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Es waren einmal drei Mädchen, welche bei offenem Fenster miteinander plauderten. Die eine von ihnen sagte zu der anderen: »Wenn ich heirate, werde ich drei Kinder bekommen. Das erste wird ein schöner Knabe sein, das zweite ein schönes Mädchen, das einen Stern auf der Stirn haben wird, und das dritte wieder ein schöner Knabe.« Der Königssohn ging gerade vorüber, hörte die Unterhaltung der drei Schwestern und trat ins Haus. »Verzeihung, meine Fräulein, wenn ich euch störe; aber ich habe soeben Worte gehört, die mich in Erstaunen versetzten, und ich bitte die, welche sie gesprochen hat, sie vor mir wiederholen zu wollen.« Das junge Mädchen wiederholte mit Anmut seine Worte. Da bat sie der Königssohn um ihre Hand. Umsonst hielt sie ihm ihre niedere Herkunft und ihre Armut vor, der Prinz wollte nichts davon hören. Und als sie noch den Einwurf machte, sie möchte ihre Schwestern nicht verlassen, da entschied er, daß sie ihr an den Hof folgen sollten. Er heiratete sie also.
Eines Tages mußte der Prinz, welcher inzwischen König geworden war, in den Krieg ziehen. Er vertraute seine schwangere Frau ihren Schwestern zur Obhut an und trug denselben auf, sowohl sie wie das zu erwartende Kind wohl zu versorgen. Als der Tag der Entbindung gekommen war, fand man anstatt des schönen Knaben, den sie erwartete, nur einen kleinen Hund an ihrer Seite. Man meldete dieses Ereignis dem König, der darüber sehr entrüstet war, aber er ließ seiner Gemahlin gegenüber nichts merken, als er heimkam.
Er mußte ein zweites Mal verreisen, als die Königin wieder mit einem Kinde ging. Er empfahl sie wieder seinen Schwägerinnen und bat diese, ihn sogleich nach der Entbindung zu benachrichtigen. Diesmal meldete man dem unglücklichen König die Geburt einer Katze, doch bei seiner Rückkehr verzieh er wieder.
Endlich rief ihn der Krieg ein drittes Mal außer Landes während einer dritten Schwangerschaft seiner Frau. Da meldete man ihm die Geburt eines andern kleinen Hundes, und dieses versetzte ihn in so heftigen Zorn, daß er einen großen Eisenkäfig bauen ließ, in welchen man die Königin einsperrte und dem Spotte der Menge preisgab.
Um dieselbe Zeit lebten drei junge Leute bei einem Greise; unter diesen dreien war eine Jungfrau, die einen Stern auf der Stirn trug. Als diese jungen Leute das Alter von fünfzehn bis zwanzig Jahren erreicht hatten, rief sie der Greis eines Tages zu sich und sprach zu ihnen: »Meine lieben Kinder! Ihr nennt mich euren Vater, aber der bin ich nicht. Ihr seid jetzt alt genug, um alles zu begreifen. So erfahrt denn, daß ich euch alle drei nacheinander am gleichen Ort aufgefunden und, da ihr noch ganz klein waret, aufgenommen habe. Ihr müßt einer edlen Familie angehören, die ich trotz meiner eingehenden Nachforschungen nicht habe entdecken können. Tretet nun eure Reise durch die Welt an, vielleicht habt ihr mehr Glück als ich. Ich weiß auch nicht, ob dieses junge Mädchen eure Schwester ist, aber ich vermute es und ersuche euch, sie als solche zu respektieren.« Die jungen Leute verließen also alle drei das Haus und gingen auf Abenteuer aus.
