«Wir armen Gänse können heute unsere Wohnung nicht mehr erreichen. – Was fangen wir nur an, um uns vor dem Wolfe zu schützen?»
Sie beschlossen, sich Häuser zu bauen. Jede baute sich ein besonderes Haus, die erste aus Stroh, die zweite aus Holz, die dritte aus Eisen.
In der Nacht kam der Wolf und ging zuerst vor das Häuschen aus Stroh.
«Liebe Gans», rief er, «mach mir auf, sonst blas ich dein Haus über den Haufen!»
Die Gans öffnete nicht, der Wolf blies ihr Haus um und verschluckte sie.
Dann ging er vor das Haus der zweiten Gans und sagte: «Liebe Gans, mach mir auf, sonst werf ich dein Haus um!» Als die Gans nicht aufmachte, warf er ihr Haus um und verschlang sie.
Dann ging er vor das Haus der dritten, welches von Eisen war, und sagte: «Liebe Gans, mach mir auf, sonst schlag ich dein Haus zusammen!» Die Gans aber öffnete nicht. Da ward der Wolf zornig und schlug auf das Haus los. Das Haus brach nicht, aber der Wolf schlug sich einen Fuß ab. Nun hinkte er auf drei Beinen zum Schlosser und ließ sich einen eisernen Fuß ansetzen. Dann ging er wieder zum Hause der Gans zurück und bat sie um Einlaß. Aber die Gans lachte nur und tat nicht auf. Da versuchte es der Wolf mit einer List.
«Ei, liebe Gans, laß mich nur auf einen Augenblick herein, ich möchte mir eine Suppe kochen, ich habe großen Hunger.»
Weil er gar so flehentlich bat, sagte die Gans endlich: «Aufmachen kann ich dir nicht, lieber Wolf, aber ein gutes warmes Süppchen will ich dir kochen, sollst deine Freude daran haben!»
Sie ging, schürte ein Feuer an und hing einen Kessel voll Wasser darüber, bis es siedendheiß war. Dann trat sie zum Fenster und rief hinab: «Nun, lieber Wolf, sperre den Rachen recht weit auf, das Süppchen ist fertig, ich gieß es dir hinab.»
Der Wolf sperrte den Rachen weit auf, und die Gans schüttete das siedendheiße Wasser hinab, gerade in den Rachen des Wolfes. Es verbrühte ihn, und er mußte jämmerlich verenden. Die Gans aber ging hinaus und riß ihm den Leib auf. Da sprangen ihre beiden Schwestern fröhlich heraus. Und sie setzten ihren Weg fort und kamen alle drei wohlbehalten nach Hause.
Fabel aus Italien