zimmer seiner zweiten Schwester, nahm sie auf den Arm und warf sie zum Fenster hinaus. Sie fiel aber nicht auf die Erde, sondern in einen Wagen aus Luft. Vier Pferde, die unaufhörlich schnaubten und sich bäumten, waren angespannt; der Jemand setzte sich zu ihr in den Wagen, und wie er die Peitsche schwang, breiteten sich die Wolken aus zu einer Heerstraße, des Wagens Rollen war Sturm, und er verschwand im Augenblick. Der Jemand war der Windkönig. Der kleine Königssohn war froh, bereits zwei Schwestern angebracht zu haben; als daher abends wieder Jemand am Fenster erschien und klopfte, sprach er: „Du brauchst nicht zu reden, ich weiß schon, was Du willst,“ und warf auch seine dritte Schwester aus dem Fenster. Diese fiel in einen silberhellen Bach. Der Jemand fasste sie beim Arm und die Wellen trugen sie sanft dem Mond zu; denn der Jemand war Niemand anders als der Mondkönig. Der kleine Königsohn aber legte sich vergnügt zu Bette.

Als der König und die Königin am nächsten Morgen zurückkamen und hörten, was der kleine Königsohn getan, verwunderten sie sich nicht wenig; weil sie aber so mächtige Schwiegersöhne bekommen, wie der Sonnen-, Wind- und Mondkönig, waren sie zufrieden und sagte zu dem kleinen Königsohn: „Sieh! wie mächtig sind Deine Schwestern geworden durch ihre Männer. Du musst Dir auch eine mächtige Königstochter aussuchen zu Deiner Frau.“ Der kleine Königsohn entgegnete: „Ich habe mir schon eine ausgesucht, Zauberhelene wird meine Frau und keine Andere. Der König und die Königin erschraken über diese vermessene Rede sehr, und versuchten ihn von diesem Gedanken abzubringen durch allerhand vernünftige Redensarten; weil ihnen aber dies auf keinerlei Weise gelang, sprachen sie endlich: „Nun so ziehe hin, mein Sohn, der Himmel geleite Dich bei Deinem vermessenen Unternehmen.“ Zwei Flaschen aber nahm der König aus seinem Kasten und gab sie seinem Sohn mit diesen Worten: „Sieh, mein Sohn, diese eine Flasche enthält das Wasser des Todes. Wenn du einen Toten mit dem Wasser des Lebens bespritzest, wird er lebendig; bespritzest du aber einen Lebenden mit dem Wasser des Todes, so stirbt er also gleich. Nimm diese Flaschen, sie sind mein größter Schatz; vielleicht können sie Dir nützlich sein.“

Nun begann der ganze Hofstaat viel zu weinen, besonders aber die Hofdamen, denn alle hatten den kleinen Prinzen sehr lieb; er aber war mutig und guter Dinge, küsste seinen königlichen Eltern die Hände, hing sich die beiden Flaschen um, die des Lebens rechts, und die des Todes links, umgürtete sich mit seinem Säbel und ging.

Er war schon lange gewandert, da kam er in ein Tal, das war voll Erschlagener. Der kleine Königsohn nahm seine Flasche mit dem Wasser des Lebens, spritzte einem der Toten in das Auge; also bald stand dieser auf, rieb sich die Augen und sprach: „Ei! wie hab‘ ich so lange geschlafen.“ Der kleine Königsohn fragte ihn: „Sage mir, was ist hier vorgegangen?“ Der Tote antwortete: „Wir haben gestern mit Zauberhelene gefochten, sie hat uns zusammen gehauen.“ Der Königssohn rief aus: „Wenn Ihr so schwach war’t, Euch gegen ein Weib nicht schützen zu können, so verdient Ihr nicht zu leben,“ spritzte ihn mit dem Wasser des Todes an, und also dann fiel der Tote wieder unter die Leichen. Im nächsten Tal lag ein ganzes Herr; der kleine Königssohn erweckte wieder einen Toten und fragte: „Hat auch Euch Zauberhelene erschlagen?“ „Ja,“ entgegnete der Tote. „Warum führt Ihr denn Krieg mit ihr?“ fragte er weiter. „Weißt Du nicht,“ versetzte der Tote, „dass unser König sie heiraten will, dass sie aber keinen Andern zum Gatten nimmt als den, der sie besiegt? Mit drei Heeren zogen wir gegen sie aus. Gestern erschlug sie das eine, heute bei Sonnenaufgang uns, und jetzt kämpft sie eben mit den Dritten.“ Der kleine Königsohn spritzte den Redner mit dem Wasser des Todes an und also bald lag er wieder auf dem Boden. Im dritten Tal lag das dritte Heer; der Erweckte sagte: „So eben ist die Schlacht geendet, Zauberhelene hat uns Alle getötet.“ „Wo find‘ ich sie?“ sprach der kleine Königssohn. „Über jenem Berge ist ihr Schloss,“ gab der Getötete zurück und sank wieder um, sobald als ihn der Königssohn bespritzte.