Der Zufall führte sie in die Nähe des Palastes, in welchem der König seine Tage damit verbrachte, sein verlorenes Glück zu beweinen. Eines Tages begegnete er einem dieser jungen Burschen, und der Anblick desselben verdoppelte seinen Kummer. »Ach!« dachte er, »das ist ein hübscher Bursche, welcher fast so alt ist, wie der meinige sein müßte; und ich habe nichts als einen Hund!« Ein andermal traf er das junge Mädchen auf der Straße: »So müßte jetzt«, sagte er zu sich selber, »meine Tochter aussehen, sie müßte auch einen Stern auf der Stirn haben. Und ich habe nichts als eine Katze!« Schließlich begegnete er auch dem zweiten Knaben: »So müßte mein drittes Kind jetzt aussehen statt des Hundes, den mir meine Gemahlin geschenkt hat.« Die drei jungen Leute suchten immerfort, freilich vergeblich, nach ihren Angehörigen. Dieser Ungewißheit müde, sagte der Älteste eines Tages zu seiner Schwester: »Liebe Schwester, da wir unsere Eltern nicht ausfindig machen können, werde ich den Vogel, der alles sagt, um Rat fragen.« »Aber, Unseliger! Was soll aus mir werden, wenn du nicht wiederkommst? Ich bitte dich, bleibe bei mir!« »Nein, ich muß gehen. Mein Bruder bleibt ja bei dir. Hier, nimm diesen Rosenkranz, und wenn morgen früh Blut daran klebt, so bin ich tot.« Der junge Mann zog in die Weite. Auf der Straße sprach ihn ein Vorübergehender an und sagte zu ihm: »Wohin des Weges, Freund? Gewiß um den Vogel, der alles sagt, aufzusuchen?« Und auf seine bejahende Antwort: »Nehmt diese Kugel und werft sie vor Euch hin. Wo sie stehenbleibt, da müßt auch Ihr halt machen. Ihr werdet da ein steinichtes Feld sehen, in dessen Mitte ein Baum ragt; darauf sitzt der Vogel in seinem Bauer. Geht ohne weiteres auf das Bauer zu und hütet Euch wohl, Euch umzuwenden, denn sonst seid Ihr verloren wie so viele andere.« Der Bursch versprach, diesem Rate zu folgen; er warf die Kugel vor sich hin, ging ihr nach und gelangte an die angegebene Stelle. Aber kaum hatte er den Fuß auf die Steine gesetzt, die den Baum umgaben, als tausend höhnische Stimmen hinter ihm zu rufen begannen: »Schau, heute ist’s ein hübscher Junge! Oh, es ist gleich, er gehört ihm nicht!« »Olala, er glaubt, er könne den Vogel, der alles sagt, loshaken.« »Er soll ihn haben!« »Er soll ihn nicht haben!« Kurz, er konnte dem Wunsche, zu sehen, woher diese Stimmen kämen, nicht widerstehen und drehte sich um; augenblicklich fiel er in einen Stein verwandelt zu Boden und vermehrte den Haufen derer, mit denen der Boden bereits übersät war. Am folgenden Tage war der Rosenkranz des jungen Mädchens mit Blut bedeckt.
Nun ging der zweite Knabe in die Welt, gleichfalls um den Vogel um Rat zu fragen und trotz der inständigen Bitten der Schwester, die für ihn dasselbe Schicksal fürchtete, welches ihren Bruder getroffen hatte. Und in der Tat war er bei seinem Unternehmen nicht glücklicher, sondern blieb gleichfalls unter dem Baume liegen.
Das junge Mädchen stand nun allein in der Welt und beschloß, seinerseits hinzugehen und sein Glück zu versuchen. Sie begegnete dem nämlichen Fremden, den schon ihre Brüder getroffen hatten, und empfing von ihm die gleichen Ratschläge. Obendrein teilte er ihr mit, daß sie, wenn sie wolle, ihre Brüder und ihren Vater retten könne. Durch dieses Versprechen gestärkt, folgte die Jungfrau der Kugel bis zum Ende der Reise. Ein entsetzliches Getöse begleitete ihre Ankunft: »Oh, aber heute ist es ein schönes Mädchen!« »Und mit einem Stern auf der Stirn, wenn ich bitten darf!« »Guten Tag, Liebchen!« »Es ist gleich, sie soll den Vogel auch nicht haben!« »Es gibt Schlauere, denen es nicht gelungen ist.« »Sie soll ihn haben!« »Sie soll ihn nicht haben …!