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Einst zog ein Ritter durch den Wald, gefolgt von seinem Knappen. Es wurde schon Abend und die Gegend war verrufen, doch der Ritter kannte keine Furcht. Der Weg führte die beiden am Schlosse eines befreundeten Ritters vorüber, dessen Tochter gerade Hochzeit hielt. Da entschlossen sie sich, als Gäste dort eine kurze Zeit zu verweilen. Der befreundete Ritter wollte sie länger bei sich halten, konnten sie doch im Hochzeitshause übernachten. Aber der Ritter trieb zur Eile und lehnte alle Einladungen zum Bleiben ab. Da warnte man ihn, im Walde hause der „schwarze Graf“, ein gespenstischer Ritter. Dieser bereite jedem, den er im Walde antreffe, gar fürchterlichen Schrecken. Es half aber nichts.
Der Weg durch den Wald war stockfinster, und der Ritter und der Knappe waren schon drei Stunden lang geritten. Noch war ihnen nichts begegnet, und der Ritter war guten Mutes, dass sein Schwert ihn gegen Angriffe von irdischen und unterirdischen Mächten schützen könnte.
Da drängte der Knappe plötzlich sein Ross neben das von seinem Herrn und flüsterte ängstlich: „Herr! Es reitet einer hinter uns. Der Hufschlag seines Rosses klingt hohl, und schaut Euch um, Herr: Seht nur, wie der Feuerschaum vom Gebisse des Rosses fällt, und seht, wie seine Nüstern Funken sprühen.“
Schnell hatte der schwarze Reiter, der ihnen folgte, aufgeholt. „Hollah! Gesellschaft! Wackere Kumpane!“, rief eine tiefe, hohle Stimme. „Gott zum Gruße!“, antwortete der Ritter. Der Rappe des Fremden stieg bäumend in die Höhe und schnaubte lange schmale Feuerströme aus den Nüstern, in deren Schein die Eisenrüstung des schwarzen Ritters erglühte. „Für solchen Gruß dankt euch der Teufel, nicht ich!“, grollte der riesige Nachtgesell und hieb wild auf den bäumenden Rappen ein. „Doch wisset, ihr habt euch verirrt! Kommt mit mir auf mein Schloss, es ist ganz nah. Dort drüben seht ihr schon die Fenster schimmern.“ „Ich danke euch, aber ich habe nicht die Zeit zur Einkehr!“, antwortete der Ritter. Doch der schwarze Ritter rief gebietend: „Zeit wird sich finden!“ Und er lachte so laut, dass es noch lange im Walde hallte.
Quer vor dem Weg lag eine lange schwarze Mauer mit einem halb verfallenen Tor. Der Weg führte geradewegs hindurch, und dann kamen sie zum Schloss des schwarzen Ritters, ein gar gewaltiger Bau. Droben im Gewirre der Türme und Türmchen kreischten Eulen. Und am Tor des Hauses ringelten sich steinerne dickleibige Drachen, die sich mit ihren Hälsen um die Säulen wanden. Schwarz ragte der ganze Bau zum dunklen Himmel empor, und nur wenige Fenster waren erhellt.
Der schwarze Graf schwang sich vom Ross, und das Ross versank hinter ihm in die Erde. „Folgt mir hinein!“, rief der schwarze Graf seinen gezwungenen Gästen zu. Doch der treue Knappe flüsterte seinem Herrn ins Ohr. „Nicht hinein! Um Himmels willen nicht hinein!“ „Schweige Knecht!“, schrie der schwarze Graf gebieterisch. „Hier herrscht nicht der himmlische Wille, sondern einzig und alleine meiner! Hinfort mit dir!“
Da entschwand vor den Augen des Knappen das Schloss, und er stand jetzt auf öder einsamer Heide, nahe bei einem alten Gemäuer. Drei Türme ragten daraus empor. Das war aber nicht mehr das Schloss des schwarzen Grafen, es war ein anderes Haus.
Der Ritter folgte dagegen dem schwarzen Grafen mutig auf den Stufen einer Wendeltreppe. Von Zeit zu Zeit streckte sich eine Greifenklaue aus der Wand, die eine brennende Kerze hielt. Die Kerzen waren aber schwarz und weiß, und hässlicher Ruß bedeckte dunkel die Wände.
