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Märchenbasar

Der Zigeuner und die drei Teufel

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Unser Herr Christus wanderte mit Petrus und Johannes durch mancherlei Länder, um zu sehen, wie es in der Welt ginge. Da kamen sie eines Abends zu einem Zigeuner und baten um Herberge. Nur die Frau war zu Hause. Der Mann war im Wirtshaus. „Ich möchte euch gerne aufnehmen“, sprach die Zigeunerin, „aber mein Mann wird euch misshandeln, wenn er nach Hause kommt!“ – „Nu, es wird ja nicht so arg sein!“ sprach der Herr: „wir legen uns gleich in den Winkel zum Schlafen, und da wird er uns schwerlich bemerken!“ Jetzt wollte sie die Zigeunerin nicht abweisen, sie machte eine Streu, und die drei Wanderer legten sich: der Herr zunächst, Johannes in die Mitte, Petrus an die Wand. Als der Zigeuner schwer angetrunken nach Hause kam, fing er an zu schelten und zu lärmen und auf seine Frau loszuschlagen: „Du glaubst, ich sei betrunken, du lügst!“ – „Aber Mann, ich habe ja gar nichts gesagt!“ Indem erblickte er die drei auf dem Boden. „Ha, Schlange, wen hast du hier?“ – „Es sind müde Wanderer!“ – „Ei zum Donner, konnten die nicht auf der Gasse schlafen?“ Da ließ er seine Frau und fing nun auf den ersten besten an zu schlagen, und das war Christus. Der Herr regte und rührte sich nicht. Als am Morgen die Wanderer dankten und fortgehen wollten, hatte der Zigeuner seinen Rausch verschlafen und bat um Verzeihung, dass er sie misshandelt habe. Er habe es nicht gerne getan, allein wenn er lustig sei, müsse er jemanden schlagen. Der Herr sprach sanftmütig: „Schon gut, kein Mensch ist ja ohne Fehler!“ Damit gingen sie fort.
Nach einem Jahr aber kehrte der Herr mit den beiden Jüngern wieder da ein. Der Zigeuner war auch jetzt nicht zu Hause, sondern, wie gewöhnlich, wenn er Geld hatte, im Wirtshaus. Christus hatte sich diesmal in die Mitte gelegt. Als der Zigeuner betrunken heimkam, schalt und lärmte er abermals und schlug auf seine Frau, und als diese ihm sagte, es seien wieder die drei armen Wanderer da, ließ er seine Frau und schlug auf den mittleren los. „Die Reihe ist jetzt an dem!“ sprach er bei sich. Es war aber wieder Christus, den er geschlagen hatte. Am andern Morgen bat er abermals um Verzeihung, und der Herr sagte wieder: „Schon gut, kein Mensch ist ja ohne Fehler!“ Zum drittenmal, wieder nach einem Jahre, kehrten die drei Wanderer bei dem Zigeuner ein. Jetzt hatte sich Christus an die Wand gelegt. Als der Zigeuner betrunken aus dem Wirtshaus nach Hause kam, schlug er mit Vorbedacht den dritten. „Jetzt dürfen sie einander nichts vorwerfen!“ sprach er bei sich: „jeder hat sein Teil bekommen“. Allein Christus hatte auch diesmal die Schläge empfangen.
Als sie am andern Morgen Abschied nahmen, bat der Zigeuner wieder gar sehr um Verzeihung für seine Unart. Er meine es gar nicht schlecht. Allein wenn er in der Lust sei, müsse er jemanden schlagen. Da freute sich der Herr, dass er im Grunde ein so gutes Herz habe, und sprach zu ihm: „Erbitte dir dreierlei Gnade!“ – „So bitte ich“, sprach der Zigeuner, „um einen Beutel voll Geld, der nie leer wird, zum zweiten um einen Spiegel, mit der Eigenschaft, dass, wer einmal hineinsieht, sich nicht von der Stelle rühren kann, bis ich ihn nicht fortstoße, und zum dritten um einen Birnbaum vor meinem Haus, stets voll von Früchten, mit der Eigenschaft, dass, wer hinauf kriecht, nicht herunterkommen kann, bis ich ihn nicht herunterstoße.“ – „Es soll dir werden!“ sprach Christus, und damit zog er mit Petrus und Johannes weiter. Der Zigeuner freute sich sehr, wie er am nächsten Tage seine Wünsche erfüllt sah. „Jetzt habe ich, was mein Herz begehrt. Nun kann ich immerfort lustig leben!“ Von da an war er jeden Tag vom Morgen bis zum Abend im Wirtshaus und lebte wie ein Kaiser oder König, aß stets Schweinefleisch und trank stets süßen Rosoli. Endlich aber, als es Zeit war, dass er sterben sollte, kam der Teufel und sprach: „Na, Bruder Midi, jetzt bist du mein, auf und folge mir!“ – „Gleich auf der Stelle, nur dass ich meine Sachen zusammennehme, sieh indes in jenem Spiegel, was für ein schöner Kerl du bist!“ Der Teufel tat das gerne. Denn er denkt ja auch, er sei schön, und wo er kann, besieht er sich im Spiegel. Der Zigeuner ging in seine Schmiede und machte eine Zange glühend und kam dann und fasste den Teufel an seiner Nase, versengte und dehnte sie. Der Arme konnte sich nicht von der Stelle rühren. Er brüllte aber vor entsetzlichem Schmerze. Da stieß ihn zuletzt der Zigeuner, dass er zur Türe hinausflog. Der Teufel aber war froh und lief, dass er kein Leben hatte. Der Zigeuner dachte: „Der wird dir gewiss nicht wiederkommen!“
