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Märchenbasar

Die Monate

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Ein Mann, ein Witwer, hatte eine Tochter. Er heiratete ein zweites Mal, eine Witwe,
die auch eine Tochter hatte. Während ihr Mann zur Arbeit ging, bereitete sie, die Mutter, ihrer eigenen Tochter viele Annehmlichkeiten; gab ihr stets besser zu essen und putzte sie besser heraus. Aber ihrer, Stieftochter, die Tochter ihres Mannes, gab sie schlechteres Essen, kleidete sie scheußlich und schlug sie mitunter sogar. Obwohl sie ihre eigene Tochter so bevorzugte, fand sich für diese kein einziger Freier, aber seine Tochter hatte mehrere Verehrer. Wenn sie in die Schenke gingen, so tanzte seine Tochter ständig, aber ihre Tochter stand immer nur an der Tür. Da beklagte sich diese Tochter bei ihrer Mutter, daß sie, die doch so hübsch gekleidet sei, nicht zum Tanze geholt würde, während die andere, die in so häßlichen Kleidern steckte, dauernd tanze. Darauf sagte ihre Mutter zu ihr: „Wenn wir ihr nur etwas antun könnten, damit sie stirbt!“ „Wir schicken sie einfach in den Wald“, entgegnete ihre Tochter.

Derzeit herrschte strenger Frost, und es lag viel Schnee. Da sagte ihre Tochter zu seiner Tochter:
„Gehe in den Wald und bringe mir einen Strauß Veilchen!“
Des Vaters Tochter, Kasia, ging und sagte weinend:„Jetzt ist da draußen doch so starker Frost, und überall liegt viel Schnee, Veilchen wird es nirgendwo im Walde geben!“ Der Mutter der Tochter, Magda, antwortete: „Du wirst gehen, und wenn du erfrierst!“
Kasia ging also in den Wald und sah etwas weiter entfernt ein Feuer lodern. Sie schritt geradeswegs auf dieses Feuer zu. Als sie näher herangekommen war, sah sie rings um das Feuer zwölf Männer sitzen. Die Männer riefen sie heran und fragten:
„Wohin gehst du, Mädchen?“ „Mich haben meine Stiefmutter und deren Tochter hinausgetrieben“, entgegnete sie, „ich soll Veilchen suchen. Mein Gott, wo soll ich bei diesem Frost Veilchen finden?“ Aber die Männer beruhigten sie und sagten: „Setz dich erst mal, Mädchen, und wärme dich!“ Dann ergriff einer von ihnen das Wort: „Zwölf Monate gibt es doch im Jahr. Welcher von diesen zwölf Monaten ist wohl der klügste und der beste?“
Nach kurzem Besinnen erwiderte Kasia: „Sie sind alle gleich, denn alle wurden von demselben Herrgott geschaffen.“
Da forderte der März den April, der April, aber dann den Mai auf, den Wanderstab zu nehmen, ihn in den Boden zu stoßen, damit an dieser Stelle warmer Frühling würde und Veilchen erblühen könnten. Bald konnte sie sich einen ganzen Strauß Veilchen pflücken, bedankte sich und ging damit nach Hause.

Dort angekommen, wunderten sich Magda und die Stiefmutter mächtig darüber, wo wohl Kasia diese Veilchen hätte pflücken können.
Der Stiefmutter kam jetzt das Gelüst nach Äpfeln. Also forderte sie Kasia auf:
„Da du Veilchen hast bringen können, wirst du jetzt schnell in den Wald laufen und Äpfel bringen!“ Und Kasia ging wieder, klagend und weinend:
„Wo soll ich nur bei diesem starken Frost Äpfel finden? Wo finde ich sie?“
Sie ging in den Wald und stieß wieder auf dieses hellflackernde Feuer; sie schritt auf das Feuer zu, und da saßen wieder die zwölf Männer und fragten sie:
„Wohin gehst du, Mädchen?“ „Meine Stiefmutter und deren Tochter haben mich hinausgetrieben“, entgegnete sie, „ich soll Äpfel bringen!“ Da sagten die zwölf:
„Setze dich und wärme dich!“ Sie setzte sich. Einer der Männer fragte: „Zwölf Monate gibt es im Jahr, sage uns, welcher von den zwölf der klügste oder des beste ist?“ Und sie erwiderte darauf:„Alle zwölf sind sich gleich, denn alle wurden von dem gleichen Herrgott geschaffen!“
So befahl der Juli dem August, einen Stab zu nehmen und mit ihm an den Apfelbaum zu schlagen, damit an dieser Stelle Sommer würde und ein Apfelbaum erblühte, dann trug der August dem September auf, die Äpfel reifen zu lassen. So konnte sich das Mädchen eine Anzahl Früchte pflücken und ging mit ihnen nach Hause. Die Stiefmutter und deren Tochter waren über alle Maßen verwundert, wo sie diese Äpfel herbekommen hatte.

Schließlich sagte Magda zu ihrer Mutter: „Mutter, ich werde jetzt selbst nach Äpfeln gehen!“
„Gehe, meine Tochter, gehe“, sagte die Mutter. So machte sich Magda auf den Weg.
sie gelanget in den Wald und sah ebenfalls das Feuer lodern. Da ging sie auf das Feuer zu und sah, daß rings um das Feuer zwölf Männer saßen, die sie, als sie herangekommen war, fragten: „Wohin gehst du, Mädchen?“ Und sie antwortete: „Ich will Äpfel holen!“
„Gut!“ sagten sie, „Setz und wärme dich; aber sag uns, welcher von den zwölf Monaten des Jahres wohl der klügste oder der beste ist?“
„Keiner von ihnen ist gut. Der Februar bringt Kälte, der April, macht was er will, der Mai frisst dem Vieh das letzte Heu.“
Die Tochter der Stiefmutter hatte ein loses Mundwerk und antwortete unfreundlich, bis die zwölf sie bestraften. So schlug der Frost zu, der Schnee schüttete, so daß Magda im Schnee versank, der Schnee wehte sie zu, und sie erfror. Ihre Mutter wurde ganz unruhig, weil die Tochter so lange ausblieb, und immer noch nicht wiederkam. Sie ging, um sie zu suchen. Aber auch die Mutter wurde vom Schnee zugeweht und erfror wie ihre Tochter.
Doch die gute Kasia wurde eine Herrin, denn ein reicher Herr kam und heiratete sie.

 
Quelle: Kolberg, O., a.a.O., ser. XIV Rawicz

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