Die Rüstung des Grafen war nach uralter Art gemacht. Ein schwarzer Kettenpanzer umkleidete ihn völlig. Und auf dem Haupte trug er einen seltsam geformten Helm. Der Kamm dieses Helmes war nicht gegossen und nicht geschmiedet. Vielmehr war er lebendig, denn ein kleiner Drachen hing mit seinen Klauen daran. Manchmal drehte er den Kopf, sodass die schwarzen Funkelaugen wie Diamanten blitzten. Der Schwanz des Drachen hing lang vom Helme herab und schlenkerte bald nach links, bald nach rechts.
Als der schwarze Graf dann oben an der Treppe stand, wandte er sich wieder seinem Gaste zu. Bleich war sein Antlitz, bleich und abgezehrt. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen, als blickten sie dem Tod ins Auge. Der schwarze Graf keuchte nun schwer, und sein Atem glühte wie der Hauch der Wüste.
Da sprach der Graf: „Nun folge mir und schaue, was ich tat und wie ich leide!“ „Einem jeden, der mir um Mitternacht begegnet, muss ich meine Missetat zeigen. Brauchst nicht für mich zu beten, Mann! Meine Tat wird nicht durch Reue gesühnt, nicht durch Fürbitte, und nicht durch Gebet.“
Jetzt sprang die Türe eines Saales auf, der mit phantastischen Bildwerken verziert war. Kalter Eishauch, wie von einem Gletscher, wehte ihnen aus dem Raum entgegen. Der Saal schien unfreundlich und leer, doch in der Mitte stand etwas, erhellt von einem Leuchter, der von der Decke hing. Und was dort stand, das war ein Sarg, in dem eine Leiche lag. Es war eine alte kleine Frau, ganz weiß gekleidet, die Hände wie zum Gebete aneinander gelegt. Über den Händen aber ragte der schwarze Griff eines Dolches aus der Brust.
„Hier meine Mutter!“, rief der schwarze Graf. „Hier der Mörder!“, rief er noch einmal, dass es schaurig im Saale hallte. Dann fiel der Graf am Sarge auf die Knie. Plötzlich hob sich die Leiche im Sarge empor, wurde groß und größer, ja riesengroß, bis sie den Saal mehr und mehr füllte. Dieser grausige Spuk deckte sich auch über den schwarzen Grafen, und der Ritter wich zurück, bis die Wand ihn hemmte. Immer grausiger wurde die entsetzliche Gestalt, und ihre Hände gruben in der Brust des schwarzen Grafen, gruben ihm das Herz aus der Brust.
Der Ritter war nun wie von den Sinnen! Er zog sein Schwert und schrie: „Unholde! Weichet im Namen des Gekreuzigten!“ Da gellte ein entsetzlicher Schrei, da krachte das Gebälk, und da wankte das Haus. Der Sarg, die Wände, der Graf, die Schreckgespenst, alles sank hinab in die undurchdringliche Nacht.
Der Ritter erwachte aus seiner Betäubung. Sein treues Schwert hielt er noch in Händen. Schwarze Nacht war rings umher, und sein Fuß trat auf moorigem Grund. Seine Hand ertastete Mauerwerk und feuchtes Gras. Nachtluft umwehte ihn kühl und schaudernd.
„Was war das? Und wo bin ich?“, fragte sich der Ritter, und sein Herz klopfte rasend schnell. Er rief laut den Namen seines Knappen, worauf er leise Antwort hörte: „Herr, wo seid Ihr?“, rief der Knappe von weitem. Der Ritter antwortete: „Hier! Hier im Moor, unter Trümmern.“ Da kam der Knappe näher und führte die beiden Rosse an den Zügeln heran.
Mit Mühe half der Knappe seinem Herrn aus dem Sumpf zu steigen. Darüber begann der Morgen zu dämmern, und nun sahen Herr und Diener allmählich, wo sie waren. – Auf sumpfiger Heide, neben einem ganz verfallenen Bau am Ende eines Waldes. Und eine Strecke weit entfernt sahen sie im Nebeldämmer jenes Gebäude, an dem der Knappe gerastet hatte. Es war ein Galgengerüst. Drei hohe Steinpfeiler erhoben sich wie weiße Türme, aber die verbindenden Balken waren längst verrottet und herabgefallen.
