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Märchenbasar

Das Wunderbuch

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In einem Dorfe lebte ein alter Schweinhirte mit seiner Frau, die hatten nur einen Sohn. Als der Alte gestorben war, konnte die Frau mit dem vierzehnjährigen Jungen das Geschäft nicht fortsetzen und sah sich genötigt, ihren Sohn zu vermieten. Sie nahm den Jungen bei der Hand und ging mit ihm fort.
Bald kamen sie in einen großen Wald; dort begegnete ihnen ein feiner Herr, der in einer Chaise, mit vier Rappen bespannt, angefahren kam.
„Wo wollt Ihr mit dem Knaben hin?“ fragte er. „Ich will ihn vermieten“, sagte die Frau, „denn ich bin arm und kann ihn nicht ernähren.“ Da erwiderte der Herr: „Ich gebrauche jetzt gerade einen solchen Burschen, und wenn Ihr wollt, miete ich ihn; gut Essen und Trinken und guten Lohn soll er bei mir haben, und die Arbeit ist auch nicht schwer.“
Die Frau war damit einverstanden. Also nahm der Herr den jungen zu sich in den Wagen, und indem er versprach, daß er ihn über Jahr und Tag an derselben Stelle der Frau wieder übergeben wolle, jagte er davon.
Nach langem Fahren kamen sie an einen stockfinstern Ort; der Wagen hielt, sie stiegen aus und gingen in ein Haus hinein, in dem es so dunkel war wie in der Nacht. Im zweiten Zimmer stand auf einem Tisch eine brennende Lampe, und diese Stube wies der Herr dem Jungen zur Wohnung an.
„Nun wirst du wohl Hunger haben“, sagte er dann; „was möchtest du denn gern essen?“ Der Junge antwortete: „Wenn ich jetzt Pellkartoffeln und Hering oder ein tüchtiges Stück Brot hätte, so wäre ich schon zufrieden.“
„Das ist nicht viel“, entgegnete der Herr. „weißt du nichts Besseres?“ Nun wünschte der Junge sich Bratkartoffeln und ein Stück Speck, und der Herr sagte: „Das lasse ich mir schon eher gefallen. Sich dich nur um, dort in der Ecke steht schon, was du dir gewünscht hast.“
Der Junge sah sich um und erblickte in der Ecke des Zimmers ein Tischchen, das vorher dort nicht gestanden und auf dem das gewünschte Mahl sich befand. Als er sich gesättigt hatte, sprach der Herr: „Jetzt will ich dir auch sagen, was du zu tun hast. Dies Haus hat zwölf Stuben, von denen du täglich elf reinigen musst, die zwölfte aber darfst du nicht betreten. Willst du essen, so brauchst du nur zu wünschen, und alsbald wirst du das Gewünschte auf dem Tische finden, und Kleider hängen dort in jenem Schrank; wähle ganz nach Belieben! Ich verreise jetzt und kehre erst nach Jahresfrist zurück. Lass dir aber die Zeit nicht zu lang werden.“ Damit ging er.
Der Junge öffnete den Schrank, in dem sich die schönsten Kleider befanden, und im Nu verwandelte er sich in einen Prinzen und hing seine alten Kleider an den Nagel. Täglich kehrte er seine Stuben und lebte das ganze Jahr hindurch wie ein Fürst. Nach Ablauf desselben kam der Herr zurück und fand alles in der schönsten Ordnung.
„Jetzt willst du auch wohl deinen Lohn haben?“ redete er den Jungen an. „Dort in jener Ecke steht ein Kasten; der wird sich von selbst öffnen, wenn du kommst; aus dem nimm, soviel du magst.“
Der Junge tat es, und der Herr sagte dann: „Wenn du dich entschließen kannst, noch ein Jahr hier zu bleiben, so behalte ich dich.“ Der Junge erklärte, er möchte gern für immer bleiben, aber der Herr erwiderte ihm: „Nein, mein Sohn, immer kann ich dich nicht gebrauchen, aber auf ein Jahr wollen wir es noch versuchen.“ Dann reiste er wieder ab.
Der Junge verrichtete seine Arbeit mit der größten Sorgfalt, und als der Herr nach Jahresfrist zurückkehrte, lobte er ihn sehr und mietete ihn noch auf ein Jahr.
