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Der König der Waldtiere war gestorben. Da sprachen diese untereinander: „Es ist am besten, wir machen den Wolf zum König. Da wird er immer daheim sitzen und Recht sprechen, und wir haben indes vor ihm Ruhe.“ So geschah es auch, dass sie ihn wählten. Der Wolf freute sich über die große Ehre, die ihm angetan wurde, und damit es ihm an klugem Rat nie fehle, machte er den Fuchs zu seinem Minister. Wehe aber den armen Tieren, die vor dem Gerichtshof des neuen Königs erschienen. Keines kam lebendig davon. Was der König nicht selbst gewaltsam tötete, das starb durch die Hinterlist seines Ministers. So ging es z.B. dem Hasen.
Die Geschichte ist diese: Der Hase ging an einem Felsblock vorüber. Da sah er eine Schlange liegen, auf die ein mächtiger Stein gerollt war. Die Schlange bat ihn, er möchte den Stein von ihr wegheben. Der Hase, mitleidig von Natur, bedachte sich nicht lange und hob den Stein fort. Kaum war die Schlange frei, so wollte sie den Hasen verschlingen. „Wie, ist das der Dank?“ rief dieser. „Ja, so geht es in diesen Zeiten“, sprach die Schlange, „Undank ist der Welt Lohn!“ – „So lasse wenigstens einen andern Recht sprechen!“ sagte der Hase. Die Schlange war das zufrieden. Da fiel dem Hasen ein Stein vom Herzen. Sie gingen nun weiter und sahen zwei Raben. Diesen legten sie die Sache vor. „Er soll sterben!“ sprachen die Raben, „denn Undank ist der Welt Lohn!“ – „Was, sollen Räuber meine Richter sein?“ sprach der Hase, „noch füge ich mich nicht, gehen wir zum König.“ Die Schlange ließ auch das geschehen.
Als sie vor dem König waren und ihm die Sache vortrugen, sprach der zornig: „Der Hase hat auf keinen Fall recht, weil er der Schwächere ist. Ob aber die Schlange recht hat, soll mein Minister untersuchen.“ Da kamen sie vor den Fuchs und trugen ihm die Geschichte vor. Der schüttelte bedenklich den Kopf und sprach: „So ein verwickelter Fall ist mir noch nicht vorgekommen.“ Er ließ sich zum Stein hinführen. Da sagte er zu der Schlange: „So lege du dich an die Stelle, wo du warst, und du, Hase, wälze den Stein hin, wie er war.“ Als das geschehen, sprach der Fuchs das Urteil: „So soll es auch bleiben!“ Den Hasen packte er gleich und würgte ihn, indem er sagte: „Dich hat mein König verurteilt, du darfst der gerechten Strafe nicht entgehen.“
Ob der Wolf noch immer König ist von den Tieren im Walde und der Fuchs sein Minister, weiß ich nicht. Frage seinen Herrn Vetter im gelbkrausen Mente, der wird es wissen.
Die Geschichte ist diese: Der Hase ging an einem Felsblock vorüber. Da sah er eine Schlange liegen, auf die ein mächtiger Stein gerollt war. Die Schlange bat ihn, er möchte den Stein von ihr wegheben. Der Hase, mitleidig von Natur, bedachte sich nicht lange und hob den Stein fort. Kaum war die Schlange frei, so wollte sie den Hasen verschlingen. „Wie, ist das der Dank?“ rief dieser. „Ja, so geht es in diesen Zeiten“, sprach die Schlange, „Undank ist der Welt Lohn!“ – „So lasse wenigstens einen andern Recht sprechen!“ sagte der Hase. Die Schlange war das zufrieden. Da fiel dem Hasen ein Stein vom Herzen. Sie gingen nun weiter und sahen zwei Raben. Diesen legten sie die Sache vor. „Er soll sterben!“ sprachen die Raben, „denn Undank ist der Welt Lohn!“ – „Was, sollen Räuber meine Richter sein?“ sprach der Hase, „noch füge ich mich nicht, gehen wir zum König.“ Die Schlange ließ auch das geschehen.
Als sie vor dem König waren und ihm die Sache vortrugen, sprach der zornig: „Der Hase hat auf keinen Fall recht, weil er der Schwächere ist. Ob aber die Schlange recht hat, soll mein Minister untersuchen.“ Da kamen sie vor den Fuchs und trugen ihm die Geschichte vor. Der schüttelte bedenklich den Kopf und sprach: „So ein verwickelter Fall ist mir noch nicht vorgekommen.“ Er ließ sich zum Stein hinführen. Da sagte er zu der Schlange: „So lege du dich an die Stelle, wo du warst, und du, Hase, wälze den Stein hin, wie er war.“ Als das geschehen, sprach der Fuchs das Urteil: „So soll es auch bleiben!“ Den Hasen packte er gleich und würgte ihn, indem er sagte: „Dich hat mein König verurteilt, du darfst der gerechten Strafe nicht entgehen.“
Ob der Wolf noch immer König ist von den Tieren im Walde und der Fuchs sein Minister, weiß ich nicht. Frage seinen Herrn Vetter im gelbkrausen Mente, der wird es wissen.
Quelle: (Josef Haltrich)