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Mîndra lumii

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Es war einmal, und wenn es nicht gewesen, würde man es nicht erzählen, es würde zerfließen wie Schaum. Wer hören will und aufmerken, wird diese Mär gut lernen. Also, es war einmal ein König, der hieß Vearde. Dieser König ließ eine Kirche bauen aus seinem Geld, stolz und schön. In die Sonne kannst du sehen, in die Kirche nicht, so funkelte sie, heller als die Sonne. Eines Morgens hörte der Küster ein Vöglein singen: »Viel bin ich in der Welt herumgeflogen, vielerlei Schönes habe ich gesehen, aber so was Schönes sah ich noch nie, und doch fehlt etwas.« Er ging gleich zum König und erzählte ihm, was er gehört. Dieser wollte eine vollkommene Kirche haben, in der gar nichts fehle, hatte sie auch dafür gehalten, darum ließ ihm dieser Vogelgesang keine Ruhe. Er befahl dem Küster, das Vöglein, wenn es wiederkomme, zu fragen, was denn fehle. Am nächsten Morgen kam es wirklich wieder, setzte sich wie am ersten auf den Baum vor der Kirchentüre und begann zu singen: »Viel bin ich in der Welt herumgeflogen, vielerlei Schönes hab ich gesehen, aber so was Schönes sah ich noch nie, und doch fehlt etwas.« – »Was fehlt denn?« rief der Küster. »Es fehlt auf dem Altar das Vöglein der Mundra Lumi [Mîndra Lumii]«, sang es und flog fort.
Als dies der König gehört, ließ er im ganzen Reiche bekannt machen, wer ihm das Vöglein der Mundra Lumi bringen könnte, dem gebe er sein halbes Reich, und er solle statt seiner König sein. Da sprachen seine zwei ältesten Söhne miteinander, es wäre doch schade, wenn ein Fremder sich das halbe Reich verdiene und obendrein noch König würde, sie wären doch auch so tapfer wie jeder andere und wollten das Vöglein zur Stelle schaffen. Gut, sie kamen zum Vater und sagten ihm, sie wollten selbst ausziehen, das Vöglein der Mundra Lumi zu suchen, er möchte ihnen nur Geld zur Reise, Sonntagskleider und Pferde zum Reiten geben. Der König freute sich, daß er so tapfere Söhne hatte, gab ihnen Geld zur Reise, Feiertagskleider und Pferde zum Reiten, dann kam die Zeit, daß sie fortritten.
Sie ritten und ritten, bis sie zu einer Schlange kamen, die sich mitten über den Weg gelegt. »Nicht reitet über mich, nehmet mich auch mit«, rief die Schlange. »Was sollen wir mit dir, du häßliches Tier«, antworteten die beiden Brüder und ritten über sie und ließen sie liegen. Bald kamen sie zu einer Maus. Auch die bat, sie sollten sie mitnehmen. »Du Maus, geh aus dem Wege, sonst zermalmen dich die Hufe der Pferde«, riefen die fortgaloppierenden Reiter. Nun gelangten sie auf eine wunderschöne Wiese mit Blumen geschmückt, diese wollten alle gepflückt werden, die eine rief: »Nimm mich, nimm mich«, die andere: »Ihr seht ja mit einem Strauß auf dem Hut dreimal so schön aus«, da sprangen die Jünglinge ab, pflückten sich auf den Hut einen Strauß und ritten weiter bis an ein Straßenwirtshaus. Dort lagen drei schöne Jungfrauen im Fenster und winkten sie heran mit lockender Stimme: »Fahrt doch nicht vorbei, tretet ein und stärket euch, die Portion kostet nichts.« Die Brüder ließen sich nicht lange bitten, traten ein, wurden aber sofort samt ihren Pferden neunundneunzig Klafter tief in die Erde vergraben.
