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Im Märchenwald hockt Häschen Schnupprich schon zwei Tage völlig allein in seinem Bau. Draußen herrscht noch Winter mit klirrender Kälte, Eis und viel Schnee.
„Ist mir langweilig. Zu essen hab ich auch nichts mehr. Was soll ohne Mama nur aus mir werden?“, jammert Schnupprich. Dabei knurrt sein Magen wie ein böser Wolf. „Es hilft alles nichts. Ich muss es wagen und in die Kälte hinaus gehen. Vielleicht finde ich ein Stückchen Baumrinde. Sogar ein Tannenzapfen würde mir jetzt schmecken. Wieso jammere ich hier eigentlich vor mich hin? Was hat Mami mir beigebracht? Was immer auch kommt, sei fröhlich und gib nie auf.“ Schnupprich hoppelt vor den kleinen, fast schon blinden Eckspiegel. Er stellt sich auf die Hinterläufe und stemmt die Vorderpfötchen in die Hüften. Nun wiegt er sich hin und her und wackelt lustig mit seinen langen Ohren. „He, du da, hast du etwa Angst vor Schnee? Was bist du nur für ein Waschlappen. Wenn du nicht bald etwas unternimmst, bleibst du für immer einsam in diesem Bau und am Ende verhungerst du noch.“ Er salutiert vor seinem Spiegelbild wie ein Soldat bei der Armee. Bei diesem Anblick lacht er. Zum Abschied winkt Schnupprich dem Spiegelbild zu und hoppelt frohen Mutes aus dem Bau. Sein Näschen schnuppert in die kalte klare Winterluft. Er schaut sich um. „Eigentlich egal, wo ich langlaufe. Bei dem vielen Schnee kann ich sowieso keinen Waldweg erkennen. Na dann mal los.“
Bis zur Mittagssonne kämpft sich das Häschen durch den hohen glitzernden Schnee und gelangt an einen plätschernden Bach. Mittendrin versucht ein kräftiger Biber einen kleinen Baumstamm zu bearbeiten. Schnupprich nimmt all seinen Mut zusammen. „Guten Tag, Herr Biber. Bitte, hätten Sie nicht ein kleines Stückchen Rinde für mich? Ich habe seit Tagen kaum etwas gegessen.“
Der Biber schaut mitleidig auf das Häschen und wirft ihm ein Stück Rinde ans Ufer.
„Ich dank auch schön“, ruft Schnupprich und mümmelt die Rinde, als wäre sie die köstlichste Möhre der Welt. Der Biber kommt ans Ufer gerudert. Er schüttelt sich das Wasser aus dem Pelz und setzt sich neben Schnupprich. „Na Kleiner, wer bist du denn? Ich bin Feuerwehrmann Biber Scharfzahn.“
„Ich heiße Schnupprich.“ Beide geben sich die Pfoten. Scharfzahn ist ein gefälliger Biber, der sich gern mit anderen unterhält und sich ihre Sorgen anhört. „Da hast du aber Glück, dass du mich hier gefunden hast. Die Waldbäume sind alle knochenhart gefroren und geben nicht ein Fitzelchen Rinde her. Ich komme öfter hierher. Da der Bach wegen seinem fließenden Wasser nicht zufriert und ab und zu doch mal ein Ast ins Wasser fällt. Ja, ja, der Hunger kann einen im Winter schon mächtig zusetzen. Aber sag mal, was machst du eigentlich hier so allein? Es ist doch nicht nur der Hunger, oder?“
„Das stimmt. Es war so schrecklich langweilig in meinem Bau. Meine Mutter ist seit zwei Abenden nicht nach Hause gekommen. Sie hat mir immer gesagt, wenn so etwas passieren würde, sollte ich mich auf den Weg machen, um meine Großeltern zu finden. Aber wo soll ich sie denn suchen? Der Märchenwald ist riesengroß. Ich hab gewartet, bis nichts mehr zu Essen da war. Heut früh bin ich losgelaufen. Zurück kann ich nicht mehr. Lieber bleib ich bei Ihnen.“ Schnupprich putzt sich sorgfältig die Pfötchen und schaut den Biber mit lustigen Knopfaugen von der Seite an. Scharfzahn lacht und schüttelt den Kopf. „Nein, bei mir kannst du nicht bleiben. Mein Bau wäre viel zu feucht für dich. Du würdest dich nur böse erkälten. Aber mir kommt da eine Idee. Wenn du der Sonne folgst, kommst du gegen Abend zum Haus der Abendfee. Ich bin sicher, dass sie dir helfen kann. Sie ist sehr gutherzig und hat noch nie jemandem ihre Hilfe verwehrt. Vielleicht weiß sie, wo deine Großeltern wohnen?“
