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Ein junger Bursche namens Markelja geriet in türkische Gefangenschaft und verbrachte dort viele Jahre. Da er aber in allen Sätteln gerecht war, dazu auch witzig und sangesfreudig, hatte ihn jedermann gern. Auch ein türkischer Wesir gewann ihn lieb und beschloß, ihn zum Islam zu bekehren und zu adoptieren. Mit Lügen und Schmeicheleien versuchte er den Burschen so weit zu bringen, daß er den mohammedanischen Glauben annahm, doch dieser ließ sich nicht fangen, rutschte ihm wie ein Aal aus den Fingern. Das ging eine Weile so, aber dann verlor der Wesir die Geduld. Er befahl, Markelja in die Moschee zu bringen und ihn gewaltsam mohammedanisch zu machen. „Höre, du Pestbeule!“ sagte er zu Markelja. „In drei Tagen wirst du gewaltsam zum Islam bekehrt. Und fügst du dich nicht darein, dann schlage ich dir den Kopf ab.“
Markelja ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen, wartete zwei Tage ab und ging am dritten zum Wesir hin. „Wohledler Wesir!“ sprach er. „Heute nacht ist mir der Prophet Mohammed im Traum erschienen und hat mit mir geredet.“ — „Da siehst du es, du Ungläubiger, daß ich nur dein Bestes im Sinn habe, wenn ich dich zum Islam bekehre. Warum sträubst du dich eigentlich derart eigensinnig?“ — „Wohledler Wesir!“gab Markelja zur Antwort. „Gestatte, daß ich dir meinen Traum in aller Ausführlichkeit erzähle. Ich befand mich auf einem grenzenlos großen Feld. Mitten darauf stand ein hoher, weitverzweigter Birnbaum, der einen tiefen Schatten warf.
In diesem Schatten saß Mohammed auf einem goldenen Teppich, bekleidet mit einem golddurchwirkten, edelsteinbesetzten Gewand, und rauchte behaglich eine Wasserpfeife. Seine Jünger winkten mir, daß ich zu ihm kommen sollte. Ich gehorchte und ging so angstvoll wie ein zum Tode Verurteilter zu ihm hin. Ich schwieg, und er stellte auch keine Frage. Nach einer Weile näherte sich eine lange Prozession. Die Menschen gingen zu zweit und trugen Kirchenfahnen. Den Anfang machten Weißgekleidete mit weißen Fahnen, dann folgten Goldgekleidete mit goldenen Fahnen, Silbergekleidete mit silbernen Fahnen, Rotgekleidete mit roten Fahnen, Blaugekleidete mit blauen Fahnen, Grüngekleidete mit grünen Fahnen und so fort. Den Beschluß aber machten Leute, deren Kleider buntgescheckt waren, weiß und rot, golden und silbern, blau und grün. Wie Narren sahen sie aus, und auch ihre Fahnen waren närrisch bunt. Alle wandelten am Birnbaum vorüber und verschwanden in der Ferne. Verdattert starrte ich ihnen nach, konnte ich mir doch nicht erklären, was das für Leute waren. Dann blickte ich zu Mohammed hinüber, wagte aber nicht, eine Frage an ihn zu richten.
Doch er verstand mich auch so, hub plötzlich an zu reden und sprach: „Die Goldgekleideten mit den goldenen Fahnen sind selbstverständlich meine Anhänger, die Mohammedaner. Die Silbergekleideten sind Buddhisten, und diejenigen, die weiße, grüne, rote und sonstige Farben tragen, gehören christlichen Konfessionen an, sind Katholiken, Protestanten, Calvinisten und andere.“ — „Und wer sind die Buntgescheckten?“ erkundigte ich mich. „Das sind diejenigen, die von einem Glauben zum anderen übertreten“, gab Mohammed zur Antwort „Da siehst du es, edler Wesir!“ schloß Markelja. „Wenn ich deinem Verlangen nachkomme und zum Islam übertrete, werde ich im Jenseits zu den buntgescheckten Narren gehören. Kannst du mir das zumuten?“ — „Ist es denn auch wahr, Ungläubiger, daß du diesen Traum geträumt und Mohammed gehört und gesehen hast?“ forschte der Wesir. „So wahr, wie ich hier vor dir stehe, mein Gönner! Gott schenke dir Gesundheit und ein langes Leben, aber verbanne mich nicht in die Gruppe der Buntgescheckten!“ — „Höre, Ungläubiger!“ sprach der Wesir. „Allah ist groß! Da du den Propheten von Angesicht zu Angesicht erblickt hast, schenke ich dir die Freiheit! Du bist kein Sklave mehr, ziehe hin in Frieden!“ Das ließ sich Markelja nicht zweimal sagen, er nahm einen Wanderstab zur Hand und verließ die türkische Sklaverei, so schnell ihn seine Füße tragen wollten. Kam auch wohlbehalten in der Heimat an und erzählte dort, wie er den Wesir hinters Licht geführt hatte.