Ein Tag verging nach dem andern, aber Nachricht von seinen Söhnen erhielt König Vearde nicht. Der jüngste verging fast vor Sehnsucht nach seinen Brüdern, darum kam er auch zu seinem Vater und bat um Geld für die Reise, ein Pferd zum Reiten und Feiertagskleider, er wolle ausziehen, seine Brüder zu suchen und das Vöglein der Mundra Lumi zu bringen. »Du armer cenusotca (Aschenputtel), wie willst du so Großes wagen, nachdem es deinen großen Brüdern, solchen Kattnern, nicht gelungen?« Da der jüngste aber nicht mit Bitten nachließ, so gab der König auch ihm Geld zur Reise, ein Pferd zum Reiten und Kleider, sich zu schmücken. So ausgerüstet, ritt der jüngste Königssohn aus, seine Brüder zu suchen und das Vöglein der Mundra Lumi zu bringen. Als er ein Stück Weges geritten, lag mitten über die Straße die Schlange und jammerte: »Nicht reite über mich, heb mich auf und nimm mich mit.« Er lachte und antwortete: »Aber liebe Schlange, ich möchte dich ja gerne mitnehmen, aber ich kann ja nicht, habe nicht einmal einen Zwerchsack bei mir, in den ich dich stecken könnte.« – »Das macht nichts, mein Junge, heb mich nur auf, ich krieche unter den Sattel.« Er schwang sich vom Pferde, hob sie auf und half ihr unter den Sattel, dann ritt er weiter bis zur Maus, auch diese wollte mit. »Aber liebes Mäuschen, wie soll ich dich mitnehmen, ich habe gar nichts, wohin du sitzen könntest.« – »Wenn es nur das ist«, rief erfreut die Maus, »so finde ich schon einen Platz, ich krieche unter den Schwanz.« Kaum gesagt, krabbelte sie am Fuße des Pferdes hinauf, schwang sich dann unter den Schwanz, und nun ging es zu dreien weiter bis zur schönen Wiese, die in prachtvollem Blumenschmucke dalag. Auch zu ihm kamen die schönsten Blumen heran und riefen: »Nimm mich, o nimm mich, pflück uns alle zu einem Strauß auf den Hut, du siehst so dreimal schöner aus.«
Die Schlange hatte ihn aber schon früher vor diesen falschen Blumen gewarnt und vor den drei Jungfern im Fenster des Straßenwirtshauses. So ritt er achtlos an diesen und an jenen vorbei noch ein gutes Stück weiter, da sah er in der Ferne das Schloß der Mundra Lumi. Es war aber bis hin noch ziemlich weit. Zuerst mußte er über einen großen Fluß, der weder Brücke noch Fähre hatte. Da sprang die Schlange schnell unter dem Sattel hervor, legte sich als Brücke über den Fluß, so daß er ganz gut auf ihr hinüberkonnte. Als er sie wieder aufs Pferd nehmen wollte, sagte sie, vorläufig bleibe sie hier, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan. Er solle jetzt sehen, daß er schnell ins Schloß gelange, denn nur von zwölf bis zwei Uhr nachmittags könne man hinein, da schlafe alles. Er müsse durch mehrere Zimmer gehen bis zur Mundra Lumi, die auch schlafe, dort wären viele Vöglein, er solle aber nicht wählen, sondern gleich eines nehmen und ja herauskommen, damit er nicht eingesperrt werde. Er ritt, um zwölf Uhr war er dort, das Pferd ließ er draußen in der Sorge des Mäuschens. Alles schlief, alle Türen standen offen. Er kam durch viele Zimmer, im letzten schlief die Mundra Lumi in seidener Wiege mit einer seidenen Decke zugedeckt. Er nahm geschwind ein Vöglein, steckte es in den Tornister und wollte hinaus, warf aber noch einen Blick über die schöne Wiege, da dachte er, es wäre doch schade, daß er die Mundra Lumi gar nicht sehen sollte, kehrte um, deckte das Gesicht nur ein wenig auf und sah und konnte sich nicht satt sehen an dem schönen Mädchen. Er schrieb geschwind einen Zettel mit seinem Namen und der Hausnummer und steckte es ihr unter den Kopf, küßte sie auf den Mund und lief dann hinaus, es schlug gerade zwei Uhr. In eine Türe wurde er fast eingeschlagen, das Tor zwängte ihm die Kleider ein, so daß er sie mit dem Messer freischneiden mußte.