Kühl wehte es vom Osten her und feucht schlug sich der Nebel nieder. Der Ritter und sein Knappe machten sich wieder auf den Weg. Und nie mehr vergaß der Ritter sein gespenstisches Abenteuer im Schloss des schwarzen Grafen.
Der Weg durch den Wald war stockfinster, und der Ritter und der Knappe waren schon drei Stunden lang geritten. Noch war ihnen nichts begegnet, und der Ritter war guten Mutes, dass sein Schwert ihn gegen Angriffe von irdischen und unterirdischen Mächten schützen könnte.
Da drängte der Knappe plötzlich sein Ross neben das von seinem Herrn und flüsterte ängstlich: „Herr! Es reitet einer hinter uns. Der Hufschlag seines Rosses klingt hohl, und schaut Euch um, Herr: Seht nur, wie der Feuerschaum vom Gebisse des Rosses fällt, und seht, wie seine Nüstern Funken sprühen.“
Schnell hatte der schwarze Reiter, der ihnen folgte, aufgeholt. „Hollah! Gesellschaft! Wackere Kumpane!“, rief eine tiefe, hohle Stimme. „Gott zum Gruße!“, antwortete der Ritter. Der Rappe des Fremden stieg bäumend in die Höhe und schnaubte lange schmale Feuerströme aus den Nüstern, in deren Schein die Eisenrüstung des schwarzen Ritters erglühte. „Für solchen Gruß dankt euch der Teufel, nicht ich!“, grollte der riesige Nachtgesell und hieb wild auf den bäumenden Rappen ein. „Doch wisset, ihr habt euch verirrt! Kommt mit mir auf mein Schloss, es ist ganz nah. Dort drüben seht ihr schon die Fenster schimmern.“ „Ich danke euch, aber ich habe nicht die Zeit zur Einkehr!“, antwortete der Ritter. Doch der schwarze Ritter rief gebietend: „Zeit wird sich finden!“ Und er lachte so laut, dass es noch lange im Walde hallte.
Quer vor dem Weg lag eine lange schwarze Mauer mit einem halb verfallenen Tor. Der Weg führte geradewegs hindurch, und dann kamen sie zum Schloss des schwarzen Ritters, ein gar gewaltiger Bau. Droben im Gewirre der Türme und Türmchen kreischten Eulen. Und am Tor des Hauses ringelten sich steinerne dickleibige Drachen, die sich mit ihren Hälsen um die Säulen wanden. Schwarz ragte der ganze Bau zum dunklen Himmel empor, und nur wenige Fenster waren erhellt.
Der schwarze Graf schwang sich vom Ross, und das Ross versank hinter ihm in die Erde. „Folgt mir hinein!“, rief der schwarze Graf seinen gezwungenen Gästen zu. Doch der treue Knappe flüsterte seinem Herrn ins Ohr. „Nicht hinein! Um Himmels willen nicht hinein!“ „Schweige Knecht!“, schrie der schwarze Graf gebieterisch. „Hier herrscht nicht der himmlische Wille, sondern einzig und alleine meiner! Hinfort mit dir!“
Da entschwand vor den Augen des Knappen das Schloss, und er stand jetzt auf öder einsamer Heide, nahe bei einem alten Gemäuer. Drei Türme ragten daraus empor. Das war aber nicht mehr das Schloss des schwarzen Grafen, es war ein anderes Haus.
Der Ritter folgte dagegen dem schwarzen Grafen mutig auf den Stufen einer Wendeltreppe. Von Zeit zu Zeit streckte sich eine Greifenklaue aus der Wand, die eine brennende Kerze hielt. Die Kerzen waren aber schwarz und weiß, und hässlicher Ruß bedeckte dunkel die Wände.
Die Rüstung des Grafen war nach uralter Art gemacht. Ein schwarzer Kettenpanzer umkleidete ihn völlig. Und auf dem Haupte trug er einen seltsam geformten Helm. Der Kamm dieses Helmes war nicht gegossen und nicht geschmiedet. Vielmehr war er lebendig, denn ein kleiner Drachen hing mit seinen Klauen daran. Manchmal drehte er den Kopf, sodass die schwarzen Funkelaugen wie Diamanten blitzten. Der Schwanz des Drachen hing lang vom Helme herab und schlenkerte bald nach links, bald nach rechts.
