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Der Mäuserich als Freier

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Einst wurde ein Mäuserich so von Hochmut geplagt, daß er nicht mehr innerhalb seiner Verwandtschaft und seinesgleichen eine Frau suchen wollte. Er sagte, er wolle überhaupt keine, wenn er nicht eine solche nach seinem Wunsch fände. Um die Tochter des mächtigsten Wesens wollte der Mäuserich anhalten. Er ging also zur Sonne, weil sie das höchste Wesen im Sommer sehr heiß und mächtig ist, und bat sie um ihre Tochter, denn höher hinaus wüßte er nichts mehr. Die Sonne sagte, er solle weitergehen, dann würde er einen Stärkeren finden; die Wolke die sie beschattete und bedeckte, denn sie könne nicht scheinen, wenn die Wolke vor ihr liege. Der Mäuserich kam zur Wolke und sagte, er halte sie für so gewaltig, daß er sie um ihre Tochter bitten wolle. Die Wolke aber forderte ihn auf weiterzugehen, denn es gebe keinen Mächtigeren als sie, das sei der Wind, wohlgemerkt, denn wenn der wehe, so zerteile er sie. „Ich werde zu ihm gehen“, sagte der Mäuserich, „du magst deine Tochter für dich behalten.“ Er ging also zum Wind und erzählte ihm, wie die Wolke ihn geschickt habe, und wie sie ihn belehrt habe, er sei das gewaltigste Wesen, er zerteile und zerstöre alles, wenn er blase, deshalb wolle er seine Tochter nehmen.

Der Wind erwiderte: „Du hast dich getäuscht, hier erhältst du keine Frau, denn es gibt einen Stärkeren als mich, der mir oft Ärger bereitet und der sich unbekümmert um meine Gewalt entgegenstellt. Das ist ein großer Turm aus Stein, der alle Zeit fest und ganz ist. Nie kann ich ihn zerbrechen und durch mein Wehen wankend machen, er stößt mich so zurück, daß ich keine Lust mehr habe, mich an ihm zu versuchen.“ Der Mäuserich antwortete: „Von deiner Tochter will ich nichts mehr wissen. Ich muß die Frau des höchsten Wesens erhalten, also gehe ich zum Turm.“

Er ging also zum Turm und bat ihn um seine Tochter. Der Turm schaute ihn an und sprach: „Du bist fehlgegangen, und wer dich herschickte, wollte dich verspotten, denn du wirst einen Stärkeren finden als mich, dem ich nicht widerstehen kann.“….“Wer ist denn das?“ fragte der Mäuserich. „Das ist“, erwiderte der Turm, „die Maus. Sie hat unter mir ein Nest, und es gibt keinen Mörtel, der so stark wäre, daß sie ihn nicht durchbräche. Sie gräbt unter mir und frisst sich durch mich hindurch, es gibt nichts, das sie aufhalten könnte.“ …“Was? Ei, ei!“ sagte der Mäuserich, „Das sind mir seltsame Neuigkeiten! Die Maus ist ja meine Verwandte. Ich gedachte hochzusteigen und muß doch zu meiner Art zurückkehren.“ …“Das ist dein Schicksal“, antwortete der Turm. „Geh heim und lerne, deine Art nicht mehr zu verachten. Du wirst nie eine Frau finden, Mäuserich, die besser zu dir paßt, als eine kleine Maus!“

Quelle: Französische Fabeln

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