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Taube und Eule reisten einmal zusammen und kamen zur Abenddämmerung an einen alten Schuppen, wo sie zu übernachten beschlossen. In diesem alten Schuppen hauste der Häuptling eines Fledermaus- Stammes mit seiner Familie, und als er die Fremden bemerkt hatte, lud er sie ein, mit ihm zu Abend zu speisen. Als die Eule genug von den leckeren Speisen und starken Getränken genossen hatte, erhob sie sich und begann den Häuptling in folgender Weise zu loben: ‚O du hochedle Fledermaus, deine Freigebigkeit ist groß, dein Ruhm unaussprechlich. Ich halte keinen dir gleich, dir und deiner erlauchten Familie. Auch kenne ich nicht deinesgleichen an Weisheit und Gelehrsamkeit. Du bist tapferer als der Adler und schöner als der Pfau, und deine Stimme ist lieblicher als selbst die der Nachtigall.‘ Der Fledermaushäuptling war außerordentlich stolz über dies Loblied, und nun erwartete er, daß die Taube ihn ähnlich anreden sollte, aber die Taube saß still am Tische, ohne zu beachten, was die Eule sagte, und ohne etwas dazu zu bemerken. Endlich wandte sie sich um und dankte dem Fledermaushäuptling höflich für seine Gastfreundschaft und Freigebigkeit, ohne sonst etwas hinzuzufügen. Da sah die ganze Sippschaft voll Ärger auf die Taube und blickte sie gar zornig an und warf ihr Mangel an Erziehung vor, weil sie den Häuptling der Fledermäuse nicht in zierlicher und höflicher Weise loben könne, wie es die Eule getan habe – doch alles, was die Taube darauf sagte, war, daß sie Schmeicheleien hasse.
Darauf gerieten alle in große Wut, schlugen und verwundeten sie und warfen sie hinaus in die dunkle und sturmvolle Nacht, wo sie hungerte und fror bis zum Morgen.
Bei Tagesanbruch flog sie zum Adler und klagte über die Fledermaus und die Eule, der Adler aber schwur: wenn sich Fledermaus und Eule jemals bei Tage zeigten, so sollten alle Vögel der Erde sie mißhandeln und verachten, aber den Tauben bewilligte er, daß sie immer in Schwärmen leben dürften, und er liebte und achtete sie von dieser Zeit an wegen ihrer Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe. Ein Schwarm von Fledermäusen oder Eulen ist seitdem nicht mehr gesehen worden.
Darauf gerieten alle in große Wut, schlugen und verwundeten sie und warfen sie hinaus in die dunkle und sturmvolle Nacht, wo sie hungerte und fror bis zum Morgen.
Bei Tagesanbruch flog sie zum Adler und klagte über die Fledermaus und die Eule, der Adler aber schwur: wenn sich Fledermaus und Eule jemals bei Tage zeigten, so sollten alle Vögel der Erde sie mißhandeln und verachten, aber den Tauben bewilligte er, daß sie immer in Schwärmen leben dürften, und er liebte und achtete sie von dieser Zeit an wegen ihrer Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe. Ein Schwarm von Fledermäusen oder Eulen ist seitdem nicht mehr gesehen worden.
[Oskar Dähnhardt: Naturgeschichtliche Volksmärchen]