Wieder reiste der Herr ab, und alles ging seinen gewohnten Gang; aber gegen das Ende des Jahres regte sich in dem Jungen die Neugier, und er beschloss, zu ergründen, was es mit dem zwölften Zimmer für eine Bewandtnis habe.
Eines Morgens öffnete er dasselbe, und wie erstaunte er, als ihm das helle Tageslicht entgegenstrahlte! Er trat ans Fenster und erblickte einen so herrlichen Garten, wie er noch keinen gesehen hatte. Da plötzlich kam ein Specht herangeflogen und flatterte vor dem Fenster auf und nieder. Der Junge ergriff ein Gewehr, das an der Wand hing, um den Vogel zu schießen; dabei aber stieß er von dem nebenan stehenden Spinde ein Buch herunter, das sich im Fallen öffnete, und sogleich sprang zwischen den Blättern ein schwarzer Mann hervor und fragte, sich vor dem Jungen verbeugend: „Königliche Majestät, was befehlen Sie?“ Der Junge wusste nicht, wie ihm geschah. Rasch schloss er das Buch und legte es an seinen Ort; aber immer wieder fiel es herunter, bis er es endlich in die Tasche seines alten Rockes steckte, wo es auch blieb.
Als nach Ablauf des Jahres der Herr wieder erschien, sagte er zu dem Jungen: „Jetzt nimm dir aus dem Kasten deinen Lohn und Kleider, soviel du willst, und dann mache, dass du fortkommst!“
Der Junge, der kein gutes Gewissen hatte, packte so schnell als möglich seine Sachen zusammen und machte sich auf den Weg. Unerkannt kam er zu seinem Heimatdorf und fragte nach der alten Schweinhirtin. Man bezeichnete ihm die Wohnung, und er fragte die Tagelöhnerfrau, bei der seine Mutter hausein wohnte, wo dieselbe sei. Die alte Frau wurde gerufen, aber sie erkannte ihren Sohn nicht wieder und sagte: „Wenn ich einen solchen Sohn hätte, was fehlte mir dann?“
„Habt Ihr denn kein Zeichen“, fragte da der Jüngling, „an dem Ihr Euren Sohn wiedererkennen würdet?“ – „Ja“, sagte sie, „auf der Brust hatte er einen Fleck.“ Da entblößte er seine Brust und, vor Freuden weinend, umarmte die Mutter ihren Sohn.
Bald hatte sich im Dorf die Nachricht verbreitet, dass der Sohn des Schweinhirten sehr reich wiedergekommen sei und er so feine Kleider trage als selbst der Gutsherr nicht. Auch die einzige Tochter des Gutsherrn hörte von dem stattlichen Jüngling und ward neugierig, ihn kennen zu lernen. Auf ihren Wunsch wurde eine große Gesellschaft gegeben, zu der auch der Sohn des Schweinhirten eine Einladung erhielt. Er erschien, und bald hatte sich das Fräulein so in ihn verliebt, dass sie ihrem Vater erklärte, nur den wolle sie zum Manne haben oder sonst keinen. Der Vater suchte es ihr auszureden, aber sie blieb dabei, sie wolle nur ihn haben, wenn er auch nur eines Schweinhirten Sohn sei.
So fasste sich der Gutsherr seiner Tochter zuliebe endlich ein Herz und trug dem jungen Manne die Hand seiner Tochter an. Doch der Jüngling erwiderte, er sei zum Heiraten noch zu jung. Darüber aber grämte sich die Jungfrau so sehr, dass sie in eine schwere Krankheit verfiel. Als sie genesen, bestürmte sie den Vater von neuem mit Bitten, und der wiederholte seinen Antrag. Der Jüngling aber erwiderte, er wolle seine Tochter überhaupt nicht heiraten.
