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Märchenbasar

Das schlaue Dreizehnterle

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Es war einmal eine Witwe, die hatte dreizehn Söhne, aber sie lebte in solcher Armut, dass sie sie kaum ernähren konnte. Sowie die Knaben nur ein wenig herangewachsen waren, rief sie alle zu sich und sagte:“ Meine lieben Söhne, ich kann euch nicht weiter ernähren, ihr müsst jetzt selbst für euch sorgen. Ihr seht ja, wie alt ich nun bin.“

Die Jungen sahen das ein, jeder warf sich einen Ranzen über die Schulter, und so zogen sie hinaus in die Welt.
Nach einiger Zeit kamen sie zum Schlosse des Königs. Sie klopften an das Tor und baten um ein Almosen. Aber als der König sah, wie viele sie waren, sagte er: „Wie kann ich euch ein Almosen geben, da ihr so viele seid? Es sei denn, einer von euch wäre beherzt genug, dem bösen Wolf im nahen Walde die Bettdecke zu stehlen. Dafür würde ich euch dann alle reichlich belohnen!“

Die Burschen schauten einander an und wussten nicht, was sie sagen sollten. Da aber trat der Jüngste von ihnen vor, ein Bürschchen, klein, doch schlau wie zehn Füchse. Weil er der dreizehnte war, nannten sie ihn Dreizehnterle. Er sagte: „Die Bettdecke des Wolfes bringe ich dir, Herr König, gib mir nur eine Nadel, die ein Klafter lang ist.“
Und er bekam eine klafterlange Nadel und begab sich kühn in den Wald zur Hütte des Wolfes. Als er dort angelangt war, wartete er, bis der Wolf fortging, dann kletterte er leise auf das Dach, ließ sich durch den Kamin in die Stube hinab und versteckte sich unterm Bett.

Als es Nacht geworden war und der Wolf in seinem Bett zu schnarchen begann, kroch Dreizehnterle aus seinem Versteck hervor und stach ihn mit seiner langen Nadel hierhin und dorthin, wohin er gerade traf. Der Wolf warf sich im Bett herum, nach links und rechts und rechts und links, und darauf eben hatte Dreizehnterle gewartet. Er packte die Bettdecke, und im Handumdrehen war er fort.

Aber der Wolf hatte einen ungemein gelehrten Papagei, der konnte nicht nur sagen, wie viel Uhr es ist, er wusste überhaupt alles auf der Welt. Kaum wachte der Wolf am Morgen auf, fragte er ihn: „Papagei, wie viel Uhr ist es?“ „Fünf“, antwortete der Papagei, „und die Bettdecke hat dir Dreizehnterle davongetragen.“ „Wer ist denn das?“ fragte der Wolf. „Dreizehnterle ist ein Junge, winzigklein, aber schlau wie zehn Füchse.“ „Oh, wenn ich diesen Kerl fange, verschlucke ich ihn wie eine Himbeere!“

Aber Dreizehnterle stand inzwischen mit der Bettdecke des Wolfes schon vor dem König. Der König wunderte sich sehr und sprach. „Hör einmal, Dreizehnterle, wenn du willst, dass ihr, du und deine Brüder, wirklich reiche Leute werdet, dann geh noch einmal zum Wolf und bringe mir auch sein Kissen mit den vielen Glöckchen.“ „Schön, Herr König, bringe ich“, antwortete Dreizehnterle, „gib mir nur etwas Werg und Zwirn.“
Und als er alles bekommen hatte, begab er sich aufs neue in den Wald zur Hütte des Wolfes. Wie das erste Mal kletterte er auf das Dach, ließ sich durch den Kamin in die Stube hinab, versteckte sich unterm Bett und wartete, bis es Nacht wurde.

