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Petru Firitschell

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Petru Firitschells Mutter starb vor der Zeit, und da sein Vater wieder heiratete, bekam er eine Stiefmutter. Sie war unfreundlich gegen ihn, und sein Unmut machte sich dadurch Luft, daß er sie verspottete. So wurde sie über ihn noch erbitterter und beschloß, ihn um jeden Preis aus dem Hause zu schaffen. Öfters ging sie ihren Mann darum an, aber lange umsonst, endlich gab er jedoch dem ewigen Quälen nach, rief seinen Sohn und sagte zu ihm: »Höre, Petru, du mußt das Haus verlassen und dir eine andere Heimat suchen; nimm dir darum, was dein ist, versieh dich wohl mit Speise und Getränk und zieh damit fort, wohin du willst.« Petru, dem das väterliche Haus schon längst verleidet war und der überdies die Welt gern sehen mochte, tat ohne Murren, was ihm befohlen war, und ging.
Auf seiner Wanderung kam er in einen großen Wald und vernahm hier das mächtige Rauschen der Bäume, er aber meinte etwas ganz besonderes zu hören und schrie: »Wer ist da?« Auf diese Frage trat ihm ein Mann entgegen, der ihm sagte: »Ich bins, der Holzkrummacher!« Ohne weiter über diese sonderbare Benennung nachzuforschen, bot Petru Firitschell dem Fremden die Hand und sagte: »Wir wollen gute Freunde sein!«, worauf jener einschlug und mit ihm zog. Es dauerte nicht lange, so begegneten sie wieder einem fremden Menschen, welcher Steine rieb und sich ‚Steinreiber‘ nannte. Sie grüßten ihn mit den Worten: »Guten Tag, Freund!« und fragten ihn, ob er ihr Kreuzbruder sein wolle. Er sagte ja und zog mit ihnen fort. Mitten im Wald bauten sie sich ein Haus, wobei der Holzkrummacher und der Steinreiber gute Dienste leisteten. Als das Haus fertig war, teilten sich die drei Waldbrüder in die häuslichen Angelegenheiten: der Steinreiber wurde Koch, während Petru mit dem Holzkrummacher dem Weidwerk oblag.
Einmal, als der Koch allein zu Hause war, erschien vor der Tür ein wunderbarer Reiter; es saß nämlich auf einem halben Hasen ein kleines Männlein, kaum fingerlang, aber mit einem ellenlangen Barte versehen. Der Steinreiber sah zu seinem Schrecken sogleich, daß das der daumenlange Hans mit dem großen Barte war. Der furchtbare kleine Mann stieg ab, sah sich in dem neuen Hause um, ging von einer Ecke zur anderen, alles betrachtend, dann schritt er auf den geängstigten Steinreiber zu, warf ihn zu Boden, riß das siedende Fleisch aus dem Topf am Feuer und fing an, es auf der bloßen Brust des am Boden liegenden Angstmannes zu zerlegen, der endlich laut vor Schmerzen zu brüllen begann, als die heiß e Fleischbrühe ihm in die durch Messerschnitte verwundete Brust drang. Als der fürchterliche Kleine mit seiner tollen Arbeit fertig war, bestieg er seinen Hasen wieder und verschwand im Walde.
Als die beiden Jagdgenossen heimkehrten und in die Stube traten, fanden sie den Bruder Steinreiber noch immer heulend und winselnd am Boden liegen und ließen sich von ihm erzählen, was vorgefallen war. Der Holzkrummacher verspottete den Steinreiber und schalt ihn einen elenden Feigling, weil ###er sich von einem winzigen Zwerglein so habe zurichten lassen. »Ich will morgen zu Hause bleiben«, fuhr er prahlerisch fort, »und will sehen, ob ich euch den kleinen Spitzbuben nicht wie einen gebratenen Sperling zum Essen vorsetze.«
Der Steinreiber nahm diesen Vorschlag dankbar an, trat das Küchenamt ab und ging des andern Tags mit Petru auf die Jagd, während der Holzkrummacher die Küche versehen sollte und ungeduldig das Abenteuer mit dem Halbhasenritter erwartete. Dieser stellte wirklich seine Geduld auf keine lange Probe, sondern erschien bald, wie gestern beritten, vor dem Haus und stieg ab, ohne sich an die grobe Weise zu kehren, mit welcher ihn der Küchenmeister zu empfangen suchte. Wieder ging er hin und her, alles betrachtend, warf endlich auch den fluchenden Holzkrummacher nieder und tat ihm gerade so wie gestern dem Steinreiber. Der boshafte Zwerg war schon lange wieder in den Wald geritten, und es war schon spät abends, als endlich die beiden Jäger heimkehrten. Die Erzählung des Vorgefallenen war ebenso schnell getan wie begriffen, und alle drei Hausgenossen kamen jetzt überein, daß morgen Petru Firitschell den Kochdienst versehen und zu Hause bleiben müsse.
