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Märchenbasar

Der Vampir

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Es war einmal eine alte Frau in einem Dorf. Bei der trafen sich die jungen Mädchen zum Spinnen und hielten Heimgart. Und die jungen Burschen kamen und schnappten sich die jungen Mädchen und küssten sich mit ihnen. Aber ein Mädchen hatte keinen Liebsten der sie umfasst und geküsst hätte. Und sie war ein strammes Mädel, die Tochter von reichen Bauern. Aber drei ganze Tage näherte sich ihr niemand. Und sie schaute, was die anderen Mädchen machten, ihre Kameradinnen. Aber niemand kümmerte sich um sie. Dabei war sie ein hübsches Mädchen, eine hübschere gab es nicht. Dann kam ein fescher Bursche daher, der nahm sie in die Arme und küsste sie und blieb bei ihr bis zum Hahnenschrei. Und als der Hahn in der Morgendämmerung krähte, da verließ er sie. Die alte Frau sah, dass er Hahnenfüße hatte. Und sie schaute auf seine Füße und sagte: „Nita, mein Mädchen, hast du was gesehen?”

„Ich hab nichts gemerkt.”

„Ja hat der nicht Hahnenfüße gehabt?”

„Ach, lass sein Mutter, ich hab’s nicht gesehen!”

Und das Mädchen ging heim und schlief; und sie stand auf und ging wieder zum Spinnen, wo noch mehr Mädchen ihren Heimgart hielten. Und die feschen Burschen kamen, und nahm sich jeder sein Liebchen. Und sie küssten sie und blieben eine Weile und gingen wieder heim. Und des Mädchens Verehrer kam und nahm sie in die Arme und küsste sich mit ihr und blieb bei ihr bis Mitternacht. Und der Hahn begann zu krähen. Der Bursche hörte den Hahn krähen und ging fort. Was sagte die alte Frau, die in der Hütte war? „Nita, hast du nicht gemerkt, dass er Pferdehufe hatte?”

„Und wenn er welche hatte, dann habe ich sie nicht gesehen!”

Dann ging das Mädchen heim. Und sie schlief und stand auf am Morgen und tat ihre Arbeit. Und der Abend kam und sie nahm ihren Spinnrocken und ging zu der alten Frau in die Hütte.

Und die anderen Mädchen kamen und die feschen Burschen kamen, und jeder setzte sich zu seiner Liebsten. Aber das hübsche Mädchen hat ihnen zugeschaut. Und die jungen Burschen gaben auf und gingen heim. Und nur das Mädchen blieb, nicht kurz und nicht lang. Dann kam ihr junger Bursche. Was machte das Mädchen da? Sie gab acht und stach ihm Nadel und Faden hinten ins Gewand. Und er ging, als der Hahn krähte, und sie wusste nicht, wohin er gegangen war. Dann stand das Mädchen am Morgen auf und nahm den Faden und folgte dem Faden und fand ihn in einem Grab sitzen. Da zitterte das Mädchen und ging heim. Am Abend kam der junge Bursche, der im Grab gewesen war, zum Haus der alten Frau und sah, dass das Mädchen nicht dort war.

Er fragte die alte Frau: „Wo ist Nita?”

„Sie ist nicht gekommen.”

Da ging er zu Nitas Haus, wo sie wohnte, und rief: „Nita, bist du zu Hause?”

„Ja”, antwortete Nita.

„Sag mir, was du gesehen hast, als du zur Kirche kamst. Denn wenn du mir’s nicht sagst, töte ich deinen Vater.”

„Ich habe nichts gesehen.”

Da ging er und tötete ihren Vater und ging fort in sein Grab.

In der nächsten Nacht kam er wieder: „Nita, sag mir, was du gesehen hast!”

„Ich hab gar nichts gesehen.”

„Sag mir’s, oder ich töte deine Mutter wie ich deinen Vater getötet habe!”

„Ich hab nichts gesehen!”

Da tötete er ihre Mutter und ging zurück in sein Grab. Am Morgen stand das Mädchen auf. Und sie hatte zwölf Diener. Und sagte zu ihnen: „Schaut, ich habe viel Geld und viele Ochsen und viele Schafe. Und die werdet ihr zwölf bekommen als ein Geschenk, denn ich werde heugte Nacht sterben. Und es wird euch schlecht ergehen, wenn ihr mich nicht im Wald begrabt am Fuß eines Apfelbaums.”

Zur Nacht kam der junge Bursche aus dem Grab und fragte: „Nita, bist du zu Hause?”

„Ja.”

„Sag mir, Nita, was du gesehen hast vor drei Tagen, oder ich töte dich, wie ich deine Eltern getötet habe.”

„Ich habe dir nichts zu sagen!”

Da packte und tötete er sie. Dann kehrte er zurück in sein Grab.

