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Märchenbasar

Das widerspenstige Weib

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Es war einmal ein Bauer, der nahm sich ein Weib; aber das war sehr widerspenstig. Es tat alles, was er verboten hatte; was er verlangte, das tat es nicht. Einst stand das Weihnachtsfest wieder nahe bevor und der Mann, der wohlgesinnt und allem Streit abhold war, hätte gern in den Feiertagen etwas besser gelebt als gewöhnlich; da sann er über ein Mittel nach, wie er erreichen könnte, daß zum Feste besser gegessen und getrunken würde. Endlich glaubte er einen Ausweg gefunden zu haben und sagte zu seinem Weibe: „Weihnachten ist nahe aber denke nur nicht daran, Weißbrot zum Fest zu backen, bei unserer Armut würde es für uns zu teuer sein.Kaum hörte sie die Rede ihres Mannes, als sie schnell erwiderte: „Dir zum Trotz backe ich Weißbrot!“ Der Mann tat als gerate er in Zorn, und sagte darauf: „Nun, wenn du Weißbrot bäckst, Fische wirst du doch nicht zubereiten?“ Die Frau antwortete sofort auf des Mannes Warnung: „Jetzt gerade.“ „Nun, wenn du auch Kuchen bereitest“, sagte der Mann, „Wein brauchst du aber nicht zu holen?“ „Jetzt erst recht hole ich welchen!“ versicherte die Frau. Der Mann ließ sich nichts anmerken, sondern sagte: „Nun gut, wenn du auch Wein holst, Kaffee, kaufst du doch nicht ein?“ – „Ich kaufe ihn dir zum Trotz!“ sagte die Alte. – „Nun, wenn du auch wenig Kaffee kaufst Gäste laden wir doch wohl nicht ein?“ Natürlich lade ich sie ein!“ entgegnete die Frau.- „Nun, ladest du sie ein, so setze mich wenigstens nicht oben an die Tafel“, sagte der Mann. -„Ich tue es aber doch“, erwiderte die Frau und warf sich ordentlich in die Brust vor ihrem Manne. – „Gut, wenn du mir befiehlst, am oberen Ende der Tafel zu sitzen, so gib mir doch beileibe nicht die Weinflasche in die Hand!“- „Ich gebe sie dir zum Trotz“, keifte die Frau. – „Nun, wenn du´s auch tust, so fordere mich wenigstens nicht auf, zu trinken!“ – „Ich tue es doch zum Trotz!“ erwiderte das Weib wie zuvor.

Auf diese Weise brachte der Mann seine Frau dazu, das Weihnachtsfest fröhlich zu begehen. Da gab es Weißbrot, Fisch, Kaffee und Wein, solange die Feiertage währten, und eingeladene Gäste gab`s noch obendrein. Aber wie lange dauerte der Jubel? Als die Festzeit vorüber war, zeigte sich das Weib noch widerspenstiger als zuvor.
Der Mann, der vor ihr keinen Augenblick mehr Ruhe hatte, dachte zuletzt in seinem Sinne: „Ich muß mich auf irgendeine Art von diesem verrückten Weibe frei machen. Sie ist zu böse, um noch länger mit ihr zu leben.“ Im Sommer zur Heuernte ging der Mann auf die Wiese. Durch diese Wiese floß ein Fluß, und über ihn führte ein kleiner Brückensteg. Diesen hieb er mit einem Beil halb durch, so daß die Brücke zur Not kaum noch einen Menschen tragen konnte. Dann ging der Mann nach Hause und sagte zu seinem Weibe: „Jetzt haben wir gutes und trockenes Wetter, laß uns die Heuernte auf der Wiese besorgen.“ Die Frau folgte ihm, und als sie an den Fluß kamen, schritt der Mann vorsichtig über den Steg hinaus, damit die Balken nicht nachgeben sollten. Wie nun die Frau hintendrein kam, warnte er sie und sagte: „Frauchen, gehe recht langsam und vorsichtig über die Brücke; springe und tanze nicht darüber, mir kamen die Balken recht schwach und faul vor.“

„Nun gerade springe ich!“ rief das Weib und hüpfte und tanzte im Gehen; aber plötzlich gaben die Brückenbalken nach, und die Frau fiel in den Fluß, der sie mit sich fortriß.
Nun lief der Mann stromaufwärts, um sein Weib zu suchen. Einige Heumäher, die zufällig am Ufer des Flusses arbeiteten, fragten den Mann: „Was suchst du?“ „Mein Weib, meine Lebensgefährtin!“ antwortete der Mann. „Die böse Brücke brach durch und meine Frau verschwand im Wasser.“ „Du Tor, was suchst du sie hier?“ sagten die anderen. „Wenn dein Weib in den Fluß gefallen ist, wird sie mit dem Strom abwärts und nicht aufwärts treiben.“ – „Das würde ich auch annehmen“, meinte der Mann. „Aber mein Weib ist im Leben stets so widerspenstig gewesen, hat immer das Gegenteil getan von dem, was sie sollte, daß sie gewiß noch im Tod gegen den Strom schwimmen wird.“ Als die Männer das hörten, sagten sie nichts mehr, sondern dachten in ihrem Sinne: „Dann ist es dir wohl besser, wenn du dein Weib nicht mehr wiederfindest.“ Und so geschah es auch. Und vielleicht hatte sie es auch verdient für ihre Widerspenstigkeit.

Märchen aus Finnland

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