Petru blieb, nachdem seine beiden Hausgenossen auf die Jagd gezogen waren, nicht lange allein, denn bald erschien der daumenlange Zwerg vor dem Hause. Als er aber Miene machte, abzusitzen, eilte ihm der mutige Petru entgegen, um ihn beim Barte zu erwischen. Der Kleine floh hierauf in den Wald, verfolgt von Petru bis zu einer Höhle, die tief in die Erde hinunterging und in die er sich flüchtete. Petru kehrte jetzt um und wartete zu Hause auf seine Genossen, die bei ihrer Zurückkunft sehr erstaunt waren, daß er unversehrt geblieben sei. Er forderte sie nun auf, ihm mit einem langen Seil zu folgen, mit dem sie ihn in die Höhle hinablassen sollten. Seinen Mut bewundernd, gingen sie mit ihm und ließen ihn in die Höhle hinab, wo er sich vorgenommen hatte, nicht eher zu ruhen, als bis er den bösen Zwerg in Stücke gehauen hatte. Als er an dem Seil hinuntergelangt war, stand er in dicker Finsternis, doch vernahm er einiges Geräusch, und es war ihm, dies könne niemand anders als der Zwerg sein. Er machte sich also vom Seile los und tappte dem Geräusch nach, das sich von einer Ecke in die andere zog. Die Höhle war nicht sehr groß, daher bekam er den kleinen Zwerg samt dem halben Hasen bald unter die Hände und schnitt ihn mit seinem Taschenmesser in Stücke. Er tappte nun wieder nach dem Seil, an dem er heruntergekommen war, fand es aber nicht, und auch auf sein Rufen erhielt er vom Holzkrummacher und vom Steinreiber keine Antwort. Sie hatten, als sie auf einmal fühlten, daß das Seil leicht geworden sei, gemeint, Petru sei in einen tiefen Abgrund hinabgestürzt; hatten aus Furcht, der fürchterliche Zwerg möchte nun wieder über sie kommen, das Seil heraufgezogen und waren davongelaufen.
Indessen fand Petru in der Höhle einen Gang, darin ging er weiter, kam in eine größere Höhle und bemerkte da nach langem blinden Umhertappen einen schwachen Lichtstrahl. Diesem nachgehend, fand er einen Ausgang, durch den die Sonne hereingeschienen hatte, und kam in den Wald. Hier sah er im Gebüsch, ärmlich aber traulich, eine Hütte, durch deren niedrige Tür er ohne weiteres eintrat. Als er die Nebentür öffnete, saß darin ein altes Weiblein, das aber blind war; es aß eben Mamaliga mit Milch. Da ihn sehr hungerte und er den Mangel ihrer Augen schnell wahrgenommen hatte, schlich er sich still neben es hin und half ihm, so schnell er konnte, die Schüssel zu leeren. Die Alte merkte, daß ihre Speise diesmal viel schneller zu Ende gegangen war, und sagte deshalb freundlich: »Ei! Wer ist da? Ist es ein Mädchen, so soll es meine Tochter sein, ist es aber ein Knabe, so sei er mein Sohn.«
Auf diese freundliche Rede rief Petru: »Ich bins, Mutter, dein Sohn!« Da freute sich die Alte, nahm ihn als ihren Sohn auf und schickte ihn aus, ihre Schafe zu hüten, warnte ihn aber auch, er solle nicht in die abwärts vor der Hütte gelegene Waldschlucht gehen, weil dort die bösen Drachen hausten, die ihr das Augenlicht geraubt hatten.
