Einst passierte es, dass sich eine Motte auf eine bunte Blumenwiese verirrte. Ganz benommen wurde der Motterich von den vielen Farben. Er selbst war grau und unscheinbar. Er saß auf einem grauen Stein, als ein Zitronenfalter vorbei flog und sich neben ihm auf den Stein setzte, um sich in der Sonne ein wenig zu wärmen. Dieser Schmetterling war das Herrlichste und Lieblichste , das die Motte je gesehen hatte.
Der Mottenmann nahm all seinen Mut zusammen und sprach den Zitronenfalter an: „Entschuldigen Sie, meine Dame, ich bin hier fremd, und vielleicht wären sie so gütig, mir die Schönheiten in dieser Gegend zu zeigen.“ Erschrocken blickte sich der Zitronenfalter um und bemerkte erst jetzt die Motte, die sich in ihrer Farbe kaum vom Stein unterschied. Der Schmetterling schaute die unscheinbare Motte an und meinte unfreundlich: „Mit dir kann ich mich unmöglich zeigen lassen. Wenn du die Schönheiten in dieser Gegend sehen willst, dann schau nur mich an. “ Mit diesen Worten schwebte der Falter davon.
Die Motte saß da und schaute dem gelben Schmetterling nach. Dann blickte sie auf die Wiese, betrachtete die bunten Blumen, eine schöner als die andere. Sie bemerkte nun auch andere Insekten, Käfer mit glänzenden Panzern, lustigen Punkten oder eleganten Streifen, allesamt noch schöner und bunter, als der Zitronenfalter es gewesen war. Da war die Motte über die rüde Behandlung nicht mehr traurig, sondern genoss den herrlichen Frühlingstag.
Quelle: Berta Berger