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Märchenbasar

Der Teufel und sein Schüler

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Ein Bauer, und zwar einer der wenigen, denen der Pflug etwas Barschaft in die Truhe gespielt hatte, verwandte alles, was er erwarb, darauf, seinen einzigen Sohn fern von sich in einer berühmten Stadt studieren zu lassen. Nach vollendeten Studienjahren kehrte der Sohn heim, allein wie es häufig geschieht, zeigte sich bald, daß er nun wohl zu leben verstand, jedoch nicht ohne viel Geld. Da nun die ganze Barschaft hinaus war, so wußte der Vater keinen weiteren Rat, als daß der Sohn jetzt auch den Beruf des Vaters betreiben und mit ihm zu Acker fahren solle. Dies wollte dem jungen Menschen aber durchaus nicht einleuchten, und er machte deshalb seinem Vater den Vorschlag, er möge ihn noch eine Zeitlang beurlauben, bis er die teuflische Schule gelernt habe, wonach es ihm ein leichtes sei, Geld genug herbeizuschaffen. Der Vater wollte zwar anfangs nicht einwilligen, gab aber endlich doch nach und begleitete seinen Sohn, als dieser sich aufmachte, den Teufel zu suchen. Sie waren schon ein ziemliches Stück Wegs gegangen, da begegnete ihnen der Teufel selbst und fragte sie, wohin sie wollten. Sie antworteten: »Zum Teufel!« – »Und was wollt ihr dort machen?« war die weitere Frage. Der Vater antwortete: »Dieser, mein Sohn, möchte in die teuflische Schule gehen!« Da lachte der Fremde und sagte: »Ei nun, so gebt ihn nur mir her, denn ich bin der Teufel selber!« Der Bauer fragte hierauf: »Und was muß ich denn bezahlen, wenn mein Sohn ein Jahr lang in die teuflische Schule gehen soll?« Der Teufel erwiderte: »Wenn du deinen Sohn nach Verlauf eines Jahres wiedererkennst, so kannst du ihn ohne Lehrgeld zurücknehmen, erkennst du ihn aber nicht, so bleibt er mein.« Der Bauer geriet hierüber in einige Sorge, winkte seinen Sohn beiseite und sagte ihm: »Schau, mein Sohn, ein Jahr lang, und die teuflische Schule wird dich so entstellen, daß ich dich nicht mehr erkenne, alsdann wirst du immer und ewig dem Teufel angehören.« Hierauf erwiderte der Sohn: »Oh, fürchtet Euch nicht, mein Vater, ich will Euch schon ein Zeichen geben, an dem Ihr mich leicht unter vielen herauskennen sollt. Ich biege nur den Zeigefinger an der linken Hand ein, daran könnt Ihr sehen, daß ich der bin, den Ihr sucht.«
So geschah es auch, als nach einem Jahr der Vater den Sohn aus der teuflischen Schule abholte; der Teufel aber bat den Vater, ihm seinen Zögling noch ein Jahr zu lassen und versprach, ihn noch viel mehr zu lehren. Vater und Sohn willigten ein, und da wieder dieselbe Bedingung gelten sollte wie das erstemal, so verabredeten sie wieder ein geheimes Zeichen, woran der Vater seinen Sohn erkennen würde: dieser sollte nämlich, wenn ihn der Vater nach einem Jahr aus der teuflischen Schule abholen würde, mit dem Fuße scharren.
Das Jahr war wieder um, und der Bauer erschien in der teuflischen Schule, um seinen Sohn unter vielen Jünglingen, die alle auf derselben Hochschule waren, herauszunehmen. Das verabredete Zeichen tat seinen Dienst auch diesmal, als aber Vater und Sohn gehen wollten, bat der Teufel wieder, der Bauer möchte ihm seinen Sohn noch ein Jahr lassen, damit er ihn noch drei Wörter mehr lehre, als er bis jetzt wisse. Vater und Sohn besprachen sich hierauf untereinander, und der Sohn sagte: »Vater, seht zu, wenn Ihr mich nach einem Jahr abholt, so wird Euch der Teufel aus Vorsicht nicht mehr in die Schule hineinlassen, sondern er wird alle Zöglinge einzeln herausschicken; damit Ihr mich aber leicht wiedererkennen könnt, so will ich alsdann, wenn ich herausgelassen werde, mit meinen Kleidern an Euch anstreifen.« Als der Bauer sich dieses gemerkt hatte, übergab er seinen Sohn dem Teufel zum drittenmal und ging.
Nach Ablauf eines Jahres erschien er vor der Tür der teuflischen Schule und verlangte seinen Sohn, worauf der Teufel alle Zöglinge, einen um den andern, zur Türe hinausschob. Als der Sohn des Bauern kam, so streifte er an seinen Vater an. Dieser erkannte ihn daran sogleich und verlangte seinen Sohn vom Teufel zurück, der ihn auch, obgleich mit vielem Ärger, herausgab.
