Suche

Märchenbasar

Der unbesiegbare Rittersmann

1
(1)

Einst lebte ein edler Rittersmann, der sich stets als sehr mutig sowie klug erwies und jegliche Herausforderung annahm. In den Erzählungen des Volkes galt er als unbesiegbar. Schon viele Abenteuer und Prüfungen hatte er bestanden und seine Fähigkeiten oftmals unter Beweis gestellt. Zwar nannte er große Reichtümer sein Eigen, doch sein Streben galt immer größeren Herausforderungen, um sein Ansehen zu stärken. Er ritt quer durch das ganze Land, über eisige Berggipfel und dunkle Wälder. Auf seinem Weg stellte er sich vielen furchterregenden Gegnern. Das Wort “Angst” kannte er nicht.

Eines Tages fand er einen Wegweiser. Dieser besagte: “Hier entlang geht es zu deiner größten Herausforderung!” Wohl wären die meisten Menschen zurückgeschreckt, doch nicht der edle Ritter. Selbstsicher stürmte er von Abenteuerlust beflügelt voran. Schließlich gelangte er an einen Höhleneingang. Ein zweiter Wegweiser zeigte direkt hinein. Auf ihm stand: “Tritt nur ein, wenn du würdig bist und wenn du dich traust!” Selbstverständlich ging er der Aufforderung unverzüglich nach.

Zuerst schien die Höhle lediglich ein dunkles Loch zu sein. Doch schon bald traf er auf eine hölzerne Tafel. Sie wurde von einer brennenden Fackel beleuchtet, sah sehr alt aus und zeigte eine Karte. Von ihr erfuhr er, dass die Höhle aus einem einzigen Gang bestand, der drei Räume zu kreuzen schien, die mit verschiedenen Symbolen markiert worden waren. Der ungestüme Ritter beachtete sie nicht, sondern trachtete nach Kampf und Ruhm.

Kurze Zeit später fand er sich in dem ersten der besagten drei Räume wieder. In diesem wurde er bereits von einem großen Monster erwartet. Versehen mit drei Köpfen, scharfen Zähnen und Krallen stellte es sich unmittelbar vor den Durchgang zum nächsten Raum und erhob ein durchdringendes, ohrenbetäubendes Gebrüll. Der Ritter zog sein Schwert und streckte das Untier mit einem einzigen Hieb nieder. Kaum dass es seinen letzten Atemausgehaucht hatte, steckte der Kämpfer sein Schwert zurück in die Scheide und schritt erhobenen Hauptes weiter.Noch immer hegte er die Hoffnung, hier eine Herausforderung zu finden, die seiner würdig war.

Er betrat den nächsten Raum und blickte sich erwartungsvoll um. Doch anstatt eines furchterregenden Gegners sah er wieder eine Tafel, die sich neben dem Durchgang zum angrenzenden Raum befand. Auf ihr stand geschrieben: “Oh du tapferer Mensch hast dich als stark und mutig erwiesen. Doch kannst du auch finden eines Rätsels Lösung? Du siehst mich nicht, kannst mich nicht erkennen. Doch ich kann dein Gesicht liebevoll umstreichen oder deinen gesamten Körper zu Boden strecken. Was bin ich?” Mit entschlossener Stimme stieß er das Wort: “Wind” hervor. Da nichts geschah, entschied er sich, sein Messer zu ziehen und das Wort in die Mauer zu ritzen, zum Beweis, dass er des Rätsels Lösung gefunden hatte. Dabei dachte er: „Wer weiß, was geschehen wäre, wenn ich falsch geraten hätte? Wie hätte ich es mit einem Sturm aufnehmen können?“ Er schüttelte diesen unangenehmen Gedanken ab, stapfte unbeirrt weiter und gelangte schließlich in den letzten Raum.

In diesem wartete abermals ein Monster. Doch war es klein und sah ungefährlich aus. Ohne jedwede Überlegung hieb er mit seinem Schwert das Untier mitten entzwei. Aber welch Wunder, das Wesen blieb unversehrt. Das konnte er sich nicht erklären, also versuchte er es noch einmal und noch einmal und noch einmal. Schlussendlich versuchte der Ritter das Monster zu Tode zu erschrecken. Jedoch ohne Erfolg! Es schien einfach unverwundbar zu sein. In seinem Kampfesstolz zutiefst verletzt, schlug und trat er auf das mittlerweile gelangweilt dreinschauende Untier bis zur totalen Erschöpfung ein. Er MUSSTE dieses Monster besiegen! Doch letztendlich stand der Ritter mit hängenden Armen, keuchendem Atem und zitternden Knien vor dem fremdartigen Wesen. Dessen kleine schwarze Augen sahen spöttisch auf sein Gegenüber und lachte: “Ich bin wohl deine größte Herausforderung!” Plötzlich verstand er den Sinn dieser Worte. Seine größte Angst war es nie gewesen, gegen ein riesiges Monster zu kämpfen oder ein Rätsel nicht lösen zu können, sondern eine Herausforderung einfach nicht annehmen zu können, da auch der tapferste und mutigste Ritter niemals gegen die Kräfte der Naturgewalten oder Magie ankämpfen kann. Mit knirschenden Zähnen verließ er die Höhle. Niemals zuvor hatte er sich so ohnmächtig gefühlt. Diese Herausforderung war wahrlich die größte, der er sich jemals gestellt hatte, aber keine, aus der er je hätte siegreich hervorgehen können.

Quelle: Marco

Wie hat dir das Märchen gefallen?

Zeige anderen dieses Märchen.

Gefällt dir das Projekt Märchenbasar?

Dann hinterlasse doch bitte einen Eintrag in meinem Gästebuch.
Du kannst das Projekt auch mit einer kleinen Spende unterstützen.

Vielen Dank und weiterhin viel Spaß

Skip to content