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Märchenbasar

Ewenn Congar

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Es war einmal ein armer Mann, der hatte seine Frau verloren und lebte mit seinem einzigen Sohn. Der Mann hieß Ewenn Congar, und alles was er besaß waren drei Äcker, zwei Kühe und ein Pferd. Sein Sohn, der auch Eween genannt wurde, war ein gewecktes Bürschchen, und als er im zehnten Lebensjahr war, sagte er eines Tages zu dem alten Ewenn Congar: „Vater, ich muß wohl in der Schule etwas lernen.“ – „Mein Kind, wie soll ich das denn machen, du weißt ja, daß ich arm bin.“ – „Verkauf doch eine Kuh.“ Da ging der Vater auf den nächsten Viehmarkt und verkaufte eine seiner Kühe, und von dem Gelde, das er bekam, bezahlte er den Lehrer für seinen Jungen. Der kleine Ewenn wurde bald der Liebling und der Stolz seiner Lehrer; denn er zeigte sich anstellig und sehr fleißig. Nach einem Jahr war das Geld aufgebraucht, und der gute Vater mußte seine zweite Kuh verkaufen und wieder ein Jahr später auch das Pferd, damit sein Sohn noch auf der Schule bleiben konnte. Nach drei Jahren hatte der Jüngling so gut und so viel gelernt, daß er für seine Jahre wahrhaft ein Gelehrter genannt werden konnte. Er ließ sich ein Gewand schneidern, das war von außen weiß, von innen schwarz; dann zog er aus, sein Glück zu machen. Unterwegs traf er einen vornehmen Herrn, der ihn anhielt und fragte: „Wohin des Wegs, junger Freund?“ – „Ein Unterkommen und ein Auskommen suchen, gnädiger Herr.“ – „Verstehst du zu lesen?“ – „Ja, ich kann lesen und schreiben.“ – Dann paßt du nicht in mein Geschäft.“ Damit ritt der Herr seine Wege und ließ Ewenn stehen. Der aber, nicht faul, drehte sein Gewand um, lief querfeldein und erreichte die Straße wieder noch vor dem Fremden. „Wohin des Wegs, junger Freund?“ fragte ihn dieser, ohne ihn zu erkennen. „Eine Anstellung suchen, gnädiger Herr.“ – Verstehst du zu lesen?“ – „Leider nein, ich kann nicht lesen und nicht schreiben, mein Vater war zu arm, um mich auf die Schule schicken zu können.“ – „Gut, gut, dann taugst du für mein Geschäft. Setz dich hinter mir aufs Pferd.“ Ewenn Congar stieg auf, setzte sich hinter den Sattel zu dem Herrn aufs Pferd, und bald erreichten sie ein schönes Schloß, das von hohen Mauern umgeben war. Niemanden kam ihnen im Hof entgegen, um sie zu empfangen. Sie stiegen ab, und der fremde Herr führte sein Roß selber in den Stall. Dann wandte er sich an Ewenn Congar und sagte zu dem Jüngling: „Du wirst hier weder Mann noch Frau begegnen, niemanden außer mir. Aber sei unbesorgt, es wird dir an nichts fehlen, und wenn du genau befolgst, was ich dir sage, so erhälst du im Jahr fünfhundert Taler Lohn.“ – Und was muß ich tun, gnädiger Herr?“ – Ich habe in meinem Schloß fünfzig Käfige und in jedem einen Vogel, außerdem habe ich in meinem Stall zehn Pferde; die Vögel und die Pferde hast du zu versorgen, und war so, daß ich damit zufrieden bin.“ – „Ich werde mein Bestes tun.“ Darauf zeigte ihm der Herr des Schlosses die Käfige und die Pferde und sprach zu Eween: „Nun gehe ich auf Reisen und komme erst über ein Jahr und einen Tag zurück.“ Dann ritt er davon. Eween Congar war nun ganz allein in dem Schlosse und pflegte Vögel wie Pferde aufs beste. Viermal am Tage fand er im Speisesaal den Tisch für sich gedeckt, ohne daß er jemals einer Menschenseele begegnet wäre. Er aß und trank und ließ es sich nach Herzenslust schmecken, und wenn er mit seiner Arbeit fertig war, strich er durch das Schloß und durch die Gärten.