So fanden die Diener, als sie am Morgen aufstanden, Nita tot. Die Diener bahrten sie anständig auf. Sie machten ein Loch in die Wand und trugen sie durch das Loch hinaus und begruben sie, wie sie befohlen hatte, im Wald unterm Apfelbaum

Und ein halbes Jahr verging und ein Prinz ging auf die Jagd und jagte Hasen mit Windhunden. Und er jagte, und die Hunde durchstreiften den Wald und kamen zum Grab des Mädchens. Und eine Blume wuchs aus dem Grab, so eine schöne gab es nicht im ganzen Königreich. Also kamen die Hunde zu ihrem Grabstein und begannen zu bellen und kratzten das Grab des Mädchens auf. Und der Prinz rief die Hunde mit seinem Horn und die Hunde kamen nicht. Da sagte der Prinz: „Geht schnell dorthin!”

Vier Jäger machten sich auf und kamen und sahen die Blume brennen wie eine Kerze. Sie kehrten zurück zu dem Prinzen und er fragte sie: „Was gibt es dort?”

„Es ist eine Blume, wie noch nie eine gesehen ward!”

Und der Prinz hörte das und kam zu dem Grab des Mädchen und sah die Blume und pflückte sie. Und er ritt heim und zeigte die Blume seinen Eltern. Dann tat er sie in eine Vase und stellte sie an den Kopf seines Betts, wo er schlief. Da erhob sich die Blume aus der Vase und schlug einen Salto und verwandelte sich in ein Mädchen. Und sie nahm den Burschen und küsste ihn ab und biss ihn und hielt ihn in ihren Armen und legte ihre Hand unter seine Wange. Und er wusste nichts davon. Als der Morgen graute, wurde sie wieder zur Blume.

Am Morgen fühlte sich der Junge krank und er klagte seinem Vater und seiner Mutter: „Mutter, meine Schulter tut weh und mein Kopf tut weh!”

Die Mutter ging und holte eine weise Frau, die kümmerte sich um ihn. Er bat um etwas zu essen und zu trinken., Und er wartete ein bisschen und ging dann seinen Geschäften nach. Und am Abend kam er heim. Und er aß und trank und legte sich nieder auf sein Bett und der Schlaf umfing ihn. Da erhob sich die Blume wieder und wurde ein Mädchen. Und wieder nahm sie ihn in den Arm und schlief bei ihm und saß und hielt ihn in den Armen. Und er schlief. Und sie kehrte zurück in die Vase. Und er stand auf, und seine Knochen schmerzten ihn, und er sagte es seiner Mutter und seinem Vater. Da sagte sein Vater zu Königin: „Es hat alles angefangen mit dieser Blume. Irgendwas ist da los, denn der Bub ist recht krank. Lass uns heute Nacht Wache halten und schauen, wer da unseren Sohn heimsucht!”

Der Abend kam und der Prinz legte sich in sein Bett zum Schlafen. Und das Mädchen erhob sich aus der Vase und war so schön wie nichts je gewesen war – wie die Flamme einer Kerze. Und die Mutter und der Vater sahen das Mädchen und ergriffen sie. Da wachte der Prinz auf aus seinem Schlaf und sah das Mädchen und wie sie schön war. Da nahm er sie in die Arme und küsste sie, und legte sich ins Bett und schlief bis zum Morgen.

Und sie hielten Hochzeit und aßen und tranken. Das Volk erstaunte, denn ein Wesen so schön wie dies Mädchen war nicht zu finden im ganzen Reich. Und er lebte mit ihr ein halbes Jahr, und sie gebar einen goldenen Knaben mit zwei Äpfeln in seinen Händen. Und der Prinz war sehr froh.

Da hörte es ihr früherer Liebster, der Vampir, der ihr den Hof gemacht und sie getötet hatte. Er erwachte und kam zu ihr und fragte: „Nita, was hast du gesehen, dass ich tat?”

„Ich habe nichts gesehen!”

„Sag es mir wahrhaftig oder ich töte dein Kind, deinen kleinen Knaben, wie ich deinen Vater und deine Mutter getötet habe. Sag’s mir wahrhaftig!”

„Ich habe dir nichts zu sagen!”

Und er tötete ihren Knaben. Und sie ging und trug ihn zur Kirche und begrub ihn.

Zur Nacht kam der Vampir wieder und frage sie: „Sag mir, Nita, was du gesehen hast!”

„Ich habe nichts gesehen.”

„Sag’s mir, oder ich töte den Herrn, den du geheiratet hast.”

Da stand Nita auf und sagte: „Nie soll es geschehen, dass du meinen Herrn tötest. Gott gebe, dass du zerplatzen sollst!”

Der Vampir hörte, was Nita sagte, und zerplatzte. Ja, er starb und zerbarst vor lauter Zorn. Am Morgen stand Nita auf und sah dass der Boden in Blut schwamm, zwei Handbreit tief. Da gebot Nita ihrem Schwiegervater, dem Vampir schnell das Herz herauszuschneiden. Ihr Schwiegervater, der König, gehorchte, und schnitt ihn auf und nahm das Herz heraus und legte es in Nitas Hand. Und sie ging zu dem Grab ihres Knaben und grub ihn aus und legte ihm das Herz auf, und der Knabe erwachte. Und Nita ging zu ihrem Vater und ihrer Mutter und salbte sie mit dem Blut, und sie erwachten. Dann, vor ihrer aller Augen, erzählte Nita von all den Leiden, die sie ertragen hatte, und was sie von dem Vampir hatte erdulden müssen.

Aus der Sammlung „Gypsy Folktales“ von Francis Hindes Groome

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