Als der Teufel außer Atem in der Hölle ankam, erzählte er seinem Vater und seinem Bruder, was ihm begegnet sei, und die mussten die Wahrheit an seiner Nase erkennen. „Du elender Kerl!“ sprach sein Bruder, „warte, ich will ihn gleich lehren und holen!“ Da ging er zum Zigeuner, und ohne einen guten Tag zu bieten, rief er von der Gasse, denn er wollte gar nicht ins Zimmer, damit er nicht in den Spiegel sehe, ihm trotzig zu: „He, Midi, du bist mein, auf, folge mir!“ – „Auf der Stelle!“ sprach der Zigeuner: „ich will nur ein wenig einsacken, dass wir auf dem weiten Wege zu essen haben!“ Damit ging er hinaus und brachte einen großen Kohlensack und sprach zum Teufel: „Sei so gut und krieche auf den Baum und fülle diesen Sack, bis ich meine Reisekleider anlege.“ Das gefiel dem Teufel, denn er hatte die schönen Birnen schon lange angesehen und sie zu kosten gewünscht. Der Zigeuner aber ging in die Schmiede, nahm eine lange Eisenstange, schärfte sie an dem einen Ende und machte die Spitze ganz glühend. Dann kam er und stach damit auf den Teufel, dass dieser laut aufheulte.
Er kroch immer höher am Baum, damit der Zigeuner ihn nicht mehr erreichen könne. Der aber nahm zuletzt eine Leiter und stocherte immerfort den Teufel in die Seite. Der war zuletzt bis in die höchste Baumspitze hinauf, da brach diese ab, und er plumpste wie ein Sack herunter und brach noch ein Bein. Dennoch raffte er sich schnell auf und lief unter großem Geheul in einem fort bis in die Hölle. Da kam sein Bruder schadenfroh und rief: „Aha! da hast es! sagte ich dir es! da hast es!“ Der Zerschlagene aber hielt immerfort die Hände in seine zerstochenen Seiten und zeigte seinen zerbrochenen Fuß und jammerte entsetzlich. Der alte Teufel stand da und wusste nicht, was er sagen solle. Endlich seufzte er: „Das muss ein gedonnerter Kerl sein! Den möchte ich auch kennen lernen!“ Er hatte aber dennoch keine Lust hinzugehen.
Der Zigeuner lebte von da wieder lustig und ungestört noch eine gute Zeit. Als er endlich fühlte, dass er sterben müsse, befahl er, dass man ihm seine lederne Schürze, Vorschürze und Nägel, Hammer und Zange neben ihn lege. Als er gestorben war, kam er vor die Himmelstüre und klopfte an. Da erschien Petrus gleich mit den vielen Schlüsseln und öffnete. Wie er aber den Zigeuner sah, rief er: „Du gehörst nicht hierher, du hast liederlich gelebt!“ und schlug damit die Türe gewaltig zu. Da bat der Zigeuner gar untertänig, er möge ihn doch einlassen, er wolle alle Schmiedearbeit im Himmel umsonst tun und schlug auch gleich einige Nägel in die Himmelstüre, die herausgefallen waren. Aber Petrus war nicht zu erweichen. Da blieb dem Zigeuner nichts anders übrig, als in die Hölle zu gehen und da sein Glück zu versuchen. „Da hast du wenigstens das Feuer umsonst!“ tröstete er sich, „und kannst immer deines Handwerks pflegen.“
Als er an das Höllentor angelangt war, nahm er seinen Hammer und klopfte. Da kam der junge Teufel mit der langgedehnten Nase und sah durch die Torritze. Gleich erkannte er den furchtbaren Mann und lief voll Entsetzen davon und schrie: „Er ist hier, er ist hier!“ Als der andere das hörte, der auf dem Baum gesessen, lief er mit, und den alten Teufel packte die Furcht anfangs auch, und er lief gleichfalls, und sie kamen in den innersten Höllenwinkel und verkrochen sich. Der Zigeuner aber klopfte fort und immer stärker. Da sprach der alte Teufel:
„Ich möchte ihn doch auch nur sehen“, und wie sehr ihn die beiden Söhne zurückzuhalten suchten, so ging er doch, denn seine Neugierde war zu groß. Er öffnete das Tor nur ein wenig und steckte seine Nase hinaus. Tschack! schnappte der Zigeuner die Spitze davon mit seiner Zange ab. Der Alte drückte die Türe schnell zu, klemmte aber dabei seinen Bart ein und konnte jetzt nicht frei werden, wie sehr er herumzerrte. Seine Söhne fürchteten sich aber, ihm zu Hilfe zu kommen, und so musste der Alte seinen Geist elendiglich aufgeben, und seitdem spricht man nicht mehr vom alten Teufel, sondern nur von seinen Söhnen, dem langnasigen und dem hinkenden Teufel.
Die Zeit aber wurde dem Zigeuner vor dem Höllentor endlich zu lang. Er versuchte noch einmal an der Himmelstüre. Doch Petrus blieb unerweichlich. Zuletzt wurde er auch zornig und sprach: „Weil man mich denn weder in den Himmel noch in die Hölle einlässt, so ist es mir recht. Ich gehe wieder auf die Erde, da gefällt es mir ohnehin besser!“ Und so findet man den Zigeuner bis auf den heutigen Tag hier. Wenn er Geld hat, ist er im Wirtshaus. Hat er keins, ergeigt er sich einen Trunk oder er nimmt den Hammer und macht Schuh- und Lattnägel.

Quelle: (Josef Haltrich)

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