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Der König von Frankreich

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Es war einmal ein König von Frankreich, welcher noch sehr jung war und heiraten wollte. Er ließ um die Hand der Königstochter von England anhalten, die so hübsch war. Die Prinzessin gab ihm zur Antwort, sie wolle ihm nicht einmal seine Stiefel putzen. Das tat dem König wehe, und er sprach zu sich selber: »Ich werde sie trotzdem bekommen!« Er begab sich nach London, das die Hauptstadt von England ist, und richtete es so ein, daß man ihn als Lehrling des Perückenmachers der Prinzessin einstellte. Es war ein hübscher Bursch. Er führte sich dort so auf, daß er der Liebhaber der Prinzessin wurde und sie schwanger machte. Die Königin fragte ihre Tochter, wer der Vater wäre. Als sie sagte, es sei der Perückenmacher, da wurde sie vor die Türe gesetzt.
Nun führte sie der König von Frankreich, ohne sich zu erkennen zu geben, nach Paris. Sie verheirateten sich und er ließ sich als Perrückenmacher nieder. Eines Tages sagte er zu seiner Frau: »Arme Frau, ich verdiene nicht viel Geld. Du mußt irgend etwas arbeiten.« Er kaufte ihr Geschirr und ließ es in den Winkel eines Platzes stellen, damit sie es verkaufen könne. Am ersten Tage verkaufte sie viel, und als ihr Gemahl heimkam, sagte sie zu ihm: »Ich bin viel losgeworden; es sind Soldaten gekommen, die mir viel abgekauft haben.« Am nächsten Tage ritt eine Schwadron Dragoner vorüber und zerbrach ihr ihr ganzes Geschirr.
Sie weinte unaufhörlich und abends erzählte sie ihrem Gatten, was sich zugetragen habe. »Wir müssen es anders anstellen«, sagte ihr Mann zu ihr. Er gab ihr eine Stelle als Weinwirtin. Am ersten Tage verkaufte sie viel an die Soldaten, aber am dritten Tage befahl der König den Artilleristen, sie sollten in einer ganzen Schar hingehen, eine große Zeche machen, nichts bezahlen und alles zerschlagen.
So taten sie, und die arme Frau war darüber ganz trostlos. Abends berichtete sie ihrem Mann, was ihr zugestoßen sei. Er sagte, sie hätte kein Glück, aber er wüßte einen Beruf, bei dem sie eine Menge Geld verdienen würde, sie solle nämlich den Offizieren des Königs die Stiefel putzen. Sie ging hin, aber niemand ließ sich von ihr bedienen. Der König hatte nämlich seinen Offizieren verboten, sich bei ihr die Schuhe putzen zu lassen. Da begab sich der König in seinen Stiefeln an eine recht schlammige Stelle, ging dann bei seiner Frau vorüber und bat sie, sie möge ihm seine Stiefel putzen. »Ja, gern«, sagte sie. Sie putzte sie ihm nach allen Regeln der Kunst. Als das Geschäft beendet war, zog der König eine ganze Hand voll Louisdors und Sous aus der Tasche und gab ihr zwei Sous.
Abends sagte sie zu ihrem Mann. »Armer Mann, ich habe nur dem König die Schuhe geputzt, und er hat mir nicht mehr als zwei Sous gegeben, der Schweinekerl!« Sie begann zu weinen. Der Perückenmacher tröstete sie und sagte ihr, es gäbe ein großes Essen beim König, und man würde sie zum Dienst bei der Tafel anstellen. »Wenn du hingehen willst, wirst du sicher etwas verdienen.« Sie war einverstanden. Er ließ eine große Tasche an ihrer Schürze anbringen, wo sie alles, dessen sie habhaft werden könnte, hineinstecken sollte. »Aber«, sagte seine Frau zu ihm, »wie soll ich es machen, daß ich hinkomme?« »Ich kenne viel Leute am Hofe und werde veranlassen, daß man dich nimmt.« Sie ging hin und schob alles, was sie ergattern konnte, in die Tasche. Man bemerkte sie dabei und schimpfte sie aus. Darauf erhob sich der König; er ließ seine Frau in eine Kammer treten und als Königin kleiden. Dann stellte er sie dem versammelten Hof vor und sagte, sie sei eben angekommen. Seitdem sind sie sehr glücklich, und er liebt seine Frau sehr. Aber manchmal sagt der König zu der Königin: »Du hast mir doch meine Stiefeln geputzt, meine Liebe!« Das geschah diesem eitlen englischen Mädchen ganz recht.

[Ernst Tegethoff: Französische Volksmärchen]

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