Nun setzte er sich aufs Pferd und ritt weiter bis an das Wasser, wo ihn die Schlange erwartete. Sie legte sich wieder als Brücke von einem Ende zum andern, daß er über sie hinüberreiten konnte, dann zog sie sich geschwind hinauf unter den Sattel, und nun ritten sie heimwärts. Als sie in die Nähe des Wirtshauses kamen, sagte die Schlange: »Wenn dich die Schwestern rufen, so gehe hinein, wenn sie dir nur eine Portion bringen, schlage sie mit einem Stock so, daß sie bald schreien: ‚Nicht mehr schlage, wir bringen dir zu essen und zu trinken soviel du willst.‘ Du aber schlage weiter und sage, du würdest nicht aufhören, bis sie dir deine Brüder nicht wieder gesund und frisch wie früher herbeischaffen samt ihren Pferden. Deine Brüder haben 99 Klaftern in der Erde lange, weiße Bärte erhalten und eingefallene Gesichter, sehen aus wie alte Großväter, und auch ihre Pferde sind vor Hunger ganz zerfallen.« So war es. Als er am Straßenwirtshaus vorbeikam, lagen die drei Jungfrauen wieder im Fenster und lockten mit ihren Stimmen. Der jüngste kam heran, band sein Pferd an einen Baum und trat ein. Die Schwestern brachten eine kleine Portion Essen und ein kleines Gläschen Branntwein, da nahm er seine Peitsche und hieb in sie, daß sie laut schrien. »Was? Ihr Schlechten, ihr bringt mir, einem so großen Menschen, nur so wenig Essen? Ich will euch geben.« – »Hör auf, wir geben dir, soviel du verlangst.« – »Was? Ich soll aufhören? Tot schlage ich euch, wenn ihr mir nicht gleich meine Brüder bringt, aber so, wie sie waren, und nicht, wie sie jetzt sind, und auch ihre Pferde.« Wollten die Schwestern nicht totgeschlagen werden, so mußten sie gehorchen, und so gingen sie und brachten die Brüder unter der Erde hervor, richteten sie wieder her und übergaben sie ihrem Bruder. Dieser erzählte ihnen, wie es ihm gegangen und daß er das Vöglein der Mundra Lumi in der Tasche habe. Den Brüdern kam es sehr schlecht, daß sie jetzt nach Hause sollten und der jüngste, der schwächste, doch tapferer gewesen. Sie schämten sich, der eine flüsterte: »Du Bruder, was sollen wir machen?« – »Wir bringen ihn um, wir hauen ihm den Kopf ab, nehmen das Vöglein und tragen es heim.« Als er einmal vorausritt, hieben sie ihm und dem Pferd den Kopf ab, nahmen das Vöglein und ritten nach Hause, doch das Vöglein saß traurig auf dem Altar und wollte nicht singen.
Nun lassen wir die und kehren zu dem armen mit dem abgehauenen Kopfe zurück.