Markelja ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen, wartete zwei Tage ab und ging am dritten zum Wesir hin. „Wohledler Wesir!“ sprach er. „Heute nacht ist mir der Prophet Mohammed im Traum erschienen und hat mit mir geredet.“ — „Da siehst du es, du Ungläubiger, daß ich nur dein Bestes im Sinn habe, wenn ich dich zum Islam bekehre. Warum sträubst du dich eigentlich derart eigensinnig?“ — „Wohledler Wesir!“gab Markelja zur Antwort. „Gestatte, daß ich dir meinen Traum in aller Ausführlichkeit erzähle. Ich befand mich auf einem grenzenlos großen Feld. Mitten darauf stand ein hoher, weitverzweigter Birnbaum, der einen tiefen Schatten warf.
In diesem Schatten saß Mohammed auf einem goldenen Teppich, bekleidet mit einem golddurchwirkten, edelsteinbesetzten Gewand, und rauchte behaglich eine Wasserpfeife. Seine Jünger winkten mir, daß ich zu ihm kommen sollte. Ich gehorchte und ging so angstvoll wie ein zum Tode Verurteilter zu ihm hin. Ich schwieg, und er stellte auch keine Frage. Nach einer Weile näherte sich eine lange Prozession. Die Menschen gingen zu zweit und trugen Kirchenfahnen. Den Anfang machten Weißgekleidete mit weißen Fahnen, dann folgten Goldgekleidete mit goldenen Fahnen, Silbergekleidete mit silbernen Fahnen, Rotgekleidete mit roten Fahnen, Blaugekleidete mit blauen Fahnen, Grüngekleidete mit grünen Fahnen und so fort. Den Beschluß aber machten Leute, deren Kleider buntgescheckt waren, weiß und rot, golden und silbern, blau und grün. Wie Narren sahen sie aus, und auch ihre Fahnen waren närrisch bunt. Alle wandelten am Birnbaum vorüber und verschwanden in der Ferne. Verdattert starrte ich ihnen nach, konnte ich mir doch nicht erklären, was das für Leute waren. Dann blickte ich zu Mohammed hinüber, wagte aber nicht, eine Frage an ihn zu richten.
Doch er verstand mich auch so, hub plötzlich an zu reden und sprach: „Die Goldgekleideten mit den goldenen Fahnen sind selbstverständlich meine Anhänger, die Mohammedaner. Die Silbergekleideten sind Buddhisten, und diejenigen, die weiße, grüne, rote und sonstige Farben tragen, gehören christlichen Konfessionen an, sind Katholiken, Protestanten, Calvinisten und andere.“ — „Und wer sind die Buntgescheckten?“ erkundigte ich mich. „Das sind diejenigen, die von einem Glauben zum anderen übertreten“, gab Mohammed zur Antwort „Da siehst du es, edler Wesir!“ schloß Markelja. „Wenn ich deinem Verlangen nachkomme und zum Islam übertrete, werde ich im Jenseits zu den buntgescheckten Narren gehören. Kannst du mir das zumuten?“ — „Ist es denn auch wahr, Ungläubiger, daß du diesen Traum geträumt und Mohammed gehört und gesehen hast?“ forschte der Wesir. „So wahr, wie ich hier vor dir stehe, mein Gönner! Gott schenke dir Gesundheit und ein langes Leben, aber verbanne mich nicht in die Gruppe der Buntgescheckten!“ — „Höre, Ungläubiger!“ sprach der Wesir. „Allah ist groß! Da du den Propheten von Angesicht zu Angesicht erblickt hast, schenke ich dir die Freiheit! Du bist kein Sklave mehr, ziehe hin in Frieden!“ Das ließ sich Markelja nicht zweimal sagen, er nahm einen Wanderstab zur Hand und verließ die türkische Sklaverei, so schnell ihn seine Füße tragen wollten. Kam auch wohlbehalten in der Heimat an und erzählte dort, wie er den Wesir hinters Licht geführt hatte.
Quelle:
(Märchen aus Jugoslawien)