Als er nun eines Tages wieder einmal so durch alle Zimmer ging, von denen eines immer reicher an Schätzen und Kostbarkeiten war als das andere, stand plötzlich eine wunderschöne Prinzessin vor ihm. Die sprach: „Erkennst du mich? Ich bin eines der Pferde, die du in dem Stall täglich fütterst und tränkst, und zwar das dritte von links, wenn du in den Stall trittst, die
Apfelschimmelstute. Der Zauberer des Schlosses hat mich so verwandelt, und ich muß diese Gestalt behalten, bis einer kommt, der mich erlöst. Vier haben es schon versucht, aber sie sind in Vögel oder Pferde verwandelt worden. Wenn nun der Zauberer nach seiner Rückkehr mit deinen Diensten zufrieden ist, so wird er dir gestatten, dir zur Belohnung eines der Pferde auszuwählen, damit du zu deinem Vater zurückkehren kannst. Wählst du mich, so wirst du es nicht bereuen. Ich bin die Tochter des Königs von Spanien. Aber behalte es gut im Kopf: die Apfelschimmelstute, das dritte Pferd von links, wenn du in den Stall trittst. Viele Königssöhne und andere tapfere und edle Männer haben das Wagnis schon unternommen, mich zu befreien, aber viele haben dabei ihr Leben eingebüßt, und in einem Saal des Schlosses findest du ihre Haut an Nägeln aufgehängt. Darum gib acht, daß nicht auch du deine Haut lassen mußt.“ Darauf zeigte die Prinzessin Ewenn Congar, wo der der Magier seine Zauberbücher verborgen hielt, nämlich in einem winzigen Kabinett, das ganz und gar mit schwarzem Tuch ausgeschlagen war. Dalagen viele große, mit schönen Schlössern und Beschläge verzierte Bücher, und mitten unter ihnen ein kleines, unscheinbares rotes Buch. Die Prinzessin Ewenn Congar das wichtigste Buch auswählen, und er griff ohne Zaudern nach dem kleinen roten. „Das ist gut“, rief die Prinzessin, „du bist der Richtige, nun gib acht, ich will dich in der schwarzen Kunst unterweisen, damit du den Zauberer bestehen kannst.“

Nach einem Jahr und einem Tag erschien der Herr des Schlosses wieder, wie er angezeigt hatte. Er war sehr zufrieden mit Congars Diensten und sagte ihm, er solle noch ein weiteres Jahr bei ihm bleiben, er wolle ihm auch den doppelten Lohn zahlen. „Nein, danke, Herr“, antwortete Ewenn Congar, „ich will zu meinem Vater zurückkehren.“ – „Aber bedenke doch, daß du jetzt mehr als zwölftausend Meilen von deiner Heimat entfernt bist.“ – „Mir gleich, Herr, ich muß zu meinem Vater zurück.“ – „Gut, wie du willst. Hier hast du deine fünfhundert Taler Lohn, und ich werde dir noch ein Pferd geben, damit du nach Hause zurückkehren kannst. Komm in den Stall und such dir eins aus.“ Sie gingen in den Stall, und Ewenn tat, als ob er nicht wüßte, welches er sich auswählen sollte; dann zeigte er auf die Apfelschimmelstute und sagte: „Die hier will ich, die kleine Stute da.“ – „Was, diese Mähre? Du verstehst wirklich nichts von Pferden. Schau doch hin, daneben, das sind schöne Rosse.“ – „Nein, gerade diese Apfelschimmelstute hat mir’s angetan, die will ich, und keine andere.“ – „Der Teufel soll dich holen! Nimm sie also, aber merke dir, ich krieg dich doch noch!“
Congar führte die Apfelschimmelstute aus dem Stall und hinaus auf dem Hof. Kaum waren sie außerhalb des Schlosses, so verwandelte sich die Stute und wurde wieder eine wunderschöne Prinzessin. „Nun kehre nach Hause zurück“, sprach die Prinzessin zu ihrem Befreier, „ich will ebenfalls zu meinem Vater gehen, dem König von Spanien, dort wirst du mich finden, übers Jahr und über ein Tag.“ Und im nächsten Augenblick war sie verschwunden.

