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Ben und der Schrecken des Dachbodens

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Es war eigentlich ein guter Tag für Ben. Er musste keine Töpfe schrubben und keine Fenster blitzblank putzen. Im Waisenhaus war es laut. Doch plötzlich hörte Ben ein Mädchen angstvoll aufschreien. Er lief zu Sarah und fragte, was ihr solche Angst eingejagt hätte. Die Kleine antwortete nicht gleich. Doch dann sagte sie: „Da oben auf dem Dachbalken hat sich etwas bewegt und gesprochen.“ Ben schaute nach oben, sah aber nichts. „Da ist nichts“, versuchte er das Mädchen zu beruhigen. Plötzlich war alles ganz still, kein Kind sagte etwas. Ben schaute sich um und ging auf die Leiter zu, die zum Dachbalken führte. Er kletterte hinauf und merkte, dass er keine Taschenlampe hatte. Er lauschte angestrengt und hörte endlich etwas. Es klang wie: „Gleich hab ich dich, du kleiner Junge!“ Ben merkte, dass ihn irgendetwas am Nacken packte und wegschleppte.
Als Ben aufwachte- er war kurz ohnmächtig geworden – fand er sich im hinteren Teil des Dachbodens wieder. Er sah nur, dass er nicht gefressen wurde und dass er in Dunkelheit saß. Der Junge versuchte zu erkennen, ob jemand da war, sah aber nichts außer ein paar gelben Augen, die ihn anstarrten. Ben hoffte, dass es kein Monster war, glaubte aber, dass es genau das war. Er versuchte sich irgendwie zu verstecken. Aber er fand nicht einmal eine Kiste oder einen alten Karton, nichts. Die Augen kamen näher und näher. Ben bekam Angst und dachte, die Augen seien das Letzte, was er in seinem Leben sehen würde. Sie funkelten bedrohlich. „Was ist das nur“, überlegte der Junge angestrengt. Die Augen ließen ihn erstmal in Ruhe. Aber wie lange das noch so anhalten würde, wusste er nicht. Endlich fiel Ben etwas ein. Schnell wie ein Wiesel kroch er auf den Knien zur Leiter und kletterte hinunter, dann holte er seine Taschenlampe und guckte, ob eine Waisenhausmitarbeiterin da war.
Mutig und neugierig kletterte Ben wieder auf den Dachboden. Oben angekommen, knipste er die Taschenlampe an und guckte nach den Augen. Doch sie waren weg. Da dachte Ben: „Und wenn die Augen nur im Dunkeln auftauchen?“ Er versuchte es. Er machte die Taschenlampe aus und suchte und suchte. Endlich sah er sie und erkannte undeutlich, was es eigentlich war. Es hatte Reißzähne, vier lange Krallen an jeder Tatze und wilde, große, gelbe Augen. Ben holte tief Luft, das Ding war echt gruselig, und mutig fragte er nach dem Namen. Aber das Monster brüllte nur: „Verschwinde du Junge, sonst fress ich dich.“ Ben dachte, wenn ich verschwinden soll, dann will das Monster mich gar nicht fressen. Er fragte ängstlich: „Willst du mich wirklich fressen?“ „Wenn du nicht verschwindest – jaaa!“
Ben lief ein Schauer über den Rücken und zögernd fragte er: „Warum bist du denn so gemein?“ Das Monster überlegte kurz und antwortete: „Weil ich keine Freunde habe.“
„Aber du kannst dir doch Freunde beschaffen“, bemerkte Ben.
„Und wie?“
„Hm!“ Ben dachte kurz nach. „Du kannst doch jemanden fragen!“
„Und wen?“
„Mich zum Beispiel“, sagte Ben, „ich heiße Ben und wer bist du?“
„Ich heiße Malguat.“
„Möchtest du mein Freund sein?“, fragte Ben.
„Möchtest du denn mein Freund sein?“ Malguat schaute den Jungen ungläubig an.
„Ja, gern“, freute sich Ben. „Und du?“
„Klar, auch ‚Ja gern‘!“, sagte Malguat. „Sind wir nun beste Freunde oder nur ganz normale?“
„Beste natürlich!“, lachte Ben.
„Okay!“, grinste Malguat. „Bis morgen dann!“
„Bis morgen!“
Ben freute sich schon auf die nächste Begegnung und überlegte: „Was Malguat wohl für ein Tier ist? Vielleicht eine Katze oder eine Art Löwe? Hm! Naja, ich werde es noch herausfinden. Hoffentlich machen wir keinen Ausflug!“ Er konnte die ganze Nacht kein Auge zutun, wusste aber nicht warum.

Am nächsten Morgen verkündete die Leiterin tatsächlich, dass sie einen Ausflug machen werden. Dann sagte sie: „Wir besuchen das Aquarium in Berlin.“ Ben fiel mit in das Freudengeheul ein und meldete sich sofort für den Ausflug an. Plötzlich erinnerte er sich an die Verabredung. „Naja, er wird bestimmt nicht wütend auf mich sein.“ Doch er hatte falsch gedacht. Malguat war außer sich. Er wütete ohne Unterbrechung auf dem Dachboden. Er machte alles kaputt, was ihm in die Quere kam. Er fühlte sich verlassen und verraten.

Ben wusste nichts davon und würde es auch nie erfahren. Die Freundschaft war zu Ende, ehe sie wirklich begonnen hatte. Er ging noch einige Male die Leiter hinauf, um nach seinem besten Freund Malguat zu sehen. Verwundert über die ganzen Scherben schüttelte er immer wieder den Kopf. Der Schrecken auf dem Dachboden war jedoch für immer verschwunden und Ben fühlte sich verlassen und verraten.

© 2010 Svea Weißbach

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