Argilus – so hieß der kleine Königsohn – ging über den Berg, und kam an Zauberhelenes Schloss. Es war offen. Er trat hinein. Niemand war darin. In Zauberhelenes Schlafgemach hing ein Säbel, der sprang unaufhörlich aus seiner Scheide und wieder zurück. „Ei wenn Du so unruhig bist,“ dachte Argilus, „so will ich Dich für mich nehmen, Du gefällst mir besser als mein Schwert, welches sich nicht rührt, außer wenn ich es schwinge;“ er zog seinen Säbel und wechselte die Klingen aus. Kaum war dies geschehen, als Zauberhelene vor ihm stand. „Du wagst es in mein Schloss zu dringen?“ rief sie aus; „Zieh‘, Du musst mit mir kämpfen. Sie riss den Säbel von der Wand. Argilus zog die Klinge, die er eben eingetauscht. Sie begannen zu fechten, aber wie sich die Säbel zum ersten Mal kreuzten, sprang Zauberhelenes Säbel in der Mitte ab. Da frohlockte sie; „Du bist mein Bräutigam!“ fiel ihm um den Hals und herzte und küsste ihn, dass es eine Freude war nur zuzusehen.

Nachdem sie einige Zeit in Freude und Glückseligkeit zusammen gelebt, sprach Zauberhelene eines Morgens: „Geliebter Mann! ich muss Dich auf kurze Zeit verlassen; es ist zum ersten- und letzten Mal, dass ich mich von Dir trenne; in sieben Mal sieben Tagen bin ich zurück, dann soll unser Leben in ewiger Freude dahinfließen. Alles im Schloss ist zu Deinem Befehl, nur das letzte Zimmer betritt nicht, es könnte großes Unheil daraus entstehen. Mit diesen Worten war sie verschwunden. Argilus verging die Zeit sehr langsam seit Zauberhelene fern war; er durchlief das ganz Schloss, bis er endlich an das letzte Gemach kam. Weil er jung und leichtsinnig war, schloss er es auf. Da sah er einen alten Mann, sein Bart war Feuer, es war der Flammenkönig Holofernes; Argilus aber wusste das nicht. Der alte Mann hatte drei Reifen um den Bauch, jeder Reif war von Stahl, diese hielten ihn an der Mauer fest. Der Flammenkönig sprach: „Ich grüße Dich, junger Mann! sieh, mein Bart ist Flamme, mir ist so heiß, gib mir einen Becher Wein.“ Weil nun Argilus gutmütig war, gab er ihm einen Becher.

Wie ihn der Flammenkönig austrank, sprang ein Reif von seinem Bauch ab. Er schmunzelte und sagte: „Du hast mich sehr gelabt, gib mir noch einen Becher Wein.“ Argilus tat es, und wie der Flammenkönig ihn austrank, sprang der zweite Reif von seinem Bauch. Er schmunzelte wieder und sagte: „Zweimal hast Du mir Wein gegeben, gib mit jetzt auch einen Becher Wasser.“ Und als Argilus getan, wie er gebeten, sprang auch der dritte Reif ab, und der Flammenkönig verschwand. Zauberhelene hatte noch nicht die Hälfte ihres Weges zurückgelegt, als schon Holofernes ihr zur Seite stand. Er redete zu ihr, und sein Bart bewegte sich dabei zornig: „Du hast mich als Gemahl verschmäht, hast drei meiner Herren getötet, mich selbst gefangen gehalten, nun bist Du in meiner Gewalt; nicht meine Gemahlin, die letzte meiner Dienerinnen sollst du sein.“ Seitdem sie Argilus geheiratet, hatte Zauberhelene ihre Stärke verloren, ihr Sträuben war also vergebens. In drei Sprüngen trug sie der Flammenkönig in sein Reich.