Als der schwarze Graf dann oben an der Treppe stand, wandte er sich wieder seinem Gaste zu. Bleich war sein Antlitz, bleich und abgezehrt. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen, als blickten sie dem Tod ins Auge. Der schwarze Graf keuchte nun schwer, und sein Atem glühte wie der Hauch der Wüste.
Da sprach der Graf: „Nun folge mir und schaue, was ich tat und wie ich leide!“ „Einem jeden, der mir um Mitternacht begegnet, muss ich meine Missetat zeigen. Brauchst nicht für mich zu beten, Mann! Meine Tat wird nicht durch Reue gesühnt, nicht durch Fürbitte, und nicht durch Gebet.“
Jetzt sprang die Türe eines Saales auf, der mit phantastischen Bildwerken verziert war. Kalter Eishauch, wie von einem Gletscher, wehte ihnen aus dem Raum entgegen. Der Saal schien unfreundlich und leer, doch in der Mitte stand etwas, erhellt von einem Leuchter, der von der Decke hing. Und was dort stand, das war ein Sarg, in dem eine Leiche lag. Es war eine alte kleine Frau, ganz weiß gekleidet, die Hände wie zum Gebete aneinander gelegt. Über den Händen aber ragte der schwarze Griff eines Dolches aus der Brust.
„Hier meine Mutter!“, rief der schwarze Graf. „Hier der Mörder!“, rief er noch einmal, dass es schaurig im Saale hallte. Dann fiel der Graf am Sarge auf die Knie. Plötzlich hob sich die Leiche im Sarge empor, wurde groß und größer, ja riesengroß, bis sie den Saal mehr und mehr füllte. Dieser grausige Spuk deckte sich auch über den schwarzen Grafen, und der Ritter wich zurück, bis die Wand ihn hemmte. Immer grausiger wurde die entsetzliche Gestalt, und ihre Hände gruben in der Brust des schwarzen Grafen, gruben ihm das Herz aus der Brust.
Der Ritter war nun wie von den Sinnen! Er zog sein Schwert und schrie: „Unholde! Weichet im Namen des Gekreuzigten!“ Da gellte ein entsetzlicher Schrei, da krachte das Gebälk, und da wankte das Haus. Der Sarg, die Wände, der Graf, die Schreckgespenst, alles sank hinab in die undurchdringliche Nacht.
Der Ritter erwachte aus seiner Betäubung. Sein treues Schwert hielt er noch in Händen. Schwarze Nacht war rings umher, und sein Fuß trat auf moorigem Grund. Seine Hand ertastete Mauerwerk und feuchtes Gras. Nachtluft umwehte ihn kühl und schaudernd.
„Was war das? Und wo bin ich?“, fragte sich der Ritter, und sein Herz klopfte rasend schnell. Er rief laut den Namen seines Knappen, worauf er leise Antwort hörte: „Herr, wo seid Ihr?“, rief der Knappe von weitem. Der Ritter antwortete: „Hier! Hier im Moor, unter Trümmern.“ Da kam der Knappe näher und führte die beiden Rosse an den Zügeln heran.
Mit Mühe half der Knappe seinem Herrn aus dem Sumpf zu steigen. Darüber begann der Morgen zu dämmern, und nun sahen Herr und Diener allmählich, wo sie waren. – Auf sumpfiger Heide, neben einem ganz verfallenen Bau am Ende eines Waldes. Und eine Strecke weit entfernt sahen sie im Nebeldämmer jenes Gebäude, an dem der Knappe gerastet hatte. Es war ein Galgengerüst. Drei hohe Steinpfeiler erhoben sich wie weiße Türme, aber die verbindenden Balken waren längst verrottet und herabgefallen.
Kühl wehte es vom Osten her und feucht schlug sich der Nebel nieder. Der Ritter und sein Knappe machten sich wieder auf den Weg. Und nie mehr vergaß der Ritter sein gespenstisches Abenteuer im Schloss des schwarzen Grafen.
Quelle: Ludwig Bechstein