« Wie sehr sie auch danach gelüstete, das junge Mädchen wandte sich nicht um. Ohne sich durch das Stimmengewirr einschüchtern zu lassen, ging sie geradeswegs auf das Bauer zu, erstieg die wenigen Stufen, die sie von dem Käfig trennten, und streckte ihre Hand nach diesem aus. Da verstummten sogleich alle Stimmen. Nun fing der Vogel zu reden an und sprach: »Geh zu dem kleinen Gehölz dort in der Nähe, dort mußt du einen Zweig von dem singenden Lorbeer pflücken, dann mußt du mit dieser Flasche etwas Wasser aus der Quelle im Walde schöpfen: es ist das tanzende Wasser. Davon mußt du einen Tropfen auf jeden der Steine gießen, die zu deinen Füßen liegen.« Das Mädchen tat, wie ihm geheißen war und goß die Wassertropfen auf die Steine. Sogleich erhoben sich eine Menge Frauen und Männer und Ritter mit ihren Rossen, welche alle gekommen waren, um den Vogel zu befragen, und nicht hatten heimkehren können. Sie fand darunter auch ihre beiden Brüder und den König, der gleichfalls die Wahrheit über die Tiere, die anstatt der Kinder aus seiner Ehe hervorgegangen waren, hatte erfahren wollen. Der König nahm seine Erlöserin ebenso wie deren Brüder mit an den Hof und veranstaltete ihnen zu Ehren ein großes Mahl, dem auch die beiden Schwestern der Königin, welche noch immer in ihrem Käfig eingesperrt war, beiwohnten. Am Schlusse des Mahles setzte man den Lorbeer auf den Tisch und dieser begann zum großen Erstaunen der Gäste zu singen; dann kam das tanzende Wasser und hatte keinen geringeren Erfolg. Zuletzt trug man vor die Heldin des Festes den Vogel, den sie loszuhaken verstanden hatte, und sie bat ihn, alles, was er wisse, zu erzählen. Dieser redete nun folgendermaßen: »Es war einmal ein König, der dreimal in den Krieg ziehen mußte, jedesmal dabei seine schwangere Frau in der Obhut seiner Schwägerinnen zurücklassend. Aber diese waren auf die Königin eifersüchtig und legten an Stelle der beiden Knaben und des Mädchens mit dem goldenen Stern auf der Stirn, denen sie das Leben gegeben hatte, zwei Hunde und eine Katze an ihre Seite und veranlaßten auf diese Weise, daß der König in seiner Wut seine Frau in einen Eisenkäfig sperrte. Die Kinder aber wurden von einem Manne aufgenommen, der sie unterrichten ließ und sie, als sie erwachsen waren, aussandte, nach ihren Eltern zu suchen. König, deine Kinder sind hier im Saal. Ihr jungen Leute, sehet da euren Vater; eure Mutter aber schmachtet im Gefängnis!« Bei diesen Worten fielen die jungen Leute dem König, ihrem Vater, in die Arme, und dieser umfing sie weinend. Er ließ sogleich die Königin in Freiheit setzen und bat sie auf den Knien um Vergebung für seine Grausamkeit. Dann ließ er die Schwestern, um ihre Treulosigkeit zu bestrafen, in den Eisenkäfig setzen, und diesen stellte er auf einen Scheiterhaufen, der alsbald die, welche soviel Leid verursacht hatten, verzehrte.
Ich bin durch das Tor von Paris geschritten, ich bin einer Maus auf den Schwanz getreten. Tui, tui, machte die Maus, und mein kleines Märchen ist aus.
Eines Tages mußte der Prinz, welcher inzwischen König geworden war, in den Krieg ziehen. Er vertraute seine schwangere Frau ihren Schwestern zur Obhut an und trug denselben auf, sowohl sie wie das zu erwartende Kind wohl zu versorgen. Als der Tag der Entbindung gekommen war, fand man anstatt des schönen Knaben, den sie erwartete, nur einen kleinen Hund an ihrer Seite. Man meldete dieses Ereignis dem König, der darüber sehr entrüstet war, aber er ließ seiner Gemahlin gegenüber nichts merken, als er heimkam.
Er mußte ein zweites Mal verreisen, als die Königin wieder mit einem Kinde ging. Er empfahl sie wieder seinen Schwägerinnen und bat diese, ihn sogleich nach der Entbindung zu benachrichtigen. Diesmal meldete man dem unglücklichen König die Geburt einer Katze, doch bei seiner Rückkehr verzieh er wieder.
Endlich rief ihn der Krieg ein drittes Mal außer Landes während einer dritten Schwangerschaft seiner Frau. Da meldete man ihm die Geburt eines andern kleinen Hundes, und dieses versetzte ihn in so heftigen Zorn, daß er einen großen Eisenkäfig bauen ließ, in welchen man die Königin einsperrte und dem Spotte der Menge preisgab.