Siebenmal sieben Tage waren vergangen, Zauberhelene kam nicht. Da wurde Argilus Angst im Herzen, und er beschloss zu seinen drei Schwägern zu reisen, ob diese vielleicht wüssten, wo Zauberhelene wäre. Er gelangte zu erst zum Sonnenkönig; der kam eben nach Haus. „Sei mir gegrüßt, kleiner Schwager,“ begann er. „Ach lieber Schwager,“ redete Argilus, „ich suche meine Frau, die Zauberhelene, weißt Du nicht, wo sie ist? Hast Du sie nicht gesehen?“ „Nein,“ entgegnete der Sonnenkönig, „ich habe sie nicht gesehen. Vielleicht ist sie aber nur bei Nacht sichtbar, da musst du unsern Schwager, den Mondkönig fragen.“ Nun aßen sie zusammen zu Nacht, und Argilus ging weiter zum Mondkönig. Er gelangte zu seinem Palast, als der Mondkönig eben seine Nachtwandlung beginnen wollte. Argilus klagte ihm seine Not; der Mondkönig entgegnete: „Ich habe sie nicht gesehen, aber komm, pilgere die Nacht über mit mir, vielleicht erspähen wir sie.“ Sie gingen die ganze Nacht, sahen sie aber nicht. Da sagte der Mondkönig: „Ich muss jetzt nach Haus, aber dort kommt unser Schwager, der Windkönig, rede mit dem, der dringt überall ein, vielleicht hat er sie gesehen.“ Der Windkönig stand an ihrer Seite, und als er seines kleinen Schwagers Anliegen vernahm, erwiderte er: „Allerdings weiß ich, wo sie ist. Der Flammenkönig Holofernes hält sie in einer unterirdischen Höhle gefangen, sie muss sein Küchengeschirr am Glutbach waschen. Weil ihr dabei sehr heiß wird, habe ich ihr oft schon Kühlung zugeweht.“ „Ich danke Dir, lieber Schwager, dass Du ihr Linderung verschafft hast,“ sagte Argilus, „bring mich zu ihr hin.“ „Sehr gern,“ antwortete der Windkönig, er blies sich auf, und seinen Schwager an, und im Augenblick stand Argilus mit seinem Ross vor Zauberhelene. Aus Freude ließ sie das Küchengerät in den Glutbach fallen, Argilus redete nicht viel, sondern hob sie auf sein Ross und ritt davon.
Der Flammenkönig Holofernes war eben in seinem Zimmer, er vernahm im Stall einen ungeheuren Lärm, er ging hinab und sah, dass sein Pferd Taigaröt sich bäumte, wieherte, in die Krippe biss und den Boden stampfte. Taigaröt war ein wunderbares Pferd, es verstand die Reden der Menschen, antwortete auch, und hatte neun Füße. „Was treibst Du für tolles Zeug?“ rief Holofernes aus, „hast Du etwa nicht Hafer und Heu genug, oder hat man Dich nicht getränkt?“ „Hafer und Heu ha‘ ich genug, auch hat man mich getränkt,“ redete Taigaröt zurück, „aber Zauberhelene hat man Dir entführt.“ Des Flammenkönigs Bart zitterte vor Wut. „Sei ruhig,“ sprach Taigaröt weiter: „Iss, trinke, schlafe sogar, in drei Sprüngen hole ich sie ein.“ Holofernes tat, wie ihm sein Ross geheißen, und als er sich hinlänglich gestärkt und ausgeruht, setzte er sich auf das Ross Taigaröt und in drei Sprüngen hatte er Argilus eingeholt, riss ihm Zauberhelene aus den Armen und rief, indem er zurücksprengte: „Weil Du mir die Freiheit verschafft hast, töte ich dich jetzt nicht, kommst Du aber noch einmal, so bist Du verloren.“

