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Der Schneck und das Schneckchen

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Es war einmal ein Schneck. Der hatte ein wunderschönes Schneckenhaus: Es schillerte in allen erdenklich bunten Farben, war innen weich und samten ausgepolstert. Aber keiner bekam dieses Schneckenhaus zu sehen. Denn es war nur innen drin so schön. Von außen sah es auch nur wie die anderen Schneckenhäuser aus: einfach und unscheinbar.

Und wie sollte ein anderer dieses Schneckenhaus sehen? Er ließ ja keinen anderen nahe genug an sich heran, als dass dieser es sehen konnte. Er verbrachte auch die meiste Zeit in seinem Schneckenhaus. Streckte selten seine Fühler nach draußen aus. Und wenn er merkte, dass ihm ein anderer zu nahe kam, verkroch er sich wieder ganz schnell in sein vertrautes kleines Häuschen.

Eines Tages kam ein kleines Schneckchen des Wegs, welches etwas vorwitzig und neugierig war. Sie sah den Schneck, wie er auf einem Blatt saß, um es gemütlich aufzufuttern. Dieses leckere Blatt würde ihr sicher auch schmecken. Sie kroch gemächlich heran und setzte sich an den Rand dazu. Der Schneck sah etwas erschreckt auf, als er da aus seiner Stille gestört wurde. Doch dann aß er friedlich weiter.

Das kleine Schneckchen kam währenddessen immer näher. Sie futterte an einer Seite des großen Blattes, und als diese aufgegessen war, kroch es zur nächsten, welche näher an dem Schneck war. Und so war sie am Schluss ganz nahe an ihn herangekommen, ohne dass er es merkte.

Er sah auf und bemerkte, dass das kleine Schneckchen wunderhübsche Fühler hatte. Zum ersten Mal sah er sich ein anderes Wesen genauer an. Das kleine Schneckchen saß einfach nur da und sah ihn an. Sie hatte auch noch nie einen Schneck mit solch schönem Schneckenhaus gesehen. Das war nämlich im Gegenlicht der Sonne durchscheinend geworden, und sie sah das schillernde Innere durchleuchten.

Beide saßen da und sahen sich an. Vergaßen das Blätterfutter. Keiner bewegte sich. Und dann kroch das kleine Schneckchen zum Schneck, und tastete mit ihren filigranen Fühlern an die seinen. Er saß nur still da und spürte in sich hinein. Dieses kleine Schneckchen hatte ihn ganz zart berührt und damit aufgeweckt.

Er sah sie voll leisem Erstaunen an. Und er streckte auch seine Fühler aus. Tastete ihre kleinen „Antennen“ ab. Ganz zart und fein. Sie erwiderte die Berührung.

Und wenn ihr zwei Schnecken auf einem Blatt sitzen seht, die ihre Fühler nacheinander ausstrecken, könnten es diese beiden sein …

Quelle: Irmgard Schertler

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