Von nun ab machte er täglich Spaziergänge in die Umgegend. Eines Tages kam er an ein großes Moor, in dessen Mitte eine Stück trockenes Land lag. Das Stück Erde gefiel ihm so sehr, dass er beschloss, es dem Gutsherrn abzukaufen. Er ging zu ihm und trug sein Anliegen vor; der Gutsherr wollte es ihm schenken, das wollte der junge Mann aber nicht, sondern drang auf einen ordentlichen Verkauf, der denn auch zustande kam. Unterwegs erinnerte er sich jenes Wunderbuches wieder; zu Hause angekommen, klappte er es auf, und sofort stand der schwarze Johann vor ihm und fragte: „Königliche Majestät, was befehlen Sie?“
„Ja, Johann“, sagte der Jüngling, „da ich dir nun doch einmal zu befehlen habe, so will ich, daß du mir auf dem gekauften Moor binnen achtundvierzig Stunden ein so prächtiges Schloss erbaust, wie es selbst der König von Holland nicht hat, und um das Schloss herum sollst du einen herrlichen Garten anlegen und Bäume mit goldenen und silbernen Blättern pflanzen.“
Pünktlich war der Befehl ausgeführt, und der junge Mann nahm seine Mutter bei der Hand und sprach: „jetzt wollen wir unsere eigene Wohnung beziehen!“ Dort lebte nun die alte Frau so glücklich wie im Paradiese.
Nach einiger Zeit hörte der Hirtensohn, dass der König von Holland eine bildschöne Tochter habe, und diese wollte er um jeden Preis besitzen. Er stellte sich deshalb krank und sagte zur besorgten Mutter.
„Sterben werde ich nicht, aber wenn ich nur der Tochter des Königs von Holland in die Augen sehen könnte, so würde ich gesund.“ Die Mutter sprach: „Wenn es nicht allzu weit wäre, möchte ich schon hingehen.“
Nun schrieb der Sohn ein Brieflein an den König; das gab er seiner Mutter und sagte: „Wenn Euch die Wache nicht durchlassen will, braucht Ihr nur den Brief in die Höhe zu heben.“
Es kam, wie der Sohn gesagt hatte: die Wache verbot ihr den Eintritt in das königliche Schloss. Als aber der König, der gerade im Fenster lag, den empor gehaltenen Brief erblickte, rief er dem Posten zu: „Lasst doch die alte Frau durch!“
Die Frau trat ein und überreichte dem König den Brief ihres Sohnes. Der König las ihn und sagte: „Ich werde mit meiner Tochter sprechen.“ Sogleich war die Prinzessin bereit, den Wunsch des Kranken zu erfüllen, und sagte: „Wenn meine Augen ihn gesund machen können, so will ich gern hinreisen.“
Ohne Unfall kam man bei dem Schlosse des Hirtensohnes an. Eine glänzende Dienerschar empfing die Prinzessin, die erstaunt war über all die Pracht, die sie hier erblickte. Man führte sie zu dem Kranken, der schon sehnsüchtig nach ihr ausgeschaut hatte, und als er ihr so recht tief in die Augen gesehen, da äußerte er auch sogleich den Wunsch, aufzustehen, und wollte sich durch nichts mehr im Bett zurückhalten lassen. Er war ganz gesund und bat die Prinzessin, mit ihm einen Spaziergang durch den Garten zu machen. Sie war entzückt über die schönen Blumen und die herrlichen Bäume mit den goldenen Blättern, aber der Schlossherr sagte traurig: „Ja, schön ist der Garten, aber doch vermisse ich eine Blume, die in Ihrem Garten so wundervoll blüht.“ „Lässt sich jene Blume nicht hierher verpflanzen?“ entgegnete die Prinzessin, und der Jüngling erwiderte: „Ja, wenn Sie selbst es wollen.“
Die Prinzessin kehrte nach Hause zurück und erzählte ihrem Vater alles. Aber noch hatte sie nicht geendet, da war schon ein Schnellläufer von jenem Schlosse eingetroffen und lud die holländischen Majestäten zu einem Feste dorthin ein. Dankbar wurde die Einladung angenommen, denn der König wollte selbst den jungen Schlossherrn kennen lernen, den seine Tochter gesund gemacht hatte. Sie wurden mit solcher Pracht empfangen, wie sie an ihrem Hofe noch nicht gewesen war, und als der König die reiche Tafel und die prächtigen Gemächer und den herrlichen Garten aufs höchste rühmte; da sagte der Schlossherr: „Schön ist ja alles, nur fehlt mir die Blume, die allein Ihren Garten ziert.“ Der König verstand den Wink; er ergriff die Hand seiner Tochter, legte sie in die Hand des Jünglings und sagte: „Da hast du die Blume, mein Sohn!“
Nun ward eine prächtige Verlobung gefeiert, und als der Hochzeitstag heranrückte, da sagte der Schlossherr zu seinem Johann: „Nun sorge dafür, dass auf den Wagen ein Sack voll Goldstücke kommt, und wenn wir in die holländische Residenz einziehen, öffnest du den Sack und lässt die Goldstücke auf die Straße fallen; doch achte darauf, dass kein Reicher etwas aufhebt, das Geschenk ist nur für die Armen bestimmt.“ Dann ward die Hochzeit gefeiert, und die Neuvermählten kehrten zurück zu dein Wunderschlosse.