Argilus ging traurig zu seinen zwei Schwägern, und erzählte ihnen, was geschehen. Die drei Schwäger beratschlagten sich und sagten: „Du musst ein Pferd finden, welches noch schneller läuft als Taigaröt; es gibt aber nur ein einziges solches Pferd, es ist Taigaröt’s jüngerer Bruder, zwar nur mit vier Füßen, aber gewiss schneller als Taigaröt.“ „Wo find ich dieses Pferd?“ so fragte Argilus. Die Schwäger antworteten: „Hexe Eisennagel hält das Pferd unter der Erde verborgen, geh zu ihr, tritt in ihre Dienste, und fordere dieses Ross als Lohn.“ „Bringt mich hin meine lieben Schwäger, “ bat Argilus. „Sogleich,“ entgegnete der Sonnenkönig, „nimm aber zuvor diese Gabe von Deinen Schwägern, die Dich herzlich lieben.“ Mit diesen Worten gab er ihm einen kleinen Stab, der war halb Gold und halb Silber, und zitterte unaufhörlich; er war aus Sonnenlicht, Mondschein und Wind gemacht. „So oft Du unser bedarfst, stecke diesen Stab in die Erde und wir sind bei Dir.“ Hierauf nahm der Sonnenkönig den kleinen Schwager auf einen Sonnenstrahl und trug ihn einen ganzen Tag, dann nahm ihn der Mondkönig, trug ihn eine Nacht, dann nahm ihn der Windkönig und trug ihn einen Tag und eine Nacht, dann war er am Palast der Hexe Eisennase.

Der Palast der Hexe Eisennase war aus lauter Totenköpfen gebaut, ein einziger fehlte nur, um das Gebäude zu vollenden. Als die Alte klopfen hörte, sah sie beim Fenster hinaus und frohlockte: „Endlich wieder einer! seit dreihundert Jahren warte ich vergebens auf den Totenkopf, der mein Prachtgebäude vollenden soll, herein mein lieber Junge!“ Argilus trat ein, er stutzte ein wenig, als er die Alte in der Nähe sah, sie war groß, hässlich, und ihre Nase war von Eisen. „Ich will bei Dir in Dienst treten,“ war sein Wort. „Wohl,“ erwiderte sie, „was willst Du zum Lohn?“ „Das Pferd, das du unter der Erde bewahrt hältst.“ – „Du sollst es haben, wenn Du treu dienst, fehlst Du aber nur einmal, so bist Du des Todes.“ „Sehr wohl.“ – „Bei mir“ – dies waren der Hexe Eisennase letzte Worte – „bei mir währt das Dienstjahr nur drei Tage, Du kannst Deinen Dienst gleich beginnen. Du wirst mein Gestüt auf die Seidenweide treiben, wenn abends eines fehlt, so bist Du des Todes. Hierauf führte sie Argilus zu dem Gestüt. Es waren alle Rosse von Erz, sie wieherten furchtbar, und machten die sonderbarsten Sprünge. „Geh‘ an Dein Geschäft,“ so redete Eisennase und schloss sich in ihr Gemach ein. Argilus öffnete die Hürde, warf sich auf eines der erzenen Rosse und stürmte mit der ganzen Schar hinaus. Kaum waren sie auf der Seidenwiese, als das Ross, auf welchem er ritt, ihn abwarf in einen tiefen Moorgrund, so dass er bis an die Brust versank. Die ganze Schar lief auseinander, da steckte Argilus das Stäbchen, das ihm sein Schwager gegeben, in die Erde, und auf der Stelle fielen die Strahlen der Sonne so glühend nieder, dass der ganze Moorgrund austrocknete, und die erzenen Rosse zu schmelzen anfingen, voll Angst rannten sie zur Hürde zurück. Die Hexe war sehr verwundert, das Gestüt eingetrieben zu sehen. „Morgen musst du meine zwölf Rappen hüten,“ sprach sie. „Bist Du mit dem letzten Strahl der Sonne nicht zurück, so bist Du des Todes; die sind schwerer zu bändigen, als das Erzgestüt.“ Vollziehe Du Deine Schuldigkeit,“ sprach Argilus, „ich tue die meine.“ Also bald liefen die zwölf Rappen auseinander. Argilus steckte sein Stäbchen in den Boden, und es erhob sich ein fürchterlicher Sturm. Jedem Ross wehte die Luft entgegen, wie sehr sich auch die Rappen bäumten, der Wind war mächtiger; alle mussten nach Haus. Eben schloss Argilus die Stalltüre, eben schied der letzte Strahl der Sonne, als Hexe Eisennase am Stall stand. Sie war überrascht, Rosse und Argilus zu sehen. „Wenn Du heut Nacht arbeitest, bist Du Morgen frei, geh‘ und melke das Erzgestüt, und bereite ein Bad aus der Milch, mit dem ersten Sonnenstrahl muss es fertig sein.“ Wie Argilus aus dem Stall war, nahm die Hexe eine eiserne Gabel und prügelte ihre Töchter die ganze Nacht durch. Argilus ging zum Erzgestüt, es fiel ihm ein, dies dürfte wohl die schwerste Probe sein, und eben wollte er sein Stäbchen in den Boden stecken, als ihm sein Schwager der Mondkönig begegnete.