Als die Brüder fort waren, kroch die Schlange unter dem Sattel hervor und die Maus unter dem Schwanze. »Mäuschen, weißt du kein Mittel für Tote?« – »Oh, ich weiß eins, aber ich muß ins Loch kriechen, und wenn ich mich damit belade, kann ich nicht mehr heraus.« – »Wenn es nur das ist, geh nur geschwind, ich zieh dich schon heraus, bis dann leck ich das Blut ab und richte den Kopf wieder ein.« Die Maus ging, doch die Schlange hatte über ihrer Arbeit auf die Maus vergessen, und erst als sie fertig, fiel es ihr ein, daß sie ihr hatte helfen sollen. Sie lief ans Loch und rief: »Mäuschen, bist du da?« – »Ja, zieh mich geschwind heraus, sonst zerspringe ich.« Die Schlange zog die Maus heraus, und nun tröpfelte sie Saft aus der Erde auf den Schnitt, nur einmal stand der Jüngling frisch und munter auf und sprach: »Ach, wie tief habe ich geschlafen.« – »Tief, wirklich«, sprach die Schlange, »wenn wir beide nicht gewesen, wärst du auch nicht mehr erwacht. Sieh, so und so ist es dir ergangen«, und sie erzählte ihm, was seine Brüder getan. Unterdessen hatte die Maus auch das Pferd bestrichen, und das stand nun auch wieder schön und mutig da. Nun sprach der Jüngling: »Meine Lieben, euch habe ich viel, mein Leben zu verdanken, kommt, wir wollen Busenfreunde (frati de cruce) sein und immer zusammen bleiben.« – »Das geht nicht, wenn wir jemandem das Leben wiedergeben, so müssen sich unsere Wege in diesem Leben trennen. Also bleibe mit Friede und guter Gesundheit, wir gehen jetzt unserer Wege, unsere Arbeit ist getan.« Er ritt in seine Stadt, schämte sich aber, seinem Vater und seinen Brüdern unter die Augen zu treten, und verdingte sich als Knecht.
Nun lassen wir ihn dienen und gehen zur Mundra Lumi. Als diese erwachte, glaubte sie geträumt zu haben, es sei ein schöner Jüngling bei ihr gewesen und habe sie geküßt. Wie sie aber aufstehen sollte, fiel ein Zettel unter ihrem Kopf heraus, auf dem der Name und die Hausnummer des Königssohnes stand. Nun sah sie, daß es nicht nur ein Traum gewesen. Sie mußte fort und fort an ihn denken, und zuletzt liebte sie ihn so, daß sie sich vornahm, ihn zu heiraten. Sie bestellte sich den Wagen und ihre Leute und machte sich auf den Weg. Als sie sich nun auf den Weg machte, ritten Soldaten vor ihr und Soldaten hinter ihr, alle schön geputzt, und hatten alle neben dem Säbel eine Weidenrute. Als sie nun in die Stadt kam, erglänzte alles, wo sie vorüberfuhr, alles drängte sich um den Wagen, und die Begleiter riefen, wer auf den Wagen steigen könne, der würde die Mundra Lumi zur Frau nehmen. Da drängten sich die beiden Königssöhne heran, um zu ihr hinaufzusteigen, aber die Weidenruten bewegten sich von selbst und hieben auf sie los, daß sie herunterfielen. Als dies der alte König sah, weinte er. Da kam auch der jüngste herbei, er hatte grade im Stall die Pferde geputzt und noch die Stallschürze um, aber so schmutzig er auch war, als er sich dem Wagen näherte, senkten sich die Weidenruten, und er schwang sich auf den Wagen neben die Mundra Lumi, und nun fuhren sie in den Königshof. Jetzt erzählte er seinem Vater, wie es ihm ergangen, doch die Brüder leugneten. Darauf sagte er, sie sollten alle drei ihre Säbel in die Höhe werfen, und welcher grade herunterfalle, der sei im Recht. Er warf zuerst seinen, der flog so hoch, als wolle er bis in den Himmel fliegen, doch fiel er bald herunter und so grade, daß er in der Erde stecken blieb. Nun warf der zweite, der flog nicht sehr hoch, als er aber fiel, fiel er mit einem Getöse, als ob der Blitz eingeschlagen, und zerschlug beide Brüder, daß nur ein Haufen Asche übrig blieb. Das war die Strafe Gottes.
Der jüngste machte nun Hochzeit mit der Mundra Lumi, und als sie in die schöne neue Kirche traten, fing das Vöglein so schön an zu singen, wie noch niemand gehört hatte, und der alte König weinte vor Freude, denn nun fehlte der Kirche gar nichts mehr.

[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

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