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Das Kind der Geschwister

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Sterbend trug ein Gatte seiner Frau auf, bei ihrem Tode ein Testament zu machen. Dies thut die Frau auch, und zwar verbietet sie in ihrem letzten Willen ihren beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, an dem bedeutenden Vermögen irgendwie zu rühren. Die Geschwister sind dadurch verhindert sich zu verheirathen, und pflegen nun verbotenen Umgang unter sich. Die Frucht desselben war ein Sohn, den der Vater in den Fluss wirft. Das Kind treibt, in einem Kasten liegend, an eine Insel und wird von einem reichen Manne gefunden, der es mit seinem eigenen Sohne erziehen lässt. Da dieser Letztere aber dem Pflegesohn stets vorhält, dass Keiner wisse wer sein Vater sei, so bittet der Kleine seinen Pflegevater ihm seinen Segen zu geben, er wolle sich aufmachen, seinen Vater zu suchen. Auf dieser Fahrt wird er als Bettelknabe von seinen rechten Eltern, ohne dass diese ihn erkennen, aufgenommen und als er herangewachsen, an die eigene Mutter von dem Vater selbst, der das sündige Verhältniss aufgeben will, verheirathet; zu spät erkennt sie an einer rothen Locke den Sohn. Nachdem dieser Alles erfahren, zieht er in die Einöde, um als Einsiedler die Sünden abzubüssen. Zwei Jahre hat er dies Leben geführt, da erkennen in ihm die, welche nach dem um diese Zeit erfolgten Tode des Papstes ausgezogen waren, um einen Einsiedler auf den päpstlichen Thron zu erheben, denjenigen, der ihren Wünschen entspricht. Sie rufen ihn daher zum Papste aus. Als solcher verkündet er einen Sündenerlass für alle diejenigen, welche zu ihm kommen werden. Kaum hören davon jener Bruder und jene Schwester, als sie sich auf den Weg nach Rom machen. Dort angekommen, begegnen sie auf der Strasse bei einer Prozession dem Papste, der sie zur Beichte in die Kirche kommen lässt. Nachdem er Beiden die Beichte abgenommen, gibt der Papst sich seinen Eltern als Sohn zu erkennen. Alle drei umarmen sich und sterben so vereint. Ihr Grabmal bewahrt noch jetzt die Peterskirche in Rom.

[Italien: Georg Widter/Adam Wolf: Volksmärchen aus Venetien]

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