Schnupprich schaut ihn erstaunt an, fühlt Hoffnung in seinem kleinen Herzen und sagt freudestrahlend: „Wie kann ich Ihnen für diesen Rat nur danken. Ich mach mich gleich auf den Weg. Ganz sicher finde ich die Abendfee. Vielen, vielen Dank.“ Schnupprich steht auf. Er verabschiedet sich freundlich von Scharfzahn und macht sich munter auf den Weg. Wie er vor sich hinhoppelt, hat er plötzlich das Gefühl, verfolgt zu werden. Vorsichtig dreht er sich um und erschrickt fast zu Tode. Es ist der Wolf. Mit großen Sprüngen jagt er auf das Häschen zu. Schnupprich gibt nun auch seinerseits Fersengeld und rennt, so schnell er kann. Unversehens flitzt er durch einen verschneiten, hohlen Baumstamm. In seiner Gier bemerkt der Wolf die schmale Öffnung des Baustammes zu spät und plopp steckt er mit seinem Kopf fest. Ein klägliches aber lautes Jaulen bringt Schnupprich zum Stehen. Als er sieht, wie der Wolf sich bemüht seinen Kopf wieder frei zu bekommen, lacht er lauthals. Doch er hält sich nicht lange auf, da sich der Wolf schnell wieder befreit hat. Mit erhobenen drohenden Pfoten schimpft er hinter Schnupprich her und reibt sich gleich darauf seine schmerzenden Ohren. Die Lust auf Hasenbraten ist ihm gründlich vergangen.
Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen in den Wald. Völlig außer Puste entdeckt Schnupprich ein wunderschönes Haus mit einem kleinen Garten. Erleichtert atmet er tief durch. Auf der Treppe liegt eine kohlrabenschwarze Katze. Den Kopf auf die Vorderpfoten gelegt, blinzelt sie in die untergehende Sonne und hat Schnupprich schon längst entdeckt. Dieser fasst sich ein Herz und hoppelt nahe an den Zaun heran. „Guten Tag, liebe Katze! Ich bin Schnupprich. Wohnt hier vielleicht die Abendfee? Der Feuerwehrmann Biber Scharfzahn hat gesagt, dass ich sie hier finden würde. Ich suche nämlich meine Großeltern, weil ich doch so allein bin.“
Die Katze öffnet gelangweilt ihr rechtes Auge. Nach einer Weile erhebt sie sich und macht einen riesigen Buckel. Genüsslich leckt sie über ihre rechte Vorderpfote und maunzt majestätisch: „Miau, ja, meine Herrin ist die Abendfee, miau.“
„Oh, ich bin so froh, dass ich sie gefunden habe. Kannst du sie fragen, ob sie mir helfen kann?“
Ein wenig herablassend antwortet die Katze: „Hm, nun, ja, das kann ich machen, miau.“ Ohne jede Eile schreitet die Katze mit hoch aufgestelltem Schwanz ins Haus. Schnupprich ist ganz aufgeregt. Vor Freude schlägt er einen Purzelbaum und wackelt aufgeregt mit seinen langen Ohren. Nach kurzer Zeit kommt die Abendfee aus dem Haus und öffnet das Gartentürchen. Gütige blaue Augen schauen aus einem Engelsgesicht. Ihr langes rotgoldenes Haar scheint mit der Abendsonne zu verschmelzen. Schnupprich ist gefesselt von so viel Schönheit. Sein Mäulchen gleicht dem eines Karpfens. Ihre Stimme bringt das Häschen wieder in die Wirklichkeit zurück. „Hallo Schnupprich, na endlich! Komm nur herein. Wie hast du denn zu mir gefunden?“
Schnupprich staunt, dass die Abendfee ihn kennt. „Biber Scharfzahn hat mir den Weg erklärt und gesagt, du könntest mir vielleicht helfen. Meine Mami ist nicht mehr nach Hause gekommen.“