Um dieselbe Zeit lebten drei junge Leute bei einem Greise; unter diesen dreien war eine Jungfrau, die einen Stern auf der Stirn trug. Als diese jungen Leute das Alter von fünfzehn bis zwanzig Jahren erreicht hatten, rief sie der Greis eines Tages zu sich und sprach zu ihnen: »Meine lieben Kinder! Ihr nennt mich euren Vater, aber der bin ich nicht. Ihr seid jetzt alt genug, um alles zu begreifen. So erfahrt denn, daß ich euch alle drei nacheinander am gleichen Ort aufgefunden und, da ihr noch ganz klein waret, aufgenommen habe. Ihr müßt einer edlen Familie angehören, die ich trotz meiner eingehenden Nachforschungen nicht habe entdecken können. Tretet nun eure Reise durch die Welt an, vielleicht habt ihr mehr Glück als ich. Ich weiß auch nicht, ob dieses junge Mädchen eure Schwester ist, aber ich vermute es und ersuche euch, sie als solche zu respektieren.« Die jungen Leute verließen also alle drei das Haus und gingen auf Abenteuer aus.
Der Zufall führte sie in die Nähe des Palastes, in welchem der König seine Tage damit verbrachte, sein verlorenes Glück zu beweinen. Eines Tages begegnete er einem dieser jungen Burschen, und der Anblick desselben verdoppelte seinen Kummer. »Ach!« dachte er, »das ist ein hübscher Bursche, welcher fast so alt ist, wie der meinige sein müßte; und ich habe nichts als einen Hund!« Ein andermal traf er das junge Mädchen auf der Straße: »So müßte jetzt«, sagte er zu sich selber, »meine Tochter aussehen, sie müßte auch einen Stern auf der Stirn haben. Und ich habe nichts als eine Katze!« Schließlich begegnete er auch dem zweiten Knaben: »So müßte mein drittes Kind jetzt aussehen statt des Hundes, den mir meine Gemahlin geschenkt hat.« Die drei jungen Leute suchten immerfort, freilich vergeblich, nach ihren Angehörigen. Dieser Ungewißheit müde, sagte der Älteste eines Tages zu seiner Schwester: »Liebe Schwester, da wir unsere Eltern nicht ausfindig machen können, werde ich den Vogel, der alles sagt, um Rat fragen.« »Aber, Unseliger! Was soll aus mir werden, wenn du nicht wiederkommst? Ich bitte dich, bleibe bei mir!« »Nein, ich muß gehen. Mein Bruder bleibt ja bei dir. Hier, nimm diesen Rosenkranz, und wenn morgen früh Blut daran klebt, so bin ich tot.« Der junge Mann zog in die Weite. Auf der Straße sprach ihn ein Vorübergehender an und sagte zu ihm: »Wohin des Weges, Freund? Gewiß um den Vogel, der alles sagt, aufzusuchen?« Und auf seine bejahende Antwort: »Nehmt diese Kugel und werft sie vor Euch hin. Wo sie stehenbleibt, da müßt auch Ihr halt machen. Ihr werdet da ein steinichtes Feld sehen, in dessen Mitte ein Baum ragt; darauf sitzt der Vogel in seinem Bauer. Geht ohne weiteres auf das Bauer zu und hütet Euch wohl, Euch umzuwenden, denn sonst seid Ihr verloren wie so viele andere.« Der Bursch versprach, diesem Rate zu folgen; er warf die Kugel vor sich hin, ging ihr nach und gelangte an die angegebene Stelle. Aber kaum hatte er den Fuß auf die Steine gesetzt, die den Baum umgaben, als tausend höhnische Stimmen hinter ihm zu rufen begannen: »Schau, heute ist’s ein hübscher Junge! Oh, es ist gleich, er gehört ihm nicht!« »Olala, er glaubt, er könne den Vogel, der alles sagt, loshaken.« »Er soll ihn haben!« »Er soll ihn nicht haben!« Kurz, er konnte dem Wunsche, zu sehen, woher diese Stimmen kämen, nicht widerstehen und drehte sich um; augenblicklich fiel er in einen Stein verwandelt zu Boden und vermehrte den Haufen derer, mit denen der Boden bereits übersät war. Am folgenden Tage war der Rosenkranz des jungen Mädchens mit Blut bedeckt.
Nun ging der zweite Knabe in die Welt, gleichfalls um den Vogel um Rat zu fragen und trotz der inständigen Bitten der Schwester, die für ihn dasselbe Schicksal fürchtete, welches ihren Bruder getroffen hatte. Und in der Tat war er bei seinem Unternehmen nicht glücklicher, sondern blieb gleichfalls unter dem Baume liegen.
