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Glückes Glück

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Es war einmal ein König, der hatte einen einzigen Sohn. Als der Knabe schon so herangewachsen war, dass er achtzehn Jahre zählen mochte, musste sein Vater ins Feld ziehen. Der König sammelte alles taugliche Volk um sich und zog in den Krieg; seinem Sohne aber befahl er, dass er die Herrschaft führe, sich jedoch nicht verheiraten sollte, bis er heimkehre.

So ging und schwand die Zeit. Der Königssohn führte die Herrschaft; an Heiraten zu denken, kam ihm gar nicht in den Sinn. Aber als er das fünfundzwanzigste Jahr erreicht hatte, fing er an, ans Heiraten zu denken und wurde ganz versessen darauf; kaum konnte er sich noch bezwingen. Er wartete, wartete noch einige Jahre, so dass schon zehn Jahre verflossen waren, seit sein Vater in der Ferne weilte. Dann versammelte er ein grosses Gefolge und machte sich mit vielem Gepränge auf die Brautfahrt. Wusste selbst nicht, wohin, wohin – wanderte, wanderte zwanzig ganze Tage hindurch. Da fand er sich dem Feldlager seines Vaters gegenüber, den der Feind schmählich in die Flucht geschlagen hatte. Wie freute sich der König, als er seinen Sohn erblickte! Doch als er hörte, dass dieser gegen sein Gebot auf die Brautwerbung zog und ihn nicht zu Hause erwartet hatte, wurde er sehr zornig, nahm ihm das ganze Gefolge weg und sagte zu seinem Sohn: „Du magst gehen, wohin es dir gefällt, aber mein Volk lasse ich dir nicht.“

Nur ein treuer Jäger blieb bei dem Königssohn; der gehorchte nicht den Worten des Königs. Sie durchwanderten Berge, Thäler, wanderten, bis sie zur Goldburg gelangten. Der König der Goldburg hatte eine unbeschreiblich schöne Tochter, und sie gingen, sie anzuschauen.

Wie freudig wurden sie da empfangen! Denn wahrlich, der Königssohn war auch ein schöner Jüngling. Er hielt um die Königstochter an, und sie gaben sie ihm von Herzen gern. Auf der Stelle wurde der Priester gerufen, sie wurden getraut, und das Hochzeitsfest dauerte einen Monat lang. – Nach der Hochzeit machten sie sich auf den Heimweg. Am ersten Abend stiegen sie in einem Gasthause ab. Alle schliefen; nur der treue Jäger hielt Wache. Auf einmal, gegen Mitternacht, hört er, wie drei Krähen auf das Dach des Hauses geflogen kommen und so miteinander reden:

„Wahrlich, ein schönes Paar kehrte hier ein! Nur schade, dass sie so bald ihr junges Leben lassen müssen!“

„Wahrlich“, spricht die zweite Krähe, „denn morgen Mittag mit dem Glockenschlage stürzt die Brücke des Goldstroms unter ihnen zusammen, wenn sie hinüberfahren.“

„Ja, sie stürzt ein,“ sagt die dritte, „denn des jungen Königs Vater liess alle Brückenpfeiler durchsägen. Aber hört! Wer diese unsere Rede verrät, der wird zur Salzsäule bis zum Knie.“

Kaum haben die Krähen dies gesagt, so fliegen sie von dannen. Aber ihnen auf dem Fusse folgen drei Tauben und sprechen so:

„Wenn der junge König und die Königin auch ungefährdet über die Brücke kommen, so müssen sie dennoch sterben; denn der alte König schickt ihnen einen Wagen entgegen, der ist so schön, wie aus dem Ei geschält. Aber wenn sie sich hineinsetzen, erhebt sich ein wütender Wirbelwind, der wirbelt sie vom Wagen in die Lüfte, und sie stürzen dann hinunter, so dass sie eines schrecklichen Todes sterben. Aber wer diese unsere Rede hört und verrät, der wird sogleich zur Salzsäule bis zum Gürtel.“

Damit fliegen die Tauben schnellen Fluges davon. An ihrer Stelle kommen drei Adler; so sprechen sie:

„Wenn das junge Paar auch der Brücke und dem Wagen entgehen mag, so schickt ihnen der alte König ein Paar goldgestickte Gewänder, dass sie sie anlegen. Wenn sie sie aber anthun, dann verbrennen sie mit Haut und Haaren. Aber wer diese unsere Rede hört und verrät, der wird ganzen Leibes zur Salzsäule.“

