Es war einmal ein Pfarrhaus in einem Dorf bei Christianssand, wo man gar keine Dienstboten behalten konnte. Wenn sie noch so starke und rüstige Leute nahmen, so kamen sie von Kräften und wurden elend, wenn sie eine Weile da waren; sie wurden gemütskrank und sonst leidend, und auch das Essen schlug ihnen nicht an. Aber einmal kam ein Bursche hin, dem ging es besser, denn seine Mutter wohnte in der Nähe, und bei der war er und erhielt dann und wann etwas fremdes Essen. Aber in der Julnacht verspürte er ein wunderliches Reißen und Zucken im Kopf und in den Gliedern, und als er erwachte, war er in Schweiß gebadet, und er war so müde und matt, als ob er eine schwere Arbeit getan hätte. Der Bursche war in diesem Jahr viel zu Hause bei seiner Mutter; er meinte, das Essen schmecke viel besser da, und er blieb prächtig bei Kräften. Als es auf die Julzeit zuging, nahm er sich vor, in der Julnacht nicht zu schlafen; aber er konnte nicht dagegen ankämpfen; in der Nacht verspürte er wieder dasselbe Reißen und Zucken im Kopf und in den Gliedern wie das letztemal, und als er aufwachte, war er wieder so matt und abgearbeitet, daß der Schweiß nur so tropfte.
Abermals ging ein Jahr ins Land, und er blieb prächtig bei Kräften; aber als die Julnacht kam, setzte er sich in der Gesindestube an den Tisch mit etwas Branntwein vor sich – denn das gab es um die Julzeit im Pfarrhaus in Hülle und Fülle -, und er wollte auf keinen Fall einschlafen. Aber so sehr er auch dagegen kämpfte, er schlief doch ein, als es gegen zwölf Uhr ging, und verspürte wieder dasselbe Reißen und Ziehen. Er wollte furchtbar gerne aufwachen, aber er konnte nicht, so sehr er sich auch anstrengte und meinte, des Schlafes Herr werden zu können. Schließlich erwachte er wirklich, und da stand er im Schnee vor einer Kirche. Zu seinen Füßen lag ein Zaum, und um ihn herum standen die verschiedensten gesattelten Pferde. Er wunderte sich darüber, und da er Licht in den Kirchenfenstern sah und hörte, daß Leute darin waren, so kletterte er hinauf und schaute durch das eine Fenster. Da sah es aus wie in einer Besuchsstube; es war so voll von Hexen, daß es nur so wimmelte, und die ersten und vornehmsten in der Versammlung waren die Pfarrerin und eine böse Frau, die an einem Bach in der Nähe des Pfarrhauses wohnte.
‚Aha, also so steht es!‘ dachte sich der Bursche, kletterte vorsichtig hinunter und stellte sich wieder an seinen Platz, und als die Frau herauskam, warf er ihr die Halfter über den Kopf, und da war sie auf einmal eine schwarze Stute. Er war nicht faul, aufzusteigen; es ging auf und davon, und er schonte weder Sporn noch Zügel. Als sie heimkamen, stellte er die Stute in den Stall und band sie fest, aber er hütete sich wohl, ihr die Halfter abzunehmen, und dann ging er hinein und legte sich schlafen.
Am Morgen in der Frühe ging der Pfarrer in die Kirche, um die Frühpredigt zu halten, und merkte nicht, daß die Pfarrerin nicht da war. Doch als sie noch nicht da war, als er aus der Kirche kam, fragte man in der Nachbarschaft nach ihr, aber es war keiner da, der die Pfarrerin gesehen hatte, und man fragte weiter durch das ganze Dorf, aber nein, niemand hatte sie gesehen oder wußte etwas von ihr, und der Bursche sagte: »Nur Geduld, sie wird schon kommen!«
Als er in den Stall kam, stand da eine Stute, die zerrte an der Halfter, stampfte gegen ihren Verschlag und schlug mit den Hinterbeinen an die Wand, als ob sie den ganzen Stall umrennen wollte. Aber der Bursche kümmerte sich weder um das eine noch um das andere, er sah überhaupt nicht hin.
Der Pfarrer hatte sich schon mehrmals an ihn herangemacht und wollte wissen, wo seine Frau sei. Aber er rückte nicht mit der Sprache heraus und entgegnete nur, sie werde schon wiederkommen. »Du wirst wohl etwas von ihr wissen oder wo sie ist, weil du so gewiß sagen kannst, daß sie wiederkommt, und jetzt will ich haben, daß du mir Rede und Antwort stehst, die Sache mag sein, wie sie will.«
»Ja, wenn Ihr es denn haben wollt, so will ich’s wohl sagen, Vater«, sagte da der Bursche. »Das ist ja eine nette Frau, die Eurige; jetzt will ich Euch zeigen, wie sie beschaffen ist.« Und damit führte er den Pfarrer in den Stall.
»Was sagst du da? Ist sie im Stall?« sagte der Pfarrer.
»Da steht sie«, sagte der Bursche. Der Pfarrer verwunderte sich, denn diese Stute hatte er noch nie gesehen, und sie stand da und stampfte gegen den Verschlag, daß die Splitter nur so flogen, und war so wild, daß ihr der Schaum vor dem Maul stand.
»Geht nur hinein und nehmt ihr die Halfter ab«, sagte der Bursche. Das tat der Pfarrer, und wie die Halfter weg war, stand die Pfarrerin da in heller Wut und wollte dem Burschen in die Haare fahren. »Halt, Frau!« sagte der Pfarrer. »Jetzt gibt’s einen anderen Tanz!«
Der Bursche erzählte alles, aber die Pfarrerin leugnete und sagte, jedes Wort sei erlogen. Da holten sie das Bettelweib vom Bach und versprachen ihr, sie solle mit dem Leben davonkommen, wenn sie Buße tun wolle und gestehen, was für Hexen im Dorf seien. Als sie das hörte, besann sie sich eine Weile; aber dann nannte sie noch acht außer sich selbst und erzählte, was sie alles getrieben hätten, und daß Herr Urian mit der Pfarrerin den Tanz angeführt hätte, in der Kirche und auf dem Johannisberg. Als das alles ans Licht kam, wurden sie in Gewahrsam genommen und bei der Obrigkeit verklagt, und das Urteil war, daß sie alle acht verbrannt werden sollten. Da bauten die Leute eine viereckige Mauer und schichteten Holz darunter auf und legten Feuer daran. Die Hexen setzten sie oben auf die Mauer und schoben sie hinunter ins Feuer, eine nach der anderen. Als die Pfarrerin hinauf sollte, war sie so wild und wütend, daß sie fast geborsten wäre, weil sie dem Burschen nichts antun konnte. Aber es gab keinen Pardon, sie mußte hinauf.
»Ja, das hilft nichts«, sagte der Pfarrer, »das Recht muß seinen Gang gehen; jetzt geht es dir auch an den Kragen, denn du bist die Schlimmste von allen gewesen.« – Da schafften sie sie auf die Mauer hinauf; aber sie sagte, wenn sie gewußt hätte, daß der Tanz ein solches Ende nehmen werde, so hätte sie dafür gesorgt, daß der Teufel auch den Pfarrer in die Klauen bekommen hätte. »Aber jetzt ist mir’s gleich«, sagte sie, »ich pfeif auf euch und euer windiges Feuer«, und damit zog sie ein graues Garnknäuel heraus, warf das Ende gegen den Himmel hinauf und kletterte an dem Faden in die Höhe wie eine Katze. Seit der Zeit hat man nichts mehr von ihr gesehen.
[Norwegen: Klara Stroebe: Nordische Volksmärchen]