Petru, der munter Stock und Pfeife zur Hand genommen hatte, trieb die Schafe vor sich hin und gerade der Drachenschlucht zu, denn er wollte sich überzeugen, ob wirklich Drachen dort wohnten. Als er die Schlucht erreicht hatte, setzte er sich auf einem Felsenstück nieder, nahm die Pfeife zum Mund und fing an zu blasen. Als die Drachen dies hörten, kamen sie alle langsam heran, legten sich vor ihm nieder wie Tauben, die sich sonnen, und sagten zu ihm: »Ei, Petru, könntest du uns nicht auch so schön blasen lehren?« Darauf entgegnete Petru: »Warum nicht! Recht gerne will ich das tun«. Mit diesen Worten zog er sich listigerweise langsam, aber immer weiterblasend, über die Grenzen des Drachenbereichs fort, und die Drachen, die sich an der schönen Musik nicht satt hören konnten, folgten ihm. Als er fern genug von der Waldschlucht war, nahm er seine Axt, spaltete eine Eiche, die gefällt am Boden lag, halb und zwängte einen Keil darein, hieß dann alle Drachen ihre Krallen hineinstecken, indem er ihnen sagte, daß sie alle ebensogut und noch besser als er die Pfeife spielen könnten, sowie sie auf ein gegebenes Zeichen die Klauen wieder herauszögen. Als sie nun aber, im Vertrauen auf sein Wort, ihre Krallen hineingesteckt hatten, zog er den Keil heraus, so daß die Ungeheuer alle aufs erbärmlichste gefangen lagen. Jetzt stellte er sich mit gehobener Axt vor sie hin und forderte von ihnen unter Androhung des Todes die Augen seiner Waldmutter. Da fürchteten sich die Gefangenen, heulten und winselten, sagten ihm aber: »Deine Mutter soll sich in dem Milchteich nahe der Waldschlucht, wo wir wohnen, dreimal die Augen waschen, und sie wird das Licht ihrer Augen wieder haben.«
Als Petru sich dieses Geheimnis wohl gemerkt hatte, hieb er mit seiner Axt einem Drachen um den anderen den Kopf ab und ging sodann voll Freude zu seiner Waldmutter, nahm sie bei der Hand und hieß sie folgen. Nach dem ersten Waschen glaubte die Alte schon einen leichten Schein zu haben, worauf sie sich die Augen noch einmal wusch und alsbald besser sah. Nachdem sie sich endlich die Augen zum drittenmal gewaschen hatte, war ihr Blick so hell und scharf wie bei einem Kinde. Hierüber kam die gute Alte fast außer sich vor Freude und segnete ihren guten Sohn Petru Firitschell.
Noch lebten beide einige Zeit zusammen, da drängte es aber den jungen Gesellen wieder in die Welt hinaus. Weil ihn aber die Alte durchaus nicht fortlassen wollte, so packte er einmal in der Nacht zusammen und ging davon, ohne daß sie es merkte. Noch war er nicht weit gegangen, als ein Fuchs über den Weg lief. Er legte sogleich seinen Bogen an, der Fuchs aber sprach zu ihm: »Schieß mich nicht, ich gebe dir eines meiner Jungen, das dir gewiß nützlich sein wird.« Petru lachte, setzte ab und nahm das Junge vom alten Fuchs. Später begegnete ihm ein Wolf, den er wieder schießen wollte, aber auch der Wolf bat ihn, nicht abzudrücken, er wolle ihm auch ein Junges geben, das ihm sehr gute Dienste tun werde. Petru nahm auch das Wölflein an und ließ es neben sich hergehen. Als er wieder ein Stück Weges gekommen war, stand plötzlich ein Bär vor ihm, auf den er sogleich anlegte, um ihn zu erlegen. Als ihm aber dieser ebenfalls ein Junges zum Geschenk bot, schoß er nicht, sondern nahm auch das Bärlein zum Reisegefährten und zog mit diesen drei Waldgenossen weiter.
Einige Zeit nachher kam er in eine große, schöne Stadt. Als er durchs Tor eintrat, sah er an allen Häusern große, schwarze Trauerfahnen herabhängen, und da er nicht begreifen konnte, was das bedeuten solle, so befragte er ein altes Weib, das ihm begegnete. Die Alte schaute ihn an und begann hierauf unter Weinen und Schluchzen zu erzählen: »Ach, mein Sohn, ein abscheulicher zwölfköpfiger Drache hält hier sein Lager vor der Stadt, dem hat bis jetzt jedes Haus eine Tochter zum Fraß geben müssen, und jetzt ist eben heute die Reihe an unserer schönen Prinzessin, unseres Kaisers einziger Tochter. Wenn du dich eine Weile hier gedulden wirst, so kannst du hören, mit was für einem Geläute sie das arme Kind hinausführen, gerade dort jenen Sümpfen zu, die sich unweit des Tores hinziehen.« Damit ging die Alte weiter und ließ Petru stehen, der sich aber nicht lange besann, sondern sich kurz entschloß, den Drachen zu erlegen. Er kaufte sich darum zwölf Pfeile und war eben mit dem Handel fertig, als es auf allen Türmen der Stadt zu läuten anfing. Ein großes Trauergeleite hatte sich versammelt, um die Prinzessin mit Gepränge hinauszuführen, dem Drachen zum Opfer.