Als beide zu Hause angekommen waren, so sagte der Sohn: »Vater, jetzt weiß ich, wie Geld machen!«, und als ihn der Vater darum befragte, so sprach er: »Ich werde mich jetzt in einen Ochsen verwandeln, so schön und groß, wie die Welt noch keinen gesehen hat, den stellt zum Verkauf aus. Viele Käufer werden kommen, aber gebt mich nicht weg unter zwei Metzen Dukaten; und den Strick, an welchem ich angebunden bin, gebt ja nicht mit in den Kauf!« Somit verwandelte sich der Sohn in einen überaus schönen, großen Ochsen, und als bekannt wurde, daß dieses Tier zum Verkauf sei, versammelte sich bald eine Menge Käufer, die sich aber, wenn sie den Preis hörten, immer gleich wieder davonmachten. Endlich kam eine Bande herumziehender Schauspieler, die das Wundertier kauften, um es für Geld sehen zu lassen. Der Bauer eilte mit seinen zwei Metzen Dukaten nach Hause, während die Schauspieler eine Bude aufschlugen und den Wunderochsen bekränzten, um ihn abends bei einer Vorstellung sehen zu lassen, zu welcher sich natürlich viele Schaulustige herzudrängten. Das Wunder von einem Ochsen hatte sich indessen hinter seinem Vorhang wieder menschliche Gestalt gegeben und sich schleunigst davongemacht. Als daher der Vorhang aufgezogen wurde, entstand eine große Bestürzung und Verwirrung. Alles schrie: »Betrug! Betrug!« Alle wollten ihr Geld wiederhaben, Zuschauer und Schauspieler, und in dieses mischte sich der Spott der Menge, so daß die Behörde sich ins Mittel legen und Ordnung schaffen mußte.
Vater und Sohn lebten indessen sehr gemächlich von den zwei Metzen Dukaten und dachten auch nicht eher an ein weiteres Einkommen, als bis der ganze Schatz zu Ende war. Da sprach der Sohn wieder zu seinem Vater: »Lieber Vater, ich werde mich nun in ein Pferd verwandeln, so schön, daß im ganzen Lande keines ihm ähnlich sein soll. Unter anderen Käufern wird auch der Teufel kommen, aber gebt mich ja nicht unter dem Preise von sechs Metzen Dukaten weg, auch vergeßt ja nicht, mir den Zaum abzunehmen, wenn Ihr mich verkauft, denn sonst kann ich nicht mehr wiederkehren!« Nachdem er so gesprochen hatte, stand in der Tat ein außerordentlich schönes Pferd vor dem alten Bauern, der es auch gleich am andern Tag auf einen Jahrmarkt in der benachbarten Stadt führte. Viele Kauflustige zeigten sich da, aber wenige, die den ungeheuren Preis zu zahlen imstande gewesen wären. Endlich erschien auch der Teufel, wie der Sohn vorhergesagt hatte. Er kaufte das Pferd, bezahlte die sechs Metzen Dukaten, wollte aber auch durchaus den Zaum haben und eher vom Kauf abstehen, als diesen lassen. Der Bauer, welcher das viele Gold bereits liebgewonnen hatte, hörte auf das Zureden der Umstehenden, welche meinten, daß bei einem so großen Gelde der Zaum ja nichts zu bedeuten habe, und gab daher dem Teufel endlich nach. Dieser ritt höchst erfreut nach Hause, wo er das Tier mit Stößen und Schlägen mißhandelte, statt es ordentlich zu füttern und zu warten.
Bald nachher begab sichs, daß eine Teufelshochzeit war, und der Teufel, der Eigentümer des Pferdes, schickte mit diesem auch seinen Sohn dazu, gab ihm aber die Weisung, das Tier weder zu füttern noch zu tränken. Die jungen Teufel alle, welche zur Hochzeit ritten, taten wie gewöhnlich junge Leute, und besonders bei solchen Gelegenheiten, nicht langsam, sondern ritten ihre Pferde in die Hitze, weshalb sie dieselben, als sie durch einen Bach ritten, auch saufen ließen, bis auf den einen, dem sein Vater es untersagt hatte. Da redeten ihm aber seine Kameraden zu, es zu tun. »Denn«, sagten sie, »du wirst uns sonst mit deinem durstigen, abgejagten Klepper nicht mehr nachkommen und legst so bei der Hochzeit schlechte Ehre ein.« Dies bestimmte den Teufelsjüngling, auch sein Pferd saufen zu lassen. Kaum hatte dieses aber einen Schluck zwischen dem Gebiß, so verwandelte es sich in einen Gründling, und der junge Teufel saß zum großen Erstaunen seiner Genossen im Wasser anstatt auf dem Sattel, während der Gründling davonschwamm.