Das junge Mädchen stand nun allein in der Welt und beschloß, seinerseits hinzugehen und sein Glück zu versuchen. Sie begegnete dem nämlichen Fremden, den schon ihre Brüder getroffen hatten, und empfing von ihm die gleichen Ratschläge. Obendrein teilte er ihr mit, daß sie, wenn sie wolle, ihre Brüder und ihren Vater retten könne. Durch dieses Versprechen gestärkt, folgte die Jungfrau der Kugel bis zum Ende der Reise. Ein entsetzliches Getöse begleitete ihre Ankunft: »Oh, aber heute ist es ein schönes Mädchen!« »Und mit einem Stern auf der Stirn, wenn ich bitten darf!« »Guten Tag, Liebchen!« »Es ist gleich, sie soll den Vogel auch nicht haben!« »Es gibt Schlauere, denen es nicht gelungen ist.« »Sie soll ihn haben!« »Sie soll ihn nicht haben …!« Wie sehr sie auch danach gelüstete, das junge Mädchen wandte sich nicht um. Ohne sich durch das Stimmengewirr einschüchtern zu lassen, ging sie geradeswegs auf das Bauer zu, erstieg die wenigen Stufen, die sie von dem Käfig trennten, und streckte ihre Hand nach diesem aus. Da verstummten sogleich alle Stimmen. Nun fing der Vogel zu reden an und sprach: »Geh zu dem kleinen Gehölz dort in der Nähe, dort mußt du einen Zweig von dem singenden Lorbeer pflücken, dann mußt du mit dieser Flasche etwas Wasser aus der Quelle im Walde schöpfen: es ist das tanzende Wasser. Davon mußt du einen Tropfen auf jeden der Steine gießen, die zu deinen Füßen liegen.« Das Mädchen tat, wie ihm geheißen war und goß die Wassertropfen auf die Steine. Sogleich erhoben sich eine Menge Frauen und Männer und Ritter mit ihren Rossen, welche alle gekommen waren, um den Vogel zu befragen, und nicht hatten heimkehren können. Sie fand darunter auch ihre beiden Brüder und den König, der gleichfalls die Wahrheit über die Tiere, die anstatt der Kinder aus seiner Ehe hervorgegangen waren, hatte erfahren wollen. Der König nahm seine Erlöserin ebenso wie deren Brüder mit an den Hof und veranstaltete ihnen zu Ehren ein großes Mahl, dem auch die beiden Schwestern der Königin, welche noch immer in ihrem Käfig eingesperrt war, beiwohnten. Am Schlusse des Mahles setzte man den Lorbeer auf den Tisch und dieser begann zum großen Erstaunen der Gäste zu singen; dann kam das tanzende Wasser und hatte keinen geringeren Erfolg. Zuletzt trug man vor die Heldin des Festes den Vogel, den sie loszuhaken verstanden hatte, und sie bat ihn, alles, was er wisse, zu erzählen. Dieser redete nun folgendermaßen: »Es war einmal ein König, der dreimal in den Krieg ziehen mußte, jedesmal dabei seine schwangere Frau in der Obhut seiner Schwägerinnen zurücklassend. Aber diese waren auf die Königin eifersüchtig und legten an Stelle der beiden Knaben und des Mädchens mit dem goldenen Stern auf der Stirn, denen sie das Leben gegeben hatte, zwei Hunde und eine Katze an ihre Seite und veranlaßten auf diese Weise, daß der König in seiner Wut seine Frau in einen Eisenkäfig sperrte. Die Kinder aber wurden von einem Manne aufgenommen, der sie unterrichten ließ und sie, als sie erwachsen waren, aussandte, nach ihren Eltern zu suchen. König, deine Kinder sind hier im Saal. Ihr jungen Leute, sehet da euren Vater; eure Mutter aber schmachtet im Gefängnis!« Bei diesen Worten fielen die jungen Leute dem König, ihrem Vater, in die Arme, und dieser umfing sie weinend. Er ließ sogleich die Königin in Freiheit setzen und bat sie auf den Knien um Vergebung für seine Grausamkeit. Dann ließ er die Schwestern, um ihre Treulosigkeit zu bestrafen, in den Eisenkäfig setzen, und diesen stellte er auf einen Scheiterhaufen, der alsbald die, welche soviel Leid verursacht hatten, verzehrte.
Ich bin durch das Tor von Paris geschritten, ich bin einer Maus auf den Schwanz getreten. Tui, tui, machte die Maus, und mein kleines Märchen ist aus.
[Ernst Tegethoff: Französische Volksmärchen]