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Von dem Burschen, der zum Nordwind ging und das Mehl zurückforderte

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Es war einmal eine alte Frau, die hatte einen Sohn. Und da sie schon sehr elend und gebrechlich war und nicht mehr recht fortkonnte, sollte der Bursch für sie aufs Stabur gehen und Mehl holen. Der Bursch ging auch hin. Als er aber wieder die Treppe hinunter stieg, kam der Nordwind gestoben, nahm ihm das Mehl weg und fuhr damit durch die Luft. Der Bursch ging noch einmal aufs Stabur. Als er aber die Treppe hinunter stieg, kam der Nordwind abermals gestoben und nahm ihm das Mehl weg, und ebenso geschah es auch das dritte Mal. Das verdross den Burschen, und er meinte, es wäre unrecht, dass der Nordwind ihm so mitspielte, und er gedachte daher, ihn aufzusuchen und sein Mehl zurückzufordern.
Er machte sich nun auf. Aber der Weg war lang, und er ging und ging, und endlich kam er zum Nordwind. „Guten Tag!“ sagte der Bursch. „Guten Tag!“ sagte der Nordwind, und seine Stimme war grob. „Was willst du?“ – „Oh“, sagte der Bursch, „ich wollte dich bitten, mir das Mehl wiederzugeben, das du mir auf der Staburtreppe nahmst; denn wir haben nur wenig, und wenn du uns das bisschen, das wir haben, nimmst, so wird’s nichts andres als Hungerpfotensaugen.“ – „Ich habe kein Mehl“, sagte der Nordwind. „Aber weil es dir so dürftig geht, will ich dir ein Tuch geben, das schafft dir alles, was du dir zu essen wünschst, wenn du bloß sagst: ‚Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!'“
Damit war der Bursch sehr wohl zufrieden. Weil aber der Weg so lang war, dass er nicht in einem Tag nach Hause kommen konnte, kehrte er bei einem Gastwirt an der Landstraße ein. Als nun die Gäste, die schon vor ihm gekommen waren, zu Abend essen wollten, breitete der Bursch sein Tuch auf einem Tisch aus, der in der Ecke stand, und sprach dann: „Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!“ Kaum hatte er das gesagt, so tat das Tuch seine Schuldigkeit. Da meinten alle, besonders die Wirtsfrau, das wäre ein gar herrliches Ding.
Wie es nun Nacht geworden war und alle lagen und schliefen, schlich sich die Wirtsfrau herbei und stibitzte das Tuch und legte ein andres an die Stelle, das ebenso aussah. Aber das konnte nicht einmal mit trockenem Brot aufdecken. Als der Bursch am Morgen erwachte, nahm er das Tuch und ging damit fort, und an diesem Tage kam er nach Hause zu seiner Mutter. „Nun bin ich beim Nordwind gewesen“, sagte er. „Das ist ein recht schicklicher Mann; denn er hat mir dieses Tuch gegeben. Und wenn ich bloß sage: ‚Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!‘, so bekomme ich, was ich mir nur an Essen wünsche.“ – „Ja, das mag wahr sein“, sagte die Mutter. „Aber ich glaub es nicht, eh ich es sehe.“ Sogleich stellte der Bursch einen Tisch hin, legte das Tuch darauf und sprach: „Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!“
Aber das Tuch deckte sich nicht einmal mit einem Stück Brot. „Es ist kein andrer Rat, ich muss wieder zum Nordwind“, sagte der Bursch und machte sich auf den Weg. „Guten Tag!“ sagte er, als er beim Nordwind ankam. „Guten Tag!“ sagte der Nordwind. „Was willst du?“ – „Ich wollte gern Ersatz fürs Mehl haben, das du mir nahmst“, sagte der Bursch. „Denn das Tuch, das du mir gegeben hast, taugt nichts.“ – „Ich habe kein Mehl“, sagte der Nordwind. „Aber da hast du einen Bock, der macht lauter Golddukaten, wenn du bloß sagst: ‚Bock, mach Gold!'“ Damit war der Bursch wohl zufrieden. Weil er aber so weit nach Hause hatte, dass er an einem Tage nicht hinkommen konnte, nahm er wieder Nachtherberge bei dem Gastwirt. Eh er aber etwas zu essen verlangte, probierte er seinen Bock, um zu sehen, ob es auch wahr sei, was der Nordwind ihm gesagt hatte. Die Sache verhielt sich aber wirklich so.
Als der Gastwirt das Experiment sah, meinte er, das wäre ein prächtiges Tier. Und wie der Bursche eingeschlafen war, holte er sich den Bock und setzte einen andern an die Stelle, der machte aber keine Golddukaten.
Am andern Morgen ging der Bursch weiter. Und als er nach Hause zu seiner Mutter kam, sagte en „Der Nordwind ist dennoch ein guter Mann. Er hat mir jetzt einen Bock gegeben, der macht lauter Golddukaten, wenn ich bloß sage: ‚Bock, mach Gold!'“ – „Das könnte wahr sein“, sagte die Mutter. „Aber es ist wohl wieder nur Schnickschnack, und ich glaub es nicht, eh ich es sehe.“ – „Bock, mach Gold!“ sagte der Bursch. Aber es war kein Gold, was der Bock machte.
Da ging der Bursch wieder zum Nordwind und sagte, der Bock tauge nichts und er wolle^ Ersatz fürs Mehl haben. „Ja, nun hab ich dir nichts anderes zu geben“, sagte der Nordwind, „als den alten Stock, der da in der Ecke steht, der hat aber die Eigenschaft, dass, wenn du sagst: ‚Stock, schlag zu!‘, er so lange zuschlägt, bis du sagst: ‚Stock, steh still!'“
Weil nun der Weg nach Hause wieder nicht kurz war, so kehrte der Bursch auch an dem Abend wieder bei dem Gastwirt ein. Da er aber wohl so halbwegs begriffen hatte, wie es mit dem Tuch und dem Bock zugegangen war, streckte er sich sogleich auf die Bank hin und fing an zu schnarchen. Der Wirt, der sich denken konnte, dass der Stock zu etwas tauge, suchte einen andern hervor, der diesem ganz ähnlich war, und wollte ihn an die Stelle setzen; denn er glaubte nicht anders, als dass der Bursche schliefe.
Wie aber der Gastwirt den Stock wegnehmen wollte, rief der Bursch: „Stock, schlag zu!“ Der Stock ging auf den Gastwirt los, dass der über Tisch und Bänke fuhr und rief und bat: „Ach, Herrgott! Herrgott! lass bloß den Stock wieder aufhören, sonst schlägt er mich noch tot! Ich will dir auch gern dein Tuch und deinen Bock wiedergeben.“ Als es dem Burschen schien, dass der Gastwirt genug hätte, rief er: „Stock, steh still!“ Er nahm nun sein Tuch und steckte es in die Tasche, band dem Bock eine Schnur um die Hörner und nahm den Stock in die Hand. Und fort ging er mit allem, bis er nach Hause zu seiner Mutter kam.
Und nun hatte er guten Ersatz fürs Mehl bekommen.

Quelle:
(Unbekannt-Norwegen)

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