Der alte Teufel, welcher mittels seiner großen teuflischen Künste dies augenblicklich sah, kam schleunigst herbei und schwamm dem Flüchtling nach. Dieser hatte indessen ein gutes Stück vorausgewonnen, da begegnete ihm ein anderer Fisch, zu dem er sagte: »Lieber Fisch, wenn du hinaufschwimmst und dir ein Teufel begegnen wird, so sag ihm, wenn er dich nach mir fragt, du kämst von ganz unten und habest mich nicht gesehen.« Der Fisch versprach ihm, es zu tun, und hielt, als der Teufel wirklich auf dem Wasser herabgeschwommen kam und ihn nach dem Gründling fragte, Wort, indem er sagte: »Ich habe keinen Gründling gesehen und komme doch von ganz unten beim Meere.« Darauf kehrte der Teufel um und schwamm aufwärts, immer hinauf bis zur Quelle, und als er hier den Gründling nicht fand, so schwamm er wieder abwärts so schnell wie der Blitz, so daß er den Flüchtigen bald eingeholt hatte. Als dieser sah, daß sein Feind ihm nahe war und daß er keine Zeit mehr zu verlieren hatte, so verwandelte er sich in einen schönen Goldring und sprang der Tochter des Kaisers, die eben am Ufer stand und sich wusch, an den Finger, indem er zu ihr sprach: »Ich bitte dich, schönste Prinzessin, überliefere mich nicht dem Teufel!« Kaum hatte er so gesprochen, so nahte sich auch schon der Teufel der erstaunten Kaiserstochter und verlangte von ihr den Ring, der ihr eben an den Finger gesprungen sei und der ihm gehöre. Die Prinzessin aber entgegnete ihm keck, daß sie keinen solchen habe; der, den sie am Finger habe, sei schon lange daran und gehöre ihr. Damit kehrte sie ihm den Rücken und ging heim in den Palast ihres Vaters. Der Teufel, welcher den Ring durchaus nicht lassen wollte, folgte ihr und begehrte ihn wieder von dem Kaiser, dem er alle möglichen Reichtümer und Schätze versprach. Der Ring aber hatte unterwegs zu der Prinzessin gesagt: »Liebste, schönste Prinzessin, gib mich ja dem Teufel nicht, bis er eine goldene Brücke herstellt, auf welcher schöne Bäume grünen und auf deren Mitte ein goldener Brunnen ist. Dort, sag ihm alsdann, wollest du mich ihm übergeben; gib mich ihm aber nicht in die Hand, sondern wirf mich auf die Erde.« Dies hatte sich die Prinzessin gemerkt, und als ihr Vater, der Kaiser, in sie drang, dem Teufel den Ring zu geben, so tat sie, wie ihr gesagt war.
Kaum hatte sie ausgesprochen, so erhob sich auf dem Schloßhof unten eine schöne, goldene Brücke mit dem Brunnen in der Mitte, zu dessen beiden Seiten herrliche Bäume grünten. Der Kaiser und die Kaiserin samt der Prinzessin gingen hinab, um dieses Wunder genauer zu betrachten und auch dem Teufel, welcher ihnen nachfolgte, den Ring zu übergeben.
Als dies die Prinzessin, wie sie versprochen, beim Brunnen tun sollte und der Teufel gierig hinzutrat, ließ sie den Ring auf die Erde fallen. Der verwandelte sich aber während des Falls in unzählige Fruchtkörner, die alle weit auseinander sprangen. Als der Teufel dies sah, verwandelte er sich in einen Hahn, pickte die Körner, so schnell es ihm nur möglich war, auf und verschlang sie. Ein Korn aber, das in den goldenen Schuh der Prinzessin gefallen war, verwandelte sich in einen Kiebitz. Dieser umflog den Hahn beständig und hackte ihm nach Augen und Hirn, was ihm auch bald gelang, da er viel besser fliegen konnte als der Hahn. Als er ihn so zu Tod gebissen hatte, nahm er seine menschliche Gestalt wieder an und trat als ein schöner Jüngling vor das erstaunte kaiserliche Paar und vor die Prinzessin, die sich nun nicht genug freuen konnte, daß sie dem schönen Fremdling so mutig beigestanden hatte. Der Kaiser und die Kaiserin und alle übrigen Anwesenden waren sehr neugierig, die Lebensgeschichte des sonderbaren Fremdlings zu hören, und luden ihn deshalb ein, mit in das Schloß zu kommen und sie ihnen zu erzählen. Dies tat er auch willig und berichtete von den Teufelsschulen, in die er gegangen war, dann, wie er sich stets dem Teufel wieder entzogen habe und alle seine übrigen Abenteuer, die wir bereits wissen. Darauf nahm der Kaiser keinen Anstand, dem Bauernsohne, der klüger war als der Teufel, seine Tochter zur Frau zu geben. Diese hatte gar nichts dagegen einzuwenden, so wenig wie der Jüngling, und die Geschichte erzählt, daß, solange der alte Kaiser lebte, er stets mit seinem Schwiegersohn zufrieden gewesen sei, weil er ihm in allen Angelegenheiten den besten Rat erteilte. Nach des Kaisers Tod übernahm er Krone und Zepter und regierte mit seiner geliebten Gattin viele Jahre glücklich und vergnügt.

[Rumänien: Arthur und Albert Schott: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat]

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