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Der Zauberer und sein Lehrling

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Es war einmal eine Frau und die hatte einen Sohn; wohin die Frau ihren Sohn auch in die Lehre gab, nirgends wollte er bleiben, sondern lief davon. Einmal sagte die Frau ihrem Sohne: »Wohin soll ich dich geben?« Der Sohn antwortete: »Nimm mich mit, gehen wir zusammen; wo’s mir gefällt, dorthin gib mich, von dort werde ich nicht fortlaufen.« Die Frau nimmt ihren Sohn und führt ihn auf den Markt; nachdem sie bei einigen Handwerkern vorbeigegangen waren, kommen sie zuletzt zu einem Zauberer.
Der Sohn erblickte ihn und sagte, die Mutter solle ihn zu dem in die Lehre geben. Die Frau trat zum Zauberer, sagte ihm, dass sie ihren Sohn zu ihm in die Lehre geben möchte. Der Zauberer willigte ein und nahm ihn mit. Es vergeht ein Tag, es vergehen fünf Tage und der Zauberer lehrt den Jungen alles, was er kann. Eine Zeitlang beschäftigt sich der Junge damit, als sein Meister ihm eines Tages sagt: »Ich verwandle mich in einen Widder, führe mich auf den Markt und verkaufe mich. Doch den Strick gib nicht hin!« Der Junge sagt: »’s ist gut,« und der Meister verwandelt sich sofort in einen Widder; der Junge führt ihn auf den Markt, übergibt ihn dem Ausrufer, der ihn versteigert. Ein Mann gibt fünfhundert Groschen für ihn und kauft ihn; den Strick aber gibt der Junge nicht hin und begibt sich nach Hause. Wie es Abend wird, entweicht der Meister dem Käufer und kommt nach Hause.
Den andern Tag unterweist der Meister den Jungen wieder, wie tags vorher: »Jetzt verwandle ich mich in ein Pferd; führe mich auf den Markt, doch gib gut acht, damit der Strick nicht auch mit verkauft werde.« Der Junge antwortete: »Ich habe alles verstanden.« Sofort führt er den Meister zu Markte, übergibt ihn dem Ausrufer, der den Preis gleich auf tausend Groschen erhebt. Der Junge nimmt samt dem Gelde den Strick und kommt nach Hause. Da spricht der Junge bei sich: »Das habe ich nun erlernt. Wir werden zu Hause sehen, wie ich mir selbst etwas aufhelfen kann,« und geht von da zu seiner Mutter. »Nun Mütterchen, was zu lernen war, habe ich erlernt. Viel Dank, dass du mich zu diesem Meister in die Lehre gegeben hast; ich werde recht viel Geld verdienen.« Die arme Frau wusste von allem nichts und sagte: »Was ist’s, mein Sohn, was wirst du anfangen? Ich sehe ja nichts bei dir. Ich fürchte, du bist wieder durchgegangen und führst mich wieder hinter’s Licht.« »Fürchte nichts, Mütterchen,« sagte der Junge. »Morgen werde ich mich zu einem Bade verwandeln, du wirst mich verkaufen; doch gib acht, dass du den Schlüssel nicht auch mit verkaufst, sonst haben wir nichts erreicht und mit mir ist’s auch aus.«
Während der Junge seine Mutter so des öfteren belehrt, entweicht der Meister dem Hause, dem er verkauft wurde und kommt nach Hause. Da sieht er, dass der Junge fort und nicht zu finden ist: »Du Taugenichts! du hast mich jetzt vollends verkauft! Aber sollst du nur noch einmal in meine Hände geraten, da wirst du’s lernen, einen anzuführen!« Die Nacht blieb er noch zu Hause, den andern Morgen aber machte er sich auf den Weg, um den Jungen zu suchen.