„Ich weiß alles und habe Nachricht von deiner Mutter. Sie hat sich in einer Falle der bösen Hexe schlimm verletzt, doch es geht ihr schon besser. Die Briefkrähe Krofax hat sie gemeinsam mit unserem Bärenkönig Bantuk gerettet und Meister Uhu pflegt sie jetzt gesund. Du solltest zu deiner Oma gebracht werden. Da du nicht zu Hause warst, hat Krofax nach dir gesucht, dich aber nicht gefunden. Na, dank Feuerwehrmann Biber Scharfzahn bist du ja heil und gesund bei mir gelandet.“
„Heil und gesund, ja. Aber ganz schrecklich hungrig.“ Schnupprich zeigt mit kläglicher Leidensmiene auf seinen leeren knurrenden Bauch. Die Fee lacht, holt Gemüse und Milch aus der Speisekammer und bereitet das Abendessen. Die Katze schleckert sofort genüsslich los und schnurrt, als die Fee über ihr seidenweiches Fell streichelt. Schnupprich bekommt ein Kohlblatt, eine Kartoffel und ein köstlich zartes Möhrchen. Es scheint ihm wie das schmackhafteste Festmahl, das er je gemümmelt hat. Artig bedankt er sich. Nun erzählt er der Abendfee vom Wolf und wie er ihm entwischen konnte. Lächelnd sagt die Fee zu ihm: „Deine Mutter wird stolz sein auf dich. Morgen bringe ich dich zu deinen Großeltern.“
Die Sonne ist nun vollends verschwunden. Die Abendfee tritt noch einmal vor das Haus. Sie schwingt ihren Zauberstab, aus dem silberner Funkenregen sprüht. Alle Tiere des Waldes begeben sich nun zur Ruhe. Müde kuschelt sich Schnupprich in ein weiches Körbchen. Er blinzelt noch einmal zur Katze hinüber, die zusammengerollt auf dem Sofa schnurrt und murmelt glücklich: „Morgen bin ich bei Oma und Opa und Mami ist bestimmt bald wieder gesund. Oh, wie ich mich freue.“
Keine Minute später schläft Schnupprich tief und fest, nur seine Ohren wackeln manchmal. Sicher träumt er von morgen.
„Ist mir langweilig. Zu essen hab ich auch nichts mehr. Was soll ohne Mama nur aus mir werden?“, jammert Schnupprich. Dabei knurrt sein Magen wie ein böser Wolf. „Es hilft alles nichts. Ich muss es wagen und in die Kälte hinaus gehen. Vielleicht finde ich ein Stückchen Baumrinde. Sogar ein Tannenzapfen würde mir jetzt schmecken. Wieso jammere ich hier eigentlich vor mich hin? Was hat Mami mir beigebracht? Was immer auch kommt, sei fröhlich und gib nie auf.“ Schnupprich hoppelt vor den kleinen, fast schon blinden Eckspiegel. Er stellt sich auf die Hinterläufe und stemmt die Vorderpfötchen in die Hüften. Nun wiegt er sich hin und her und wackelt lustig mit seinen langen Ohren. „He, du da, hast du etwa Angst vor Schnee? Was bist du nur für ein Waschlappen. Wenn du nicht bald etwas unternimmst, bleibst du für immer einsam in diesem Bau und am Ende verhungerst du noch.“ Er salutiert vor seinem Spiegelbild wie ein Soldat bei der Armee. Bei diesem Anblick lacht er. Zum Abschied winkt Schnupprich dem Spiegelbild zu und hoppelt frohen Mutes aus dem Bau. Sein Näschen schnuppert in die kalte klare Winterluft. Er schaut sich um. „Eigentlich egal, wo ich langlaufe. Bei dem vielen Schnee kann ich sowieso keinen Waldweg erkennen. Na dann mal los.“
Bis zur Mittagssonne kämpft sich das Häschen durch den hohen glitzernden Schnee und gelangt an einen plätschernden Bach. Mittendrin versucht ein kräftiger Biber einen kleinen Baumstamm zu bearbeiten. Schnupprich nimmt all seinen Mut zusammen. „Guten Tag, Herr Biber. Bitte, hätten Sie nicht ein kleines Stückchen Rinde für mich? Ich habe seit Tagen kaum etwas gegessen.“
Der Biber schaut mitleidig auf das Häschen und wirft ihm ein Stück Rinde ans Ufer.