Also machte sich Congar mutig auf den Weg zu seiner Heimat. Als er nur noch wenige Meilen bis zum Hause seines Vaters hatte, begegnete ihm ein Bettler, den er früher oft gesehen hatte; dieser aber erkannte ihn nicht. Den fragte er: „Guter Mann, ist Euch nicht vielleicht ein Ewenn Congar bekannt?“ – „Oh, den kenne ich gut, ich wohne ja nicht weit von ihm“, antwortete der alte Bettelmann. – „So lebt er noch? Und wie geht es ihm?“ – „Er lebt schon noch, aber es geht ihm sehr schlecht, und er ist nicht viel glücklicher dran als ich. Denn das Wenige, das er besaß, hat er vergeudet, um seinen Sohn auf die Schule schicken zu können; dieser aber kümmert sich nicht um ihn, und niemand weiß, was aus ihm geworden ist.“ Congar erwiderte nichts, gab dem Bettler ein großes Geldstück und eilte nach Hause. Als er zu der morschen Hütte kam, fand er seinen alten Vater auf einem runden Feldstein vor der Türschwelle hocken.
Er umarmte ihn und rief: „Guten Tag, lieber Vater, da bin ich wieder!“ Doch sein Vater erkannte ihn nicht und sagte: „Schämt Euch, daß ihr Euch über einen alten Mann lustig macht!“ – „Nicht doch, Vater! Jetzt bin ich reich, nun sollst du dich erholen, wir wollen uns gemeinsam ein schönes Leben machen. Da, schau her!“ Und damit warf er die fünfhundert neue Goldstücke auf den Tisch. Dann ließ er den Vater im Ort einkaufen, Weißbrot, Fleisch, Speck, Würstchen und sogar Wein, und sie veranstalteten ein wahres Festessen und luden auch ihre Nachbarn dazu ein. Alle Tage ging es so herrlich zu, solange die fünfhundert Goldstücke reichen wollten. Aber als der alte Ewenn Congar den letzten Dukaten wechseln mußte, sprach er zu seinem Sohn: „Nun sind wir am Ende mit unserm Geld, mein Söhnchen, jetzt wird wieder Schmalhans Küchenmeister bei uns werden.“ „Macht Euch deshalb keine Sorge, Vater, denn habt Ihr Euch um alles gebracht, damit Ihr mich zur Schule schicken konntet, so hab’ ich einiges unterwegs gelernt, wie Ihr bald erleben werdet, und ich werde es Euch weder an Geld noch an sonst irgend etwas mangeln lassen. Morgen früh, Vater, geht auf den Viehmarkt, um dort einen feisten Ochsen zu verkaufen.“ – „Und woher soll ich den Ochsen nehmen, Söhnchen? Es ist lange her, daß ich einmal einen Ochsen, eine Kuh und ein Kalb mein Eigen nannte.“ – „S’ist gleich, woher der Ochse kommt, doch morgen früh, wenn Ihr aufsteht, werdet Ihr vor Eurer Kammer einen stattlichen Ochsen finden: den führt nach Lannion zum Viehmarkt und verlangt zweihundert Taler dafür. Ihr werdet sie auch erhalten, ohne einen Heller nachzulassen. Doch behaltet den Strick zurück!“ – „Der Strick wird mitverkauft, so ist es üblich“, sagte der Alte.“ – „Ich sagte Euch, gebt den Strick unter keinen Bedingungen her, oder Ihr bringt mich in große Gefahr. Ihr versteht mich doch, bringt den Strick unter allen Umständen wieder nach Hause, ansonsten verliert Ihr etwas, was Euch so teuer ist wie Euer eigenes Leben.“ – „Also gut, ich werde den Strick nicht hergeben, obwohl das nicht üblich ist.“
Am nächsten Morgen fand der Alte in der Tat vor seiner Tür einen prächtigen Ochsen, der hatte einen ganz neuen Strick um den Hals.