In der Frühe erheben sich die Reisenden, setzen sich zu Tisch und speisen. Der eine erzählt dies, der andere das, was er zur Nacht geträumt. Da sagt der treue Jäger zu seinem Herrn: „Erhabener Königssohn! Dies träumte mir: Wenn deine Hoheit alle meine Bitten gewährt, so werden wir ungefährdet heimkehren, wenn aber nicht, so werden wir samt und sonders verderben. Meine Träume täuschen mich nie. Versprecht mir, dass Ihr auf der ganzen Reise meinem Rate folgen werdet.“

„Mach nicht so viel aus einem Traum,“ sagt der Königssohn. „Träume sind Schäume. Aber ich will dich von unnützer Sorge befreien und verspreche, dass ich dir gehorchen werde.“

Damit endete das Mahl, und sie machten sich auf den Weg.

Gegen Mittag langten sie beim Goldstrom an. An der goldenen Brücke sagte der Jäger: „Erhabener Königssohn! Den Wagen lassen wir hier zurück und gehen ein Stückchen zu Fuss. Nicht weit von hier ist die Stadt; dort können wir einen anderen Wagen kaufen; denn die Räder an diesem sind schlecht, und er würde bis zur Stadt unter uns zusammenbrechen. Das wäre schmachvoll für einen König!“

Der Königssohn beschaute den Wagen aussen und innen; aber er fand ihn nicht so schlecht, dass man befürchten müsste, er würde zerbrechen. Aber er hatte nun einmal sein Wort gegeben, und dabei blieb es.

Sie stiegen vom Wagen, nahmen das Gepäck herunter und luden es den Pferden auf. Der Königssohn und seine Gemahlin gingen zu Fuss über die Brücke; der Jäger hingegen sagte, er wollte zu Pferde den Fluss durchwaten, damit die Pferde trinken und baden könnten.

Sie kamen auch glücklich ohne allen Schaden hinüber. Keine drei Büchsenschüsse davon lag die Stadt. Dahin gingen sie zu Fuss, kauften dort einen neuen Wagen und setzten ihre Reise fort.

Da erschien vor ihnen ein Bote vom alten König und sprach zum jungen König: „Euer Majestät Vater schickt diesen schönen Wagen, auf dass Eure Majestät darin ihren Einzug in die Heimat halte; denn so ziemt es einem König vor seinem Volke.“

Der junge König freute sich so über den schönen Wagen, dass er kein Wort hervorbringen konnte. Aber der Jäger nahm das Wort:

„Mein Herr, diesen Wagen muss ich erst prüfen, und nur dann werden wir einsteigen, wenn ich ihn tauglich finde; andernfalls bleiben wir in dem unsern.“ Auch jetzt widersprach der junge König nicht dem Jäger. Dieser prüfte den Wagen von allen Seiten und sprach dann:

„Ebenso schmuck wie er ist, ebenso schlecht ist er!“

Und damit zertrümmerte er ihn, dass er in tausend Stücke flog.

Sie erreichten nun die Landesgrenze. Da erschien ein zweiter Bote vor ihnen und meldete, dass der alte König seinem Sohne und dessen Gemahlin jedem ein Gewand sende, dass sie es anthäten und darin ihren Einzug hielten. Aber auch diese zerstörte der Jäger.

Da ergrimmte der alte König, dass es ihm nicht gelingen wollte, seinen Sohn zu verderben, und dass er ihm nun jetzt schon die Herrschaft übergeben sollte. Ihn verlangte zu wissen, durch welche Künste er der Gefahr entronnen sei. Darum sprach er also zu seinem Sohn:

„Mein lieber Sohn, ich freue mich, dass du glücklich heimgekehrt bist; aber ich kann nicht begreifen, dass dir weder der schöne Wagen noch das kostbare Hochzeitsgewand gefallen haben. Ja, du liessest sie sogar vernichten. Womit habe ich das von dir verdient?“

Darauf begann der junge König sich zu entschuldigen:

„Mein erhabener Herr Vater! Ich selbst war sehr betrübt über ihre Vernichtung. Aber es war der Wunsch meines Jägers, dass auf der Reise alles nach seinem Willen geschehen sollte. Ich hatte ihm mein Wort darauf gegeben. Wir könnten nicht glücklich heimkehren, sagte er, wenn nicht dies alles vernichtet würde.“

Der alte König zürnte ohnehin schon dem Jäger, dass er gegen sein Gebot mit seinem Sohn gezogen war. Er versammelte seine Räte und verurteilte den Jäger zum Tode.

