1
(2)
Es war einmal ein Wolf, der hieß Herr Nicola, und hatte eine Füchsin zur Frau, die hieß Maru. Die wurden alt mit einander und bekamen doch keine Kinder. Da machten sie mit einander aus, daß sie nach dem heiligen Grabe pilgern wollten. Als sie sich nun dahin auf den Weg machten, fanden sie einen Esel, der auf einer Wiese graste. Da sprach die Frau Maru: »was meinst du, Herr Nicola, wollen wir den Esel nicht einladen, die Reise mit uns zu machen?« Der Herr Nicola fragte ihn also, ob er mit wolle, und als der Esel das zufrieden war, zogen sie nun selbdrei weiter. Nachdem sie lange Zeit gewandert waren, kamen sie an die See, und am Strande lag ein kleines Schiff, in das stiegen die drei Pilgrime und fuhren ab. Als sie eine gute Strecke gefahren waren, sprach die Frau Maru: »hört ihr andern, auf dieser Reise können wir leicht unsern Tod finden; wir wollen also einander unsere Sünden beichten.« Da begann der Wolf und beichtete der Frau Maru und sprach: »wenn ich in eine Schafheerde einfiel, dann nahm ich nicht blos ein oder zwei Stücke, sondern biß auch wohl zehn Stücke aus lauter Mutwillen tot.« Darauf beichtete die Frau Maru dem Herrn Nicola und sprach: »wenn ich in einen Hühnerstall kam, da nahm ich nicht bloß ein oder zwei Stück, sondern biß auch die andern aus lauter Mutwillen tot; und nun komme du her, Esel, und beichte mir deine Sünden.« Da sprach der Esel: »mein Herr war ein Gärtner, der belud mich mit Gurken und Gemüse, und trieb mich in die Stadt, um es zu verkaufen; und eines Tages fiel eine Gurke aus dem Korbe, die fraß ich auf.« Da sprach die Frau Maru zu dem Herrn Nicola: »das ist eine große Sünde, denn wenn der Esel Gurken frißt, so kann es ihm auch in den Sinn kommen, dich und mich zu fressen; es ist also besser, daß wir ihn eher fressen, als ihm der Gedanke kommt.«
Der Esel aber versetzte: »wenn ihr mich fressen wollt, so liegt mir nichts daran, denn ich hänge nicht am Leben; aber mein Herr hat mir etwas auf die Hufe geschrieben, das ihr vorher lesen solltet.« Als nun der Wolf herzutrat um zu lesen, was auf den Hufen des Esels stand, da gab der ihm mit diesen einen solchen Schlag, daß er über Bord flog und ertrank; und die Frau Maru entsetzte sich darüber so sehr, daß sie über Bord fiel und auch ertrank.
Der Esel aber versetzte: »wenn ihr mich fressen wollt, so liegt mir nichts daran, denn ich hänge nicht am Leben; aber mein Herr hat mir etwas auf die Hufe geschrieben, das ihr vorher lesen solltet.« Als nun der Wolf herzutrat um zu lesen, was auf den Hufen des Esels stand, da gab der ihm mit diesen einen solchen Schlag, daß er über Bord flog und ertrank; und die Frau Maru entsetzte sich darüber so sehr, daß sie über Bord fiel und auch ertrank.
[Griechenland: Johann Georg von Hahn: Griechische und Albanesische Märchen]