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Die zwei Pfeffer-Öchschen

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Es war einmal, ich weiss nicht wo, noch jenseit des Operenzmeeres ein grosser See, in dessen Mitte eine grosse Insel; in der Mitte dieser Insel war ein grosser Berg und auf dem Gipfel des Berges ein Baum, der war tausend und ein Jahr alt. Der hatte neunundneunzig Äste; am neunundneunzigsten baumelte ein Tornister mit neunundneunzig Geheimfächern, in seinem neunundneunzigsten Fach war die neunundneunzigblättrige Bibel von meinem Onkel St. Ludwig, und auf deren neunundneunzigstem Blatt waren die folgenden Worte aufgeschrieben. Wer auf sie nicht hört, der erblicke niemals das Himmelreich; wer aber auf sie hört, dem krümme sich die Nase wie der Schlüssel des Thores!
Also: es war einmal ein sehr, sehr armer Mann; in seiner Nachbarschaft wohnte einer, der war noch ärmer als er. Der eine hatte einen Sohn, der andere eine Tochter. Da entschlossen sich die armen Leute und thaten die zwei jungen Leute zusammen, damit, wenn es doch schon so ist, aus einem Bettelsack zwei werden mögen.
Da sagte einmal die junge Frau zu ihrem Mann: »Hört einmal! Zwar ist’s wahr, dass Ihr nicht katholisch seid; aber versucht einmal dies: fastet an einem Freitag; vielleicht schenkt uns dann Gott etwas.«
Der junge Mann hörte auch auf diesen Rat, ass am Freitag keinen Bissen; aber Gott gab ihm nichts dafür. »Na, in Gottes Namen,« dachte er bei sich, »es mag erst nach mehreren sein!« und fastete den zweiten, auch noch den dritten, und auf einmal ist er so ins Fasten hineingekommen, dass er an sieben nach einander kommenden Freitagen nichts ass, aber auch garnichts unter dem Himmel. Aber Gott gab ihm garnichts für das siebentägige Fasten.
»Bursche!« – denkt er bei sich, »nun ist’s aber genug; wenn seine heilige Majestät hätte etwas geben wollen, so hätte sie es dafür geben können.«
Der arme Mann überlegt es sich und sagt zu seiner Frau: »Hör, Frau! Backe mir einen Aschenkuchen; denn ich will zum Herrgott, dass ich sehe, wo der Fehler steckt!«
Die Frau bäckt auch, und der arme Mann macht sich auf den Weg.
Zur Mittagszeit gelangte er in den Hereczwald. Dort fand er einen alten Mann, der mit zwei Ochsen, die so gross wie ein Pfefferkorn waren, am Waldessaum ackerte. Er grüsste ihn, und der dankte auch. Er fragte ihn, wohin er wolle, was ihn herführe.
»Ich gehe zum Herrgott,« antwortete der arme Mann. »Sieben Freitage habe ich gefastet, und er hat mir nichts dafür gegeben. Jetzt möchte ich erfahren, warum er mir nichts gegeben hat.«
»Plag dich damit nicht ab,« sagte der alte Mann, »ich gebe dir diese zwei Pfeffer-Öchschen; mit denen kannst du dein Fortkommen haben; nur verkaufe sie niemandem, so viel man dir auch dafür bieten möge.«
Der arme Mann trieb die zwei geschenkten Tiere nach Hause, und am andern Tag ging er gleich mit ihnen in den Wald. Den Wagen klaubte er von hüben und drüben zusammen; einer gab Räder, der andere eine Deichsel, der dritte eine Achse, und so flickte er ihn zusammen. Kurz und gut: er war so, wie er war. Aber er wagte nicht mehr als zwei Baumstämme aufzuladen; denn er traute den Öchschen noch weniger zu. Aber die waren Taltosche, und als er sie antreiben wollte, begann das eine zu sprechen:
»Was fällt Euch ein, Herr, nur diese zwei Baumstämme aufzuladen? Bepackt den Wagen nur tüchtig, dass er kracht; denn wir schämen uns, mit zwei Baumstämmen ins Dorf zu fahren.«
Der arme Mann schüttelte nur den Kopf; aber er entschloss sich und bepackte den Wagen tüchtig, so viel nur Platz darauf hatte.
Wie sie aus dem Wald kamen, begegneten sie dem Grafen und dem Amtmann. Die fielen fast auf den Rücken, wie sie sahen, dass diese zwei kleinwinzigen Ochsen einen so grossen Wagen Holz zogen. Fragte der Graf: »Für wieviel giebst du mir die zwei Ochsen, du armer Mann?«