Der Zug war in der Nähe der Sümpfe angelangt, da wurde er allmählich kleiner, und je näher man der schauerlichen Stätte kam, desto mehr entwichen von den Begleitern aus großer Furcht vor dem Drachen, so daß die arme Prinzessin endlich ganz allein nahe bei den Sümpfen war, wo sie bald, von Todesfurcht gepeinigt, in die Knie sank und sich niedersetzen mußte, indem sie heftig zu weinen anfing. Jetzt trat Petru Firitschell mit seinen drei Waldgefährten hinzu, fragte sie freundlich, warum sie weine, sprach ihr dann Mut zu und sagte, sie solle sich nicht fürchten, er werde schon alles tun, daß ihr kein Leid geschehe. Diese Teilnahme und das mutige Aussehen des Jünglings trösteten die Prinzessin einigermaßen, wenn sie auch nicht gerade glaubte, daß Petru imstande sein werde, das Ungeheuer zu erlegen. Petru warf sich neben sie hin, legte ihr den Kopf in den Schoß und bat sie, ihm seine Haare zu ordnen, welche durch das lange unbesorgte Waldleben in einen sehr verwilderten Zustand geraten waren. Die Prinzessin tat es unter halb erstickten Tränen, so gut sie es vermochte. Unterdessen aber wurde Petru schläfrig und entschlummerte, nachdem er die Prinzessin gebeten hatte, sie solle ihn ein wenig ruhen lassen, sich aber ja hüten, ihre Hand in seine Tasche zu stecken.
Petru schlief ein, und die Prinzessin, eben weil es ihr Petru verboten hatte, steckte die Hand in seine Tasche. Da sah sie von weitem den Drachen kommen, über dessen scheußliche Gestalt sie so erschrak, daß sie kein Wort über die Lippen brachte. Nur eine heiße Träne fiel von ihren Wangen auf Petrus Gesicht, worüber dieser schnell in die Höhe fuhr, und, als er des Drachens ansichtig wurde, die Prinzessin zu schelten anfing, weil er dachte, sie habe ihn mit Vorbedacht nicht wecken und ihn dem Drachen übergeben wollen. Hierüber erschrocken, zog die Prinzessin heftig ihre Hand aus der Tasche Petrus und streifte unbemerkt einen der zwölf Pfeile heraus, die derselbe da für den Drachen aufbewahrte. Petru bemerkte dies aber nicht, sondern sprang auf, schoß einen Pfeil nach einem der zwölf Drachenköpfe und traf ihn so gut, daß er sogleich leblos zusammenknickte. Dann schoß er den zweiten Kopf ab und ebenso noch neun andere. Für den zwölften aber fand er keinen Pfeil, und der Drache, der mit dem Verluste eines jeden Kopfes immer wütender geworden war, schoß jetzt tobend heran. Petru wußte sich jedoch zu helfen, er forderte von der Prinzessin eine Stecknadel und schoß mit dieser glücklich den zwölften Kopf des Drachens herunter, so daß das Tier leblos ins Gras sank. Jetzt ging Petru hin, schnitt aus jedem der zwölf Köpfe die Zunge heraus und steckte sie alle in seine Tasche, dann legte er sich wieder nieder, um weiterzuschlafen, da er vorhin durch den Drachen gestört worden war.
Dies alles hatte ein Zigeuner von ferne mit angesehen, leise schlich er herbei, schnitt dem schlafenden Petru den Kopf ab, hieb dann die zwölf Köpfe des Drachens herunter, lud sie auf seine Schulter und nahm dann die Prinzessin mit sich fort. Die Waldgefährten Petrus aber, der Bär, der Wolf und der Fuchs, welche diesem Frevel nicht wehren konnten, gerieten hierüber in große Trauer und beratschlagten unter sich, was sie zur Rettung ihres Herrn anstellen könnten. Nachdem sie lange vergebens hin und her gesonnen hatten, gingen sie traurig auseinander, um vielleicht in der Nähe etwas zu finden. Da begegnete der Fuchs einer Schlange, die ein Kraut im Maul trug. Er fragte sie: »Was trägst du hier für ein Kraut?«, worauf sie antwortete: »Es ist ein Wunderkraut, ich will meinem Sohne seinen abgeschnittenen Kopf wieder anheilen.« Hierüber war der treue Fuchs hoch erfreut, trat freundlich zu der Schlange und bat sie, ihn dieses äußerst wunderbare Kraut näher betrachten zu lassen. Sie bot es ihm hin, und er tat, als ob er es betrachten wolle, stattdessen aber ergriff er es mit den Zähnen und eilte so zurück zu Petrus Rumpf. Dort erzählte er seinen Gesellen, dem Wolf und dem Bären, was es mit dem Kraut für eine Bewandtnis habe, und alle drei säumten nun nicht, ihres Herrn Kopf wieder anzusetzen, indem sie rings um den Schnitt das Wunderkraut legten. Nun hatte aber der Körper noch kein Leben, der Fuchs und der Wolf machten sich daher wieder auf, um Hilfe zu suchen, während der Bär die Totenwache hielt. Der Wolf begegnete jetzt einem alten Weib, das in einem Krug Wasser trug. Der Wolf fragte es, was es in seinem Kruge trage, und erhielt die Antwort, daß es Lebenswasser sei. Hierauf brummte der Wolf: »Ei, von diesem Wasser habe ich schon viel gehört, zu Gesicht ist mirs noch nie gekommen, zeig mirs doch, damit ich weiß, wie es aussieht.« Als es ihm die Alte zeigte, so tat er aus dem Krug einen tüchtigen Zug, eilte damit zu Petru’s Leiche, und alsbald waren alle drei, Wolf, Bär und Fuchs, behilflich, dieselbe wohl einzuschmieren und so ihren Herrn ins Leben zurückzubringen.