Inmitten des Hofes wurde der Galgen aufgepflanzt.

Man führte den armen Jäger zum Richtplatz, und der Oberrichter las ihm das Urteil vor. Da sprach der Jäger: „Was ich gethan habe, das habe ich aus Treue gethan. Als wir vom Weissen König zurückkehrten, stiegen wir die erste Nacht in einer Herberge ab; die ganze Nacht schloss ich nicht die Augen, sondern hielt Wache.“ Und nun erzählte er, was die Krähen gesagt hatten. Im selben Augenblick wurde er bis zum Knie zur Salzsäule. Da rief der junge König, dass er kein Wort weiter reden solle; denn er erkenne daran seine Treue. Aber der Jäger unterbrach seine Erzählung nicht und berichtete alles, was er von den Tauben und Adlern gehört hatte. Als er zu Ende war, da ward er vom Wirbel bis zur Zehe zur Salzsäule.

Ach, wie grämte sich nun der junge König, dass er seinen treuen Jäger verloren hatte! Und vor allem schmerzte es ihn, dass gerade er, den der Treue aus Gefahr errettet, die Ursache seines Verderbens war. Er beschloss, in die Welt zu ziehen und nicht eher zu rasten, bis er irgendwo erfahren würde, wie er seinen Jäger wieder in einen Menschen verwandeln könne.

Am königlichen Hofe lebte ein altes Weib, die war seine Amme gewesen; der teilte er seine Absicht mit und übergab ihr die Sorge für seine Gemahlin. Die alte Frau riet ihm: „Du hast einen weiten Weg vor dir, mein Sohn; suche aber niemanden als Glückes Glück; wenn er dir in deinem Kummer nicht helfen kann, so kann es keine Menschenseele auf dem Erdenrund.“

Da machte sich der junge König auf den Weg, dass er Glückes Glück suche. Er wanderte, wanderte, und als er jenseit seines Reiches gelangt war, irrte er drei Tage in einer Heide umher; aber kein lebendes Wesen traf er dort. Am Abend des dritten Tages erreichte er das Ufer eines schönen Flusses. Dort stand eine siebensteinige Mühle, die hatte nicht nur eine Walke sondern auch einen Hirsestosser. Da kehrte er ein und übernachtete dort. Früh morgens, als er aufbrechen wollte, fragte ihn der Müller:

„Mein erlauchter Herr! – mein Leben und mein Tod stehen in deiner Hand – wohin so einsam des Weges?“

Erzählte ihm der König, was ihn herführte.

„So möge deine Majestät Glückes Glück noch eines fragen: Was ist die Ursache, dass ich in einer siebensteinigen Mühle bin, die eine Walke und auch einen Hirsestosser hat, auch genug zum Mahlen bekomme und dennoch so arm bin, dass ich kaum von einem Tag zum andern zu leben habe?“

Der König versprach, danach zu fragen, und damit ging er von dannen. Wiederum irrte er drei Tage auf der Wiese umher, ohne dass er eine Christenseele traf. Am dritten Tage gegen Abend erblickte er ein Städtchen; spät abends langte er dort an, ging hinein; doch nirgends sah er Licht, und fast hatte er es schon ganz durchschritten und noch keine Herberge gefunden. Am Ende der Stadt sah er Licht in einem Eckfenster. Er ging darauf zu und fand im Hause drei Mädchen, welche gerade Glühkohle spannen.

Er bat sie um Herberge zur Nacht, und sie nahmen ihn auf. Es war wohl die Zeit des zweiten Spinnens. Sie richteten ihm schnell das Nachtmahl her; der König ass. Sie bereiteten ihm ein Nachtlager, und er legte sich nieder und schlief ein.

Am Morgen, als er weiter ziehen will, fragen ihn die Mädchen, wohin er gehe. Auch ihnen giebt er Auskunft. „Erhabener König,“ bitten da die Mädchen, „fragt Glückes Glück noch eines: Was mag die Ursache sein, dass wir alle drei schon über dreissig Jahre alt sind, auch die allerjüngste hätte schon vor zehn bis fünfzehn Jahren heiraten können, und dennoch sich kein Freier fand, trotzdem wir schön, sittsam und auch sehr fleissig sind?“

Der König versprach auch ihnen, dass er Antwort holen würde, und damit ging er von dannen.