„Ich dank auch schön“, ruft Schnupprich und mümmelt die Rinde, als wäre sie die köstlichste Möhre der Welt. Der Biber kommt ans Ufer gerudert. Er schüttelt sich das Wasser aus dem Pelz und setzt sich neben Schnupprich. „Na Kleiner, wer bist du denn? Ich bin Feuerwehrmann Biber Scharfzahn.“
„Ich heiße Schnupprich.“ Beide geben sich die Pfoten. Scharfzahn ist ein gefälliger Biber, der sich gern mit anderen unterhält und sich ihre Sorgen anhört. „Da hast du aber Glück, dass du mich hier gefunden hast. Die Waldbäume sind alle knochenhart gefroren und geben nicht ein Fitzelchen Rinde her. Ich komme öfter hierher. Da der Bach wegen seinem fließenden Wasser nicht zufriert und ab und zu doch mal ein Ast ins Wasser fällt. Ja, ja, der Hunger kann einen im Winter schon mächtig zusetzen. Aber sag mal, was machst du eigentlich hier so allein? Es ist doch nicht nur der Hunger, oder?“
„Das stimmt. Es war so schrecklich langweilig in meinem Bau. Meine Mutter ist seit zwei Abenden nicht nach Hause gekommen. Sie hat mir immer gesagt, wenn so etwas passieren würde, sollte ich mich auf den Weg machen, um meine Großeltern zu finden. Aber wo soll ich sie denn suchen? Der Märchenwald ist riesengroß. Ich hab gewartet, bis nichts mehr zu Essen da war. Heut früh bin ich losgelaufen. Zurück kann ich nicht mehr. Lieber bleib ich bei Ihnen.“ Schnupprich putzt sich sorgfältig die Pfötchen und schaut den Biber mit lustigen Knopfaugen von der Seite an. Scharfzahn lacht und schüttelt den Kopf. „Nein, bei mir kannst du nicht bleiben. Mein Bau wäre viel zu feucht für dich. Du würdest dich nur böse erkälten. Aber mir kommt da eine Idee. Wenn du der Sonne folgst, kommst du gegen Abend zum Haus der Abendfee. Ich bin sicher, dass sie dir helfen kann. Sie ist sehr gutherzig und hat noch nie jemandem ihre Hilfe verwehrt. Vielleicht weiß sie, wo deine Großeltern wohnen?“
Schnupprich schaut ihn erstaunt an, fühlt Hoffnung in seinem kleinen Herzen und sagt freudestrahlend: „Wie kann ich Ihnen für diesen Rat nur danken. Ich mach mich gleich auf den Weg. Ganz sicher finde ich die Abendfee. Vielen, vielen Dank.“ Schnupprich steht auf. Er verabschiedet sich freundlich von Scharfzahn und macht sich munter auf den Weg. Wie er vor sich hinhoppelt, hat er plötzlich das Gefühl, verfolgt zu werden. Vorsichtig dreht er sich um und erschrickt fast zu Tode. Es ist der Wolf. Mit großen Sprüngen jagt er auf das Häschen zu. Schnupprich gibt nun auch seinerseits Fersengeld und rennt, so schnell er kann. Unversehens flitzt er durch einen verschneiten, hohlen Baumstamm. In seiner Gier bemerkt der Wolf die schmale Öffnung des Baustammes zu spät und plopp steckt er mit seinem Kopf fest. Ein klägliches aber lautes Jaulen bringt Schnupprich zum Stehen. Als er sieht, wie der Wolf sich bemüht seinen Kopf wieder frei zu bekommen, lacht er lauthals. Doch er hält sich nicht lange auf, da sich der Wolf schnell wieder befreit hat. Mit erhobenen drohenden Pfoten schimpft er hinter Schnupprich her und reibt sich gleich darauf seine schmerzenden Ohren. Die Lust auf Hasenbraten ist ihm gründlich vergangen.
Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen in den Wald. Völlig außer Puste entdeckt Schnupprich ein wunderschönes Haus mit einem kleinen Garten. Erleichtert atmet er tief durch. Auf der Treppe liegt eine kohlrabenschwarze Katze. Den Kopf auf die Vorderpfoten gelegt, blinzelt sie in die untergehende Sonne und hat Schnupprich schon längst entdeckt. Dieser fasst sich ein Herz und hoppelt nahe an den Zaun heran. „Guten Tag, liebe Katze! Ich bin Schnupprich. Wohnt hier vielleicht die Abendfee? Der Feuerwehrmann Biber Scharfzahn hat gesagt, dass ich sie hier finden würde. Ich suche nämlich meine Großeltern, weil ich doch so allein bin.“
Die Katze öffnet gelangweilt ihr rechtes Auge. Nach einer Weile erhebt sie sich und macht einen riesigen Buckel. Genüsslich leckt sie über ihre rechte Vorderpfote und maunzt majestätisch: „Miau, ja, meine Herrin ist die Abendfee, miau.“
„Oh, ich bin so froh, dass ich sie gefunden habe. Kannst du sie fragen, ob sie mir helfen kann?“
Ein wenig herablassend antwortet die Katze: „Hm, nun, ja, das kann ich machen, miau.“ Ohne jede Eile schreitet die Katze mit hoch aufgestelltem Schwanz ins Haus. Schnupprich ist ganz aufgeregt. Vor Freude schlägt er einen Purzelbaum und wackelt aufgeregt mit seinen langen Ohren. Nach kurzer Zeit kommt die Abendfee aus dem Haus und öffnet das Gartentürchen. Gütige blaue Augen schauen aus einem Engelsgesicht. Ihr langes rotgoldenes Haar scheint mit der Abendsonne zu verschmelzen. Schnupprich ist gefesselt von so viel Schönheit. Sein Mäulchen gleicht dem eines Karpfens. Ihre Stimme bringt das Häschen wieder in die Wirklichkeit zurück. „Hallo Schnupprich, na endlich! Komm nur herein. Wie hast du denn zu mir gefunden?“
Schnupprich staunt, dass die Abendfee ihn kennt. „Biber Scharfzahn hat mir den Weg erklärt und gesagt, du könntest mir vielleicht helfen. Meine Mami ist nicht mehr nach Hause gekommen.“
„Ich weiß alles und habe Nachricht von deiner Mutter. Sie hat sich in einer Falle der bösen Hexe schlimm verletzt, doch es geht ihr schon besser. Die Briefkrähe Krofax hat sie gemeinsam mit unserem Bärenkönig Bantuk gerettet und Meister Uhu pflegt sie jetzt gesund. Du solltest zu deiner Oma gebracht werden. Da du nicht zu Hause warst, hat Krofax nach dir gesucht, dich aber nicht gefunden. Na, dank Feuerwehrmann Biber Scharfzahn bist du ja heil und gesund bei mir gelandet.“
„Heil und gesund, ja. Aber ganz schrecklich hungrig.“ Schnupprich zeigt mit kläglicher Leidensmiene auf seinen leeren knurrenden Bauch. Die Fee lacht, holt Gemüse und Milch aus der Speisekammer und bereitet das Abendessen. Die Katze schleckert sofort genüsslich los und schnurrt, als die Fee über ihr seidenweiches Fell streichelt. Schnupprich bekommt ein Kohlblatt, eine Kartoffel und ein köstlich zartes Möhrchen. Es scheint ihm wie das schmackhafteste Festmahl, das er je gemümmelt hat. Artig bedankt er sich. Nun erzählt er der Abendfee vom Wolf und wie er ihm entwischen konnte. Lächelnd sagt die Fee zu ihm: „Deine Mutter wird stolz sein auf dich. Morgen bringe ich dich zu deinen Großeltern.“
Die Sonne ist nun vollends verschwunden. Die Abendfee tritt noch einmal vor das Haus. Sie schwingt ihren Zauberstab, aus dem silberner Funkenregen sprüht. Alle Tiere des Waldes begeben sich nun zur Ruhe. Müde kuschelt sich Schnupprich in ein weiches Körbchen. Er blinzelt noch einmal zur Katze hinüber, die zusammengerollt auf dem Sofa schnurrt und murmelt glücklich: „Morgen bin ich bei Oma und Opa und Mami ist bestimmt bald wieder gesund. Oh, wie ich mich freue.“
Keine Minute später schläft Schnupprich tief und fest, nur seine Ohren wackeln manchmal. Sicher träumt er von morgen.
Doris Liese