Als Petru Firitschell wieder am Leben war, stand er auf wie im Traume. Bald erinnerte ihn aber der Rumpf des Drachens an die Begebenheiten der letzten Zeit. Er eilte daher nach der Stadt, um die schöne Prinzessin und den Kaiser aufzusuchen; mit seinen drei Waldgesellen aber schloß er zuvor einen festen Bund der Treue. Am Hofe des Kaisers war indessen alles froh und lebendig über die Erlegung des Drachens, die man dem lügnerischen Zigeuner zuschrieb, weil er sich durch die Köpfe des Tieres ausweisen konnte; auch wurden große Vorbereitungen zu einem glänzenden Hochzeitsfeste gemacht, denn der Zigeuner sollte zum Lohn für seine Tat die Hand der Prinzessin erhalten. Die Bitten und Tränen der Unglücklichen halfen nichts: sie konnte sich nicht sträuben gegen den Willen ihres Vaters, der samt dem Volk nun einmal den Zigeuner für den allgemeinen Befreier ansah.
Jetzt erschien Petru Firitschell mit seinen drei Begleitern im Vorhofe des kaiserlichen Palastes, wo ihn die betrübte Prinzessin, als sie ihn sah, auch sogleich erkannte und zu sich rief. Sie erzählte ihm, wie es stehe, und bat ihn, den abscheulichen Zigeuner Lügen zu strafen und sich selbst als den Drachentöter zu offenbaren. Dann eilte sie zum Kaiser, ihrem Vater, und bat ihn, er möchte den Fremden ausforschen, der eben in den Palast gekommen und der ihr und des Landes wirklicher Befreier von dem zwölfköpfigen Drachen sei.
Der Kaiser ließ Petru vor sich rufen und hörte aufmerksam alles an, was dieser erzählte. Da es genau mit dem übereinstimmte, was ihm die Prinzessin immer im Gegensatz zu dem Zigeuner beteuert hatte, so schenkte er ihm Glauben, und der Zigeuner wurde vor den Kaiser gerufen, um sich zu verantworten. Obwohl ihn der Anblick Petru’s, dem er doch den Kopf abgeschnitten hatte, sehr in Schrecken versetzte, wagte er doch zu behaupten, daß er den Drachen getötet habe, und berief sich zum Zeugnis auf die zwölf Köpfe. Hierauf aber verlangte Petru, daß er die Zungen derselben vorzeigen solle, und als der Zigeuner vergebens darnach suchte und endlich Petru sie aus der Tasche zog, erkannten der Kaiser und alle, die zugegen waren, Petru als den Drachenüberwinder, den Zigeuner aber als einen niederträchtigen Schurken. Er wurde alsbald ergriffen, in ein Faß geworfen, das innen ganz mit eingeschlagenen Nägeln besetzt war, und so einen hohen Berg hinuntergerollt. Den Petru Firitschell aber umarmte der Kaiser mit dankerfülltem Herzen, gab ihm die schöne Prinzessin, seine Tochter, zur Frau und ließ auch sogleich die Hochzeitsfestlichkeiten beginnen. Die drei Waldgenossen aber, die Petru so treue Dienste geleistet hatten, blieben immer bei ihm und wurden später, als ihr Herr nach des Kaisers Tod Reich und Krone erhielt, in die ersten Stellen eingesetzt, die sie auch würdig bekleideten.

[Rumänien: Arthur und Albert Schott: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat]

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