Der alte Ewenn Congar führte den Ochsen zum Viehmarkt, ohne sich wegen seines Sohnes irgendwelche Gedanken zu machen. Kaum war er mit dem Ochsen auf dem Markt angelangt, drängten sich alle Händler und Metzger heran, um ihm den Ochsen abzuhandeln. „Was kostet der Ochse, guter Mann?“ – „Zweihundert Taler und der Strick bleibt mir!“ – Ihr seid nicht ganz bei Trost. Sagt hundertfünfzig und schlagt ein, dann trinken wir noch zusammen eine Flasche darauf.“ – „Zweihundert Taler, und nicht einen Heller weniger.“ – „Na schön, Ihr werdet sehen, Ihr bleibt sitzen mit Eurem Ochsen.“ Schließlich hatten alle Metzger und alle Händler den Ochsen betrachtet, abgetastet und ihr Gebot gemacht. Wie jedoch der Alte immerzu auf zweihundert Taler bestand, ohne etwas nachzulassen, hatten sie nsich verlaufen. Als der Markt zu Ende und die Sonne schon zur Ruhe ging, erschien noch ein fremder Händler, mit flammenden Haaren und stechenden, unruhigen Augen; der näherte sich dem alten Ewenn Congar, betrachtete den Ochsen und fragte: „Na, Biedermann, wieviel soll der Strick kosten?“ – „Zweihundert Taler, und der Strick bleibt mir.“ – „Das ist ziemlich teuer, aber das Tier gefällt mir, ich kann es gut gebrauchen, hier sind die zweihundert Taler. So, und nun gebt mir den Strick, damit ich den Ochsen wegführen kann.“ – „Ohne den Strick! Ich habe Euch gesagt, der Strick bleibt bei mir.“ „Was soll das heißen? Der Strick gehört immer dem Käufer, alter Narr!“ – „Den Strick gebe ich Euch nicht, ich sag’ noch einmal, und wenn Euch das nicht paßt, ist der Handel hinfällig, Ihr behaltet Euer Geld, und ich meinen Ochsen.“ – „so häng dich auf mit deinem Strick!“ Und damit ging der Fremde fort. Der Ochse wurde endlich verkauft an einen Metzger, der ihn mitnahm und in seinen Stall stellte, um ihn am nächsten Tag zu schlachten. Aber am anderen Morgen war der Ochse aus dem Stall verschwunden, und Ewenn Congar war wieder bei seinem Vater. Solange die zweihundert Taler reichten, führten Vater und Sohn ein lustiges Leben wie zuvor, und ihre Freunde hatten auch ihren Teil daran. Als es aber wieder an den letzten Sechser ging, sagte der junge Mann zu seinem Vater: „Morgen früh, Vater, mußt du auf den Viehmarkt und dort ein Pferd verkaufen.“ – „Und woher sollen wir das Pferd nehmen, mein Sohn?“ – Es wird dorther kommen, woher auch der Ochs gekommen ist. Das laß nur meine Sorge sein. Morgen früh werdet ihr es an Eurer Tür finden. Dreihundert Taler müßt Ihr dafür verlangen und keinen Heller heruntergehen! Ihr werdet sie auch kriegen. Aber erinnert Euch, wie bei dem Ochsen verkauft unter keiner Bedingung den Halfter mit. Bringt ihn ja wieder nach Hause, oder es kommt Euch teuer zu stehen, und mich auch.“ – „Schon gut“, antwortet der brave Alte, „ich werde den Halfter wieder mit nach Hause bringen, da du es so willst, obwohl das hierzulande, sonst nicht üblich ist.“ Am nächsten Morgen ritt der alte Congar also auf den Pferdemarkt mit einem wunderschönen Pferd, auf das er furchtbar stolz war, und er wunderte sich nicht einmal darüber, was aus seinem Sohn geworden sein konnte. Auf dem Markt kamen zahllose Händler herbei und handelten um das Roß, da ihnen das Tier über die Maßen gefiel. Aber da der Alte von seinen dreihundert Talern auch nicht einen Heller abging, ließen sie ihn samt seines Pferdes stehen.