Nun kam er in einen ungeheuer grossen Wald, und dort irrte er umher vom Morgen bis zum Abend, vom Abend bis zum Morgen. Als er bis zum andern Ende des Waldes gewandert war, kam er an einen schönen Bach. Der Bach steht still, fliesst nicht um ein Härchen weiter, sondern beginnt zu sprechen und sagt: „Mein Herr König, sage mir, was brachte dich in diese grosse Wildnis? Denn es mögen wohl hundert Jahre sein, dass mein Lauf hier begann, und noch niemals seitdem kam eine Seele hierher.“

Darauf erwiderte der König: „Ich werde es dir sagen, wenn du dich teilst, so dass ich dich durchschreiten kann.“ Sogleich teilte sich der Bach, und der König durchschritt ihn trocknen Fusses. Am jenseitigen Ufer blieb er stehen und erzählte, was das Ziel seiner Wanderung sei. Da sprach der Bach:

„So frage noch Glückes Glück, was die Ursache sei, dass ich so ein schöner, hell fliessender Bach bin und dennoch in mir noch niemals weder ein Fisch noch ein Krebs noch ein anderes lebendiges Tier war.“

Auch dies versprach der König, und damit ging er weiter. –

Wie er aus dem Wald kam, erblickte er ein schönes Thal, schritt gerade darauf los und gelangte an ein schilfgedecktes, kleines Häuschen. Er trat dort ein, um sich auszuruhen, denn er war sehr ermattet. In dem Häuschen herrschte die grösste Ordnung und Sauberkeit, und eine heitere, ehrliche alte Frau war drinnen.

„Gott zum Gruss, Frau Mutter!“

„Das Glück leitete dich, mein Sohn! Was führt dich her? Was brachte dich hierher in unsere Gegend?“

„Ich bin auf der Suche nach Glückes Glück“, sagte der König.

„Da kommst du an den rechten Ort, mein Sohn; denn ich bin seine Mutter. Er ist jetzt nicht zu Hause; er ist dort in den Weinberg graben gegangen; geh auch du dorthin. Hier hast du zwei Spaten. Wenn du ihn antriffst, so beginne sogleich neben ihm mit beiden Händen zu graben; aber sprich kein Wort mit ihm! Jetzt ist es elf Uhr. Um zwölf Uhr bringe ich euch Essen. Wenn er sich zum Essen hinsetzt, setze dich neben ihn und iss mit! Nach dem Essen wird er dich fragen, und dann sag ihm frei, was dich drückt. Er wird auf alles antworten, was du ihn fragst.“

Damit zeigte sie ihm den Weg. Der König ging und that alles, wie es ihm die alte Frau gesagt hatte. Nach dem Essen legten sie sich nieder, um zu ruhen.

Auf einmal begann Glückes Glück zu sprechen und fragte ihn: „Sag mir nur, was für ein Mensch bist du? Du bist wohl stumm; denn seit du hergekommen bist, hast du kein Wort zu mir gesprochen.“

„Nicht stumm bin ich, sondern jener glücklose König, dem sein treuester Diener zur Salzsäule gewandelt wurde. Dies wollte ich erkunden: Wie kann ich ihm helfen?“

„Du thatest wohl daran; denn jener Jäger verdient, dass du für ihn dich mühst. Geh heim! Wenn du zu Hause anlangst, wird deine Frau einen Knaben zur Welt bringen. Von dem kleinen Finger dieses Knäbleins träufele drei Blutstropfen in einen Becher, streiche sie mit einem Halm auf die Pulsader der Salzsäule, und der Jäger wird werden, was er war.“

„Noch eine Bitte hätte ich: Hier im benachbarten Wald ist ein schöner Bach; aber weder ein Fisch noch ein Krebs noch irgend ein anderes lebendiges Tier ist in ihm. Was mag die Ursache davon sein?“

„Dies, dass in jenem Bach noch niemand ertrunken ist. Aber gieb acht, dass du ihn erst durchschreitest; dann geh zum höchsten Teil des Waldes und steig dort noch auf die Spitze des höchsten Baumes und von dort ruf ihm zu, was ich dir sagte. Denn wenn du nicht also thust, so wirst du der erste sein, der in ihm ertrinkt.“