»Sie sind nicht verkäuflich, hochgeborener Herr Graf,« antwortete der arme Mann.
Da ward der Graf zornig und sagte dem armen Mann, dass, wenn er nicht in einem Tag den Hereczwald umackere und dort säe und egge, ihm seine Ochsen genommen würden.
Ach, grämte sich da der arme Mann! Was konnte er machen?
»Grämt Euch kein bischen, mein Herr,« beginnt das eine Pfefferkorn-Öchschen, zu sprechen, »verschafft uns nur Pfluggeräte; das weitere sei unsere Sache.«
Na, die verschafft ihnen auch der arme Mann. Der eine giebt Karrenräder, der andere einen Pflugbaum, ein dritter eine Schar, kurze Eisen, lange Eisen, und in einem Nu stellen sie den Pflug zusammen. Sie gehen hinaus in den Hereczwald, und dort sagt der eine Ochse: »Legt Euch nur dort nieder und schlaft, mein Herr; wir werden das weitere schon machen.«
Der Herr folgte auch den Worten, legte sich nieder, schlief ein, und wie er erwachte, da war das Feld bereits schön geeggt.
Danach kehrten sie heim, und er liess dem Amtmann bestellen, dass er mit der Arbeit fertig sei. Der Amtmann und der Graf gingen, es in Augenschein zu nehmen; sie gingen den ganzen Platz ab bis ans Ende; ein Haar ist nicht viel, aber nicht einmal soviel Fehler konnten sie an der Saat entdecken.
»Nun, du armer Mann,« sagte nun der Graf, »wenn du nicht an einem Tage mein ganzes Futter samt und sonders einbringst, werden dir deine Ochsen genommen. Das lass dir gesagt sein.«
Der arme Mann wurde wieder traurig; aber das Pfeffer-Öchschen tröstete ihn wieder.
»Sorgt Euch darum kein bischen, mein Herr! Legt Euch nur in jene Furche und schlaft; das weitere sei unsere Sorge.«
Und wirklich brachten sie auch in einem Tage das ungeheuer viele Futter ein. Sie luden das Ganze auf einen Wagen; aber sie luden so hoch auf, dass der arme Mann das oberste gar nicht sehen konnte. Wie sie beim Schloss anlangten, ging der arme Mann hinein zum Grafen und sagte:
»Hochgeborner Herr Graf, bis hierher habe ich das Futter gebracht; aber wenn Ihr das Schloss nicht von seiner Stelle schaffen lasst, so haben wir keinen Platz auf dem Hof.«
Kaum hatte das der Graf gehört, so liess er den armen Mann hinauswerfen, dass der fast den Hals brach. Das sahen die Öchschen, zogen eins, zwei, drei den Wagen an, los aufs Schloss, und das stürzte vom Grund aus zusammen. Den Grafen brachte der Zorn fast um.
»Hör, du armer Mann,« sagte der Graf, »wenn du mich nicht mit dem Amtmann zusammen in die Hölle fährst, bleibst du ohne Ochsen und hast noch Schande obendrein. Ich will die Hölle sehen, wie’s dort zugeht!«
Ach! Der arme Mann gab sich ganz seinem Jammer hin. »Wie konnte er dorthin fahren, wenn er doch noch niemals in die Gegend der Hölle gekommen war. Da begann das eine Öchschen zu sprechen:
»Darum grämt Euch nicht, Herr! Die wünschen sich gerade an den rechten Ort; der passt für alle beide.«
Da fuhr der arme Mann mit dem vollgeladenen Wagen vor; der Graf und der Amtmann stiegen auf, und die beiden Öchschen traten die Reise nach der Höllenprovinz an. Gegen Abend kamen sie bei ihrem Spundloch an. Die Pfeffer-Öchschen stürzten auf das Thor los und schlugen es mit den Köpfen ein; dann spazierte der Graf recht vornehm hinein und der Amtmann ihm nach.
»Nun jetzt, Herr, schlagt die Thür schnell zu,« rief das eine.
Der arme Mann that das auch, und der Graf konnte niemals auf die Oberwelt zurückkehren und der Amtmann auch nicht. Der arme Mann aber lebt mit den beiden Pfefferkorn-Öchschen glücklich bis heute, wenn er nicht gestorben ist.

[Ungarn: Elisabet Sklarek: Ungarische Volksmärchen]

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