Gegen Abend erschien wieder der unbekannte Händler, der schon um den Ochsen gefeilscht
hatte, und gleich den anderen fragte er: „Wie viel soll das Pferd kosten, Biedermann?“ – „Dreihundert Taler, und der Halfter bleibt mir.“ – „Das ist teuer, aber das Pferd gefällt mir, und ich werde dir dreihundert Taler geben, ohne einen Heller abzuhandeln. Jedoch mußt du mir den Halfter lassen, das ist nicht mehr als üblich.“ – „Mitnichten, der Halfter bleibt mir, oder der Handel gilt nichts.“ – „Alter Dummkopf, weißt du denn nicht, daß der Halfter immer und stets dem Käufer gehört?“ – „Das kann jeder halten, wie er mag. Ich will aber mein Pferd verkaufen und den Halfter behalten.“ – „Daß dich der Teufel hole, dich samt deinem Roß und dem Halfter.“ – Und voller Wut und Zorn verschwand er. Das Pferd wurde ein wenig später an einen Roßhändler verkauft, der es mit nach Hause nahm, wo er es mit mehreren Pferden zusammen für die Nacht in den Stall tat, um am nächsten Tag weiterzureisen. Doch am anderen Morgen war das Pferd verschwunden, ohne daß der Händler gewusst hätte, wie es zugegangen war. Und Ewenn Congar war wieder zu Hause bei seinem Vater. Als die dreihundert Taler von neuem ausgegeben waren, ließ sich Ewenn zum dritten Mal, diesmal als Esel, von seinem Vater auf den Markt führen; zweihundert Taler soll der Vater für den Esel fordern und gut darauf achten, daß er den Halfter wieder mit nach Hause bringe. Und wiederum stellte sich der rothaarige Händler ein. „Wieviel der Esel, alter Freund?“ – „Zweihundert Taler!“ – „Viel Geld, viel Geld für das abgetriebene Langohr, aber ich liebe es nicht, zu feilschen – da sind zweihundert Taler, her mit dem Esel!“ und schnell sprang er auf das Tier. „Hallo“, rief der alte Congar, den Halfter müßt ihr mir lassen!“ – „Zu spät, Graukopf“, erwiderte spöttisch der andere, schlug mit dem Stock auf den Esel und jagte im Galopp davon. Nach einiger Zeit kam er vor eine Schmiede am Wege, dort hielt er an und sagte zu dem Schmied: „ Rasch, rasch Meister, macht mir vier Hufeisen, aber jedes zweihundert Pfund schwer und beschlagt meinen Esel damit!“ – „Wollt Ihr mich zum Narren halten?“ gab der Schmied zurück.“ – Keineswegs, tut, wie ich Euch sage, und ich werde es Euch gut bezahlen.“ Während der Schmied daranging, die vier Hufeisen zu machen, wurde der Esel an einem Ring draußen vor der Schmiede angebunden. Die Kinder standen um ihn herum und zogen ihn an den Ohren, damit er schrie. „Bindet mich los“, sprach der Esel. „Ein Esel, der reden kann!“ rief einer der Buben. – „Was hat er gesagt?“ fragte ein anderer. „Wir sollen ihn losbinden.“ – „Ja, Kinder, bindet mich los, und ihr werdet etwas Lustiges zu sehen bekommen“, wiederholte der Esel. Da lösten die Kinder den Knoten. Sofort verwandelte sich der Esel in einen Hasen und stob über die Felder davon, daß der Staub aufwirbelte.