Der König von Holland hatte aber einen schlauen Minister, der sich früher selbst um die Hand der Prinzessin beworben hatte und auch jetzt häufig zum Besuch nach dem Wunderschlosse kam. Als der Schlossherr nun einmal auf der Jagd war, fragte er die Prinzessin, woher denn all die Pracht stamme. Arglos antwortete sie: „Mein Gemahl hat ein Buch; dort über der Tür auf dem Brette liegt es; wenn er das in die Hand nimmt, so wird ihm jeder Wunsch erfüllt.“ Begierig griff der Minister danach, und kaum hatte er es geöffnet, da stand Johann vor ihm und fragte nach seinen Befehlen.
„Wenn ich dir zu befehlen habe“, sagte der Minister, „so fordere ich, daß du deinen bisherigen Herrn vierundzwanzig Stunden in einem Sumpfe festhältst, dies Schloss aber mit all seiner Herrlichkeit in eine Grube bringst, wohin weder Sonne noch Mond scheint.“
So geschah es. Der Schlossherr geriet in einen Sumpf, aus dem er sich erst nach vierundzwanzig Stunden herauszuarbeiten vermochte, und da er wusste, dass sein Schloss nun nicht mehr auf derselben Stelle stehe, so machte er sich auf und wanderte zu seinem Schwiegervater nach Holland, dem er seine Not klagte. Der König aber rief zornig aus: „Das hat der nichtswürdige Minister getan !“
Nun streifte der Jüngling in den königlichen Wäldern umher, und zwölf Jäger mussten ihn begleiten, damit ihm kein Unglück zustieße. Aber schon am zweiten Tage verirrte er sich. Im Dickicht des Waldes traf er auf zwei Riesen, die einen heftigen Wortwechsel miteinander führten. Der Jüngling – durch seine Verheiratung mit der Prinzessin war er ein Prinz geworden – fragte sie: „Warum zankt ihr euch?“ Da erwiderten sie: „Wir haben hier zu gleicher Zeit einen Mantel gefunden, den nun jeder beansprucht; er wäre ja nicht des Streites wert, aber er besitzt die Eigenschaft, dass er den unsichtbar macht, der ihn anzieht.“
„Wisst ihr was?“ sagte der Prinz. „Gebt mir den Wundermantel, ich kann ihn gut gebrauchen, ihr aber seid den Streit los.“ Sie waren es zufrieden, er nahm den Mantel und ging weiter. Am nächsten Tage traf er abermals zwei Riesen in heftigem Streit um einen Stiefel, den sie gefunden hatten, und auch diese wusste er zu überreden, ihm den Stiefel zu lassen. Der Stiefel besaß aber die Eigenschaft, dass der, welcher ihn anhatte, jedes Mal hundert Meilen vorwärts machte, wenn er sagte: „Stiefel, schreit!“
Mit Hilfe desselben kam er bald zu Hause an, wo man seiner schon ängstlich geharrt hatte. Am folgenden Tage eröffnete er dem König, dass er sich auf die Reise nach dem verlorenen Schlosse begeben wolle und nicht eher wiederkehren werde, als bis er sein Eigentum gefunden. Obgleich ungern, ließ ihn der König ziehen. Im Walde hängte er den Mantel um und fragte seine Begleiter, ob sie ihn noch sähen; sie verneinten es, und nun verabschiedete er sich von ihnen, zog dann den Stiefel an, und fort ging’s, der Residenz des Riesenkönigs entgegen, wo er freundlich aufgenommen wurde.
