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Märchenbasar

Eilians Flucht

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Ein alter Mann und sein Weib lebten dereinst zu Garth Dorwen vor langer, langer Zeit. Sie begaben sich einmal nach Carnarvon zur Messe, um eine Dienstmagd zu heuern; es war dies gerade am Allerseelentag. Es war Brauch bei den jungen Männern und Mädchen, die sich verdingen wollten, zur Zeit der Messe sich dort auf einer kleinen grünen Anhöhe aufzustellen, die noch jetzt die »Maes« genannt wird.
Der alte Mann und sein Weib gingen zu jener Stelle und gewahrten dort ein Mägdlein mit flachsgelben Haaren, das von den übrigen etwas abseits stand.
Die alte Frau trat auf sie zu und fragte, ob sie einen Dienstplatz brauche. Sie entgegnete, daß sie einen suche und verdingte sich auf der Stelle; und zur festgesetzten Zeit erschien sie auch an ihrem Dienstort.
In jener Zeit war es während der langen Winterabende üblich, daß man nach dem Abendbrot sich zum Spinnrocken setzte. Nun liebte es die Magd, wenn es Mondschein war, sich auf die Wiese hinauszusetzen, um dort zu spinnen. Da pflegten die Tylwyth Teg zu ihr zu kommen, um zu singen und zu tanzen. Doch einstmals im Frühling, als die Tage länger geworden, da entfloh Eilian, das Mädchen, mit einem der Tylwyth Teg und ward nicht wieder gesehen.
Das Feld, wo man zuletzt sie erblickt, wird bis zum Tage »Eilians Feld« genannt und die Wiese dabei heißt noch der »Mädchenanger«.
Die alte Frau zu Garth Dorwen war als eine »hilfreiche Frau« berühmt, die ihren bettlägerigen Mitschwestern geschickt beizustehen verstand und großes Begehr war darum nach ihr weit und breit.
Einige Zeit nach Eilians Flucht erschien ein Gentleman auf einem Rosse vor ihrem Tore, just in einer Nacht, da es Vollmond war, dieser jedoch von dichtem Nebel verhüllt wurde, der ringsher sich niederließ. Der Fremde war gekommen, um die alte Frau zu seinem Weibe zu holen.
So ritt sie denn hinter dem Fremden auf dessen Rosse dahin und sie gelangten in die Gegend von Rhos y Cowrt. Dort befand sich zu jener Zeit, gerade im Mittelpunkte von Rhos, eine Art erhöhten Erdwerks, das einer alten Festung ähnlich sah, umgeben von einer Unzahl mächtiger Steinblöcke rings auf der Höhe und gegen Norden durch einen breiten Wall aus Steinen geschützt. Es ist bis zur Stunde noch dort zu sehen und führt den Namen Bryn y Pibion.
Nachdem die beiden zu jener Stelle gelangt waren, betraten sie eine weite Höhle und gingen von da in ein Gemach, wo die Frau in ihrem Bette lag. Es war der herrlichste Raum, den die Alte zeitlebens gesehen hatte.
Nachdem nun die junge Frau glücklich mit einem Kinde niedergekommen, begab sich die Alte in die Nähe des Feuers, um das Kindchen zu reinigen. Sobald solches geschehen war, trat der Hausvater mit einer Flasche Salböl zur Alten und trug ihr auf, die Augen des Kindes damit zu benetzen; warnte sie jedoch, die eigenen Augen damit zu berühren.
Nun aber, nachdem sie die Flasche gebraucht und beiseite gestellt, begann das eine Auge der Alten zu jucken und sie rieb es mit dem nämlichen Finger, damit sie die Augen des Kindes eingerieben.
Da sah sie nun mit diesem Auge, wie das junge Weib auf einem Bündel von Binsen und welkem Farnkraut lag, in einer großen Höhle mit riesigen Steinen ringsher und mit ein wenig Feuer in einem Winkel. Und sie entdeckte auch zu ihrer Überraschung, daß jene keine andere als Eilian war, ihre einstige Magd; dieweil sie mit dem anderen Auge noch fort den schönsten Platz erblickte, den sie jemals gesehen.
Nicht lange nach diesem Begebnis ging die Alte nach Carnarvon zum Markt, wo sie den Ehemann erblickte, der sie damals nächtlicherweile geholt hatte. Und sie fragte ihn:
»Wie geht es Eilian?«
»Sie ist bei bestem Wohlsein«, sagte er zur alten Frau, »doch mit welchem Auge vermagst du mich zu sehen?«
»Mit diesem hier!« gab sie zur Antwort.
Darauf ergriff er eine Binse und stieß ihr damit das eine Auge aus.

[Keltisch: M. Brusot: Keltische Volkserzählungen]

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