Als der Zauberer das Geschrei der Kinder vernahm, eilte er aus der Schmiede und fragte: „Wo ist mein Esel?“ – „Er hat sich als Hase aus dem Staub gemacht“, schrien die Buben. – „Wohin ist er gelaufen?“ – „Dorthin über das Feld!“ – Und schon jagte der Zauberer als Jagdhund fort und setzte dem Hasen nach. Wie er diesem dicht auf den Fersen war, verwandelte sich der Hase unversehens in eine Taube und flog davon, der Zauberer nun als Sperber hintendrein. So schossen sie durch die Luft, der Sperber immer dicht hinter der Taube, bis sie an das Schloß des Königs von Spanien kamen. Es fehlte nicht mehr viel, und der Sperber packte die Taube, da erschien die Königstochter an einem Fenster des Schlosses, und flugs wurde die Taube zu einem Ring und glitt der Prinzessin an den Finger. Da nahm der Zauberer menschliche Gestalt an, ging zum Schloß und meldete sich als Arzt, den schon lang schwererkrankten König heilen wolle. Weil nun die Ärzte des ganzen Landes ihre Künste an dem alten König bisher vergeblich ausprobiert hatten, ließ ihn der Kranke kommen, und nach kurzer Zeit hatte er ihn geheilt. Darüber war der König so glücklich, daß er ihm alles versprach; was er auch verlange, er werde es ihm geben. Der falsche Arzt sprach: „Ich erbitte mir nicht viel, o König, nichts anders und nicht mehr als den goldenen Ring, den die Prinzessin, Eure Tochter, am Finger trägt.“ – „Wie, Ihr wollt Euch mit so wenig zufrieden geben? Und wenn Ihr Gold von mir verlangt, soviel wie meine Krone, mein Zepter und mein Thron zusammen wiegen, ich werde es Euch geben.“
„Nein, König, ich bitte nur um den goldenen Ring von der Hand Eurer Tochter.“ – „Gut denn, wie Ihr wollt. Morgen früh sollt Ihr ihn bekommen.“

Als sich die Prinzessin am Abend zum Schlafen niederlegte, mit dem Ring an ihrem Finger, erschrak sie sehr, denn auf einmal lag neben ihr ein Mann, der sprach geschwind zu ihr: „Prinzessin, erkennt Ihr mich nicht? Es ist gerade ein Jahr her, da habe ich Euch aus der Gewalt des Zauberers befreit. Seit ich Euch erlöst habe, verfolgt mich die Rache des Zauberers ohne Unterlaß. Jetzt ist es ihm, als Arzt verkleidet, gelungen, Euren Vater von seiner Krankheit zu heilen. Zum Preis dafür verlangt er den Ring, den Ihr am Finger habt. Nun bitte ich Euch, zu tun, was ich Euch sage. Antwortet dem Zauberer, Ihr wollt ihm den Ring geben und Ihr wolltet ihm sogar selber ihm an den Finger stecken. Dabei lasst den Ring zu Boden fallen. Ist es so weit, macht Euch wegen des Ausgangs keine Sorge mehr; alles wird gut gehen, wenn Ihr genau tut, was ich Euch gesagt habe.“

Am nächsten Morgen ließ der König seine Tochter zu sich rufen; der Zauberer, als Arzt verkleidet, war bei ihm, und der König sagte zu der Prinzessin: „siehe, meine Tochter, das ist der Mann, der mir Gesundheit und Leben geschenkt hat, indessen alle Ärzte des ganzen Reiches meinem Leiden machtlos zusahen.
Zur Belohnung für diesen unschätzbaren Dienst fordert er nichts weiter als den goldenen Ring, den du am Finger trägst. Das wirst du ihm nicht abschlagen.“ – „Wahrhaftig nicht, mein Vater“, antwortete die Prinzessin, „und ich bitte sogar darum, ihm den Ring selber und jetzt sogleich auf den Finger stecken zu dürfen.“ Damit zog sie den Ring von ihrem Finger, doch in dem Augenblick, da sie ihn dem Zauberer anstecken wollte, tat sie, als ob sie zu bewegt oder ungeschickt wäre, und ließ ihn zu Boden fallen. Sofort wurden aus dem ring viele Kichererbsen, die auf dem Boden herumkollerten, doch schnell verwandelte sich der Zauberer, um die Erbsen aufzupicken, in einen Hahn. Da wurden die Erbsen zu einem Fuchs, der stürzte sich auf den Hahn und biß ihn tot. So endete der Wettkampf, und Ewenn Congar hatte den bösen Zauberer endlich besiegt. Nun nahm die Prinzessin Ewenn bei der Hand und berichtete ihrem Vater, wie Ewenn sie befreit hatte. Und er erzählte, was sich inzwischen zugetragen und wie der Zauberer ihn mit seiner Rache verfolgt habe. Darauf bekam Ewenn die Prinzessin zur Frau, es wurde eine prächtige Hochzeit gefeiert, und der alte Ewenn Congar war auch dabei, denn er lebte immer noch.

 
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