Als der Wolf eingeschlafen war, kroch Dreizehnterle aus seinem Versteck hervor. Leise, leise wickelte er ein Glöckchen nach dem andern in Werg ein und band dann alles mit dem Zwirn fest. Nun konnten die Glöckchen nicht mehr läuten, und er trug in aller Ruhe das Kissen davon.
Der Wolf wachte bei Tagesgrauen auf und fragte: „Papagei, wie viel Uhr ist es?“ „Vier“, antwortete der Papagei, „und das Kissen hat dir Dreizehnterle davongetragen.“ „Oh, das wird er mir bezahlen! Wenn er mir unter die Hände kommt, verschlucke ich ihn wie eine Himbeere!“

Aber dem lieben Herrn König genügte auch das Kissen mit den Glöckchen nicht. Eines Tages ließ er Dreizehnterle zu sich rufen und sprach: „Hör einmal, Dreizehnterle, du bist der König der Diebe, und ich mache dich, meiner Treu, zu einem reichen Mann, wenn du mir noch einen letzten Gefallen tust. Ich will, dass du mir den Wolf selber bringst. Wenn nicht, ergeht es dir übel!“

Ihr könnt euch denken, wie dem armen Dreizehnterle zumute war, als er den Befehl und die Drohung des Königs vernahm. Glaubte er doch, dass es mit ihm aus und vorbei sei, und weinte die ganze Nacht. Aber gegen Morgen schlief er doch ein und hatte lauter schöne Träume. Als er erwachte, rieb er sich zufrieden die Hände und sagte: „Ha, ich hab’s schon! Ich weiß, wie ich es mit dem Wolf anstellen muss!“

Schnell kleidete er sich an, zog einen Handwagen aus dem Schuppen, warf ein paar Bretter und Nägel darauf und fuhr damit in den Wald. Als er an der Hütte des Wolfes vorbeikam, fing er laut zu rufen an: „Dreizehnterle ist gestorben! Ach, ach, ach, Dreizehnterle ist gestorben! Wer hilft mir, einen Sarg für ihn zu machen?“ Und er schlug auf die Bretter. „Ich, ich“, rief der Wolf vergnügt, „ich helfe dir mit Freuden. Wenn du wüsstest, lieber Junge, was dieser Schuft, dieser Dreizehnterle, mir alles angetan hat!“

Dreizehnterle nagelte nun die Bretter zu einem Sarg zusammen und der Wolf half ihm fleißig. Es dauerte auch nicht lange, und sie waren fertig. „Jetzt solltest du den Sarg einmal ausprobieren“, sagte der Junge zum Wolf, „denn Dreizehnterle ist etwa so groß wie du. Damit ich sehe, ob wir ihn groß genug gemacht haben, ich möchte nicht gerne noch einmal von vorn anfangen müssen.“

Der Wolf ahnte nichts Böses. Ohne Zögern legte er sich in den Sarg. Da aber sprang Dreizehnterle wie der Blitz herbei, schlug den Deckel zu und vernagelte ihn flink. Der Wolf im Sarge schrie: „He, du, was tust du denn? Mach schnell auf, ich ersticke ja!“ Aber Dreizehnterle scherte sich nicht um sein Geschrei. „Nur Ruhe, Gevatter Wolf! Dieser Dreizehnterle, der bin nämlich ich! Und jetzt lauf mir davon, wenn du kannst!“
Dann lud er den Sarg mit dem Wolf auf den Wagen, nahm den Käfig mit dem gelehrten Papagei in die Hand und fuhr zum König. Als sich alle durch die Bretterritzen an dem Wolf sattgesehen hatten, machten sie ein großes Feuer und verbrannten den Sarg mitsamt dem Wolf zu Asche.

Dann erst nahm der König einen großen Beutel voll Goldstücke und gab ihn dem tapferen Dreizehnterle. Der ließ sich nicht nötigen, steckte den Beutel an den Gürtel, hängte sich den Käfig mit dem Papagei über die Schulter, nahm vom König Abschied und kehrte mit seinen Brüdern zu seiner Mutter zurück.

Quelle: italienisches Märchen

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