Er wandert lang, er wandert kurz und forscht und nicht. Derweil verwandelt sich der Junge in ein schönes Bad, seine Mutter übergibt es dem Ausrufer. Die ganze Stadt war über die Pracht des Bades erstaunt und alles sammelte sich dahin. Der Meister hört auch davon, geht hin und bemerkt, dass das Bad sein Lehrling ist. Er sagt kein Wort, und als die Bejs, Paschas und andere reiche Leute das Bad zu einem hohen Preise hinauftreiben, bietet der Meister noch eine grosse Summe darüber; niemand wollte mehr höher und so bekommt er das Bad. Die Frau wird gerufen und als der Meister ihr das Geld überreichen will, erklärt sie, dass sie den Schlüssel nicht hingibt. Wie der Meister das hört, sagte er, dass er das Geld nicht bezahlt, solange er den Schlüssel nicht bekommt und zeigt der Frau viel Geld. »Da kannst du dir einen Schlüssel dafür kaufen, was kann es schaden?« sagt er und viele Leute fallen ihm bei. Die Frau wusste den Sachverhalt nicht und als sie das viele Geld sah, geht sie darauf ein. Wie sie den Schlüssel übergibt, fühlt der Junge, dass es um ihn geschehen sei, verwandelt sich in einen Vogel und fliegt davon. Der Meister aber wird zu einem Falken und verfolgt ihn. So fliegen sie ein gutes Stück, einander jagend bis in eine andere Stadt, wo der Padischah mit seinen Grossen sich im Garten die Zeit vertrieb.
Wie der zum Vogel verwandelte Junge das sieht, wird er plötzlich, um sich zu retten, zu einer schönen roten Rose und fällt dem Schah zu Füssen. Der Schah erblickt die Rose und spricht höchst verwundert zu den Umherstehenden: »Sieh da, welche Jahreszeit ist es denn jetzt, dass ich solch eine Rose gefunden habe? Wie dem immer sei, die Rose ist von Allah; sie ist so schön und duftet so herrlich, nicht einmal zur Blütezeit ist eine ähnliche zu finden.«
Der Meister, der in einen Falken verwandelt war, nimmt wieder Menschengestalt an und kommt, die Laute in der Hand, das Windspiel hinter ihm, als ein Minnesänger hingegangen und geht seine Lieder singend und die Laute schlagend, als wenn er nur lustwandelte, hin zum Schah. In seinen Liedern bittet er den Schah um die Rose; doch der Schah sagt: »Mensch, was sagst du doch! Die Rose ist mir von Allah gegeben. Du begegnest uns von ungefähr, ein Landstreicher, der du bist; wie kannst du mir die Rose abverlangen?« Der Meister versetzte dagegen: »O mein Schah! Mein Handwerk ist offenbar; ich habe mich in die Rose, die du hältst, verliebt. Ich suche sie schon lange Jahre hindurch und konnte sie bisher nicht finden. Wenn du sie mir nicht gibst, töte ich mich. Wird das nicht schade sein? Ich verfolge sie über Berge und Felsen, und jetzt gerät sie einem so mildherzigen Padischah in die Hände; hast du mit mir Armen kein Mitleid, der ich um ihre Liebe Seele und alles verloren habe? Ziemt es dir wohl, mich so zu betrüben? Bis du mir die Rose nicht gibst, weiche ich nicht von der Stelle.« So überredet er den Schah, der sagte: »Was kann an einer Rose gelegen sein, möge der Unglückselige sein Ziel erreichen,« und übergibt ihm die Rose.
Die Rose fällt aber aus des Schahs Händen zur Erde, verwandelt sich in Hirsebrei und verfällt in viele Körner. Der Meister verwandelt sich sofort in einen Hahn und liest den Hirsebrei auf. Ein Körnchen aber war an dem Schah unter die Füsse gefallen, dies hatte der Hahn nicht sehen können. Das Hirsekorn wird wieder zu einem Menschen, packt den Hahn und reisst ihm den Kopf ab, mit einem Worte, tötet den Meister. Der Schah ist sehr erstaunt und erkundigt sich um die Lösung des Rätsels. Da erzählt nun der Junge die ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende. Dem Schah gefallt die Kunst des Jungen, der sonst auch ein gefälliges Äussere hatte, und ernennt ihn zu seinem Gross-wezir. Er hatte auch eine Tochter, die gibt er ihm zur Frau und die Hochzeit wird vierzig Tage und vierzig Nächte hindurch gefeiert. Der Junge nimmt auch seine Mutter zu sich und da sie nun aller Armut enthoben sind, leben sie von nun an herrlich und in Freuden.

[Asien: Türkei. Märchen der Welt]

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