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Der Feigenbaum

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Es war einmal ein Witwer, der verheiratete sich wieder, und er hatte aus erster Ehe eine Tochter, die von ihrer Stiefmutter so schlecht behandelt wurde, wie man es sich nur denken kann. Im Garten gab es einen Feigenbaum, zu dem die Stiefmutter ihre Stieftochter schickte, damit sie die Feigen vor den Vögeln schützte. Wenn das kleine Mädchen hinausging, folgte ihm auch die Stiefmutter, um die Feigen zu zählen, und dabei sagte sie, sie würde sie töten, wenn ihr auch nur eine fehlte. Eines Tages kam eine Weihe geflogen und fraß drei Feigen, so sehr das Mädchen auch versuchte, sie zu verscheuchen. Als es Abend war, kam die Stiefmutter, um die Feigen zu zählen, und sie begrub das Mädchen unter dem Feigenbaum. Im Hause sagte sie, das Mädchen wäre weggelaufen. Der Vater dachte, daß sie wohl in irgendeinem fernen Hause dienen würde. Als der Vater eines Tages unter dem Feigenbaum spazierenging, staunte er über die vielen Blumen, die er darunter erblickte, und unter ihnen befand sich eine schöne Rosenknospe. Er wollte sie abpflücken, aber da hörte er eine Stimme, die ihm sagte:

Reißt mir nicht mein Haar aus,
denn meine Mutter hat es geschaffen,
meine Stiefmutter hat es mir begraben
wegen der Feige des Feigenbaumes,
die die Weihe davongetragen hat.

Zunächst wußte der Mann nicht, was er tun sollte, aber schließlich entschied er sich, an jener Stelle eine Grube zu graben, um zu sehen, was dies für eine Sache war. Als die Grube schon sehr tief war, entdeckte er eine Steinplatte, hob sie hoch und stieß auf eine Treppe, die er hinunterstieg. Als er unten angekommen war, erblickte er seine Tochter, die war sehr schön und reich gekleidet. »Tochter, wie bist du hierher gekommen?« »Als meine Stiefmutter mich vergraben hatte, erschien mir hier dieses Haus, und jeden Tag kommt eine Dame her, um mir zu essen zu geben.« Der Vater blieb bei seiner Tochter und wollte von seiner Frau nichts mehr wissen.

[Portugal: T. Braga: Contos tradicionaes do povo portuguez]

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