Nachdem der Prinz dem König sein Leid geklagt, sagte dieser: „Ich bin der Herr der Fische, Vögel und Mäuse; wenn sie nichts von dem Schlosse wissen, werde ich dir schwerlich helfen können.“ Nun zog er eine Pfeife aus der Tasche und blies hinein. In kurzer Zeit waren alle Fische um den König versammelt, und er fragte sie, ob ihnen von dem Schlosse etwas bekannt sei. Alle verneinten. Ein kurzer Pfiff aus einer anderen Pfeife brachte dann alle Vögel vor den König, aber auch sie sagten, dass sie von dem Schlosse nichts wüssten. „Also hast du im Wasser und in der Luft dein Eigentum nicht zu suchen“, sprach der König zu dem betrübt darein schauenden Jägersmann. Endlich brachte ein Pfiff aus einer dritten Pfeife alle Mäuse vor den König. „Seid ihr alle hier?“ fragte er. Alle waren erschienen bis auf ein dickes, fettes Mäuschen, das so schnell nicht hatte vorwärtskommen können. Endlich langte es schweißtriefend an. „Wo bist du so lange gewesen?“ fragte der König freundlich. Die Maus berichtete, dass sie sehr weit weg in einem unterirdischen Schlosse wohne, das weder von Sonne noch von Mond beschienen werde, und nicht eher habe zur Stelle sein können. „Gut“, sprach der König, „das Schloss gehört diesem Herrn hier, und willst du deine Untertanentreue beweisen, so führe ihn dorthin, er wird dir’s Dank wissen.“
Also machte sich der Prinz mit der Maus auf den Weg. Es ging aber gewaltig langsam, und der Prinz sagte deshalb zu seiner Begleiterin: „Das Gehen wird dir schwer; setze dich deshalb auf meinen Hut und gib mir die Richtung an, so werden wir schneller vorwärtskommen.“ So geschah es, und mit Hundertmeilenschritten eilten sie weiter. Bald kamen sie in die tiefste Finsternis, und die Maus erklärte, dass sie in der Nähe des unterirdischen Schlosses wären, und riet zugleich, ihr einen Faden an den Fuß zu binden, dann wolle sie vorangehen, und der Prinz solle ihr folgen. Sie gelangten bis dicht ans Schloss. Der Prinz schickte nun die Maus in das Innere desselben, um zu erfahren, was die Bewohner trieben; nach kurzem kam sie zurück und brachte den Bescheid, dass der Minister mit seiner Gemahlin im Bette schlafe.
„Sind nicht die Schlüssel zu finden“, forschte der Prinz, „und kannst du sie nicht durch dein Loch mir bringen?“ – „Ja“, sagte die Maus und verschwand wieder; dann, nach wenig Minuten, brachte sie die Schlüssel angeschleppt, und der Prinz öffnete die Tür, blieb aber auf der Schwelle des Schlafgemaches stehen. „Wo mag das Buch sein?“ fragte er, und die Maus erwiderte: „Das hat der Minister unter dem Kopfkissen liegen.“ „So hole mir’s!“ bat der Prinz.
Die Maus verkroch sich im Bett und fing an dem Buche zu zerren an. Endlich fiel es aus dem Bette heraus, und die Maus schleppte es nun bis zu den Füßen des Prinzen. Der ergriff es hocherfreut und öffnete es, und sogleich sprang Johann hervor. „Ich Verlange“, sagte nun der Prinz, „dass die beiden schlafen, bis ich es für gut finde, sie zu wecken, und dann hast du schleunigst das Schloss wieder an seine alte Stelle zu schaffen!“ Und zu der Maus sagte er: „Und du, mein Mäuschen, setze dich dort auf den Tisch und komm mit mir, ich will dir wohl tun, solange du lebst.“
Sobald das Schloss wieder an seiner früheren Stelle stand, ließ der Prinz durch einen Schnellläufer seinen Schwiegervater zu sich bitten, und als er ankam, führte er ihn in das Schlafgemach. Der König ergriff den Degen und wollte die Schläfer durchbohren, aber der Prinz hielt ihn zurück und sagte: „Die Strafe wäre für den schändlichen Minister viel zu gelinde, er soll sich sein Urteil selbst sprechen.“
Also weckte er ihn, und als der Minister die Gefahr sah, in der er sich befand, sprach er: „Ich habe verdient, von vier Bullen auseinandergerissen zu werden.“ Sofort wurde Johann beauftragt, vier schwarze Bullen, herbeizuschaffen; der Schurke wurde mit Armen und Beinen an den Tieren befestigt und so zerrissen. Seine Gemahlin aber begnadigte der Prinz und lebte glücklich mit ihr bis an sein Ende.

Quelle: Deutsches Volksmärchen

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