„Noch eins möchte ich fragen: Auf dieser meiner Reise war ich in einem Städtchen zur Herberge bei drei Mädchen. Alle drei waren schon über die Dreissig hinaus, schön, sittsam, fleissig, und dennoch fand sich kein Freier ein. Was mag die Ursache sein?“

„Dies, dass jene Mädchen den Kehricht der Sonne ins Antlitz schütten.“

„Und was mag die Ursache sein, dass da eine siebensteinige Mühle ist, die nicht nur eine Walke sondern auch einen Hirsestosser hat, der Müller auch genug zu mahlen bekommt und dennoch so arm ist, dass er kaum von einem Tag zum anderen leben kann.“

„Dies, dass der Müller niemals etwas um Gottes willen giebt und nicht in die Kirche geht.“

Diese viererlei Sachen schrieb sich der König hinters Ohr, bedankte sich schön, nahm herzlichen Abschied von Glückes Glück und wanderte heimwärts.

Als er bei dem schönen Bach im Walde anlangte, fragte der Bach, ob er ihm gute Nachricht bringe.

Aber er sagte, erst solle er ihn hindurchlassen, hernach werde er es ihm schon sagen. Da teilte sich der Bach; er schritt hindurch und weiter bis zu des Waldes höchstgelegenem Teile; dort kletterte er auf den höchsten Baum, und von dort rief er dem Bache zu:

„He, holla! Hörst du, du schöner Bach! Glückes Glück sagte dies: in diesem Schattenreich wird nun und nimmermehr ein lebendiges Wesen in dir erscheinen können, bis nicht jemand in deinen Fluten stirbt.“

Kaum hatte er das letzte Wort hinausgerufen, da schwoll der Bach so ungeheuer an, dass er den Stamm jenes Baumes, auf dem der König sass, ganz überflutete, und mit närrischem Plätschern begoss er ihn zwischen den Ästen ganz und gar und riss ihm fast die Beine unterm Leibe weg. Aber mit seinen beiden Armen umklammerte der König einen starken Ast so fest, dass er ihn von dort auf keine Weise hinunterreissen konnte. Noch dreimal nacheinander führte das Gewässer diesen Tanz auf; dann beruhigte es sich wieder ganz. Nun stieg der König vom Baume; Hemd und Hose trocknete er an der Sonne, that sie dann wieder an, die anderen Kleider hingegen band er zusammen und trug sie so, bis sie trocken waren.

Beim Müller übernachtete er wieder und bestellte ihm, dass er es sich nicht leid sein lassen solle, den Armen Gutes zu thun, und dass er in die Kirche gehen solle. Dann richtete er auch den Mädchen aus, dass sie nicht mehr den Kehricht der Sonne ins Antlitz schütten sollten.

Der König konnte kaum zu Hause angelangt sein, da wollten einige Diebe den schönen Bach mit einem gestohlenen Pferde durchwaten; aber als sie inmitten waren, da schäumte der Bach so auf, dass er sie mitsamt dem Pferde wegfegte. Von dem Tage an wurde er der fisch- und krebsreichste Bach.

Der Müller begann den Armen zu geben. Er bekehrte sich zu Gott und wurde so reich, dass er gar nicht mehr wusste, was ihm alles gehörte. Und so lebte er bis zum Tode wie der Wels im Wehr.

Auch die drei Mädchen, nun sie nicht mehr den Kehricht der Sonne ins Antlitz schütteten, bekamen in einer Woche jede einen Freier.

Als der junge König heim kam, hatte seine Gemahlin ein schönes Knäblein geboren. Nicht einen Augenblick zögerte der König, sondern nahm sein Söhnchen, träufelte Blut aus seinem kleinen Finger und bestrich damit die Pulsader der Salzsäule. Da erbebte die Salzsäule mächtig, spaltete sich siebenfach, und auf einmal war der treue Jäger wieder lebendig. Als der alte König dies sah, schnaubte er vor Wut, dann starrte er ein- zweimal wild umher, warf sich zu Boden und ging nach Erdenburg Bretter verkaufen.

Der Jäger blieb bis an sein Lebensende im Dienste des Königs. Das war ein ehrlicher Mann. Solche könnten wir viele brauchen!

Quelle:
(Ungarische Volksmärchen)

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