„Ich suche Dich,“ sprach er, „Ich weiß schon was Du brauchst. Wo ich hinscheine bei der Hürde der erzenen Rosse, dort grabe drei Spannen tief, Du findest einen goldenen Zaum, wenn Du den in der Hand hältst, gehorcht Dir jedes Ross.“ Argilus tat wie ihm der Mondkönig geraten, und alle Rosse des Gestüts standen ruhig und ließen sich melken. Am Morgen war das Bad fertig, die Milch rauchte und dampfte, sie war siedend. Hexe Eisennase sprach: „Setze dich hinein.“ Argilus entgegnete, “ Wenn ich diese Probe überstehe, reite ich augenblicklich davon, lass also das Pferd vorführen, das ich als Mietlohn bedungen.“ Also dann stand das Pferd an der Badewanne. Es war klein, unansehnlich und schmutzig. Wie Argilus hinzutrat, um in die Wanne zu steigen, tauchte das Ross den Kopf in die Milch und sog alles Feuer in sich, so dass Argilus im Bad unverletzt blieb, und als er heraus stieg, war er siebenmal schöner als zuvor. Hexe Eisennase fand Wohlgefallen an ihm und dachte sich: „jetzt werde ich mich ebenfalls siebenmal schöner machen, als ich bin, und dann heirate ich diesen Jungen.“ Sie sprang in die Badewanne. Das Ross aber steckte wieder den Kopf in die Milch und blies das Feuer, das es früher eingezogen, durch die Nüstern wieder heraus, und Hexe Eisennase verbrannte augenblicklich.

Argilus schwang sich auf sein Ross und ritt davon. Wie sie aus dem Gebiete der Hexe Eisennase waren, sprach das Ross: „Wasche mich in diesem Bach.“ Argilus tat es, und das Pferd wurde goldfarben, und an jedem Haar hing ein goldenes Glöckchen. Der Tritos sprang mit einem Sprung über das Meer und trug seinen Herrn zur Höhle des Flammenkönigs. Zauberhelene stand wieder am Glutbach und wusch das Küchengerät. „Komm!“ rief Argilus jetzt, „ich will Dich retten.“ „Ach!“ sprach sie, „Holofernes tötet Dich, wenn er Dich einholt. Argilus hatte sie aber schon auf’s Ross gehoben und sprengte davon.

Taigaröt begann einen ungeheuren Lärm im Stall. „Was ist’s?“ rief der Flammenkönig; „Zauberhelene ist entflohen,“ antwortete Taigaröt. „So will ich noch essen, trinken und schlafen, in drei Sprüngen holst du sie ein, wie Du schon einmal getan,“ sagte Holofernes. „Nein, “ sprach Taigaröt, „setze Dich gleich auf, und dennoch werden wir sie nicht einholen. Argilus reitet meinen jüngeren Bruder, und dieser ist das schnellste Ross auf der Welt.“ Holofernes schnallte seine Feuersporen an und flog den Flüchtlingen nach. Wohl sah er sie, aber sie einzuholen war er nicht vermögend. Da rief das Ross des Argilus zurück: „Bruder! was lässt Du Dir die Feuersporen in die Rippen stoßen; sie verbrennen Dir die Eingeweide, so lange sind sie, und ereilen wirst Du mich doch nicht. Es wäre besser, wir dienten friedlich einem Herrn.“ Taigaröt sah dies ein, und wie ihm Holofernes wieder die Feuersporen in die Seiten stieß, schlug es aus und warf den Flammenkönig ab. Weil sie eben hoch in der Luft waren, gerade oben bei den Sternen, fiel Holofernes so schwer nieder, dass er sich das Genick brach. Argilus aber brachte Zauberhelene auf ihr Schloss zurück. Dort hielten sie neuerdings eine große Hochzeit, lebten sehr vergnügt, und leben noch, wenn sie nicht gestorben sind.

Ungarisches Volksmärchen

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